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dort im Ausschuss für Kulturpolitik tätige Karl Hauptmannl im Alter von 64 Jahren in den Ruhestand. Zum Nachfolger wurde vom Stadtrat Erich Reinhardt (geb. 1929/SPD) gewählt. Neben der Einführung der Fünf-Tage-Woche, der Errichtung moderner Schulneubauten und der Ausstattung der Schulen mit Sprachlaboren und Kleincomputern hatte sich durch das Fortwirken der in der zweiten Hälfte der 1960er entstandenen neuen antiautoritären Philosophie und der neuen Frauenbewegung mittlerweile auch das Schulklima von einem eher autoritären zu einem eher kooperativen Verhältnis zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen gewandelt.794 Da Eltern körperliche Übergriffe auf ihre Kinder nicht mehr duldeten, sondern mit Beschwerden und der Androhung strafrechtlicher Konsequenzen reagierten und das Bundesverfassungsgericht die körperliche Züchtigung 1972 für verfassungswidrig erklärt hatte, war es auch zu einem endgültigen Züchtigungsverbot gekommen. Durch die von der neuen Frauenbewegung propagierte Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen war zudem der Anteil von Mädchen und Frauen an weiterführenden Schulen gestiegen. Hatte es beispielweise in Fürth am Hardenberg-Gymnasium an der Kaiserstraße, das bis 1957 eine reine Knaben-Oberrealschule gewesen war, im Schuljahr 1970/71 insgesamt 1.200 Schüler und 92 Schüler/innen (= 7,12 %) gegeben, so nahm der Schülerinnenanteil bis 1983 auf 34 % (836 Schüler und 431 Schülerinnen) zu.795 Nach dem altersbedingten Ausscheiden des seit 1962 amtierenden Ministerpräsidenten Alfons Goppel (1905-1991) und der Landtagswahl am 15. Oktober 1978, bei der die CSU mit 59,1 % der gültigen Stimmen (SPD 31,4 %, FDP 6,2 %) erneut die absolute Mehrheit erreicht hatte, war in Bayern der seit 1961 amtierende CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß zum Ministerpräsidenten gewählt worden.796 Danach wurden durch 794Vgl.: Heinrich-Schliemann-Gymnasium (Hrsg.), 100 Jahre Heinrich-Schliemann-Gymnasium. Fest-

jahresbericht, Fürth 1996, S.40: „Die späten sechziger und die frühen siebziger Jahre waren eine Zeit des Umbruchs in der Gesellschaft der Bundesrepublik… Die Lehrer verloren ihre Amtsautorität weitgehend; jetzt wurden sie auch mit ihrem Namen ohne Dienstgrad angesprochen. Sie mussten sich vermehrt um das Vertrauen der Schüler bemühen, und die Beziehungen zu ihnen wurden eher partnerschaftlich.“ Ergänzend anzumerken ist, dass dies auch damit zusammenhing, dass die Studentenbewegung, die die neue antiautoritäre Philosophie und die Forderungen der neuen Frauenbewegung vertrat, nach dem Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 bis zur Bundestagswahl im September 1969 in drei Richtungen zerfallen war. Abgesehen von der zahlenmäßig kleinsten Gruppe derjenigen, die auf Gewalt setzten und die Rote-Armee-Fraktion (RAF) bildeten, und einer zahlenmäßig größeren Gruppe, die kommunistische Aufbauorganisationen („K-Gruppen“) gründete, schlossen sich die meisten der von Rudi Dutschke im Februar 1968 ausgegebenen Parole vom „langen Marsch durch die Institutionen“ an und wurden Lehrer/innen an Schulen und Hochschulen oder Mitarbeiter/innen in öffentlichen Verwaltungen und in der Wirtschaft, um diese Bereiche von innen heraus antiautoritär umzugestalten. Vgl.: Arnulf Baring, Machtwechsel, Die Ära Brandt-Scheel. In Zusammenarbeit mit Manfred Görtemaker, Stuttgart, 4. Auflage 1983, S.89-93. 795Vgl.: Hardenberg-Gymnasium Fürth (Hrsg.), 175. Schuljahr. Festschrift und Jahresbericht 2007/2008, S.55f. 796Franz Josef Strauß (1915-1988) hatte nach der Volksschule eine Realschule und ein humanistisches Gymnasium in München besucht, wo er 1935 das Abitur mit der bayernweit besten Note abschloss und mit einer Förderung durch die Stiftung Maximillianeum ein Lehramtsstudium der Altphilologie (Latein, Griechisch, Alte Geschichte), Geschichte, Staatswissenschaften und Germanistik begann. Als Radsportler im Verein RC Amor München war er außerdem 1934 bayerischer Straßenmeister geworden. Nach Aufnahme seines Lehramtsstudiums trat er dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund und 1937 auch dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps bei. 1939 wurde er zum Militärdienst eingezogen. Durch kurzzeitige Beurlaubungen legte er im März 1940 die erste Staatsprüfung und im April 1941 nach einem kriegsbedingt verkürzten Referendariat die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien ab, die er mit der Note 1,1 und damit der besten Note bestand, die in

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