Puppen-Bätz: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 11. Mai 2020, 17:03 Uhr
Zeitzeugenbericht
Für Modellbahn-Fans waren in den fünfziger bis sechziger Jahren die zwei wichtigsten Fachgeschäfte in Fürth die Firma Bätz in der ehemaligen Sternstraße 16 (heute Ludwig-Erhard-Straße 16) und die Firma Korb-Weller in der Blumenstraße 6.
Auf dem Weg zum Bus (damals die Linie 73) nach Stadeln am Rathaus wurde Solo immer ein kurzer Schwenk über die Sternstraße gemacht (während die Eltern das Rathaus umrundeten), um einen (langen) Blick ins Eisenbahn-Schaufenster zu werfen, und dann über den Obstmarkt noch rechtzeitig den Bus zu erreichen. Weihnachten war immer eine kleine Modellanlage im Schaufenster, um die ausgestellten Kostbarkeiten an Loks, Waggons, Faller-Hausbausätze, bahntechnischen Anlagen wie Bahnschranken, Schaltpulte, Lichtmasten, Trafos herum gruppierten sich hunderte andere tolle Sachen. Und war mal wieder das Taschengeld für einen neuen Artikel zusammen, dann konnte man in das Heiligtum eintreten, an den total „überflüssigen“ Puppen und Puppenküchen und sonstigem „Mädchen-Gedöns” vorbei in die Eisenbahnabteilung. Da standen sie, die Lok-Prachtstücke in Dampf, Diesel und Elektro in ihren Blister-Sichtverpackungen, die jedes Detail zeigten. Die hunderte von Waggons für Personen und Waren, alle schön nach den Fabrikaten Märklin, Trix und Fleischmann getrennt. Wenn man Glück hatte, kaufte gerade jemand vor einem eine neue Lok oder bekam seine reparierte zurück, die dann auf der ca. 50 cm breiten Testanlage, die mit allen Schienensystemen der 3 oben genannten Lieferanten in der Spurweiten H0 und N und mit den drei unterschiedlichen Stromversorgungen (Märklin: Strom-Mittelschiene; Fleischmann: naturgetreu ohne Mittelschiene, Strom über eine der zwei Schienen; Trix: Nullleiter-Mittelschiene) bestückt waren, ihre erste Testfahrt machte und einige Male die kurze Strecke hin- und hergefahren wurde. Danach wurde sie wieder verpackt dem glücklichen neuen Besitzer übergeben, natürlich mit einem kurzen Umweg über die Kasse. Je mehr Kunden vor einem waren, desto besser, denn um so länger hatte man Zeit, alles um einem herum zu begutachten. Da kaufte wieder jemand einen Packen Schienen, sogar mit elektrischen Weichen. Da kostete eine schon 15 Mark, ein Vermögen bei der Anzahl, die man für seine Anlage brauchte. Je nach eigener Finanzlage gab es dann auch mal nur einige Beutel eingefärbtes Sägemehl (grün für Wiesen, grau für Straßen usw.), und wenn einige rote, blaue und gelbe Partikel im grünen Beutel waren, hatte man eben eine „Streublumenwiesen“-Mischung erstanden, die dann mit dick aufgestrichenen Weißleim jede Holzplatte zu einem Stück Natur erstehen ließ.
War die Vorweihnachts- und Weihnachtszeit vorbei und die Faschingszeit kam immer näher, mussten die Eisenbahn-Utensilien weichen und Platz für Revolver, Clown-Masken, Papierschlangen, Indianerkopfschmuck, Gummimesser – die nie einen Skalp sahen –, Knallerbsen, Juckpulver und tausende andere Faschingsartikel machen. Da die Revolver das ganze weitere Jahr beim Cowboy spielen stark beansprucht wurden, mussten die Eltern schon überzeugt werden, dass die Mehrkosten für die Metallausführung gegenüber dem Plastikgelump eine sinnvolle Investition waren. Wenigsten bis zum nächsten Fasching, da waren auch die metallenen beim Einsatz in Tombstone und Laramie, also im Kronacher Wald über der Bahnlinie, hinüber. War auch die Zeit vorbei, war für die normalen Bubenträume wie Autos jeder Art, Revell-Plastikbausätze, Carrera-Rennbahnen, Bälle, Schnorchel und Tauchermasken (da war der Gummi-Wörner auch toll sortiert) und Spritzpistolen immer wieder ein Blick ins Schaufenster wert …