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Es gab zwar Arbeitsschutzempfehlungen: kurze Arbeitszeiten, niedrige Raumtemperaturen, gute Raumlüftung und Baden nach der Arbeit. Aber die Lebenserwartung der Arbeiter war trotzdem weiterhin sehr gering. Weil die Spiegel zudem häufig in Heimarbeit, z.B. auf dem Küchentisch hergestellt wurden, erkrankten ganze Familien.
 
Es gab zwar Arbeitsschutzempfehlungen: kurze Arbeitszeiten, niedrige Raumtemperaturen, gute Raumlüftung und Baden nach der Arbeit. Aber die Lebenserwartung der Arbeiter war trotzdem weiterhin sehr gering. Weil die Spiegel zudem häufig in Heimarbeit, z.B. auf dem Küchentisch hergestellt wurden, erkrankten ganze Familien.
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Auch Menschen, die selbst nicht direkt mit den Quecksilberarbeiten zu tun hatten, wurden mitunter geschädigt. So bringt das ''"Fürther Tagblatt"'' im März 1841 folgende Nachricht:
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:''"Es ist ein Fall vorgekommen, daß bei einem Schuster, in dessen Werkstätte Quecksilberbeutel (Felle von Hundsleder, in denen das Quecksilber verpackt wird) verarbeitet wurden, ein Geselle und zwei Kinder mit der Mundfäule befallen wurden. Die angestellte Untersuchung solch eines Quecksilberbeutels ergab, daß derselbe 30 Gran Quecksilberstaub, welcher bekanntlich höchst nachtheilig auf die Gesundheit wirkt, enthielt, und mithin unterliegt es keinem Zweifel, daß solche Quecksilberbeutel auch bei der sorgfältigsten Reinigung der Gesundheit gefährlich werden können, da sie leicht eine Merkurialaffektion zur Folge haben können. Da es Pflicht der Polizeibehörde ist, jede sanitätspolizeiliche Einwirkung sorgfältigst zu verhindern, so wird es bei Vermeidung einer Strafe von 25 Reichsthalern hiermit verboten, die Quecksilberbeutel zu Fußbekleidungen, Handschuhen, oder sonstigen mit dem menschlichen Körper in nächster Berührung stehenden Kleidungsstücken zu verwenden."''<ref>"Fürther Tagblatt" vom 12. März 1841, S. 210</ref>
    
Obwohl Justus v. Liebig bereits 1835 entdeckt hatte, dass man mittels chemischer Reduktion von Silberionen durch Aldehyde einen Silberspiegel erzeugen kann und [[1854]] auf die technische Umsetzung das Patent erhielt, hat sich bis in die 1880er Jahre an den elenden Bedingungen in der Spiegelherstellung nichts Nennenswertes verbessert.
 
Obwohl Justus v. Liebig bereits 1835 entdeckt hatte, dass man mittels chemischer Reduktion von Silberionen durch Aldehyde einen Silberspiegel erzeugen kann und [[1854]] auf die technische Umsetzung das Patent erhielt, hat sich bis in die 1880er Jahre an den elenden Bedingungen in der Spiegelherstellung nichts Nennenswertes verbessert.
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Angespornt durch das Wissen über die schrecklichen Gesundheitsfolgen von Quecksilber und die Entdeckung von Liebig über die Silberspiegelherstellung stellte Dr. Beeg eigene Untersuchungen an, ''"in der Hoffnung, ein Verfahren ausfindig zu machen, welches fabrikmäßig angewendet werden und die gefährliche Quecksilberbelegung beseitigen könnte."''<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57. - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 zum online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
 
Angespornt durch das Wissen über die schrecklichen Gesundheitsfolgen von Quecksilber und die Entdeckung von Liebig über die Silberspiegelherstellung stellte Dr. Beeg eigene Untersuchungen an, ''"in der Hoffnung, ein Verfahren ausfindig zu machen, welches fabrikmäßig angewendet werden und die gefährliche Quecksilberbelegung beseitigen könnte."''<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57. - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 zum online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
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Bereits [[1859]] wurde in Doos mit Hilfe eines Assistenten von Liebig die erste Silberbelege eingerichtet. Nur hatte das neue Verfahren aus verschiedenen Gründen zunächst große Schwierigkeit, sich durchzusetzen. Unter anderem fehlte die Nachfrage, weil die Kunden mit den Quecksilberspiegeln zufrieden waren.
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[[1859]] wurde in Doos mit Hilfe eines Assistenten von Liebig die erste Silberbelege eingerichtet. Nur hatte das neue Verfahren aus verschiedenen Gründen zunächst große Schwierigkeit, sich durchzusetzen. Unter anderem fehlte die Nachfrage, weil die Kunden mit den Quecksilberspiegeln zufrieden waren.
 
Im Jahre [[1862]] stellte als erster der Fürther Spiegelfabrikant [[Christian Winkler]] seine Spiegelbelegung von Quecksilber auf Silberbelegung um. Aber noch [[1883]] wendeten erst ein Sechstel der Spiegelbetriebe in Fürth das neue Silberbelegungsverfahren an.  
 
Im Jahre [[1862]] stellte als erster der Fürther Spiegelfabrikant [[Christian Winkler]] seine Spiegelbelegung von Quecksilber auf Silberbelegung um. Aber noch [[1883]] wendeten erst ein Sechstel der Spiegelbetriebe in Fürth das neue Silberbelegungsverfahren an.  
 
Das neue Silberbelegungsverfahren setzte sich trotzdem mit der Zeit durch. Die Kundschaft gewöhnte man an die neuen Spiegel, indem man ''"die Rückseite des Spiegels mit Bronze bestrich und ihr so ein ähnliches Aussehen gab"'' wie die Quecksilberspiegel.<ref>Philipp Berlin: ''Die Bayerische Spiegelglasindustrie.'', 1909, S. 22. [https://ia601307.us.archive.org/5/items/diebayerischespi00berl/diebayerischespi00berl.pdf zum online-Digitalisat]</ref>
 
Das neue Silberbelegungsverfahren setzte sich trotzdem mit der Zeit durch. Die Kundschaft gewöhnte man an die neuen Spiegel, indem man ''"die Rückseite des Spiegels mit Bronze bestrich und ihr so ein ähnliches Aussehen gab"'' wie die Quecksilberspiegel.<ref>Philipp Berlin: ''Die Bayerische Spiegelglasindustrie.'', 1909, S. 22. [https://ia601307.us.archive.org/5/items/diebayerischespi00berl/diebayerischespi00berl.pdf zum online-Digitalisat]</ref>

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