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Die '''N'''ational'''s'''ozialistische '''D'''eutsche '''A'''rbeiter'''p'''artei, kurz: '''NSDAP''', war eine in den 1920er Jahren entstandene Partei, die in ihrem Programm von Antisemitismus, Nationalismus und der Ablehnung der Demokratie geprägt war.
 
Die '''N'''ational'''s'''ozialistische '''D'''eutsche '''A'''rbeiter'''p'''artei, kurz: '''NSDAP''', war eine in den 1920er Jahren entstandene Partei, die in ihrem Programm von Antisemitismus, Nationalismus und der Ablehnung der Demokratie geprägt war.
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Die NSDAP herrschte von [[1933]] bis [[1945]] in Deutschland allein (Parteiendiktatur). [[1945]] wurde sie mit allen ihren Untergliederungen als verbrecherische Organisation verboten und aufgelöst, ihr Vermögen beschlagnahmt.
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Die NSDAP herrschte von [[1933]] bis [[1945]] in Deutschland allein (Parteiendiktatur). [[1945]] wurde sie mit allen ihren Untergliederungen als verbrecherische Organisation verboten und aufgelöst. Ihr Vermögen wurde durch den Staat eingezogen und beschlagnahmt.
 
   
 
   
== Die NSDAP in Fürth bis 1933==
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== Gründungsphase der NSDAP 1923 bis 1933==
Am [[18. September]] [[1923]] gründete sich die NSDAP Ortsgruppe in Fürth, die kurz nach der Gründung im November [[1923]] bereits 170 Mitglieder hatte. Zuvor war im Februar [[1923]] der Versuch zur Gründung einer Ortsgruppe fehlgeschlagen<ref>* Quelle: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung - Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928 - 1933, Nürnberg 1980, S. 381</ref>. Nach dem gescheiterten Hitlerputsch am 8./[[9. November]] [[1923]] in München wurde die NSDAP reichsweit verboten, so auch in Fürth. Getarnt als Gesangsverein bzw. Mandolinenclub existierte die Ortsgruppe weiter, bis sie am [[16. Februar]] [[1925]] erneut gegründet wurde, lediglich zwei Wochen nach der reichsweiten Wiederzulassung der NSDAP. Seit [[1925]] existierte ebenfalls eine Fürther Sturmabteilung (SA), die mit "''möglicherweise''" 40 Mitgliedern angegeben wird und eine Schutzstaffel (SS) mit ca. 45 Mitgliedern (Stand Juli [[1926]]).<ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion 583 / 587</ref>. Stets mit dabei [[Albert Forster]], der spätere Gauleiter von Danzig und einer der größten Kriegsverbrecher im Nationalsozialismus <ref>* Quelle: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken, Rainer Hambrecht, Nürnberg, 1976, S. 87</ref>. [[Albert Forster]], ein 22jähriger arbeitsloser Bankangestellter <ref>* Anmerkung: Am [[7. November]] [[1923]] trat Forster der NSDAP und SA bei. Wegen seiner politischen Tätigkeit wurde er von seinem Arbeitgeber - dem Bankhaus Brückner - am [[30. Juni]] [[1924]] entlassen.</ref>übernahm die Leitung der neugegründeten NSDAP, die allerdings in den darauffolgenden Jahren noch wenig Beachtung in der öffentlichen Wahrnehmung besaß. Eine Großkundgebung in Fürth am 26. und [[27. September]] [[1925]] mit Adolf Hitler und weiterer NS-Prominenz zeigte nicht den gewünschten Zuspruch. Man erhoffte sich ca. 15.000 Teilnehmer - gekommen waren "''nur''" 4.000 Teilnehmer<ref>* Quelle: Gauleiter Albert Forster, Der Deutsche Angestelltenführer, S. 15 ff.</ref>. [[1927]] zählte die Ortsgruppe knapp 200 Mitglieder, also kaum mehr als zur Gründung [[1925]]. Auch die angegliederten Organisationen wie SS und SA hatten in dieser Zeit keinen großen Zulauf. Anlässlich der Verabschiedung des SA Standartenführers Schneider am [[31. Mai]] [[1933]] berichtet der Fürther Anzeiger, dass die SA Stärke [[1927]] lediglich bei 120 Mann lag, weshalb angeblich Hitler persönlich im August [[1927]] Schneider aus dem Chiemgau nach Fürth berief. Seitdem stieg die Zahl der Mitglieder stetig bis [[1933]] knapp 2.000 Mann in der SA gezählt wurden <ref>* Quelle: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken, Rainer Hambrecht, Nürnberg, 1976, S. 118</ref>. 
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Am [[18. September]] [[1923]] gründete sich die NSDAP Ortsgruppe in Fürth, die kurz nach der Gründung im November [[1923]] bereits 170 Mitglieder hatte. Zuvor war im Februar [[1923]] der Versuch zur Gründung einer Ortsgruppe fehlgeschlagen<ref>* Quelle: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung - Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928 - 1933, Nürnberg 1980, S. 381</ref>. Nach dem gescheiterten Hitlerputsch am 8./[[9. November]] [[1923]] in München wurde die NSDAP reichsweit verboten, so auch in Fürth. Getarnt als Gesangsverein bzw. Mandolinenclub existierte die Ortsgruppe weiter, bis sie am [[16. Februar]] [[1925]] erneut gegründet wurde, lediglich zwei Wochen nach der reichsweiten Wiederzulassung der NSDAP. Seit [[1925]] existierte ebenfalls eine Fürther Sturmabteilung (SA), die mit "''möglicherweise''" 40 Mitgliedern angegeben wird und eine Schutzstaffel (SS) mit ca. 45 Mitgliedern (Stand Juli [[1926]]).<ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion 583 / 587</ref>. Stets mit dabei [[Albert Forster]], der spätere Gauleiter von Danzig und einer der größten Kriegsverbrecher im Nationalsozialismus <ref>* Quelle: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken, Rainer Hambrecht, Nürnberg, 1976, S. 87</ref>. [[Albert Forster]], ein 22jähriger arbeitsloser Bankangestellter <ref>* Anmerkung: Am [[7. November]] [[1923]] trat Forster der NSDAP und SA bei. Wegen seiner politischen Tätigkeit wurde er von seinem Arbeitgeber - dem Bankhaus Brückner - am [[30. Juni]] [[1924]] entlassen.</ref>übernahm die Leitung der neugegründeten NSDAP, die allerdings in den darauffolgenden Jahren noch wenig Beachtung in der öffentlichen Wahrnehmung besaß.  
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[[Albert Forster]] wurde Ende [[1929]] als Angestellter des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband (DHV) nach Hamburg versetzt. Sein Nachfolger in Fürth wurde [[Franz Jakob]], der spätere [[Oberbürgermeister]]. [[Franz Jakob|Jakob]] war somit ab August [[1932]] Ortsgruppenleiter, nach der Umstrukturierung im August [[1932]] Kreisleiter. Seit [[1930]] war er Mitglied im [[Stadtrat]] und seit April [[1932]] Mitglied des Bay. Landtages. Zunächst diente er aber als Redner der zweiten bzw. dritten Garnitur und wurde häufig als Werberedner für die Landbevölkerung bezeichnet. Als ehem. Eisenbahnbeamter widmete er sich später auch den Beamten, denn ab Ende [[1932]] hatte [[Franz Jakob|Jakob]] innerhalb der NSDAP die Funktion eines Gauleiters der Beamtenabteilung Mittelfrankens <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion 31.10.32</ref>.  
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Für den 19. und [[20. September]] [[1925]] plante [[Albert Forster]] die erste NSDAP-Großkundgebung in Fürth, den sog. Hitler-Tag. Dabei sollten, neben Adolf Hitler, zahlreiche "völkische Führer" in Fürth auftreten. Die mit ca. 10- 15.000 geplanten Teilnehmern wurde allerdings von der Polizei untersagt, da zur gleichen Zeit das jüdische Neujahrsfest in Fürth gefeiert wurde und "''die ungestörte Durchführung dieses Festes, für welches eine größere Anzahl von Gottesdiensten angesetzt ist, ist durch Art. 135 der Reichsverfassung gewährleistet, danach haben die Mitglieder der Fürther jüdischen Kultusgemeinde für die Begehung ihrer rituellen Feierlichkeiten Anspruch auf staatlichen Schutz.''". <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akten der Polizeidirekton Nürnberg Fürth Nr 5701/II, Schreiben vom 16. September 1925, i.V. Schachinger</ref> Dieser Termin war sicherlich von der NSDAP nicht zufällig gewählt, so dass die inszenierte Empörung nicht ausblieb: "''So weit war es also gekommen. Der Jude spielt den Provozierten, wenn dem Volk die Augen geöffnet werden sollten und die marxistischen Verräter waren bereitwillig mit dem Verbot zur Hand. Diese "bayerische Schande", wie der "Völkische Beobachter" damals dazu schrieb, sollte sich aber rächen.''" <ref>* Quelle: Wilhelm Löbsack. Albert Forster - Danzigs Gauleiter. Hanseatische Verlagsgesellschaft AG, Hamburg, 1934, S. 16</ref>. Die Großkundgebung fand eine Woche später statt, am 26. und [[27. September]] [[1925]] mit Adolf Hitler und weiterer NS-Prominenz, zeigte aber nicht den gewünschten Zuspruch. Man erhoffte sich ca. 15.000 Teilnehmer - gekommen waren "''nur''" 4.000 Teilnehmer<ref>* Quelle: Gauleiter Albert Forster, Der Deutsche Angestelltenführer, S. 15 ff.</ref>.  
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[[1928]] unternahm die NSDAP in Fürth bei den Reichstags- und Landtagswahlen nach eigenen Angaben eine "außerordentliche Kraftanstrengung"<ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion vom 15.12.1928</ref>. Die NSDAP zeichnete sich insbesondere dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu den anderen politischen Parteien die Stadt Fürth mit einer Vielzahl von Veranstaltungen regelrecht überzog, wenn auch anfänglich mit nur mässigem Erfolg. Während zum Beispiel der spätere Reichsminister des Inneren Dr. Wilhelm Frick lediglich 70 Zuhörer verbuchen konnte, gelang es der NSDAP am [[28. März]] [[1928]] mit Adolf Hitler als Redner immerhin knapp 1.000 Zuhörern in Fürth zu mobilisieren.  
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[[1927]] zählte die Ortsgruppe knapp 200 Mitglieder, also kaum mehr als zur Gründung [[1925]]. Auch die angegliederten Organisationen wie SS und SA hatten in dieser Zeit keinen großen Zulauf. Anlässlich der Verabschiedung des SA Standartenführers Schneider am [[31. Mai]] [[1933]] berichtet der Fürther Anzeiger, dass die SA Stärke [[1927]] lediglich bei 120 Mann lag, weshalb angeblich Hitler persönlich im August [[1927]] Schneider aus dem Chiemgau nach Fürth berief. Seitdem stieg die Zahl der Mitglieder stetig bis [[1933]] knapp 2.000 Mann in der SA gezählt wurden <ref>* Quelle: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken, Rainer Hambrecht, Nürnberg, 1976, S. 118</ref>. 
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Bei den Stadtratswahlen am [[8. Dezember]] [[1929]] gelang es der NSDAP erstmalig mit vier Vertretern in den [[Stadtrat]] gewählt zu werden. Die vier Abgeordneten vielen - wie in fast allen anderen Parlamenten - meist nur durch "destruktive Politik" und inszenierten Propaganda-Auftritten auf<ref>* Quelle: Manfred Mümmler. Fürth in Nationalistischer Zeit - Das Alltagserleben 1933 - 1945. Inaugural-Dissertation der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Bayreuth 1994, S. 13</ref>
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[[Albert Forster]] wurde Ende [[1929]] als Angestellter des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband (DHV) nach Hamburg versetzt. Sein Nachfolger in Fürth wurde [[Franz Jakob]], der spätere [[Oberbürgermeister]]. [[Franz Jakob|Jakob]] war bis August [[1932]] Ortsgruppenleiter, nach der Umstrukturierung im August [[1932]] Kreisleiter. Seit [[1930]] war er Mitglied im [[Stadtrat]] und seit April [[1932]] Mitglied des Bay. Landtages. Zunächst diente er aber als Gau-Redner der zweiten bzw. dritten Garnitur und wurde häufig als Werberedner für die Landbevölkerung bezeichnet. Als ehem. Eisenbahnbeamter widmete er sich später auch den Beamten, denn ab Ende [[1932]] hatte [[Franz Jakob|Jakob]] innerhalb der NSDAP die Funktion eines Gauleiters der Beamtenabteilung Mittelfrankens <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion 31.10.32</ref>.
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[[1928]] unternahm die NSDAP in Fürth bei den Reichstags- und Landtagswahlen nach eigenen Angaben eine "außerordentliche Kraftanstrengung"<ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion vom 15.12.1928</ref>. Die NSDAP zeichnete sich insbesondere dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu den anderen politischen Parteien die Stadt Fürth mit einer Vielzahl von Veranstaltungen regelrecht überzog, wenn auch anfänglich mit nur mässigem Erfolg. Während zum Beispiel der spätere Reichsminister des Inneren Dr. Wilhelm Frick lediglich 70 Zuhörer verbuchen konnte, gelang es der NSDAP am [[28. März]] [[1928]] mit Adolf Hitler als Redner immerhin knapp 1.000 Zuhörern in Fürth zu mobilisieren. In den sog. "Kampfjahren" gelang des der NSDAP in Fürth neben Dr. Frick, Julius Streicher und Adolf Hitler auch Gregor Straßer (Reichspropagandaleiter) und Hermann Göring als Redner für Veranstaltungen in Fürth gewinnen zu können.
 
   
 
   
März [[1930]] hatte die Partei trotz all Ihrer Bemühungen nicht mehr als 185 Mitglieder (144 Männer und 41 Frauen <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion vom 31.5.30, Generalmitgliedsversammlung der Ortsgruppe Fürth am 10.3.30</ref>, dies änderte sich erst Ende [[1931]] mit dem Aufstieg Adolf Hitlers bei den Reichstagswahlen <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion 6.3.31 und 27.6.31 bzw. 24.10.31</ref>. Ab [[1932]] schien die NSDAP in Fürth so viele Mitglieder zu haben, so dass aufgrund der Neuorganisation der Reichsleitung im August [[1932]] eine Ortsgruppe dann geteilt werden musste, wenn sie mehr als 500 Mitglieder hatte. Die Ortsgruppe schien somit [[1932]] mindestens 1.500 Mitglieder zu haben, da nach den Grundsätzen der Neuorganisation sich neben der neuen Ortsgruppe [[Burgfarrnbach]] zwei weitere gründeten. Insbesondere die Gründung einer Ortsgruppe in der Südstadt bereitete der NSDAP [[1930]] noch größere Schwierigkeiten, da sie in der "roten Hochburg" nur mit Mühe einen Wirt fanden, der bereit war der NSDAP sein Lokal für Parteiversammlungen zur Verfügung zu stellen <ref>* Quelle: Fürther Anzeiger vom 9. März 1933 und 24. April 1933</ref>.  
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März [[1930]] hatte die Partei trotz all Ihrer Bemühungen nicht mehr als 185 Mitglieder (144 Männer und 41 Frauen <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion vom 31.5.30, Generalmitgliedsversammlung der Ortsgruppe Fürth am 10.3.30</ref>, dies änderte sich erst Ende [[1931]] mit dem Aufstieg Adolf Hitlers bei den Reichstagswahlen <ref>* Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Akte Polizeidirektion 6.3.31 und 27.6.31 bzw. 24.10.31</ref>. Nach den Wahlerfolgen bekannten sich zunehmend mehr Wähler auch öffentlich zur NSDAP. Ab [[1932]] schien die NSDAP in Fürth so viele Mitglieder zu haben, so dass aufgrund der Neuorganisation der Reichsleitung im August [[1932]] eine Ortsgruppe dann geteilt werden musste, wenn sie mehr als 500 Mitglieder hatte. Die Ortsgruppe schien somit [[1932]] mindestens 1.500 Mitglieder zu haben, da nach den Grundsätzen der Neuorganisation sich neben der neuen Ortsgruppe [[Burgfarrnbach]] zwei weitere gründeten. Insbesondere die Gründung einer Ortsgruppe in der Südstadt bereitete der NSDAP [[1930]] noch größere Schwierigkeiten, da sie in der "roten Hochburg" nur mit Mühe einen Wirt fanden, der bereit war der NSDAP sein Lokal für Parteiversammlungen zur Verfügung zu stellen <ref>* Quelle: Fürther Anzeiger vom 9. März 1933 und 24. April 1933</ref>.
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Im Zuge der Reichspräsidentenwahlen [[1932]] überzog die NSDAP wieder die Stadt Fürth mit einer Flut an Propaganda-Veranstaltungen. Vor der Wahl im Juli führte die NSDAP in Fürth insgesamt 97 Wahlversanstaltungen durch - mehr als alle anderen Parteien zusammen. Dabei wurde gezielt und differenziert in den einzelnen Stadtteilen vorgegangen. Während man in den Vororten primär auf die Probleme der Landwirte einging mit der "verräterischen Politik" der Schwarzen und der Roten, wurden in den Stadtteilen mit hohem Arbeiteranteil mehr gegen die "Sünden der Regierung" in der Wirtschaftspolitk gehetzt und die "Kriegsschuldlüge" des Versailler Vertrags angeprangert. Man sprach in den Veranstaltungen vom Verrat der Arbeiterführer und hetzte bewußt gegen die [[SPD]] - die nach Meinung der NSDAP mit "''dem Wertkapital ein Bündnis eingegangen sei und nichts weiter als eine Schutztruppe des Judentums darstellte''"<ref>* Quelle: Fürther Anzeiger vom 2. Juli 1932</ref>. Besonders intensiv stellte die NSDAP den Kontrast zwischen der Versprechungen der Novemberrevolution von 1918 und der "heutigen" Lage in der Arbeiterschaft in den Vordergrund. "''Der Arbeiter muss erkennen, dass ihn seine Führer ganz erbärmlich verraten haben. Im Gegensatz dazu werde der nationalsozialistische Staat aber Arbeit und Brot schaffen. Die NSDAP wolle keinen Wohlfahrtsstaat, sondern Arbeit für den ehrlichen deutschen Arbeiter, ein Deutschland der Arbeiter.''"<ref>* Quelle: Fürther Anzeiger vom 2. Juli, 7. Juli, 8. Juli und 21. Juli 1932</ref>. In der Südstadt hingegen warb die NSDAP mit "christlicher Betroffenheitsrethorik" um die katholischen Wählerstimmen. Dabei wurden die "lieben Katholiken" und "deutschen Volksgenossen" auf die antinationle Politik der Zentrumspartei hingewiesen, die die "Verhöhnung der christlichen Religion durch die gottlosen Marxisten ... sowie auf die Verfolgung und Unterdrückung der Religion in Rußland und Spanien" darstellten. Die NSDAP spielte sich als Retter der Religionen auf, den ohne den Nationalsozialisums hätte "schon längst der kommunistische Blutrausch Kirchen und Klöster zerstört und Geistliche ermordet ... Die NSDAP sei nicht kirchenfeindlich, auch ihr Kampf gegen die Juden gelte nicht der Religion, sondern ihrer Rasse."<ref>* Quelle: Fürther Anzeiger vom 30. Juli 1932 sowie, Fürther Anzeiger vom 1. Juli 1932 zur Judenfrage an dem Sprechabend der Sektion Altstadt</ref>.  
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Folgende NS-Organisationen gründeten sich bis [[1933]] in Fürth:
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Bis [[1933]] gründeten sich folgende NS-Organisationen in Fürth:
    
* [[1925]] - Sturmabteilung (SA)
 
* [[1925]] - Sturmabteilung (SA)
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* [[28. Juni]] [[1932]] - Beamtenabteilung der NSDAP, Gründer Franz Jakob
 
* [[28. Juni]] [[1932]] - Beamtenabteilung der NSDAP, Gründer Franz Jakob
 
* September [[1931]] - NS Frauenschaft - bei der Gründung 12 Frauen  
 
* September [[1931]] - NS Frauenschaft - bei der Gründung 12 Frauen  
* [[20. Mai]] [[1932]] - Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO)
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* [[20. Mai]] [[1932]] - Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO), Gründer Heinrich Scheid
 
* Pfingsten [[1930]] - Hitlerjugend (HJ), gegründet von Max Linsmayer (ehem. Spielleiter der Jung-Bayern) <ref>* Anmerkung: Die HJ wurde kurz nach der Gründung wieder aufgelöst wegen "Zwistigkeiten und sog. Missverständissen zwischen "Führer und Geführten". Auch die neu gegründete HJ Gruppe sich erst nach einem weiteren Wechsel der Führung etablieren. Fürther Anzeiger vom 28. April 1933</ref>
 
* Pfingsten [[1930]] - Hitlerjugend (HJ), gegründet von Max Linsmayer (ehem. Spielleiter der Jung-Bayern) <ref>* Anmerkung: Die HJ wurde kurz nach der Gründung wieder aufgelöst wegen "Zwistigkeiten und sog. Missverständissen zwischen "Führer und Geführten". Auch die neu gegründete HJ Gruppe sich erst nach einem weiteren Wechsel der Führung etablieren. Fürther Anzeiger vom 28. April 1933</ref>
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=== „Machtergreifung“ 1933 ===
 
=== „Machtergreifung“ 1933 ===
Der seit [[1914]] amtierende [[Oberbürgermeister]] [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] war ein entschiedener Gegner der Nationalsozialisten, so weigerte er sich z.B. im Februar [[1933]], den neuen Reichskanzler Hitler am [[Flughafen]] zu empfangen. In der Folge der Auseinandersetzung mit der NSDAP in Fürth und im [[Stadtrat]] wurde [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] am [[17. März]] [[1933]] als letzter demokratisch gewählter [[Oberbürgermeister]]s der Stadt Fürth durch einen Beschluss im [[Stadtrat]] in den "dauernden Ruhestand" versetzt. Damit war der Weg frei für [[Franz Jakob]], Parteimitglied der NSDAP der ersten Stunde, Kreisleiter in Fürth und Mitglied des Landtages seit [[1932]]<ref>* Quelle: Alles unter Kontrolle - Rückblick auf die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Manfred Mümmler in den Fürther Nachrichten am 18./ 19. Februar 1995</ref>. Noch in der gleichen Sitzung wurde [[Franz Jakob|Jakob]] kommissarisch zum "Ersten Bürgermeister" gewählt. Kurz zuvor begann am [[30. Januar]] [[1933]] der reichsweite Aufstieg Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsident Hindenburg und die Auflösung des Reichstags auf "Wunsch" Hitlers am [[1. Februar]] [[1933]]. Es folgte die letzte freie Wahl der Weimarer Republik am [[5. März]] [[1933]], bei der die NSDAP gemeinsam mit den Konservativen (DNVP) knapp die Mehrheit im Reichstag erreichte. In Fürth wählten 44,8 % die NSDAP, vier Monate vorher waren es noch 35,6 %<ref>* Quelle: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung - Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928 - 1933, Nürnberg 1980, S. 461 f.</ref>. In den folgenden Wochen und Monaten folgte die sog. "Gleichschaltung", die zunächst einherging mit dem Verbot der KPD im März [[1933]] gefolgt von dem Verbot der SPD im Juni [[1933]]. Bis Ende des Jahres [[1933]] wurde nahezu alle Parteien, Gewerkschaften, Organisationen oder Vereine aufgelöst, vereinnahmt oder innerhalb der NS-Organisationen integriert. Auch in Fürth wurde die Parteien aufgelöst und die Mitglieder und Funktionäre verhaftet. Unter den Verhafteten waren auch am [[10. März]] [[1933]] die Fürther Kommunisten [[Rudolf Benario]] und [[Ernst Goldmann]]. Knapp vier Wochen später wurden beide im KZ Dachau durch SS Mitglieder hingerichtet und waren damit die ersten Opfer des NS-Terrors im Deutschen Reich. In einer Sitzung des [[Stadtrat]]es - der inzwischen Gemeinderat hieß - wurde am [[19. Oktober]] [[1933]] [[Franz Jakob|Jakob]] offizell einstimmig zum [[Oberbürgermeister]] gewählt. Kurz darauf wurden unliebsame Verwaltungsangestellte und Beamte aus dem städtischen Dienst entfernt, so z.B. der spätere [[Oberbürgermeister]] [[Hans Bornkessel]].  
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Der seit [[1914]] amtierende [[Oberbürgermeister]] [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] war ein entschiedener Gegner der Nationalsozialisten, so weigerte er sich z.B. im Februar [[1933]], den neuen Reichskanzler Hitler am [[Flughafen]] zu empfangen. In der Folge der Auseinandersetzung mit der NSDAP in Fürth und im [[Stadtrat]] wurde [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] am [[17. März]] [[1933]] als letzter demokratisch gewählter [[Oberbürgermeister]]s der Stadt Fürth durch einen Beschluss im [[Stadtrat]] in den "dauernden Ruhestand" versetzt. Damit war der Weg frei für [[Franz Jakob]], Parteimitglied der NSDAP der ersten Stunde, Kreisleiter in Fürth und Mitglied des Landtages seit [[1932]]<ref>* Quelle: Alles unter Kontrolle - Rückblick auf die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Manfred Mümmler in den Fürther Nachrichten am 18./ 19. Februar 1995</ref>. Noch in der gleichen Sitzung wurde [[Franz Jakob|Jakob]] kommissarisch zum "Ersten Bürgermeister" gewählt. Kurz zuvor begann am [[30. Januar]] [[1933]] der reichsweite Aufstieg Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsident Hindenburg und die Auflösung des Reichstags auf "Wunsch" Hitlers am [[1. Februar]] [[1933]]. Es folgte die letzte freie Wahl der Weimarer Republik am [[5. März]] [[1933]], bei der die NSDAP gemeinsam mit den Konservativen (DNVP) knapp die Mehrheit im Reichstag erreichte. In Fürth wählten 44,8 % die NSDAP, vier Monate vorher waren es noch 35,6 %<ref>* Quelle: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung - Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928 - 1933, Nürnberg 1980, S. 461 f.</ref>. In den folgenden Wochen und Monaten folgte die sog. "Gleichschaltung", die zunächst einherging mit dem Verbot der [[KPD]] im März [[1933]] gefolgt von dem Verbot der [[SPD]] im Juni [[1933]]. Bis Ende des Jahres [[1933]] wurde nahezu alle Parteien, Gewerkschaften, Organisationen oder Vereine aufgelöst, vereinnahmt oder innerhalb der NS-Organisationen integriert. Auch in Fürth wurde die Parteien aufgelöst und die Mitglieder und Funktionäre verhaftet. Unter den Verhafteten waren auch am [[10. März]] [[1933]] die Fürther Kommunisten [[Rudolf Benario]] und [[Ernst Goldmann]]. Knapp vier Wochen später wurden beide im KZ Dachau durch SS Mitglieder hingerichtet und waren damit die ersten jüdischen Opfer des NS-Terrors im Deutschen Reich. In einer Sitzung des [[Stadtrat]]es - der inzwischen Gemeinderat hieß - wurde am [[19. Oktober]] [[1933]] [[Franz Jakob|Jakob]] offizell einstimmig zum [[Oberbürgermeister]] gewählt. Kurz darauf wurden unliebsame Verwaltungsangestellte und Beamte aus dem städtischen Dienst entfernt, so z.B. der spätere [[Oberbürgermeister]] [[Hans Bornkessel]].  
    
[[Bild:Ratsmitglieder 031035.jpg|thumb|right|Handverlesene Gemeinderäte ab dem 3. Oktober 1935]]Am [[30. Januar]] [[1935]] - am zweiten Jahrestag der Machtergreifung Hitlers - wurde die Gemeindeordnung reichsweit gleichgeschaltet mit einer zentralistischen Machtausrichtung: Die Verwaltung wurde "in voller und ausschließlicher Verantwortung" vom Bürgermeister oder seinem Stellvertreter alleine geführt. Der [[Stadtrat]] / Gemeinderat verlor völlig seine politische Funkiton und wurde auf ein rein beratendes Gremium degradiert. Im Sommer [[1935]] wird der gewählte [[Stadtrat]] aufgelöst - der sich inzwischen nur noch aus NSDAP Mitgliedern zusammensetzte - und durch den amtierenden [[Oberbürgermeister]] [[Franz Jakob|Jakob]] mit "handverlesenen" Gemeinderäten am [[3. Oktober]] [[1935]] neu besetzt. Neben sechs hauptamtliche und zwei ehrenamtliche Beigeordnete werden 27 Gemeinderäte berufen: darunter [[Gustav Schickedanz|Schickedanz]], [[Hans Sandreuter|Sandreuter]] und [[Wilhelm Schülein|Schülein]]. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war auch in Fürth das "Führerprinzip" durchgesetzt.  
 
[[Bild:Ratsmitglieder 031035.jpg|thumb|right|Handverlesene Gemeinderäte ab dem 3. Oktober 1935]]Am [[30. Januar]] [[1935]] - am zweiten Jahrestag der Machtergreifung Hitlers - wurde die Gemeindeordnung reichsweit gleichgeschaltet mit einer zentralistischen Machtausrichtung: Die Verwaltung wurde "in voller und ausschließlicher Verantwortung" vom Bürgermeister oder seinem Stellvertreter alleine geführt. Der [[Stadtrat]] / Gemeinderat verlor völlig seine politische Funkiton und wurde auf ein rein beratendes Gremium degradiert. Im Sommer [[1935]] wird der gewählte [[Stadtrat]] aufgelöst - der sich inzwischen nur noch aus NSDAP Mitgliedern zusammensetzte - und durch den amtierenden [[Oberbürgermeister]] [[Franz Jakob|Jakob]] mit "handverlesenen" Gemeinderäten am [[3. Oktober]] [[1935]] neu besetzt. Neben sechs hauptamtliche und zwei ehrenamtliche Beigeordnete werden 27 Gemeinderäte berufen: darunter [[Gustav Schickedanz|Schickedanz]], [[Hans Sandreuter|Sandreuter]] und [[Wilhelm Schülein|Schülein]]. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war auch in Fürth das "Führerprinzip" durchgesetzt.  
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===Reichs-Pogromnacht in Fürth 1938===
 
===Reichs-Pogromnacht in Fürth 1938===
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