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[[Bild:Evora kristall 1 pfister.jpg|thumb|right|Kinowerbung aus den 1920er Jahren für den Kristallpalast]]Der '''Kristallpalast''' war ein Kino mit einer kleinen Bühne in der Fürther [[Innenstadt]] ([[Pfisterstraße]] 3). Seit dem Umbau 1952 befand sich der Eingang zum Kristall-Palast in der [[Blumenstraße]] 43. [[1971]] brannte das Gebäude fast vollständig ab. Nach dem Brand wurden die | [[Bild:Evora kristall 1 pfister.jpg|thumb|right|Kinowerbung aus den 1920er Jahren für den Kristallpalast]]Der '''Kristallpalast''' war ein Kino mit einer kleinen Bühne in der Fürther [[Innenstadt]] ([[Pfisterstraße]] 3). Seit dem Umbau 1952 befand sich der Eingang zum Kristall-Palast in der [[Blumenstraße]] 43. [[1971]] brannte das Gebäude fast vollständig ab. Nach dem Brand wurden die Ruine zugunsten eines Wohnungsneubaus abgebrochen. | ||
== Entstehung == | == Entstehung == | ||
[[Bild:Evora Saal.jpg|thumb|right|Großer Saal]] | [[Bild:Evora Saal.jpg|thumb|right|Großer Saal]] | ||
Das Gebäude in der [[Pfisterstraße]] wurde [[1898]]/99 von [[Fritz Walter]] für den [[SPD|sozialdemokratischen]] "[[Saalbauverein Fürth]] a. V.", 28 weiteren gewerkschaftlichen Organisationen, der Gesellschaft "Die Franken", dem Arbeitergesangsverein "Unter uns" sowie dem Arbeiter-Turn- und dem Radfahrerverein erbaut. Die Schankwirtschaft hieß in der Bevölkerung schlichtweg '''Saalbau''' und galt nach der Eröffnung am [[7. August]] [[1899]] als Sitz der Fürther Gewerkschaften sowie als Versammlungs- und Vergnügungsort für Musik- und Theaterveranstaltungen. Weiterhin waren die Räumlichkeiten auch Sitz der Gewerkschaftsbibliothek und | Das Gebäude in der [[Pfisterstraße]] wurde [[1898]]/99 von [[Fritz Walter]] für den [[SPD|sozialdemokratischen]] "[[Saalbauverein Fürth]] a. V.", 28 weiteren gewerkschaftlichen Organisationen, der Gesellschaft "Die Franken", dem Arbeitergesangsverein "Unter uns" sowie dem Arbeiter-Turn- und dem Radfahrerverein erbaut. Die Schankwirtschaft hieß in der Bevölkerung schlichtweg '''Saalbau''' und galt nach der Eröffnung am [[7. August]] [[1899]] als Sitz der Fürther Gewerkschaften sowie als Versammlungs- und Vergnügungsort für Musik- und Theaterveranstaltungen. Weiterhin waren die Räumlichkeiten auch Sitz der Gewerkschaftsbibliothek und dienten als Zentralherberge. Zuvor wurden die Grundstücke Pfisterstraße 3 - 7 für den Neubau erworben. An dem Bau beteiligte sich die Brauerei Evora, weshalb die Säle häufig auch Evora-Saal genannt wurden.<ref name="Hoffsten">Anke Hoffsten: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland – Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie. Böhlau Verlag, Köln, 2017, S. 397</ref> | ||
Bereits nach kurzem meldete das Betreiberunternehmen am [[12. Dezember]] [[1901]] Konkurs an. Es | Bereits nach kurzem meldete das Betreiberunternehmen am [[12. Dezember]] [[1901]] Konkurs an. Es folgte im Dezember [[1902]] die Zwangsversteigerung an die Brauerei [[Brauerei Evora & Meyer|Evora und Mayer]] in der [[Erlanger Straße]]. | ||
Ab [[1905]] hieß auch das dazugehörige Restaurant "Evora-Saal".<ref>''Fürth 1901-1910, Käppner-Chronik, Teil 2''. Hrsg: Bernd Jesussek, 2003, S. 26</ref> | Ab [[1905]] hieß auch das dazugehörige Restaurant "Evora-Saal".<ref>''Fürth 1901-1910, Käppner-Chronik, Teil 2''. Hrsg: Bernd Jesussek, 2003, S. 26</ref> | ||
== Gebäudebeschreibung 1901 == | == Gebäudebeschreibung 1901 == | ||
Im EG Restaurant ("geräumig, hoch und sehr geschmackvoll hergerichtet"; dort eine Wandtafel mit der Inschrift "Volk der Arbeit sei willkommen, hier in deinem eigenen Heim!"), drei Gesellschaftszimmer, ein großes Gesangszimmer, ein Requisitenraum, Garderobe und kleiner Saal mit Theaterbühne. Im 1. OG großer, eher quadratisch angelegter großer Saal für rd. 3.000 Personen mit dreiseitiger Galerie und Bühne sowie drei Vereinszimmer. Im. 2. OG großes Vereinslokal, Wirtswohnung und sechs Wohnräume für das Personal. Im 3. OG sieben Fremdenzimmer mit 24 Betten. Im Souterrain Restaurantsküche (mit Aufzügen zur Bewirtschaftung in allen Geschossen), Wurstküche, Spülküche, Wein- und Bierkeller sowie Niederdruck-Dampfheizungsanlage.<ref | Im EG Restaurant ("geräumig, hoch und sehr geschmackvoll hergerichtet"; dort eine Wandtafel mit der Inschrift "Volk der Arbeit sei willkommen, hier in deinem eigenen Heim!"), drei Gesellschaftszimmer, ein großes Gesangszimmer, ein Requisitenraum, Garderobe und kleiner Saal mit Theaterbühne. Im 1. OG großer, eher quadratisch angelegter großer Saal für rd. 3.000 Personen mit dreiseitiger Galerie und Bühne sowie drei Vereinszimmer. Im. 2. OG großes Vereinslokal, Wirtswohnung und sechs Wohnräume für das Personal. Im 3. OG sieben Fremdenzimmer mit 24 Betten. Im Souterrain Restaurantsküche (mit Aufzügen zur Bewirtschaftung in allen Geschossen), Wurstküche, Spülküche, Wein- und Bierkeller sowie Niederdruck-Dampfheizungsanlage.<ref name="Hoffsten/> | ||
== Kino-Eröffnung == | == Kino-Eröffnung == | ||
Das Kino wurde am [[28. Februar]] [[1921]] (also in den Zeiten der Inflation während der Weimarer Republik) als Kristall-Palast für Varieté und Filmveranstaltungen mit 675 Sitzplätzen eröffnet. Geplant waren 807 Sitzplätze, diese wurden jedoch von Seiten der Genehmigungsbehörden nicht erlaubt. | Das Kino wurde am [[28. Februar]] [[1921]] (also in den Zeiten der Inflation während der Weimarer Republik) als Kristall-Palast für Varieté und Filmveranstaltungen mit 675 Sitzplätzen eröffnet. Geplant waren 807 Sitzplätze, diese wurden jedoch von Seiten der Genehmigungsbehörden nicht erlaubt. | ||
Daneben existierten bereits die | Daneben existierten bereits die Kinos Weltspiegel ([[Blumenstraße]] 2), Park-Lichtspiele ([[Nürnberger Straße]] 12)<ref>Anmerkung: Nicht zu verwechseln mit dem namensgleichen späteren Park-Lichtspielen im Park-Hotel in der Rudolf-Breitscheid-Straße</ref> und die Kammer-Lichtspiele ([[Schwabacher Straße]] 36). | ||
== Betrieb == | == Betrieb == | ||
In den warmen Sommermonaten war das Kino häufig geschlossen, die Hauptsaison bildeten im wesentlichen Herbst und Winter. Die Kinosaison begann meist nach der [[Michaelis-Kirchweih|Kirchweih]], da man während der [[Michaelis-Kirchweih|Kirchweih]] dem "Bauerntheater" kaum Paroli bieten konnte. Während der Filmvorführungen gab es immer wieder Pausen, um z. B. die Filmspulen zu wechseln. In den Pausen wurde an einem Buffet Essen und Bier angeboten. Ein Antrag der Betreiber auf Raucherlaubnis im Gebäude während der Vorstellung bzw. Pausen wurde im Februar [[1922]] vom [[Stadtrat]] abgelehnt.<ref>Georg Paul Rieß - Chronik der Stadt Fürth, 8. Februar 1922</ref> Ein erneuter Versuch [[1927]], neben dem Buffet Bier, Schokolade und eben auch Zigaretten anzubieten, scheiterte ebenfalls. | In den warmen Sommermonaten war das Kino häufig geschlossen, die Hauptsaison bildeten im wesentlichen Herbst und Winter. Die Kinosaison begann meist nach der [[Michaelis-Kirchweih|Kirchweih]], da man während der [[Michaelis-Kirchweih|Kirchweih]] dem "Bauerntheater" kaum Paroli bieten konnte. Während der Filmvorführungen gab es immer wieder Pausen, um z. B. die Filmspulen zu wechseln. In den Pausen wurde an einem Buffet Essen und Bier angeboten. Ein Antrag der Betreiber auf Raucherlaubnis im Gebäude während der Vorstellung bzw. Pausen wurde im Februar [[1922]] vom [[Stadtrat]] abgelehnt.<ref>Georg Paul Rieß - Chronik der Stadt Fürth, 8. Februar 1922</ref> Ein erneuter Versuch [[1927]], neben dem Buffet Bier, Schokolade und eben auch Zigaretten anzubieten, scheiterte ebenfalls. | ||
Zur Eröffnung im November [[1921]] wurden zwei Filme angezeigt: ''Das große Radiumgeheimnis'' und ''Der Graf von Cagliostro''. Die Filmdauer belief sich auf ca. 2 | Zur Eröffnung im November [[1921]] wurden zwei Filme angezeigt: ''Das große Radiumgeheimnis'' und ''Der Graf von Cagliostro''. Die Filmdauer belief sich auf ca. 2 ½ Stunden und wurde durch ein eigenes Hausorchester begleitet. Im Erdgeschoss befand sich eine weitere Gaststätte, das "[[Platzl]]". Hier war eine Kleinkunstbühne untergebracht, in der ebenfalls regelmäßige Veranstaltungen angeboten wurden. | ||
[[Bild:Evora kristall pfister.jpg|thumb|right|Kinoanzeige für NS-Propagandafilm, Februar 1933]]Anfang [[1931]] schloss der Kristall-Palast, da verschiedene Umbauten notwendig waren. Unter anderem wurde die Kino-Technik ausgetauscht, da inzwischen der Stummfilm durch den Tonfilm abgelöst worden war. Wenn man als Kino weiterhin existieren wollte, so musste man mit dieser technischen Entwicklung Schritt halten. Der Kristall-Palast öffnete nach einer langen Umbauphase wieder am [[16. September]] [[1931]] seine Tore. Die Presse hielt an diesem Tag fest: | [[Bild:Evora kristall pfister.jpg|thumb|right|Kinoanzeige für NS-Propagandafilm, Februar 1933]]Anfang [[1931]] schloss der Kristall-Palast, da verschiedene Umbauten notwendig waren. Unter anderem wurde die Kino-Technik ausgetauscht, da inzwischen der Stummfilm durch den Tonfilm abgelöst worden war. Wenn man als Kino weiterhin existieren wollte, so musste man mit dieser technischen Entwicklung Schritt halten. Der Kristall-Palast öffnete nach einer langen Umbauphase wieder am [[16. September]] [[1931]] seine Tore. Die Presse hielt an diesem Tag fest: | ||
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== Nachkriegsentwicklung und Schließung == | == Nachkriegsentwicklung und Schließung == | ||
[[1948]] nahm der Kristallpalast erneut seinen Betrieb als Kino auf, jedoch unter einem neuen Namen: [[Non-Stop-Schau]]. Diesen Namen behielt das Kino lediglich bis August [[1952]]. Durch den neuen Besitzer, den Gebrüdern Schuldenzucker, wurde der alte Name wieder eingeführt. Die Gebrüder renovierten das Gebäude und statteten es mit einer neuen Technik aus. Durch den Umbau hatten inzwischen 750 Personen einen Platz im Kino. Doch statt der 750 kamen zu den Vorführungen max. 300 Personen. [[1956]] wurde ein Großteil der Plätze gesperrt, da wegen der schlechten Ertragslage dringende Reparaturarbeiten nicht durchgeführt werden konnten. Dies lag im allgemeinen Trend der deutschen Kinoentwicklung, der in den 1960er Jahren zum großen Kinosterben führte. Die Gründe waren hier vor allem in der beginnenden Motorisierung der Bevölkerung und dem damit einhergehenden größeren Freizeitangebot zu suchen. Zusätzlich hielt der Fernseher in immer mehr Wohnungen Einzug, | [[1948]] nahm der Kristallpalast erneut seinen Betrieb als Kino auf, jedoch unter einem neuen Namen: [[Non-Stop-Schau]]. Diesen Namen behielt das Kino lediglich bis August [[1952]]. Durch den neuen Besitzer, den Gebrüdern Schuldenzucker, wurde der alte Name wieder eingeführt. Die Gebrüder renovierten das Gebäude und statteten es mit einer neuen Technik aus. Durch den Umbau hatten inzwischen 750 Personen einen Platz im Kino. Doch statt der 750 kamen zu den Vorführungen max. 300 Personen. [[1956]] wurde ein Großteil der Plätze gesperrt, da wegen der schlechten Ertragslage dringende Reparaturarbeiten nicht durchgeführt werden konnten. Dies lag im allgemeinen Trend der deutschen Kinoentwicklung, der in den 1960er Jahren zum großen Kinosterben führte. Die Gründe waren hier vor allem in der beginnenden Motorisierung der Bevölkerung und dem damit einhergehenden größeren Freizeitangebot zu suchen. Zusätzlich hielt der Fernseher in immer mehr Wohnungen Einzug, sodass der Kinobesuch eher die Ausnahme wurde - statt wie bisher die Regel. Am [[18. Oktober]] [[1962]] beendete der Kristallpalast seine Kino-Ära. Im Anschluss versuchte der Kristall-Palast als Veranstaltungsort für Konzerte (Beatclub) und Tanzveranstaltungen über die Runden zu kommen. | ||
[[1971]] brannte das Anwesen [[Pfisterstraße]] 3 vollständig ab, | [[1971]] brannte das Anwesen [[Pfisterstraße]] 3 vollständig ab, weshalb nur noch ein Abbruch des Gebäudes vorgenommen werden konnte. Seit dieser Zeit befinden sich hier nun Wohnhäuser.<ref>Denkmäler in Bayern, Stadt Fürth, Heinrich Habel, Karl M. Lipp Verlag 1994, S. 330</ref> | ||
== Literatur == | == Literatur == |