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Zehnte Periode (1870).

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übte sich der frühverwaiste Knabe zuerst im Zeichnen und Mo­ delliren bei den Gebrüdern Oehme und fertigte schon im Alter von 15 Jahren tüchtige Holzskulpturen und selbst lebensgroße Steinbilder. Im Jahre 1820 bezog er die Akademie zu Mün­ chen, wo er an Konrad Eberhard einen Lehrer und väterlichen Freund fand, unter dessen Leitung er das Gebiet der religiösen Kunst erwählte und mit Feuereifer die wiederauflebende Mittel­ alterliche Plastik studirte. Seine ersten selbständigen Arbeiten waren Grabdenkmale, dann ein Relief für den Hochaltar der Münchner Frauenkirche (Abendmahl), das Monument über der Gruft des Domkapitels auf dem Münchener Gottesacker, wo sich jene Madonnastatue befindet, welche zu seinen besten Arbeiten gehörte und in vielen Nachbildungen die weiteste Verbreitung fund, ferner die Kanzel in der Auer Kirche, die Schnitzwerke an den vier Seitenthüren der Peterskirche, dazu die beiden Apostelgestalten (von Stein) an der Farads daselbst u. s. w. Außerdem entstanden viele Altäre und Kruzifixe in seinem von vielen Gesellen und Schülern belebten Atelier. Eine besondere Leidenschaft hatte er für Sammeln von Bildern, Skulpturen, Handzeichnungen u. s. w. Diese Sammlung wuchs mit jedem Jahr, so daß sie bald 20 Säle und Kammern füllte. Er ent­ deckte auch viele verlorengeglaubte Meister und Künstlernamen. So war es der Zufall, der ihm einen ächten Albrecht Dürer zuschlug. EntreS erwarb denselben für ein Spottgeld, um ihn dann später für 66,000 Fr. nach Odessa zu verkaufen. Im An­ fang des Jahres 1868 erschien ein prachtvoller, mit Holzschnitten ausgestatteter Katalog, welcher auf 174 Seiten nahezu an 4000 Nummern seine Schätze für eine Auktion flüssig machte. Entres kaufte ein Gut an den Ufern des Chiemsees, wo er sich behaglich einrichtete. Leider trieb ihn eine Krankheit nach Mün­ chen zurück und bewirkte seinen baldigen Tod. Er war ein eifriger Katholik und energischer Charakter, ein treuer Freund, für die höheren Fragen der Menschheit begeistert; sein Körper

war dagegen sehr gebrechlich durch den Bruch beider Beine, die er durch den Umsturz eines Grabsteines erlitten hatte, weshalb er mühselig und schwerfällig umhergehen mußte. Seiner Vater­ stadt vermachte er 1000 fl., aus deren Zinsen jährlich zwei arme katholische Kinder, die zum ersten Male zur Kommunion gehen, bekleidet werden sollen.""^ — Bei dem am 25. Mai abgehal­