Joseph Dunner: Unterschied zwischen den Versionen
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: ''"Während er sich im benachbarten Nürnberg ein Quartier anweisen ließ, reservierte ich mir ein Zimmer im [[Parkhotel]] am Schlageterplatz (jetzt, glaube ich, [[Fürther Freiheit|Platz der Freiheit]] genannt) in Fürth. Verglichen mit Frankfurt und den anderen Städten, durch die ich gefahren war, war Fürth relativ intakt. [...] Mein erster Spaziergang durch die Stadt galt der Schwabacher Straße. Ich glaube, die Häuser dieser Straße sehen heute noch so aus, wie sie am 10. Mai 1908, als ich dort geboren wurde, ausgesehen haben müssen. In dieser Gegend hatte die Familie meiner Großmutter, der Mutter meines Vaters, seit Jahrhunderten gelebt. Hier gaben mir meine Eltern den Namen Joseph zur Erinnerung an meinen Großonkel, Joseph Zwi Halevi Dünner, den Oberrabbiner von Holland, der als Gaon (auf deutsch: Fürst) von Amsterdam in die jüdische Geschichte eingegangen ist. In der Fürther [[Synagoge]] auf dem [[Löwenplatz]] war ich acht Tage nach meiner Geburt in dem üblichen Beschneidungsakt (hebräisch: Brit Milah) in die jüdische Volks- und Religionsgemeinschaft aufgenommen worden. Nun aber, da ich auf den [[Löwenplatz]] zusteuerte, war da nichts als flache Erde und Geröll. Die Synagoge, die im Jahre 5376 nach jüdischem Kalender, im Jahr 1615 nach christlicher Zeitrechnung, erbaut worden war und einstmals wie die Kirche und das Rathaus das Ortsbild Fürths bestimmte, war in der Kristallnacht von den | : ''"Während er sich im benachbarten Nürnberg ein Quartier anweisen ließ, reservierte ich mir ein Zimmer im [[Parkhotel]] am Schlageterplatz (jetzt, glaube ich, [[Fürther Freiheit|Platz der Freiheit]] genannt) in Fürth. Verglichen mit Frankfurt und den anderen Städten, durch die ich gefahren war, war Fürth relativ intakt. [...] Mein erster Spaziergang durch die Stadt galt der Schwabacher Straße. Ich glaube, die Häuser dieser Straße sehen heute noch so aus, wie sie am 10. Mai 1908, als ich dort geboren wurde, ausgesehen haben müssen. In dieser Gegend hatte die Familie meiner Großmutter, der Mutter meines Vaters, seit Jahrhunderten gelebt. Hier gaben mir meine Eltern den Namen Joseph zur Erinnerung an meinen Großonkel, Joseph Zwi Halevi Dünner, den Oberrabbiner von Holland, der als Gaon (auf deutsch: Fürst) von Amsterdam in die jüdische Geschichte eingegangen ist. In der Fürther [[Synagoge]] auf dem [[Löwenplatz]] war ich acht Tage nach meiner Geburt in dem üblichen Beschneidungsakt (hebräisch: Brit Milah) in die jüdische Volks- und Religionsgemeinschaft aufgenommen worden. Nun aber, da ich auf den [[Löwenplatz]] zusteuerte, war da nichts als flache Erde und Geröll. Die Synagoge, die im Jahre 5376 nach jüdischem Kalender, im Jahr 1615 nach christlicher Zeitrechnung, erbaut worden war und einstmals wie die Kirche und das Rathaus das Ortsbild Fürths bestimmte, war in der Kristallnacht von den Nationalsozialisten angezündet und vernichtet worden. Die Inschrift aus dem 29. Psalm, die die jüdischen Familien Fürths zu Beginn des 17. Jahrhunderts über dem Thoraschrein angebracht hatten, "Hasehm jewarech et amo baschalom" ("Der Ewige wird sein Volk mit Frieden segnen") hatte sich als eine unerfüllte Hoffnung erwiesen. [...] In der [[Schützenstraße]], der eigentlichen [[Judengäßlein| Judengasse]] Fürths, standen wie vor Hunderten von Jahren noch die winkligen ein- und zweistöckigen Häuser, in denen die Hausierer und Viehhändler der Stadt gewohnt hatten. In der [[Mühlgasse]] erinnerte die [[Duckla|Weinstube "Duckla"]] daran, daß hier die Mikwah, das rituelle jüdische Frauenbad, stand, in dem sich die Frauen in das systematisch angesammelte Regenwasser duckten. Unter den umgeworfenen und verschmierten Grabsteinen auf dem [[Jüdischer Friedhof|jüdischen Friedhof]] war hier und da noch eine deutsche oder hebräische Inschrift zu entziffern - aber an diesem 1. Juni 1945 war ich wahrscheinlich der einzige Jude hier in Fürth, der in dieser Stadt geboren und noch am Leben war. In meinem fünften Lebensjahr, ein Jahr nach der Geburt meines Bruders Lasar, sandten mich meine Eltern nach Köln zu meinen väterlichen Großeltern. Seitdem hatte ich Fürth nur noch einmal wiedergesehen. [...] Die Stadt ist mir immer ein Stück Heimat geblieben. Aber ich glaube nicht, daß ich je große Sehnsucht nach ihr empfunden habe."''<ref>1971: "Zu Protokoll gegeben. Mein Leben als Deutscher und Jude" (Autobiographische Memoiren), S. 39 ff.</ref> | ||
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Version vom 24. März 2017, 22:57 Uhr
Prof. Dr. Joseph Dunner (geb. 10. Mai 1908 als Joseph Dünner in Fürth, Schwabacher Str. 25 1/2; gest. August 1978) war langjähriger Professor der Politikwissenschaften an der Yeshiva University in New York und Autor mehrerer Bücher. Nach dem Zweiten Weltkrieg half er als US-Presseoffizier beim Aufbau einer demokratischen Presse in Bayern. So war er für die Lizenzierung der "Süddeutschen Zeitung" zuständig.
Leben
Joseph Dunner wurde am 10. Mai 1908 in Fürth als Sohn des späteren preußischen Staatsbeamten Samuel Dünner und dessen Ehefrau Ella, geb. Laske, geboren. Bereits als Dünner fünf Jahre alt war, verließ die Familie die Stadt. Er studierte an den Universitäten von Berlin, Frankfurt am Main und Basel. Als Autor mehrerer Artikel setzte er sich kritisch mit dem Hitler-Faschismus auseinander, bildete nach dem Erstarken der NSDAP zur zweitstärksten Partei gar ein antifaschistisches Kartell Frankfurter Studenten, das erst die Anhänger Hitlers an der Universität nicht zum Zug kommen ließ und schließlich nach der Machtergreifung gar zum bewaffneten Aufstand und Generalstreik aufrief. Dunner war schließlich gezwungen, das Land im Frühling 1933 zu verlassen. Dunner promovierte 1934 in Basel und nahm dann die Einladung der Brooking Institution of Washington D.C. in die USA an. Nach dem Lektorat an der Universität New York und Harvard trat er eine Professur am "Grinnel College" an. Nach dem Krieg half er als US-Presseoffizier in seiner Heimat beim Aufbau einer demokratischen Presse aus. In dieser Funktion war er unter anderem für die Lizenzierung der "Süddeutschen Zeitung" zuständig, der er die Worte auf den Weg gab:
"Ich bin nie der Ansicht gewesen, daß alle Deutschen mit jener Horde von Rowdies identisch sind, die 1933 in Deutschland die politische Macht an sich rissen. Ich habe mir zu allen Zeiten die Hoffnung auf ein besseres Deutschland bewahrt. (...) Ein Mephisto hat uns die Macht der Presse demonstriert. Presse kann vergiften, Presse kann Gegensätze stiften, den Unverstand züchten und Feindschaften entfachen. Presse kann aber auch Ausdruck warmer, tiefer Menschlichkeit sein und selbst in ihrer Kritik angemessen, taktvoll zur Wahrheitsliebe, zum Wissen um Höheres und Bleibenderes erziehen."[1]
Er war langjähriger Inhaber des "Petegorsky Chair of Political Science and International Relations" an der Yeshiva University in New York, den heute seine Frau Dr. Ruth A. Bevan inne hat. Zudem nahm er Gastprofessuren in Freiburg, Köln und an der Hebrew University Jerusalem an.
Prof. Dr. Dunner ist die US-amerikanische Joseph Dunner Political Science Society gewidmet.
Besuch in Fürth
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Dunner (wie oben genannt) nach Deutschland zurück, um dem US-Militär zu helfen. Am 1. Juni 1945 besuchte er hier auch Fürth, worüber er in seiner Autobiografie wie folgend berichtet:
- "Während er sich im benachbarten Nürnberg ein Quartier anweisen ließ, reservierte ich mir ein Zimmer im Parkhotel am Schlageterplatz (jetzt, glaube ich, Platz der Freiheit genannt) in Fürth. Verglichen mit Frankfurt und den anderen Städten, durch die ich gefahren war, war Fürth relativ intakt. [...] Mein erster Spaziergang durch die Stadt galt der Schwabacher Straße. Ich glaube, die Häuser dieser Straße sehen heute noch so aus, wie sie am 10. Mai 1908, als ich dort geboren wurde, ausgesehen haben müssen. In dieser Gegend hatte die Familie meiner Großmutter, der Mutter meines Vaters, seit Jahrhunderten gelebt. Hier gaben mir meine Eltern den Namen Joseph zur Erinnerung an meinen Großonkel, Joseph Zwi Halevi Dünner, den Oberrabbiner von Holland, der als Gaon (auf deutsch: Fürst) von Amsterdam in die jüdische Geschichte eingegangen ist. In der Fürther Synagoge auf dem Löwenplatz war ich acht Tage nach meiner Geburt in dem üblichen Beschneidungsakt (hebräisch: Brit Milah) in die jüdische Volks- und Religionsgemeinschaft aufgenommen worden. Nun aber, da ich auf den Löwenplatz zusteuerte, war da nichts als flache Erde und Geröll. Die Synagoge, die im Jahre 5376 nach jüdischem Kalender, im Jahr 1615 nach christlicher Zeitrechnung, erbaut worden war und einstmals wie die Kirche und das Rathaus das Ortsbild Fürths bestimmte, war in der Kristallnacht von den Nationalsozialisten angezündet und vernichtet worden. Die Inschrift aus dem 29. Psalm, die die jüdischen Familien Fürths zu Beginn des 17. Jahrhunderts über dem Thoraschrein angebracht hatten, "Hasehm jewarech et amo baschalom" ("Der Ewige wird sein Volk mit Frieden segnen") hatte sich als eine unerfüllte Hoffnung erwiesen. [...] In der Schützenstraße, der eigentlichen Judengasse Fürths, standen wie vor Hunderten von Jahren noch die winkligen ein- und zweistöckigen Häuser, in denen die Hausierer und Viehhändler der Stadt gewohnt hatten. In der Mühlgasse erinnerte die Weinstube "Duckla" daran, daß hier die Mikwah, das rituelle jüdische Frauenbad, stand, in dem sich die Frauen in das systematisch angesammelte Regenwasser duckten. Unter den umgeworfenen und verschmierten Grabsteinen auf dem jüdischen Friedhof war hier und da noch eine deutsche oder hebräische Inschrift zu entziffern - aber an diesem 1. Juni 1945 war ich wahrscheinlich der einzige Jude hier in Fürth, der in dieser Stadt geboren und noch am Leben war. In meinem fünften Lebensjahr, ein Jahr nach der Geburt meines Bruders Lasar, sandten mich meine Eltern nach Köln zu meinen väterlichen Großeltern. Seitdem hatte ich Fürth nur noch einmal wiedergesehen. [...] Die Stadt ist mir immer ein Stück Heimat geblieben. Aber ich glaube nicht, daß ich je große Sehnsucht nach ihr empfunden habe."[2]
Zitate
- "Ich habe Sie [...] als überzeugten Demokraten kenngelernt, der uns durch die Einrichtung einer neuen demokratischen Presse nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft große Dienste geleistet hat. Viele der Presseleute, die Sie damals berufen haben, denken heute noch mit Dank an Sie zurück. Ihre warme Menschlichkeit und Ihr großes Verständnis für das bayerische Volk werden unvergessen bleiben."
- -- Dr. Wilhelm Hoegner (Bayerischer Ministerpräsident) am 5. Februar 1955 an Joseph Dunner.
Werke (Auswahl)
- 1950: "The Republic of Israel: Its History and Its Promise"
- 1964: "Links- und Rechtsradikalismus in der amerikanischen Politik". Frankfurt am Main
- 1967: "Handbook of World History"
- 1971: Zu Protokoll gegeben. Mein Leben als Deutscher und Jude. München, Wien, Basel: Verlag Kurt Desch, 1971, 256 S., ISBN 3-420-04608-1 (Autobiographische Memoiren)
- 2011: Baruch Spinoza and Western Democracy. An Interpretation of His Philosophical, Religious and Political Thought. Literary Licensing, LLC, Mai 2011
Literatur
- Dunner, (Dünner), Joseph. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 99
Siehe auch
Weblinks
- Joseph Dunner - Jewiki