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Als Zeitzeuge und Aktivist der [[Räterepublik Fürth|Räterepublik]] in Bayern und in Fürth schrieb Fritz Oerter an Erich Mühsam [[1929]]: | Als Zeitzeuge und Aktivist der [[Räterepublik Fürth|Räterepublik]] in Bayern und in Fürth schrieb Fritz Oerter an Erich Mühsam [[1929]]: | ||
:''„Wir alle täuschten uns in der Psychologie der Massen. Wir glaubten sie fähig, sozialistisch zu denken und zu handeln. Ich glaube, ein von der Sozialdemokratie unverbildetes Volk wäre vielleicht zu besseren Resultaten gelangt. Aus der Perspektive von heute gesehen, war die Räterepublik ein Versuch am untauglichen Objekt. (...) Auch wir in Fürth hatten vier Tage [[Räterepublik Fürth|Räterepublik]]. Bekannte Arbeiter fielen mir vor Freude um den Hals. ‚Kinder‘, sagte ich, wir haben bis jetzt nur den Namen, die Räterepublik müssen wir erst schaffen`. Es ist nichts daraus geworden und am vierten Tage wurden die Räterepublikaner von den Sozialdemokraten überstimmt. (...) Du siehst, was in München sich zur fürchterlichen Tragödie entwickelte, ward in Fürth zur Posse“''.<ref>Anfifaschistische Linke und Jugendantifa: Arbeiter_innenwiderstand in Fürth. Eigenverlag Fürth, 2012, S. 10 f.</ref> Nach Oerters Auffassung waren die Lehren, die man aus der niedergeschlagenen Revolution von 1918/19 nehmen musste, folgende: "''Solange die Arbeiter nicht endlich anfangen, selber nachzudenken und selber zu handeln, solange sie nicht begreifen, dass kein Mensch und kein Führer sie befreit, wenn sie sich nicht selber zur revolutionären Taten aufraffen und geeint durch Solidarität die alten und neuen Autoritäten stürzen, um für den Aufbau des Sozialismus Platz zu bekommen, solange wird die Reaktion in- und außerhalb Bayerns noch manche Mordtat vollbringen und noch viele gute Tagen haben.''"<ref>Der Syndikalist, Ausgabe Nr. 25/1921</ref> Gleichzeitig warnte Oerter nach dem Ersten Weltkrieg vor dem Wiedererstarken der reaktionären sozialdemokratischen Gewerkschaften: "''Die sozialdemokratische Partei und auch die freien Gewerkschaften, die während des Krieges nicht das Geringste taten, um die Arbeiterschaft aus der Hölle des Krieges zu retten, dürften auf keinen Fall jetzt als die Faktoren erscheinen, welche dem Proletariat zu seinem Recht verhelfen können... Nur durch den Ausbau der Arbeiter- und Soldatenräte im Sinne des Sozialismus kann die abermalige Übertölpelung des Proletariats hintangehalten werden.''"<ref>Der Syndikalist, Ausgabe Nr. 1/1918</ref> | :''„Wir alle täuschten uns in der Psychologie der Massen. Wir glaubten sie fähig, sozialistisch zu denken und zu handeln. Ich glaube, ein von der Sozialdemokratie unverbildetes Volk wäre vielleicht zu besseren Resultaten gelangt. Aus der Perspektive von heute gesehen, war die Räterepublik ein Versuch am untauglichen Objekt. (...) Auch wir in Fürth hatten vier Tage [[Räterepublik Fürth|Räterepublik]]. Bekannte Arbeiter fielen mir vor Freude um den Hals. ‚Kinder‘, sagte ich, wir haben bis jetzt nur den Namen, die Räterepublik müssen wir erst schaffen`. Es ist nichts daraus geworden und am vierten Tage wurden die Räterepublikaner von den Sozialdemokraten überstimmt. (...) Du siehst, was in München sich zur fürchterlichen Tragödie entwickelte, ward in Fürth zur Posse“''.<ref>Anfifaschistische Linke und Jugendantifa: Arbeiter_innenwiderstand in Fürth. Eigenverlag Fürth, 2012, S. 10 f.</ref> | ||
Nach Oerters Auffassung waren die Lehren, die man aus der niedergeschlagenen Revolution von 1918/19 nehmen musste, folgende: | |||
:"''Solange die Arbeiter nicht endlich anfangen, selber nachzudenken und selber zu handeln, solange sie nicht begreifen, dass kein Mensch und kein Führer sie befreit, wenn sie sich nicht selber zur revolutionären Taten aufraffen und geeint durch Solidarität die alten und neuen Autoritäten stürzen, um für den Aufbau des Sozialismus Platz zu bekommen, solange wird die Reaktion in- und außerhalb Bayerns noch manche Mordtat vollbringen und noch viele gute Tagen haben.''"<ref>Der Syndikalist, Ausgabe Nr. 25/1921</ref> | |||
Gleichzeitig warnte Oerter nach dem Ersten Weltkrieg vor dem Wiedererstarken der reaktionären sozialdemokratischen Gewerkschaften: | |||
:"''Die sozialdemokratische Partei und auch die freien Gewerkschaften, die während des Krieges nicht das Geringste taten, um die Arbeiterschaft aus der Hölle des Krieges zu retten, dürften auf keinen Fall jetzt als die Faktoren erscheinen, welche dem Proletariat zu seinem Recht verhelfen können... Nur durch den Ausbau der Arbeiter- und Soldatenräte im Sinne des Sozialismus kann die abermalige Übertölpelung des Proletariats hintangehalten werden.''"<ref>Der Syndikalist, Ausgabe Nr. 1/1918</ref> | |||
Fritz Oerter gelangte in den 1920er Jahren zu einer gewissen Bekanntheit und wurde laut Rudolf Rocker, einem damals ebenfalls sehr bekannten Anarchisten und Autor, "zu einem der begabtesten Schriftsteller der anarchistischen Bewegung".<ref>Hg.: M. Melnikow/H. P. Duerr: Aus den Memoiren eines deutschen Anarchisten. Suhrkamp, Frankfurt [[1974]]</ref> Seine Texte sind jedoch heute meist in Vergessenheit geraten und seine Bücher finden sich, wenn überhaupt, nur noch antiquarisch in diversen Archiven. Zu seinen engsten Vertrauten zählten wichtige Persönlichkeiten der Münchner Räterepublik wie z. B. Gustav Landauer, aber auch Schriftsteller wie Erich Mühsam oder Ernst Toller. Toller soll [[1924]] in Fürth bei Oerter kurzfristig Unterschlupf gefunden haben, nachdem er aus der Haft wegen "Hochverrates" entlassen wurde. Weiterhin soll sich am [[19. September]] [[1926]] der indische Dichter und Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore bei Oerter aufgehalten haben. | Fritz Oerter gelangte in den 1920er Jahren zu einer gewissen Bekanntheit und wurde laut [[Wikipedia:Rudolf Rocker|Rudolf Rocker]], einem damals ebenfalls sehr bekannten Anarchisten und Autor, "zu einem der begabtesten Schriftsteller der anarchistischen Bewegung".<ref>Hg.: M. Melnikow/H. P. Duerr: Aus den Memoiren eines deutschen Anarchisten. Suhrkamp, Frankfurt [[1974]]</ref> Seine Texte sind jedoch heute meist in Vergessenheit geraten und seine Bücher finden sich, wenn überhaupt, nur noch antiquarisch in diversen Archiven. Zu seinen engsten Vertrauten zählten wichtige Persönlichkeiten der Münchner Räterepublik wie z. B. Gustav Landauer, aber auch Schriftsteller wie Erich Mühsam oder Ernst Toller. Toller soll [[1924]] in Fürth bei Oerter kurzfristig Unterschlupf gefunden haben, nachdem er aus der Haft wegen "Hochverrates" entlassen wurde. Weiterhin soll sich am [[19. September]] [[1926]] der indische Dichter und Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore bei Oerter aufgehalten haben. | ||
Politisch aktiv war Oerter ebenfalls Mitglied in der ''Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD)''<ref>Freie Arbeiter-Union Deutschlands in Wikipedia, abgerufen am 14.2.2014 [http://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Arbeiter-Union_Deutschlands Wiki]</ref> (einem Zusammenschluss freier Gewerkschaften) sowie als hauptverantwortlicher Redakteur der Zeitschrift "''Der Syndikalist''", einer deutschsprachigen Zeitschrift des Anarchosyndikalismus und Organ der FAUD. Die Zeitschrift erschien wöchentlich mit einer Auflage von jeweils 70.000 - 80.000 Exemplaren (im Jahr 1922).<ref>Institut für Syndikalismusforschung (Syfo), Berlin</ref> Hierzu schrieb Oerter eine Vielzahl von Leitartikeln, in denen er sich als Verfechter der Idee der Gewaltlosigkeit einsetzte. Sein politisches wie kulturelles Selbstverständnis beschrieb er im "Der Syndikalist" Nr. 2 im Jahr [[1922]]: | Politisch aktiv war Oerter ebenfalls Mitglied in der ''Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD)''<ref>Freie Arbeiter-Union Deutschlands in Wikipedia, abgerufen am 14.2.2014 [http://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Arbeiter-Union_Deutschlands Wiki]</ref> (einem Zusammenschluss freier Gewerkschaften) sowie als hauptverantwortlicher Redakteur der Zeitschrift "''Der Syndikalist''", einer deutschsprachigen Zeitschrift des Anarchosyndikalismus und Organ der FAUD. Die Zeitschrift erschien wöchentlich mit einer Auflage von jeweils 70.000 - 80.000 Exemplaren (im Jahr 1922).<ref>Institut für Syndikalismusforschung (Syfo), Berlin</ref> Hierzu schrieb Oerter eine Vielzahl von Leitartikeln, in denen er sich als Verfechter der Idee der Gewaltlosigkeit einsetzte. Sein politisches wie kulturelles Selbstverständnis beschrieb er im "Der Syndikalist" Nr. 2 im Jahr [[1922]]: |
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