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IX. Umbruch und Aufbruch 1. Neuer Namen, neue Führung, neue Pläne Im Raum der ehemaligen Lennys Hütte konnte am 17. Dezember 1993 das 25jährige Jubiläum des „BehindertenWohnheims“ gefeiert werden. Begonnen hatte alles - wie weiter vorne beschrieben - 1968 mit sechs Frauen und sechs Männern in der alten Villa an der Zirndorfer Straße. 1975 bezog man zusätzlich eine Villa in der Dr.-Mack-Straße. 1977 quartierte sich die Lebenshilfe in die Friedrich-EbertStraße 51 ein, zum 25jährigen Jubiläum hatte das Wohnheim 60 Bewohner. 1993 bestanden zwei Außenwohngruppen, so die Gruppe Korczak in Burgfarrnbach, die 1994 nach Anwanden umziehen sollte, da die alten Räume gekündigt worden waren. Seit 1991 bewohnte eine andere Gruppe das Haus Eichenwald in Roßtal. Ziel der Außengruppen war es, den behinderten Menschen mehr Verantwortung zu übertragen und die Selbständigkeit zu fördern. Aber auch im „Stammhaus“ war man immer bestrebt, behinderten Menschen nicht alles abzunehmen, sondern ihnen einen eigenen Entscheidungsfreiraum und Aufgaben zu geben. Zum 25jährigen Jubiläum war die ehemalige Lennys Hütte bis auf den letzten Platz gefüllt.

Gemütliches Beisammensein in der Friedrich-Ebert-Straße 51 im Juni 1993. Ende 1993 feierte das „Behinderten-Wohnheim“ als Institution sein 25jähriges Bestehen. Ganz rechts Jürgen Brodka, mit einer kurzen Unterbrechung seit 1979 Wohngruppen-Betreuer bei der Lebenshilfe. (Foto: Knut Meyer).

Im Januar 1994 forderte die Lebenshilfe, die äußerst beengten Zustände der rund 215 Schüler der Sprachheilschule zu verbessern. Aus dem Stammhaus in der Theaterstraße waren seit 1982 zwei der insgesamt zehn Klassen in die Erlanger Straße ausgelagert worden, zudem neun Gruppen des Schulkindergartens und der Tagesstätte. Da die drei Einrichtungen aber in ein und dasselbe pädagogische Konzept gehörten, entstanden nicht nur organisatorische Unstimmigkeiten, sondern auch Reibungsverluste in der Betreuung. Die Lebenshilfe forderte den Stadtrat auf, für die drei schulischen Bereiche ein gemeinsames Domizil zu finden. Der Mietvertrag in der Erlanger Straße lief zum Ende des Schuljahres 1996/97 aus, dann drohten Mieterhöhungen, wenn überhaupt eine Verlängerung möglich sei, so äußerte sich der damalige Lebenshilfe-Geschäftsführer Helmut Dörfler. Der Freistaat war im Übrigen nicht mehr bereit, die hohen

Mietkosten voll zu tragen, so dass sich schon für das Jahr 1992 eine Finanzierungslücke von 40.500 Mark ergeben hatte. Die Lebenshilfe schlug vor, das ehemalige Schulgebäude der Amerikaner in Atzenhof in die Überlegungen einzubeziehen. Im August 1994 wurde leider die alte Villa - die ehemalige Theresienkrippe - in der Aldringerstraße abgebrochen. Der Denkmalschutz verweigerte zwar zunächst den Abbruch, aber die Lebenshilfe hatte schon 1971 die Genehmigung zur Beseitigung erhalten; die Villa blockierte die zweite Laderampe der Werkstätte. Im Mai 1995 wurde dann vor dem ehemaligen Standort der Villa eine Lagerhalle gebaut. Die zweite Außenwohngruppe, Haus „Korczak“, wurde 1994 von dem gemieteten Objekt in ein gekauftes Haus in Anwanden am Kleiberweg umgesiedelt (acht Bewohner). 1994 begann auch die Planung eines neuen Wohnheimes in der Fronmüllerstraße, da das bis April 2001 genutzte Heim in der Friedrich-Ebert-Straße keinen Aufzug hatte und die Räume insgesamt nicht behindertengerecht aufgeteilt waren. Im November 1994 änderte die Lebenshilfe ihre Satzung. Ein wesentlicher Punkt war der Vereinsname, der bisher „Lebenshilfe für geistig Behinderte Stadt und Fürth Land e.V.“ hieß. Gegen den Antrag, das Wort „geistig“ zu streichen, wandten sich vehement gerade Eltern geistig behinderter Kinder. Da aber die Lebenshilfe längst nicht nur für geistig behinderte Menschen aktiv war, fand man als Kompromissformel: „Lebenshilfe für Menschen mit geistiger oder anderer Behinderung Fürth e.V.“ Zudem wurden in der Satzung ausdrücklich der „Behindertensport“ und die musische Förderung eingefügt. Beide Bereiche seien für behinderte Menschen noch wichtiger als für nichtbehinderte. Als Beispiel konnte die Fußballmannschaft der Werkstätten genannt werden, die mehrfach bayerischer Meister im „Behinderten-Fußball“ geworden war. 1995 kamen wiederum eindringlich die schwierigen räumlichen Bedingungen in der Sprachheilschule in die öffentliche Diskussion. Die im Rahmen der Gesundheitsreform eingeführte Deckelung der Pflegesätze brachte die Lebenshilfe zunehmend in Personalprobleme, da die Zuschüsse zu den Personalkosten nicht mehr vom tatsächlichen Aufwand, sondern vom Personalkostenstand des Jahres 1994 ausgingen, der jährlich um denselben Prozentsatz wie die Sozialhilfe erhöht wurde. Daraus folgten Einschränkungen bei Neueinstellungen. Der neue Vorsitzende Dr. Thomas Jung kommentierte dies Anfang 1996 so: „Deckelung bedeutet auch, dass nur noch die notwendigsten Kosten im medizinisch-pflegerischen Bereich übernommen werden. Es besteht Gefahr, dass an die Stelle von Förderung und tatsächlichem Bedarf behinderter Menschen die Verwahrung tritt - satt und sauber, das muss genügen.“ Der aus beruflichen Gründen scheidende Vorsitzende Peter Schneidzik stellte ein relativ neues Phänomen vor: Behinderte Menschen würden heute zwar weniger diskriminiert als früher, aber dafür die Eltern häufiger angegriffen: Da man heute schon vor der Geburt (pränatale Diagnose) manche körperliche und geistige Beeinträchtigungen voraussehen könne, müsse man doch kein behindertes Kind mehr bekommen, werde Eltern oft entgegengehalten.

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