XII. Appell und Richtungsbestimmung
1. Der Schmerz des Hergebens
Im zweiten Heft „Lebenshilfe aktuell“ des Jahres 2002 widmete sich ein „Spezial“ Thema einem Problem, das sich nach
über 40 Jahren Lebenshilfe den Mitgliedern zunehmend
stellte, Titel: „Der Schmerz des Hergebens“. Georg Jordan
berichtete: „Es ist häufig der Fall, dass nach dem Tod oder
der Pflegebedürftigkeit der Eltern die Frage der weiteren
Betreuung des behinderten Menschen in keiner Weise geregelt ist. Nachbarn oder der Sozialdienst versuchen dann, auf
die Schnelle einen Wohnheimplatz zu bekommen, was oft
genug zum Scheitern verurteilt ist, da die Wohnheimplätze
nicht auf Abruf zur Verfügung stehen, sondern in der Regel
belegt sind. Der betroffene behinderte Mensch befindet sich
dann in einer Situation, die in ihrer Einmaligkeit alles übertrifft, was er in seinem bisherigen Leben erlebt hat.“
Das Problem konkretisiert sich vor Ort wie folgt: „Über
Jahrzehnte hinweg kämpfen und engagieren sich Eltern
für ihr behindertes Kind, um dann das Wichtigste
überhaupt, die Frage, wo und wie ihr Kind nach ihrem Tod oder bei eigener Pflegebedürftigkeit leben
wird, auszuklammern“. Das Lebenshilfe Wohnheim
bietet hierzu eine Warteliste an, auf der die Eltern ihr
Interesse an einem Wohnheim-Platz bekunden können.
Nur hatte zum Zeitpunkt des Berichts kein einziges
Elternteil, oft allein erziehend und über 70 Jahre alt,
von dem Platz-Angebot Gebrauch gemacht. Aber es gilt
hier letztendlich dasselbe wie bei sogenannten „normalen“ Kindern, „…nur durch eine möglichst frühzeitige
Auseinandersetzung mit dem Thema Loslassen … kann
die Zukunft eines behinderten Menschen verantwortungsvoll geplant und bestmöglich geordnet werden“
(Hannelore Schreiber). Die Eltern stehen hier in einer selbstlosen Verantwortung, denn nicht immer drängen
behinderte Menschen selbst auf diesen oft für alle Seiten
schmerzlichen Schritt.
Diether Schüler, der Leiter der Sprachheilschule seit 1979
(Gründung 1975), ging Ende des Schuljahres 2002 in den
Ein neuer Lebensabschnitt beginnt - Stephan wohnt nicht mehr bei seinen Eltern, sondern alleine in seiner eigenen Wohngruppe.
Ruhestand, seine Nachfolgerin wurde Ulrike Hambitzer. Rück- und ausblickend stellte Diether Schüler die Unterbringung der Sprachheilschule als ein „Provisorium“ dar, das mit dem Bau des Sonderpädagogischen Förderzentrums in Oberasbach endlich beendet werde. Die immer wieder enttäuschte Aussicht auf eine den schulischen Erfordernissen entsprechende Unterkunft sei nun eingelöst worden. Positiv sehe er, dass Kinder mit verschiedenen Auffälligkeiten unter einem Dach betreut werden. Bedenken äußerte Schüler jedoch dahingehend, ob der sprachheilpädagogische Bereich – sein Lebenswerk – und der damit verbundene Pool an Know-how der Sprachheilschule durch die Aufsplitterung auf die drei Förderzentren in Stadt und Landkreis nicht geschwächt werde.
Gemeinsam geht es besser: Kooperative Außenklasse an der Pestalozzi-Schule.
Im Februar 2002 erweiterte die HallemannSchule ihr Angebot mit einer Elternberatung an der Heilpädagogischen Tagesstätte. Eine ebenfalls neu eingerichtete Informationsbörse bündelte Informationen rund um das Thema “Behinderte/Jugendliche“. Trotz schwierigeren Rahmenbedingungen konnte zudem eine Ferienbetreuung durch die Heilpädagogische Tagesstätte durchgeführt werden. Zum Schuljahresbeginn 2002/2003 war eine erste Klasse der Hallemann-Schule an die Pestalozzi- Schule ausgelagert worden (Kooperative Außenklasse). Einige Unterrichtsfächer – wie Musik, Sport und Sachunterricht – wurden gemeinsam besucht. Ziel der von Schulleiter Hans-Peter Haas unterstützten Kooperation war es, Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, wobei behinderte und nichtbehinderte Menschen voneinander lernen und profitieren sollten. Die Klasse 2a der „Pesta“ und die 1h der HallemannFörderschule arbeiteten zwölf Schulstunden in der Woche zusammen. Zwei Lehrer und zwei pädagogische Fachkräfte betreuten 30 Schüler, davon acht Förderschüler.
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