Christoph Siegmund Löhner

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Christoph Siegmund Löhner (geb. 21. Januar 1704 in Igensdorf; gest. 1772 in Poppenreuth) kam mit einer Zwillingsschwester zur Welt.[1] Er stammte aus einer Familie ungarischer “Exulanten”, wie man damals Asylanten bezeichnete. Sein Großvater (Christophorus Löhner 1629 in Oberungarn geboren) gehörte zu den Opfern der absolutistischen Politik des Habsburgers Leopold I. (reg. 1657 – 1705). Die Amtszeit von Pfarrer Christoph Siegmund Löhner währte in Poppenreuth von 17381772. Mit Christoph Siegmund Löhner ist bis heute auch eine Besonderheit im Poppenreuther Pfarrgarten verbunden, die sogar unter Denkmalschutz steht: die Errichtung des barocken Gartenhäuschens, dem Bau des Salettchens im Jahr 1763.

Ein Exulantenschicksal[Bearbeiten]

Großvater Löhner hatte schon ausgiebig in Wittenberg studiert, ehe der Magistrat von Oedenburg (Sopron/Ungarn) ihm das Pastorat von Harkau, einem kleinen Ort im Gebiet Oedenburg (Sopron) verliehen hatte. Diese Stelle hatte er 1656 angenommen, wechselte aber zehn Jahre später nach Bösing (das erst 1920 an die CSR fiel, und im Kreis Pressburg, der heutigen Westslowakei lag), wo er erster Prediger der Stadt wurde. Dort bekam er die Auswirkungen der habsburgischen Religionspolitik unter dem Einfluss der Jesuiten unmittelbar zu spüren, die sich seinerzeit als gegenreformatorischer Kampforden gerierten. Die nun folgenden Massenprozesse blieben den ungarischen Protestanten als traumatisches Andenken im kollektiven Bewusstsein. Besonders fatal hielt sich bei den Evangelischen Ungarns im historischen Gedächtnis der „Galeerensklavenprozess“. Dieser wurde für Jahrhunderte zum Symbol der Religionsverfolgung. Das Gerichtsverfahren, das nach kleineren Vorspielen in Pressburg, Tyrnau und Kirchdrauf [Bratislava, Trnava, Spišské Podhradie SK] im Frühjahr 1674 in Pressburg gegen evangelische Prediger und Lehrer angestrengt wurde, hatte zur Folge, dass Hunderte von Geistlichen ihre Gemeinden verlassen mussten und manche sogar nach demütigenden Gefängnisstrafen als Galeerensklaven verkauft wurden.[2]

Aufgrund dieser Umstände musste die Familie Löhner in jenem Jahr 1674 auch ins Exil und kam mit zwei Söhnen nach Nürnberg. Dort bekam Christophorus Löhner 1676 vom Rat der Stadt Nürnberg die Pfarrstelle Velden – obwohl er von Bösing aus Ungarn noch eine jährliche Patronage von 100 fl. erhielt. 1683 wechselte er dann die Pfarrstelle und ging nach Gräfenberg. Dort in Gräfenberg stürzte er aber 1687 von der Leiter am Pfarrstadel und konnte sein Amt nicht mehr ausführen, da er das Gedächtnis verloren hatte. Der Großvater Löhner starb 1694.

Sein Sohn, gleichen Namens - also Christoph Löhner (der Jüngere), der Vater des Poppenreuther Christoph Siegmund Löhner - noch in Harkau/Ungarn 1660 geboren, kam 14-jährig als Exulant nach Nürnberg. Als solcher besuchte er die Sebalder Schule. Seine weitere Bildung erwarb er in Schulpforta bei Naumburg, in einer der drei Landesschulen, die Moritz von Sachsen gegründet hatte. 1688 wurde jener Christoph Löhner d. Jüngere Adjunktus bei dessen Vater in Gräfenberg (siehe oben), wurde also seinem Vater als Hilfskraft nach dessen Leiterunfall zum Amte mitgegeben. Da dieser aber bei dem Sturz berufsunfähig geworden war, dürfte Christoph Löhner d. Jüngere die alleinige Amtsführung übernommen haben.

Leben und Wirken[Bearbeiten]

Als der Vater von Christoph Löhner d. Jüngeren gestorben war, kam er 1694 nach Igensdorf, wo schließlich 1704 sein Sohn Christoph Siegmund Löhner, der spätere Poppenreuther Pfarrer, zur Welt kam.

Noch im Geburtsjahr von Christoph Siegmund bekam Vater Christoph Löhner d. Jüngere die Stelle in Pommelsbrunn. Doch die Pommelsbrunner Amtszeit währte nur kurz. Nachdem seine letzte Krankheit „mit Husten angefangen, worauf er vom Fleisch kam und an den Füßen angeschwollen ist” - wie der Chronist vermerkt - verstarb er am 5. März 1708 um acht Uhr abends.[3] Daraufhin zog die Familie nach Nürnberg.

Seit 1711 ging nun der siebenjährige Halbwaise Christoph Siegmund in das „Gymnasium Egydianum“. Als dann auch noch seine Mutter starb, nahm ihn Christoph Carl Pfinzing auf. Im Pfinzingschen Hause fand er Gelegenheit sich in Geschichte, Geographie, Genealogie und Heraldik, sogar in der französischen Sprache zu bilden. Seit 1722 war er dann an der Universität Altdorf. Vier Jahre später wechselte er an die Universität Jena und bereiste von dort auch die Universitäten Halle, Leipzig und Wittenberg, wo auch schon sein Großvater gewesen war. 1728 kehrte er nach Nürnberg zurück und „genoß die Pfinzingschen Wohltaten“.[4] Schließlich wurde Christoph Siegmund Löhner am 6. Dezember 1729 als Pfarrer nach Gründlach berufen. Am 25. September des Folgejahres heiratete er Maria Helena Feuerlein, die Tochter eines Diakons an der Egidienkirche in Nürnberg, mit der er neun Kinder bekam.

Salettchen 1909
Salettchen 2015


Mitglied im Pegnesischen Blumenorden[Bearbeiten]

1731 wurde er in den Pegnesischen Blumenorden auf Fürsprache „Lilidors“ (Christoph Fürer von Haimendorf) unter dem Namen „Leucorinus“ (Schneetröpflein) aufgenommen – den Namen erklärte er aufgrund seines Schicksals mit einem Vers. Am 1. September 1738 wurde Löhner als Pfarrer in Poppenreuth nach dem Tode Zeltners installiert. Löhner hatte übrigens seinen Poppenreuther Amtsvorgänger Zeltner schon als Lehrer an der Universität Altdorf gehört, wo dieser orientalische Sprachen lehrte.

In Poppenreuth fällt in Löhners Amtszeit u. a. die Errichtung des Salettchens im Pfarrgarten – nämlich 1763. Die barocke Gartenkultur stand hoch im Kurs. Das Lochner’sche Gartenhaus in Fürth existierte bereits und der Pegnesische Blumenorden entfaltete eine große Anziehungskraft. Der Pfarrer von Kraftshof machte Jahre später - 1776 - den Vorschlag in einem verwilderten Eichenhain in der Nähe des Dorfes Kraftshof einen Versammlungsort anzulegen. Daraus entstand der Irrhain. Man wollte naturnahe Dichtung pflegen. Das Konzept eines sprechenden Gartens entsprach dem zeitgenössischen pietistischen Geist. Man verstand den „Irr-Wald“ als Symbol des „Welt-Irr-Waldes“.

Das Salettchen ist nicht nur ehemaliges Studierstübchen des Poppenreuther Pfarrers sondern gibt auch als barockes Gartenhaus ein Zeugnis vergangener Epochen von Feinsinnigkeit. Es spiegelt etwas von den Gepflogenheiten der „Pegnitzschäfer”, wie sich die Mitglieder des Blumenordens nannten, wider. Was könnte die Herzensergießungen seiner ehemaligen Besitzer besser verkörpern als gerade dieses markante Gebäude barocker Gartenkultur. Unter allen Pfarrstellen der Metropolregion dürfte das Salettchen auch ein Alleinstellungsmerkmal darstellen, das bestenfalls noch vom Lochner’schen Gartenhaus in Fürth übertroffen würde, gehörte dieses noch zur Pfarrstelle St. Michael.

In die Poppenreuther Amtszeit Christoph Siegmund Löhners fällt außerdem die Unterrichtung von zwei Salzburger Exulanten:

  • 1756: Simon Rohrmoser aus Saalfelden (29 Jahre alt) und
  • 1763: Simon Koppeler von Sneiding (39 Jahre alt).

Unter dem militanten katholischen Erzbischof Firmian von Salzburg waren die Protestanten den ärgsten Repressalien ausgesetzt. Alle, die nicht katholischen Glaubens waren, wurden nach dem Emigrationsedikt vom 31. Oktober 1731 des Landes verwiesen. Als im Jahr 1732 die ersten Salzburger Emigranten/Exulanten in Nürnberg und dessen Gebiet ankamen, hatte bereits Pfarrer Gustav Georg Zeltner, der Amtsvorgänger Löhners, in einer Predigt die standhaften Bekenner des Evangeliums seinen Pfarrkindern empfohlen. Er brachte ihnen nahe, dass die beklagenswerten Menschen wegen ihres evangelischen Glaubens Vaterland und Güter verlassen mussten. Manche von ihnen kamen damals schon in der Pfarrei Poppenreuth als Knechte und Mägde unter.

Der „doppelte” Löhner[Bearbeiten]

Pfarrertafel mit Löhnerinschrift

Löhner füllte das Amt in Poppenreuth 34 Jahre aus[5] – also bis 1772. Genau genommen währte seine Amtszeit aber nur bis 1766. Die letzten Jahre war er nämlich vom „einbrechenden Alter geschwächt“ (ebenda) und erhielt deswegen seit 1764 Hilfe von seinem gleichnamigen Sohn Christoph Siegmund (der Jüngere), der selbst schon 1740 in Poppenreuth geboren war. Neben der Altersschwäche trat dann auch noch eine „melancholia hypochondriaca“ ein.[6] Der Gesundheitszustand Christoph Siegmund des Älteren scheint sich wohl so verschlechtert zu haben, dass den Jüngeren 1766 der Ruf ereilte, als „Vicarius Reverendi Ministerii Norimb.“ das Pfarramt in Poppenreuth anstatt seines entkräfteten Vaters zu führen. „Adjunct“ nannte man solche Unterstützung damals. 1767 stürzte der greise Vater dazu noch unglücklich die Treppe hinab und brach sich dabei den Arm (dies scheint schon fast ein Familienschicksal gewesen zu sein, wenn man an den Leitersturz des Großvaters in Gräfenberg denkt; siehe oben). Diese Vikariats-Amtsführung des Sohnes dauerte sechs Jahre bis zum Tode des Vaters 1772.

Die Nennung auf der Pfarrertafel in Poppenreuth unter dem Namen „Christoph Siegmund Löhner“ fasst also zwei unterschiedliche Personen Vater 1738 – 1766 und Sohn als Adjunct von 1766 - 1772 gleichen Namens unter der Bezeichnung einer Amtsperiode zusammen. Dem Sohn wurde übrigens 1766 – also kurz vor Amtsantritt in Poppenreuth – die Ehre zuteil, als Jubelprediger bei der 100-Jahrfeier des Predigerseminars bei St. Salvator in Nürnberg auftreten zu dürfen. Das Lebensende von Sohn Christoph Siegmund Löhner d. Jüngeren in Beerbach/Neunhof nimmt zuletzt noch mit einem Freitod durch Erschießen[7] eine äußerst dramatische Wende.

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Andreas Würfel: Diptycha ecclesiarum in oppidis et pagis Norimbergensibus, Nürnberg 1759, Seite 511/512 - online
  2. vgl. Zoltán Csepregi: „Das königliche Ungarn im Jahrhundert vor der Toleranz (1681 – 1781)”
  3. vgl. „Nachrichten von den Lebensumständen und Schriften evangelischer Prediger in allen Gemeinden des Königreichs Ungarn” – gesammelt von Johann Samuel Klein, Leipzig und Ofen, 1789, Seite 212
  4. vgl. „Nachrichten von den Lebensumständen und Schriften evangelischer Prediger in allen Gemeinden des Königreichs Ungarn“ – gesammelt von Johann Samuel Klein, Leipzig und Ofen, 1789, Seite 213
  5. vgl. „Diptycha continuata ecclesiarum in oppidis et pagis Norimbergensibus“
  6. „Diptycha continuata ecclesiarum in oppidis et pagis Norimbergensibus“, Seite 269
  7. Johann Christoph Sigmund Löhner, Nr. 102, Seite 9 in: Kataloge des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg; die Handschriften des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg; 5. Band; Die Stammbücher, zweiter Teil, Harrassowitz Verlag Wiesbaden, 1994

Bilder[Bearbeiten]