Camp Finkenschlag: Unterschied zwischen den Versionen

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Jedes Jahr bestimmten die Bewohner in demokratischen Wahlen ihre politische Führung, das ''Komitee''. Ähnlich wie eine Stadtverwaltung regelten der Vorsitzende und seine Mitarbeiter das Alltagsleben im Camp. Es wurde ein Kindergarten und eine Volksschulen eingerichtet, die von 50 Kindern besucht wurde. Für den Religionsunterricht wurde ein ''„chejder“''<ref>Jiddisch „Chejder“ sonst auch [[wikipedia:Cheder|Cheder]]</ref> eingerichtet.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''„Or Chadasz Fürth“'' in: „Undzer Wort“ אונדזעך ווארט vom 16. September 1946</ref><ref>[https://www.talmud-thora.de/einrichtungen/camp-fuerth-finkenschlag/ Talmud-Thora Schulen in Deutschland]</ref> Für Mädchen gab es eine Handarbeitsschule, außerdem Hebräisch und Englisch Kurse.</br>
Jedes Jahr bestimmten die Bewohner in demokratischen Wahlen ihre politische Führung, das ''Komitee''. Ähnlich wie eine Stadtverwaltung regelten der Vorsitzende und seine Mitarbeiter das Alltagsleben im Camp. Es wurde ein Kindergarten und eine Volksschulen eingerichtet, die von 50 Kindern besucht wurde. Für den Religionsunterricht wurde ein ''„chejder“''<ref>Jiddisch „Chejder“ sonst auch [[wikipedia:Cheder|Cheder]]</ref> eingerichtet.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''„Or Chadasz Fürth“'' in: „Undzer Wort“ אונדזעך ווארט vom 16. September 1946</ref><ref>[https://www.talmud-thora.de/einrichtungen/camp-fuerth-finkenschlag/ Talmud-Thora Schulen in Deutschland]</ref> Für Mädchen gab es eine Handarbeitsschule, außerdem Hebräisch und Englisch Kurse.</br>


Das Kulturamt organisierte Konzerte, Theatervorführungen<ref>vgl. „Fun Fürther lager-lebn“ und „Gelungener ojftrit fun Ema Szewer Lazarow in Fürth“ in: „Undzer Wort“ ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref> und schuf eine Bibliothek mit Lesesaal, der Sportverein Makabi Fürth spielte in der jüdischen Fußball-Liga etwa mit Kadima Schwabach, Hapoel Ansbach sowie Hakoach Hof um die Meisterschaft. Für die frommen Juden wurden eine Synagoge, ein Ritualbad, eine koschere Küche und eine Religionsschule eröffnet.  
Das Kulturamt organisierte Konzerte, Theatervorführungen<ref>vgl. „Fun Fürther lager-lebn“ und „Gelungener ojftrit fun Ema Szewer Lazarow in Fürth“ in: „Undzer Wort“ אונדזעך ווארט vom 16. September 1946</ref> und schuf eine Bibliothek mit Lesesaal, der Sportverein Makabi Fürth spielte in der jüdischen Fußball-Liga etwa mit Kadima Schwabach, Hapoel Ansbach sowie Hakoach Hof um die Meisterschaft. Für die frommen Juden wurden eine Synagoge, ein Ritualbad, eine koschere Küche und eine Religionsschule eröffnet.  
Das Camp Finkenschlag (Or Chadasch) wurde vom Komitee-Vorsitzenden [[Emil Kroo]] geführt. Der [[1917]] im Städtchen ''Munkács'' in der [[wikipedia:Karpatenukraine|Karpatenukraine]] (damals [[wikipedia:Königreich Ungarn|Ungarn]], seit 1946 ''[[wikipedia:Mukatschewo|Mukatschewo]]'' / [[wikipedia:Ukraine|Ukraine]]) Geborene hatte als [[wikipedia:NS-Zwangsarbeit|Zwangsarbeiter]] in Ungarn überlebt und konnte sich nach der Befreiung in die jüdischen Auffanglager der [[wikipedia:Amerikanische Besatzungszone|US-amerikanischen Besatzungszone]] Deutschlands flüchten. Auf seine Initiative hin wurde in einer Forchheimer Textilfabrik eine Weberei für die Juden vom Finkenschlag eröffnet. Rund 60 jüdische Lehrlinge aus dem Fürther Lager erlernten dort das Weberhandwerk. Daneben wurden im Lager verschiedene handwerkliche Lehrgänge angeboten, etwa im Schneiderhandwerk, der Hutmacherei, in einer Fahrschule, sowie Ausbildungskurse als Radio-, bzw. Automechaniker.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''„Or Chadasz Fürth“'' in: „Undzer Wort“ אונדזעך ווארט vom 16. September 1946; 2. Teil unter „b“; Die Firma Siemens und M.A.N. werden dabei besonders aufgeführt.</ref> Mit einer Berufsausbildung erhöhten sich für die jüdischen DPs die Chancen auf eine Einreiseerlaubnis in die klassischen Emigrationsländer. Für nicht wenige begann ein neues Leben in Australien, den USA oder in Kanada, für die meisten aber im [[1948]] neu gegründeten Staat [[wikipedia:Israel|Israel]]. Emil Kroo zog nach Schließung des Camps über einen Zwischenaufenthalt in New York in die kanadische Provinz Quebec.<ref>Jim G. Tobias: ''Eine jüdische Stadt in Fürth''. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2019</ref>
Das Camp Finkenschlag (Or Chadasch) wurde vom Komitee-Vorsitzenden [[Emil Kroo]] geführt. Der [[1917]] im Städtchen ''Munkács'' in der [[wikipedia:Karpatenukraine|Karpatenukraine]] (damals [[wikipedia:Königreich Ungarn|Ungarn]], seit 1946 ''[[wikipedia:Mukatschewo|Mukatschewo]]'' / [[wikipedia:Ukraine|Ukraine]]) Geborene hatte als [[wikipedia:NS-Zwangsarbeit|Zwangsarbeiter]] in Ungarn überlebt und konnte sich nach der Befreiung in die jüdischen Auffanglager der [[wikipedia:Amerikanische Besatzungszone|US-amerikanischen Besatzungszone]] Deutschlands flüchten. Auf seine Initiative hin wurde in einer Forchheimer Textilfabrik eine Weberei für die Juden vom Finkenschlag eröffnet. Rund 60 jüdische Lehrlinge aus dem Fürther Lager erlernten dort das Weberhandwerk. Daneben wurden im Lager verschiedene handwerkliche Lehrgänge angeboten, etwa im Schneiderhandwerk, der Hutmacherei, in einer Fahrschule, sowie Ausbildungskurse als Radio-, bzw. Automechaniker.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''„Or Chadasz Fürth“'' in: „Undzer Wort“ אונדזעך ווארט vom 16. September 1946; 2. Teil unter „b“; Die Firma Siemens und M.A.N. werden dabei besonders aufgeführt.</ref> Mit einer Berufsausbildung erhöhten sich für die jüdischen DPs die Chancen auf eine Einreiseerlaubnis in die klassischen Emigrationsländer. Für nicht wenige begann ein neues Leben in Australien, den USA oder in Kanada, für die meisten aber im [[1948]] neu gegründeten Staat [[wikipedia:Israel|Israel]]. Emil Kroo zog nach Schließung des Camps über einen Zwischenaufenthalt in New York in die kanadische Provinz Quebec.<ref>Jim G. Tobias: ''Eine jüdische Stadt in Fürth''. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2019</ref>


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