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Gleichzeitig stellten die Prostituierten und deren Betriebe eine "Erregung der Öffentlichkeit" dar, so zumindest in der Argumentation der eher konservativen und religiösen Bevölkerungsgruppen. Einer der engagiertesten Wortführer gegen die Prostitution war der Stadtrat und Stadtpfarrer [[Paul Fronmüller]], der die rasche Schließung der Bordelle forderte, zumal sich nach dem [[1. Weltkrieg]] scheinbar die Nutzergruppe dieser Etablissements sich zu ändern schien. Aufgrund des [[wikipedia:Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrags]] wurden nämlich viele Garnisonen geschlossen bzw. die Zahl der Soldaten nahm rapide in Fürth ab, sodass laut einer örtlichen Presseberichterstattung zunehmend auswärtige Schieber die Dienstleistung der Prostituierten in Anspruch nahmen. Vor allem die Anzahl der steigenden Geschlechtskrankheiten führte Anfang [[1923]] zu einem staatlichen Handeln im gesamten Deutschen Reich. Am [[23. Januar]] [[1923]] gab die Regierung und Kammer des Innern in Bayern eine Verordnung heraus, die eine Schließung der Bordelle bis zum [[1. Mai]] [[1923]] vorschrieb - mit Ausnahme der Pfalz. Hier hatte sich die französische Regierung gegen die Schließungen der Bordelle eingesetzt, sodass diese Region davon ausgenommen war. Die Verordnung sah vor: ''Den unter Polizeiaufsicht gestellten Dirnen ist zu untersagen: 1. in Häusern, in denen sich Wirtschaften befinden, oder in denen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wohnen, Wohnungen zu nehmen, und 2. in größerer Zahl als höchstens 2 zusammen zu wohnen.''<ref>A. Gottstein, A. Schlossmann, L. Teleky (Hrsg.): Wohlfahrtspflege, Tuberkulose, Alkohol, Geschlechtskrankheiten - Hans Haustein: Die Geschlechtskrankheiten einschließlich Prostitution, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1926, S. 666 ff.</ref>  
 
Gleichzeitig stellten die Prostituierten und deren Betriebe eine "Erregung der Öffentlichkeit" dar, so zumindest in der Argumentation der eher konservativen und religiösen Bevölkerungsgruppen. Einer der engagiertesten Wortführer gegen die Prostitution war der Stadtrat und Stadtpfarrer [[Paul Fronmüller]], der die rasche Schließung der Bordelle forderte, zumal sich nach dem [[1. Weltkrieg]] scheinbar die Nutzergruppe dieser Etablissements sich zu ändern schien. Aufgrund des [[wikipedia:Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrags]] wurden nämlich viele Garnisonen geschlossen bzw. die Zahl der Soldaten nahm rapide in Fürth ab, sodass laut einer örtlichen Presseberichterstattung zunehmend auswärtige Schieber die Dienstleistung der Prostituierten in Anspruch nahmen. Vor allem die Anzahl der steigenden Geschlechtskrankheiten führte Anfang [[1923]] zu einem staatlichen Handeln im gesamten Deutschen Reich. Am [[23. Januar]] [[1923]] gab die Regierung und Kammer des Innern in Bayern eine Verordnung heraus, die eine Schließung der Bordelle bis zum [[1. Mai]] [[1923]] vorschrieb - mit Ausnahme der Pfalz. Hier hatte sich die französische Regierung gegen die Schließungen der Bordelle eingesetzt, sodass diese Region davon ausgenommen war. Die Verordnung sah vor: ''Den unter Polizeiaufsicht gestellten Dirnen ist zu untersagen: 1. in Häusern, in denen sich Wirtschaften befinden, oder in denen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wohnen, Wohnungen zu nehmen, und 2. in größerer Zahl als höchstens 2 zusammen zu wohnen.''<ref>A. Gottstein, A. Schlossmann, L. Teleky (Hrsg.): Wohlfahrtspflege, Tuberkulose, Alkohol, Geschlechtskrankheiten - Hans Haustein: Die Geschlechtskrankheiten einschließlich Prostitution, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1926, S. 666 ff.</ref>  
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Das Thema der Bordellschließungen erreichte schließlich Anfang [[1923]] den [[Stadtrat 1922 - 1925|Stadtrat]], bzw. einige der Betreiber der Bordelle stellten eine Eingabe an den [[Stadtrat]], dass ihnen die Schließung bis zum [[1. Mai]] [[1923]] nicht möglich sei. Als Grund dafür gaben sie an, dass sie in dieser kurzen Zeit bis zur Schließung keinen anderen Beruf erlernen bzw. finden könnten - und auch das eingesetzte Personal sei in so kurzer Zeit nicht anderweitig unterzubringen. Der Bezirksarzt sprach sich nach einem von ihm erstellten Gutachten für diese Ausnahmeregelung aus, unter Bezugnahme der Gesundheitspolizei. Auch der Polizeireferent und Rechtsrat [[Wilhelm Strobl]] schloss sich diesem Gutachten an und beantragte, die Schließung der Bordelle erst zum [[31. Dezember]] [[1923]] vorzunehmen, um den Betroffenen mehr Zeit zu geben. Dem widersprach der Stadtrat Paul Fronmüller mit der Aussage ... ''daß durch die Bordelle die Unzucht besser kontrolliert und beaufsichtigt werden kann, hält aber trotzdem die Aufhebung der Bordelle als zwingend erwünscht [da] trotz der Bordelle ... die Geschlechtskrankheiten in der letzten Zeit unheimlich zugenommen [haben]. Und für wen werden eigentlich diese Häuser in Fürth gehalten? Es ist ein Ehrenzeugnis für unsere Gemeinde, daß sehr viele Gäste von auswärts sind. Auswärtige Schieber sind die häufigsten Besucher.''<ref>nn: Aufhebung der Bordelle. In: Fürther Neue Zeitung vom 18. April 1923</ref>   
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Das Thema der Bordellschließungen erreichte schließlich Anfang [[1923]] den [[Stadtrat 1922 - 1925|Stadtrat]], bzw. einige der Betreiber der Bordelle stellten eine Eingabe an den [[Stadtrat]], dass ihnen die Schließung bis zum [[1. Mai]] [[1923]] nicht möglich sei. Als Grund dafür gaben sie an, dass sie in dieser kurzen Zeit bis zur Schließung keinen anderen Beruf erlernen bzw. finden könnten - und auch das eingesetzte Personal sei in so kurzer Zeit nicht anderweitig unterzubringen. Der Bezirksarzt sprach sich nach einem von ihm erstellten Gutachten für diese Ausnahmeregelung aus, unter Bezugnahme der Gesundheitspolizei. Auch der Polizeireferent und Rechtsrat [[Wilhelm Strobl]] schloss sich diesem Gutachten an und beantragte, die Schließung der Bordelle erst zum [[31. Dezember]] [[1923]] vorzunehmen, um den Betroffenen mehr Zeit zu geben. Dem widersprach der Stadtrat Paul Fronmüller mit der Aussage ... ''daß durch die Bordelle die Unzucht besser kontrolliert und beaufsichtigt werden kann, hält aber trotzdem die Aufhebung der Bordelle als zwingend erwünscht [da] trotz der Bordelle ... die Geschlechtskrankheiten in der letzten Zeit unheimlich zugenommen [haben]. Und für wen werden eigentlich diese Häuser in Fürth gehalten? Es ist ein Ehrenzeugnis für unsere Gemeinde, daß sehr viele Gäste von auswärts sind. Auswärtige Schüler [sic!] (gemeint waren Schieber, hier handelte es sich um einen Druckfehler in der Zeitung) sind die häufigsten Besucher.''<ref>nn: Aufhebung der Bordelle. In: Fürther Neue Zeitung vom 18. April 1923</ref>   
    
Fronmüller gab weiterhin im Stadtrat zu Protokoll, dass stets aus der Bevölkerung über die misslichen Verhältnisse informiert wird. Insbesondere sei zu beobachten, dass insbesondere nachts durch ständig anfahrende Autos die Nachtruhe gestört sei. ''Zusätzlich erregt "... das Treiben in den Häusern selbst bei offenen oder doch wenigstens nicht verhängten Fenstern ebenfalls..." die Öffentlichkeit. Auch sei beobachtet worden, dass in den Häusern die ganze Nacht "durchgekneipt" wird, und der Wein- und Bierverbrauch "enorm" sei.  Es wird horrend verdient und immens vergeudet, während viele alte Leute nicht wissen, wie sie sich ernähren können. Bei der Wohnungsnot... kann man nicht verstehen, daß eine ganze Masse dem Zweck dieser Häuser zu Verfügung gestellt werden."'' Auch der Stadtbaurat [[Hermann Herrenberger]] meldete sich zu Wort und begrüßte die alsbaldige Schließung der Bordelle. Seiner Meinung nach würden damit 1 bis 2 Dutzend Wohnungen entstehen - zudem sei das Treiben in den Bordellen der Bevölkerung nicht zumutbar. Fronmüller forderte nach einer längeren Diskussion die Ablehnung des Gesuchs der Bordellbetreiber, was ihm auch mit 7 gegen 4 Stimmen gelingt und somit beschlossen wurde.  
 
Fronmüller gab weiterhin im Stadtrat zu Protokoll, dass stets aus der Bevölkerung über die misslichen Verhältnisse informiert wird. Insbesondere sei zu beobachten, dass insbesondere nachts durch ständig anfahrende Autos die Nachtruhe gestört sei. ''Zusätzlich erregt "... das Treiben in den Häusern selbst bei offenen oder doch wenigstens nicht verhängten Fenstern ebenfalls..." die Öffentlichkeit. Auch sei beobachtet worden, dass in den Häusern die ganze Nacht "durchgekneipt" wird, und der Wein- und Bierverbrauch "enorm" sei.  Es wird horrend verdient und immens vergeudet, während viele alte Leute nicht wissen, wie sie sich ernähren können. Bei der Wohnungsnot... kann man nicht verstehen, daß eine ganze Masse dem Zweck dieser Häuser zu Verfügung gestellt werden."'' Auch der Stadtbaurat [[Hermann Herrenberger]] meldete sich zu Wort und begrüßte die alsbaldige Schließung der Bordelle. Seiner Meinung nach würden damit 1 bis 2 Dutzend Wohnungen entstehen - zudem sei das Treiben in den Bordellen der Bevölkerung nicht zumutbar. Fronmüller forderte nach einer längeren Diskussion die Ablehnung des Gesuchs der Bordellbetreiber, was ihm auch mit 7 gegen 4 Stimmen gelingt und somit beschlossen wurde.  
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