Schaechterle-Plan: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Wiesengrund an der Pegnitz.jpg|miniatur|rechts|Hier wäre die neue Pegnitztalstraße entstanden]]
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Der sog. '''Schaechterle-Plan''' war ein Straßenverkehrsplan des Verkehrsexperten und ADAC-Funktionärs Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Schaechterle (geb. [[1921]]; gest. [[2008]]) von der TU München. Anfang der 1960er Jahre legte er auf Wunsch der Stadt Fürth einen Verkehrswegeplan vor, der das Gesicht der Stadt Fürth radikal verändert hätte. Der Plan sah vor, mehrspurige Verkehrstrassen in die Flussauen von [[Pegnitz]], [[Rednitz]] und [[Regnitz]] zu legen.<ref>Johannes Alles: Straßen an jedem Fluss. In: Fürther Nachrichten vom 20. Juni 2013</ref> Auf Grund des noch fehlenden ökologischen Bewusstseins und dem Anspruch, die Städte "autogerechter" zu gestalten, fiel sein Entwurf bei der Stadtverwaltung und den Stadträten auf Wohlwollen. Der Plan existierte, wenn auch immer in abgewandelter Form, noch bis Anfang der 1980er Jahre.<ref>Johannes Alles: ''Als die Blechlawine durch Fürths Talauen rollen sollte''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 20. Juni 2013</ref>
Der sog. '''Schaechterle-Plan''' war ein Straßenverkehrsplan des Verkehrsexperten und ADAC-Funktionärs Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Schaechterle (geb. [[1921]]; gest. [[2008]]) von der TU München. Anfang der 1960er Jahre legte er auf Wunsch der Stadt Fürth einen Verkehrswegeplan vor, der das Gesicht der Stadt Fürth radikal verändert hätte. Der Plan sah vor, mehrspurige Verkehrstrassen in die Flussauen von [[Pegnitz]], [[Rednitz]] und [[Regnitz]] zu legen.<ref name="Straßen">Johannes Alles: Straßen an jedem Fluss. In: Fürther Nachrichten vom 20. Juni 2013</ref> Auf Grund des noch fehlenden ökologischen Bewusstseins und dem Anspruch, die Städte "autogerechter" zu gestalten, fiel sein Entwurf bei der Stadtverwaltung und den Stadträten auf Wohlwollen. Der Plan existierte, wenn auch immer in abgewandelter Form, noch bis Anfang der 1980er Jahre.<ref name="Blechlawine">Johannes Alles: Als die Blechlawine durch Fürths Talauen rollen sollte. In: Fürther Nachrichten vom 20. Juni 2013</ref>


== Der Schaechterle-Plan ==
== Der Schaechterle-Plan ==
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* Die neue "Regnitztalstraße" wäre als nächste Straße parallel zur [[Vacher Straße]] bei der [[Billinganlage]] durch den Wiesengrund nach Norden geführt worden.  
* Die neue "Regnitztalstraße" wäre als nächste Straße parallel zur [[Vacher Straße]] bei der [[Billinganlage]] durch den Wiesengrund nach Norden geführt worden.  


* Zusätzlich sollte die Verlängerung der [[Herrnstraße]] von der [[Südstadt]] quer über den Talgrund bis nach [[Dambach]] durchgeführt werden.<ref>Johannes Alles: Straßen an jedem Fluss. In: Fürther Nachrichten vom 20. Juni 2013</ref>
* Zusätzlich sollte die Verlängerung der [[Herrnstraße]] von der [[Südstadt]] quer über den Talgrund bis nach [[Dambach]] durchgeführt werden.<ref name="Straßen"/>


== Kritik und Widerstand ==
== Kritik und Widerstand ==
Der Entwurf stieß in der Bevölkerung zunächst auf wenig Widerstand. Lediglich der [[Bund Naturschutz]] (BN) positioniert sich von Beginn an gegen die Pläne der Stadt Fürth. In einer Resolution schreibt der BN im März [[1961]], dass er sich gänzlich gegen die "''Autoringstraße''" im Pegnitztal stelle. Der BN beklagt die "''radikale Zerstörung des Stadtparks''", der doch für die "''werktätige Bevölkerung''" als Naherholungsgebiet dient. Die Stadtverwaltung und der Stadtrat werden "''ebenso höflich wie dringend''" gebeten, andere Lösungen für die "''zugegeben schwierigen Verkehrsverhältnisse''" zu finden.<ref>Johannes Alles: ''Als die Blechlawine durch Fürths Talauen rollen sollte''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 20. Juni 2013</ref>
Der Entwurf stieß in der Bevölkerung zunächst auf wenig Widerstand. Lediglich der [[Bund Naturschutz]] (BN) positioniert sich von Beginn an gegen die Pläne der Stadt Fürth. In einer Resolution schreibt der BN im März [[1961]], dass er sich gänzlich gegen die "''Autoringstraße''" im Pegnitztal stelle. Der BN beklagt die "''radikale Zerstörung des Stadtparks''", der doch für die "''werktätige Bevölkerung''" als Naherholungsgebiet dient. Die Stadtverwaltung und der Stadtrat werden "''ebenso höflich wie dringend''" gebeten, andere Lösungen für die "''zugegeben schwierigen Verkehrsverhältnisse''" zu finden.<ref name="Blechlawine"/>


[[1962]] schreiben die [[Fürther Nachrichten]], dass der BN weiterhin gegen den Schaechterle-Plan kämpft. So steht in den [[Fürther Nachrichten]]: "''Noch ist der Schaechterle-Plan nicht durch das Stadtparlament gegangen, da will der BN nichts unversucht lassen, um den Stadtpark vor dem Zugriff der Verkehrsplaner zu bewahren''". Den Naturschützern schlagen keine Sympathiewellen aus der Bevölkerung entgegen, ganz im Gegenteil. So mussten sich der BN-Vorsitzende Martin Wißmüller sowie der Stadtgartendirektor [[Hans Schiller]] allgegenwärtig vorwerfen lassen, dass sie "''altmodische Romantiker und Querköpfe''" seien.  
[[1962]] schreiben die [[Fürther Nachrichten]], dass der BN weiterhin gegen den Schaechterle-Plan kämpft. So steht in den [[Fürther Nachrichten]]: "''Noch ist der Schaechterle-Plan nicht durch das Stadtparlament gegangen, da will der BN nichts unversucht lassen, um den Stadtpark vor dem Zugriff der Verkehrsplaner zu bewahren''". Den Naturschützern schlagen keine Sympathiewellen aus der Bevölkerung entgegen, ganz im Gegenteil. So mussten sich der BN-Vorsitzende Martin Wißmüller sowie der Stadtgartendirektor [[Hans Schiller]] allgegenwärtig vorwerfen lassen, dass sie "''altmodische Romantiker und Querköpfe''" seien.  
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In einer vom [[Bund Naturschutz]] initiierten Podiumsdiskussion unter dem Titel: ''Braucht Fürth einen neuen Verkehrswegeplan?'' beantworteten viele Verantwortliche der Stadt Fürth die Frage mit "''Ja''". Unter ihnen waren viele Stadträte, aber auch der Bürgermeister [[Heinrich Stranka]]. Auch Karlheinz Schaechterle war gekommen und musste zugeben: "''Man müsse heute von ganz anderen Realitäten ausgehen als noch 1962.''"  
In einer vom [[Bund Naturschutz]] initiierten Podiumsdiskussion unter dem Titel: ''Braucht Fürth einen neuen Verkehrswegeplan?'' beantworteten viele Verantwortliche der Stadt Fürth die Frage mit "''Ja''". Unter ihnen waren viele Stadträte, aber auch der Bürgermeister [[Heinrich Stranka]]. Auch Karlheinz Schaechterle war gekommen und musste zugeben: "''Man müsse heute von ganz anderen Realitäten ausgehen als noch 1962.''"  


Der Kreisvorsitzende des [[Bund Naturschutz|Bundes Naturschutz]], [[Reinhard Scheuerlein]], sagte rückblickend: "''Nur wenige Jahre, nachdem die Pläne zu den Akten gelegt worden waren, konnte sich das alles kaum noch jemand vorstellen.... Jeder freut sich über die Talauen, aber kaum einer wisse, wie sehr um sie gerungen wurde... Es gibt ja nirgendwo einen Hinweis darauf.''" Einen Hinweis gibt es inzwischen: In dem [[2015]] erschienen Wanderführer "Gerettete Landschaften" sind die Fürther Talauen als Wanderweg aufgeführt, als Beispiel für ein landschaftliches Schmuckstück, dessen Existenz nur durch das Engagement der Naturschützer erhalten geblieben ist.<ref>Johannes Alles: ''Als die Blechlawine durch Fürths Talauen rollen sollte''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 20. Juni 2013</ref>
Der Kreisvorsitzende des [[Bund Naturschutz|Bundes Naturschutz]], [[Reinhard Scheuerlein]], sagte rückblickend: "''Nur wenige Jahre, nachdem die Pläne zu den Akten gelegt worden waren, konnte sich das alles kaum noch jemand vorstellen.... Jeder freut sich über die Talauen, aber kaum einer wisse, wie sehr um sie gerungen wurde... Es gibt ja nirgendwo einen Hinweis darauf.''" Einen Hinweis gibt es inzwischen: In dem [[2015]] erschienen Wanderführer "Gerettete Landschaften" sind die Fürther Talauen als Wanderweg aufgeführt, als Beispiel für ein landschaftliches Schmuckstück, dessen Existenz nur durch das Engagement der Naturschützer erhalten geblieben ist.<ref name="Blechlawine"/>


== Fürth - kein Einzelbeispiel ==
== Fürth - kein Einzelbeispiel ==
Der Schaechterle-Plan ist heute ein Synonym für zum Teil völlig katastrophale Verkehrsplanungskonzepte bzw. einer völlig "Auto-fixierten" Verkehrsplanung. So wurde u. a. auf Grund der Empfehlung von Karlheinz Schaechterle der Hauptbahnhof der Stadt Ludwigshafen aus der Innenstadt verbannt, um den "modernsten Bahnhof Europas" weit außerhalb der Stadt völlig neu zu bauen.<ref>Wikipedia: Hauptbahnhof Ludwigshafen [https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwigshafen_%28Rhein%29_Hauptbahnhof Wiki]</ref> Experten bewerten diese Entscheidung heute wie folgt: Das Empfangsgebäude des neuen Bahnhofs ist ''„nicht mehr als eine Fußgängerunterführung mit angrenzenden Läden, Fahrkartenschaltern und einigen wenigen Diensträumen“''. Mit der Überbrückung des Bahnhofs durch die Hochstraße hätten ''„Straßenbau- und Eisenbahningenieure ein nicht mehr zu übertreffendes Sinnbild für die Verkehrsentwicklung der 1960er- und 1970er-Jahre geschaffen: Die Kfz-Lawine überrollt den Schienenverkehr und mit auf Strecke bleibt die Architektur“''.<ref>Martin Schack: Neue Bahnhöfe 1948 bis 1973, VBN Verlag Bernd Neddermeyer, 2004</ref> Der Ludwigshafener Stadtplaner Piske verwies 2002 auf eine Veröffentlichung des Heidelberger Umwelt- und Prognose-Instituts UPI, in der die Bahnhofsverlegung für die Abwanderung von Kaufkraft aus der Ludwigshafener in die Mannheimer Innenstadt mit verantwortlich gemacht wird. Damit versinke der an den Stadtrand verdrängte Bahnhof in eine gewisse Nutzlosigkeit, so Lars Piske gegenüber der Presse.<ref>Lars Piske: Das Rhein-Neckar-Dreieck. In: Ulrike Kaufmann (Red.): Architektur im Rhein-Neckar-Dreieck. awf-Verlag, Heidelberg 2002</ref>
Der Schaechterle-Plan ist heute ein Synonym für zum Teil völlig katastrophale Verkehrsplanungskonzepte bzw. einer völlig "Auto-fixierten" Verkehrsplanung. So wurde u. a. auf Grund der Empfehlung von Karlheinz Schaechterle der Hauptbahnhof der Stadt Ludwigshafen aus der Innenstadt verbannt, um den "modernsten Bahnhof Europas" weit außerhalb der Stadt völlig neu zu bauen.<ref>Wikipedia: Hauptbahnhof Ludwigshafen [https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwigshafen_%28Rhein%29_Hauptbahnhof Wiki]</ref> Experten bewerten diese Entscheidung heute wie folgt: Das Empfangsgebäude des neuen Bahnhofs ist ''„nicht mehr als eine Fußgängerunterführung mit angrenzenden Läden, Fahrkartenschaltern und einigen wenigen Diensträumen“''. Mit der Überbrückung des Bahnhofs durch die Hochstraße hätten ''„Straßenbau- und Eisenbahningenieure ein nicht mehr zu übertreffendes Sinnbild für die Verkehrsentwicklung der 1960er- und 1970er-Jahre geschaffen: Die Kfz-Lawine überrollt den Schienenverkehr und mit auf Strecke bleibt die Architektur“''.<ref>Martin Schack: Neue Bahnhöfe 1948 bis 1973. VBN Verlag Bernd Neddermeyer, 2004</ref> Der Ludwigshafener Stadtplaner Piske verwies 2002 auf eine Veröffentlichung des Heidelberger Umwelt- und Prognose-Instituts UPI, in der die Bahnhofsverlegung für die Abwanderung von Kaufkraft aus der Ludwigshafener in die Mannheimer Innenstadt mit verantwortlich gemacht wird. Damit versinke der an den Stadtrand verdrängte Bahnhof in eine gewisse Nutzlosigkeit, so Lars Piske gegenüber der Presse.<ref>Lars Piske: Das Rhein-Neckar-Dreieck. In: Ulrike Kaufmann (Red.): Architektur im Rhein-Neckar-Dreieck. awf-Verlag, Heidelberg 2002</ref>


Ähnliche Pläne wie für Fürth wurden zum Teil in Heidelberg realisiert, indem ebenfalls bestehende Talauen mit vierspurigen Verkehrstraßen zugebaut wurden.
Ähnliche Pläne wie für Fürth wurden zum Teil in Heidelberg realisiert, indem ebenfalls bestehende Talauen mit vierspurigen Verkehrstraßen zugebaut wurden.
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* [[Stadtrat]]  
* [[Stadtrat]]  


== Einzelnachweis ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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