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<noinclude><pagequality level="1" user="Red Rooster" /></noinclude>In Grafeneck (Schwäbische Alb) richteten die Verantwortlichen
die erste Tötungsanstalt ein. Dem „Pflege“-Personal - 24
Pflegerinnen und Pflegern - wurde noch im Januar 1940 in
Berlin der Zweck des Unternehmens erklärt, sie hätten mit
den Tötungen selbst nichts zu tun, könnten aber jederzeit zurücktreten, ohne dadurch persönlich Nachteile zu erfahren.
Alle ließen sich widerspruchslos verpflichten.
In Brandenburg fand im Januar 1940 eine erste
„Probevergasung“ von 18-20 Patienten statt. Gleichzeitig
ging in Polen die Ermordung von Geisteskranken weiter, teilweise im improvisierten Gaswagen oder mit dem
Maschinengewehr.
Nach der Vergasung wurden die Leichen verbrannt, eine beliebige Urne den Verwandten geschickt, die Verbrennung mit
seuchenpolizeilichen Vorschriften begründet.
Umgehende Todesnachricht nach dem Abtransport, offensichtlich falsche Todesursachen und anderes mehr trugen dazu bei, dass sich der Mord schon im Februar 1940 in weiten
Kreisen der Bevölkerung herumgesprochen hatte.
Weder die Mitarbeiter in der Verwaltung noch die
Ärzte, Pfleger und Verwaltungsangestellte etc. in den
Tötungsanstalten wurden zur Mitarbeit gezwungen. Es gibt
auch nicht einen nachweisbaren Fall, in dem die Weigerung
eines rechtswidrigen Tötungsbefehls - sei es von behinderten
Menschen, Juden oder sonstigen Ermordeten - „eine im Sinne
der gesetzlichen Bestimmungen objektive Gefahr für Leib
und Leben des Befehlsempfängers mit sich gebracht“ hätte
(Feststellung der Ludwigsburger Zentralstelle zur Verfolgung
von Naziverbrechen). Genauso wie bei der planmäßigen
Ermordung der europäischen Juden wurde niemand zum
Mitmachen gezwungen.
Im Juli 1940 erreichte die Zahl der getöteten Patienten
einen Höhepunkt, alleine in diesem Monat wurden
5.400 Patienten ermordet. Zaghafte Versuche einzelner
Anstaltsärzte und Direktoren, die Krankentötungen eventuell auf dem Rechtswege zu verhindern, scheiterten völlig.
Eigenartigerweise gab es vereinzelt in Anstalten besonderen
hartnäckigen Widerstand von NSDAP-Mitgliedern (Dr.
Jaspersen, Leitender Arzt in Bethel), besonders erfolgreich
sogar von einem SS-Mann (August Schilli, Anstaltsverwalter
der Kreispflegeanstalt Fußbach, Kreis Offenburg). Dies
hatte keinerlei negative Folgen für diese Parteigenossen.
Eine kleine Privatanstalt (Göppingen) kämpfte um jeden
einzelnen Patienten und erreichte, dass nur ein kleiner Teil
der Patienten verlegt wurde. Diese Aktivitäten stießen jedoch
auf keinen Widerhall. Die Ordinarien und vor allem die
jüngeren Ärzte und Assistenten standen der NS-“Euthanasie“
ganz überwiegend positiv gegenüber. Ein Widerstand führender Ärzte war unter diesen Umständen Illusion, er fand
nicht statt.

5. Proteste und das vermeintliche Ende der
„Euthanasie“
Im Justizapparat brach nur ein einziger Richter - von ca.
1.400 - das allgemeine Schweigen: Dr. Lothar Kreyssig,
Vormundschaftsrichter in Brandenburg/Havel. Kreyssig war

in der Weimarer Republik Wähler der NSDAP, nach einer
Begnadigung von nationalsozialistischen Mördern durch
Hitler wandte er sich jedoch von der NSDAP ab. Lothar
Kreyssig schrieb am 8. Juli 1940 in einem langen Brief an
Reichsinnenminister Wilhelm Frick unter anderem: “Die
Frage nach dem Sinn solchen Lebens [eines geistig behinderten Menschen] rührt an die tiefsten Daseinsfragen überhaupt... Sein Sinn ist weder im Blick auf das Einzelwesen
noch in dessen Bezogenheit auf die völkische Gemeinschaft
zu begreifen... Es ist vermessen, zu beurteilen oder sich darüber hinwegzusetzen, was wohl ‚lebensunwertes Leben‘ für die
ewige Bestimmung der Menschen bedeutet...”
Am 27. August 1940 verbot Amtsrichter Kreyssig verschiedenen Heilanstalten, Personen ohne seine Zustimmung zu
entlassen, die unter der vormundschaftlichen Obhut des
Amtsgerichts Brandenburg/Havel standen. Kreyssig wurde
in den Ruhestand versetzt, weitere negative Folgen hatte
Kreyssigs mutiges Verhalten nicht.
Im Juli 1940 erreichten die Berliner Reichskanzlei und
den Reichsminister des Innern erste Protestschreiben des
Centralausschusses für die Innere Mission der Evangelischen
Kirche, vor allem aber sehr nachdrücklich vom württembergischen Landesbischofs Theophil Wurm. Die Proteste beeindruckten die „Euthanasie“-Verantwortlichen wenig, der Kreis
der zu meldenden Patienten wurde sogar noch ausgeweitet.
Am 1. August 1940 erreichte der erste offizielle Protest von
katholischer Seite die Reichsregierung. Im Sitzungsprotokoll
der im August 1940 tagenden Bischofskonferenz hieß es unter
anderem: „Die Konferenz nimmt Kenntnis von der in weitem
Umfange bereits in Deutschland durchgeführten Euthanasie
und verurteilt dieselbe sowohl vom naturrechtlichen als auch
vom christlichen Standpunkt... Sie... verbietet es katholischen
Pflegeanstalten, aktiv bei der Verbringung ihrer Insassen
mitzuwirken zwecks Vernichtung sogenannten lebensunwerten Lebens.“ Dennoch gab es Verhandlungsbereitschaft
mit dem Staat, bis am 27. November 1940 der Papst die
Ermordung behinderter Menschen als Verbrechen bezeichnete. Die Kirchen protestierten jedoch lange Zeit - wenn über-

Einer von 1.200
Ermordeten aus
Neuendettelsau:
Der Fürther Konrad Dohrer, sein
Geburtshaus stand
in unmittelbarer
Nachbarschaft zum
Geburtshaus von
Wilhelm Löhe.

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Die Geschichte der Lebenshilfe_ctp.indd 18

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