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2. Endlich alle im neuen Heim

3. Was kann und darf der Mensch?

Im Juli 2002 konnten die letzten Bewohner des ehemaligen Lebenshilfe-Wohnheims in die neuen Räume an der Fronmüllerstraße umziehen. Am 1. November 2002 belegten die ersten Bewohner das Wohnpflegeheim. Das Heim nahm mit einer ersten Gruppe - sechs Menschen mit schwerer Behinderung - seinen Betrieb auf. Konzipiert war das Heim für drei Gruppen mit jeweils sechs Bewohnern, also 18 Plätze, die angegliederte Förderstätte sollte 28 Plätze bieten. Auch drei Verhinderungspflegeplätze für Menschen mit schwermehrfachen Behinderungen waren vorgesehen und wurden auch verwirklicht. In der angegliederten Förderstätte stehen Therapien, Betreuung und Förderung im Angebot, die Förderstätte bekam hierfür einen eigenen Trakt. Vor dem Gebäudekomplex konnten im Oktober 2002 zwei Brunnen eingeweiht werden: Ermöglicht wurden die Brunnen durch die Zinsen der Millionenspende, die zu gleichen Teilen für das Wohnheim und für das Förderzentrum Oberasbach verwendet wurden. Heinz Siebenkäß unterstrich mit seinem 3-Säulenbrunnen die Grundprinzipien der Lebenshilfe: Integration, Normalisierung und Selbstbestimmung. Der „Stifterbrunnen“ von Alfred Oppl erinnert mit einer Tafel an die Millionenspende zur Finanzierung der Baumaßnahmen, wobei Oppl sich vom Thema „Spuren“ inspirieren ließ. Erster Vorsitzender Dr. Thomas Jung betonte, dass hier ein kleines Dorf mit einer menschlichen Architektur entstanden sei.

Die Lebenshilfe Fürth lud im November 2002 zu einem Podiumsgespräch mit einem zunehmend aktueller werdenden Thema ein: „Was kann und darf der Mensch?“ (Dimensionen der Gentechnik). Über die Möglichkeiten der modernen Biomedizin und die aus ethischer Sicht wünschenswerten Grenzen referierten und diskutierten die Professoren Dr. Sabine Stengel-Rutkowski und Dr. Maximilian Forschner mit Lebenshilfe-Vorsitzenden Dr. Thomas Jung. Angesprochen wurde die Präimplantationsdiagnostik (PID), die schon in verschiedenen Ländern angewandt wurde und sich auf in Reagenzgläsern entstandene Embryos bezieht. Die Embryos werden auf genetische Abweichungen (Erbkrankheiten und Besonderheiten der Chromosomen) untersucht und nur „gesunden“ bzw. „brauchbaren“ wird das Recht auf (Weiter-) Leben zugesprochen.

Die Dambacher Werkstätten konnten 2002 eine befriedigende Auftragslage vermelden, allerdings waren gegenüber früheren Zeiten doch gewisse Abstriche zu vermelden. „Einen Lichtblick“ sahen die Werkstätten unter Leitung von Franz Nübler jedoch in der Firma Prime Catch Seafood aus Oberferrieden. Dort konnten seit April 2002 mindestens sechs Mitarbeiter mit einem Gruppenleiter eingesetzt werden, ab Dezember 2002 konnten weitere vier Arbeitsplätze eingerichtet werden. Die insgesamt aber eher nachfragearmen Zeiten wurden dazu ausgenutzt, um den eigenen Betrieb zu analysieren und dabei Stärken und Schwächen herauszuarbeiten. Die Fortbildung des Detmolder Lernwegemodells war seit Oktober 2002 abgeschlossen und wurde damit im gesamten Werkstattbereich angewandt. Im Juni 2002 stellte die Lebenshilfe den offiziellen Antrag zur Modernisierung und Umstrukturierung der Dambacher Werkstätten. Einen Monat später, im Juli 2002, konnte an anderer Stelle Richtfest gefeiert werden: Das sonderpädagogische Förderzentrum in Oberasbach als Großprojekt mit Modellcharakter nahm Formen an. Mit großem Erfolg nahmen acht Athleten des Fürther Leistungsstützpunktes ebenfalls im Juli an den 24. Deutschen Meisterschaften in Berlin teil. Dabei errangen Sportler aus dem Leistungszentrum vier Meisterschaften, die 4x100 Staffel war im weltweiten Vergleich Zweiter.

„Dimensionen der Gentechnik“ - Dr. Thomas Jung, Prof. Dr. Sabine Stengel-Rutkowski, Prof. Dr. Maximilian Forschner beim Podiumsgespräch in der Stadthalle Fürth.

Ein weiterer Themenkomplex war die embryonale Stammzellenforschung, die mit dem Schlagwort „verbrauchende Embryonenforschung“ verbunden wird, da Embryonen nach der Stammzellenentnahme getötet werden. Aus embryonalen Stammzellen lasse sich jedoch jedes Gewebe des menschlichen Körpers bilden und damit vielleicht in Zukunft heute noch unheilbare Krankheiten heilen. Andererseits stelle sich die Frage, ob ein im Reagenzglas entstandener Embryo nur ein Zellhaufen ist, der zu Forschungszwecken benutzt werden darf und wie erstrebenswert es ist, einen Menschen nach Maß zu schaffen. Professorin Stengel-Rutkowski machte darauf aufmerksam, dass die Humangenetik bestimmend auf Denkbilder der Medizin einwirkt: Das Gesunde gilt als gut, „das“ Behinderte als schlecht. Gerade Menschen mit Genveränderungen hätten innerhalb ihrer Anlagen ein großes Entwicklungspotential, das ihnen durch die Einstufung in „krank“ oder „behindert“ abgesprochen wird. Lebenshilfe Vorsitzender Dr. Thomas Jung verwies auf die Familie, die heute die „letzte, schwere Entscheidung für oder gegen ein Kind mir Behinderung“ finden müs-

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