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[[1922]] trat Stöhr in die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) und [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] ein. Gleichzeitig engagierte er sich in der Gewerkschaftsbewegung und wurde schnell einer der führenden Köpfe innerhalb der Widerstandsgruppen in Fürth. Gemeinsam mit [[Konrad Grünbaum|Grünbaum]], Emil Hüls, Fritz Munkert und [[Otto Gellinger]] organisierte Stöhr eine illegale Untergrundorganisation zur Verbreitung von Informationsschriften und Zeitschriften gegen den Nationalsozialismus. Stöhr war als Kurier insbesondere für die Weiterverbreitung der Flugschriften aus der Tschechoslowakei für den Nürnberger Süden bis nach Weißenburg zuständig.<ref name="Broszat/Mehringer-1983">Martin Broszat & Harmut Mehringer (Hrsg.): Bayern in der NS-Zeit - Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand. R. Oldenbourg Verlag München Wien 1983, S. 362 ff.</ref>  
 
[[1922]] trat Stöhr in die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) und [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] ein. Gleichzeitig engagierte er sich in der Gewerkschaftsbewegung und wurde schnell einer der führenden Köpfe innerhalb der Widerstandsgruppen in Fürth. Gemeinsam mit [[Konrad Grünbaum|Grünbaum]], Emil Hüls, Fritz Munkert und [[Otto Gellinger]] organisierte Stöhr eine illegale Untergrundorganisation zur Verbreitung von Informationsschriften und Zeitschriften gegen den Nationalsozialismus. Stöhr war als Kurier insbesondere für die Weiterverbreitung der Flugschriften aus der Tschechoslowakei für den Nürnberger Süden bis nach Weißenburg zuständig.<ref name="Broszat/Mehringer-1983">Martin Broszat & Harmut Mehringer (Hrsg.): Bayern in der NS-Zeit - Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand. R. Oldenbourg Verlag München Wien 1983, S. 362 ff.</ref>  
 
[[Datei:Schema des illegalen Sopade-Verteilappartes in Franken.png|miniatur|links|Schema der Widerstandsgruppe in Franken, 1933/34]]
 
[[Datei:Schema des illegalen Sopade-Verteilappartes in Franken.png|miniatur|links|Schema der Widerstandsgruppe in Franken, 1933/34]]
Im Jahr [[1934]] wurde nach einer erneuten Verhaftungswelle im April auch Heiner Stöhr verhaftet und im Januar [[1935]] am Oberlandesgericht München zu 5 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Trotz Strafverbüßung in Einzelhaft in den Zuchthäusern Ebrach und Amberg kam Stöhr am [[24. Mai]] [[1940]] in sogenannte Schutzhaft in das [[wikipedia:KZ Dachau|KZ Dachau]]. Als KZ-Häftling wurde er im Lagerkrankenhaus als Krankenpfleger zur Arbeit eingeteilt.<ref name="Broszat/Mehringer-1983"/> Ab 1941 wurde Stöhr als „Oberpfleger“ in der septischen Chirurgie eingeteilt. Die Abteilung beschäftigte sich überwiegend mit eitrig entzündlichen Zellgeweben ([[wikipedia:Phlegmonen|Phlegmonen]]), die größtenteils auf Befehl von Himmler absichtlich bei Häftlingen als Versuchsreihen herbeigeführt wurden. Zeitweilig arbeitete Stöhr auf der hierzu extra eingerichteten Versuchsstation in Block 1, Stube 3 im KZ Dachau.<ref name="Rost_Goethe">Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Berlin 1948, zitiert nach List Taschenbuch 2001, S. 82 f.</ref><ref>Karl-Heinz Leven, Petra Betzien, Robert Davidson, Heiner Fangerau, Ralf Forsbach, Hans-Georg Hofer, Gregor Holzinger, Marion Hulverscheidt, Uwe Kaminsky, Julia Nebe, Bernd Reichelt, Volker Roelcke, Sandra Rohloff, Mathias Schmdit, Hans-Ludwig Siemen, Katharina Trittel, Henning Tümmers, Markus Wahl, Paul Weindling, Jens Westemeier, Saskia Wilhelmy, Nicholas John Williams: ''Medizintäter. Ärzte und Ärztinnen im Spiegel der NS-Täterforschung''. Böhlau, Köln 11. April 2022, 591 S.; Seite 324 ff. Die Pflegmone-Versuche im KZ-Dachau; Seite 328 ff. Häftlingspfleger Heinrich Stöhr -  
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Im Jahr [[1934]] wurde nach einer erneuten Verhaftungswelle im April auch Heiner Stöhr verhaftet und im Januar [[1935]] am Oberlandesgericht München zu 5 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Trotz Strafverbüßung in Einzelhaft in den Zuchthäusern Ebrach und Amberg kam Stöhr am [[24. Mai]] [[1940]] in sogenannte Schutzhaft in das [[wikipedia:KZ Dachau|KZ Dachau]]. Als KZ-Häftling wurde er im Lagerkrankenhaus als Krankenpfleger zur Arbeit eingeteilt.<ref name="Broszat/Mehringer-1983"/> Ab 1941 wurde Stöhr als „Oberpfleger“ in der septischen Chirurgie eingeteilt. Die Abteilung beschäftigte sich überwiegend mit eitrig entzündlichen Zellgeweben ([[wikipedia:Phlegmone|Phlegmonen]]), die größtenteils auf Befehl von Himmler absichtlich bei Häftlingen als Versuchsreihen herbeigeführt wurden. Zeitweilig arbeitete Stöhr auf der hierzu extra eingerichteten Versuchsstation in Block 1, Stube 3 im KZ Dachau.<ref name="Rost_Goethe">Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Berlin 1948, zitiert nach List Taschenbuch 2001, S. 82 f.</ref><ref>Karl-Heinz Leven, Petra Betzien, Robert Davidson, Heiner Fangerau, Ralf Forsbach, Hans-Georg Hofer, Gregor Holzinger, Marion Hulverscheidt, Uwe Kaminsky, Julia Nebe, Bernd Reichelt, Volker Roelcke, Sandra Rohloff, Mathias Schmdit, Hans-Ludwig Siemen, Katharina Trittel, Henning Tümmers, Markus Wahl, Paul Weindling, Jens Westemeier, Saskia Wilhelmy, Nicholas John Williams: ''Medizintäter. Ärzte und Ärztinnen im Spiegel der NS-Täterforschung''. Böhlau, Köln 11. April 2022, 591 S.; Seite 324 ff. Die Pflegmone-Versuche im KZ-Dachau; Seite 328 ff. Häftlingspfleger Heinrich Stöhr -  
https://books.google.de/books?id=aL_kEAAAQBAJ&pg=PA328#v=onepage&q&f=false online] (Eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
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https://books.google.de/books?id=aL_kEAAAQBAJ&pg=PA328#v=onepage&q&f=false online] (Eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)</ref>
    
Der KZ-Mithäftling Nico Rost<ref>Nico Rost, geb. 21. Juni 1896 in Groningen; gest. 1. Februar 1967 in Amsterdam. Befreundet mit Egon Erwin Kisch, Gottfried Benn, Carl Einstein, Else Lasker-Schüler, Joseph Roth, Bert Brecht und Alfred Döblin. Er übersetzte Werke von Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Ernst Toller, Joseph Roth, Gottfried Benn sowie Anna Seghers ins Niederländische und machte dadurch die Werke dieser Schriftsteller in den Niederlanden bekannt. Mitglied der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], Teilnehmer am Spanischen Bürgerkrieg. Am 6. Mai 1943 wird Nico Rost von den Nazis wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ verhaftet, verbringt einige Wochen im Wehrmachtsgefängnis Forest, dann eine halbjährige Strafe im Gestapogefängnis in Scheveningen, kommt von dort ins KZ Vught, und anschließend im Juni 1944 ins Konzentrationslager Dachau. Nach dem Kriegsende Mitglied im Niederländischen als auch im Internationalen Dachau-Komitee. Er ergriff mit anderen die Initiative, um aus dem KZ Dachau eine Gedenkstätte zu machen. Siehe: Biographie auf [http://www.wugwiki.de/index.php?title=Heinrich_St%C3%B6hr StadtWiki Weißenburg] sowie [[wikipedia:Nico Rost|wikipedia.de]].</ref>, der mit Stöhr ab [[1943]] im KZ Dachau inhaftiert war und gemeinsam mit ihm die Befreiung Dachaus miterlebte, schrieb in seiner später veröffentlichten Biografie über Heiner Stöhr: ''Heini ist Bayer, in Nürnberg geboren. Kein Kommunist ..., sondern Sozialdemokrat und mehr Gefühlsmensch als Politiker. (...) Heini arbeitet schon seit über sechs Jahren im (Kranken-)Revier und hat in dieser Zeit Hunderten von Mithäftlingen das Leben gerettet. Pfarrer B., der ihn von früher her gut kennt, erzählte mir, daß Heini ursprünglich Arzt werden wollte, doch daß für sein Studium nicht genügend Geld da war und er in eine Fabrik arbeiten gehen mußte. In den Jahren hier hat er sich ein so gründliches medizinisches Wissen anzueignen gewußt, daß es bei den Ärzten immer wieder höchstes Erstaunen und auch Bewunderung erregt. In der Ecke über seinem Bett steht eine Anzahl wissenschaftlicher medizinischer Werke, in denen er oft studiert und die er sorgfältig behütet. Er hat sich auch selbst Latein beigebracht, so daß er nun imstande ist, die Krankengeschichten seiner Patienten auf lateinisch zu schreiben oder zu diktieren.''<ref name="Rost_Goethe"/>
 
Der KZ-Mithäftling Nico Rost<ref>Nico Rost, geb. 21. Juni 1896 in Groningen; gest. 1. Februar 1967 in Amsterdam. Befreundet mit Egon Erwin Kisch, Gottfried Benn, Carl Einstein, Else Lasker-Schüler, Joseph Roth, Bert Brecht und Alfred Döblin. Er übersetzte Werke von Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Ernst Toller, Joseph Roth, Gottfried Benn sowie Anna Seghers ins Niederländische und machte dadurch die Werke dieser Schriftsteller in den Niederlanden bekannt. Mitglied der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], Teilnehmer am Spanischen Bürgerkrieg. Am 6. Mai 1943 wird Nico Rost von den Nazis wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ verhaftet, verbringt einige Wochen im Wehrmachtsgefängnis Forest, dann eine halbjährige Strafe im Gestapogefängnis in Scheveningen, kommt von dort ins KZ Vught, und anschließend im Juni 1944 ins Konzentrationslager Dachau. Nach dem Kriegsende Mitglied im Niederländischen als auch im Internationalen Dachau-Komitee. Er ergriff mit anderen die Initiative, um aus dem KZ Dachau eine Gedenkstätte zu machen. Siehe: Biographie auf [http://www.wugwiki.de/index.php?title=Heinrich_St%C3%B6hr StadtWiki Weißenburg] sowie [[wikipedia:Nico Rost|wikipedia.de]].</ref>, der mit Stöhr ab [[1943]] im KZ Dachau inhaftiert war und gemeinsam mit ihm die Befreiung Dachaus miterlebte, schrieb in seiner später veröffentlichten Biografie über Heiner Stöhr: ''Heini ist Bayer, in Nürnberg geboren. Kein Kommunist ..., sondern Sozialdemokrat und mehr Gefühlsmensch als Politiker. (...) Heini arbeitet schon seit über sechs Jahren im (Kranken-)Revier und hat in dieser Zeit Hunderten von Mithäftlingen das Leben gerettet. Pfarrer B., der ihn von früher her gut kennt, erzählte mir, daß Heini ursprünglich Arzt werden wollte, doch daß für sein Studium nicht genügend Geld da war und er in eine Fabrik arbeiten gehen mußte. In den Jahren hier hat er sich ein so gründliches medizinisches Wissen anzueignen gewußt, daß es bei den Ärzten immer wieder höchstes Erstaunen und auch Bewunderung erregt. In der Ecke über seinem Bett steht eine Anzahl wissenschaftlicher medizinischer Werke, in denen er oft studiert und die er sorgfältig behütet. Er hat sich auch selbst Latein beigebracht, so daß er nun imstande ist, die Krankengeschichten seiner Patienten auf lateinisch zu schreiben oder zu diktieren.''<ref name="Rost_Goethe"/>
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