Franz Jakob: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Franz Xaver Jakob''' (geb. [[17. November]] [[1891]] in Veitsaurach bei Bad Windsheim; gest. [[6. September]] [[1965]] in [[wikipedia:Ingolstadt|Ingolstadt]]) war [[NSDAP]]-Mitglied und als solches von [[1933]] bis [[1940]] [[Oberbürgermeister]] und [[NSDAP-Kreisleiter]]. Franz Jakob war verheiratet mit Anna geb. Knabel und hatte zwei Söhne und eine Tochter. Beide Söhne dienten im [[2. Weltkrieg]], wobei ein Sohn ab [[1944]] als vermisst gemeldet wurde.
'''Franz Xaver Jakob''' (geb. [[17. November]] [[1891]] in Veitsaurach bei Bad Windsheim; gest. [[6. September]] [[1965]] in [[wikipedia:Ingolstadt|Ingolstadt]]) war [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]-Mitglied und als solches von [[1933]] bis [[1940]] [[Oberbürgermeister]] und [[NSDAP-Kreisleiter]]. Franz Jakob war verheiratet mit Anna geb. Knabel und hatte zwei Söhne und eine Tochter. Beide Söhne dienten im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], wobei ein Sohn ab [[1944]] als vermisst gemeldet wurde.


Seit [[2017]] sind neue Erkenntnisse über die Zeit von Jakob in Thorn/Polen bekannt geworden. '''Die Inhalte über diese neuen Erkenntnisse sind hier in diesem Artikel größtenteils noch nicht eingeflossen.'''  
Seit [[2017]] sind neue Erkenntnisse über die Zeit von Jakob in [[Thorn/Polen]] während der deutschen Besatzung 1939-1945 bekannt geworden. '''Die Inhalte über diese neuen Erkenntnisse sind hier in diesem Artikel größtenteils noch nicht eingeflossen.'''  


==Leben und Laufbahn==
==Leben und Laufbahn==
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== Laufbahn in der NSDAP ==
== Laufbahn in der NSDAP ==
Am [[12. Oktober]] [[1925]] tritt Jakob in die [[1923]] in Fürth gegründete [[NSDAP]]-Ortsgruppe ein (Mitgliedsnummer: 20 755). Er wird zunächst zum Schriftführer der Ortsgruppe gewählt bis er ein Jahr später als Ortsgruppenführer im Amt bestätigt wird. Dieses Amt hat er inne bis [[1929]]. Durch die wachsende Anzahl der Mitglieder der Organisation wird die Struktur in Fürth geändert, so dass Jakob ab [[1932]] Kreisleiter der NSDAP in Fürth wird. Gleichzeitig ist Jakob von 1929 bis 1931 Bezirksführer der NSDAP.  
Am [[12. Oktober]] [[1925]] tritt Jakob in die [[1923]] in Fürth gegründete NSDAP-Ortsgruppe ein (Mitgliedsnummer: 20 755). Er wird zunächst zum Schriftführer der Ortsgruppe gewählt bis er ein Jahr später als Ortsgruppenführer im Amt bestätigt wird. Dieses Amt hat er inne bis [[1929]]. Durch die wachsende Anzahl der Mitglieder der Organisation wird die Struktur in Fürth geändert, so dass Jakob ab [[1932]] Kreisleiter der NSDAP in Fürth wird. Gleichzeitig ist Jakob von 1929 bis 1931 Bezirksführer der NSDAP.  


Nach dem Eintritt Jakobs in die [[NSDAP]] am [[12. Oktober]] [[1925]] tritt er nur eine Woche später in die von [[Albert Forster]] neu gegründete Sturmabteilung (SA) am [[20. Oktober]] [[1925]] ein. Von 1926 bis 1929 bekleidet er in der SA den Rang eines Sturmführers, ab 1938 den Rang eines Standartenführers.  
Nach dem Eintritt Jakobs in die NSDAP am [[12. Oktober]] [[1925]] tritt er nur eine Woche später in die von [[Albert Forster]] neu gegründete Sturmabteilung (SA) am [[20. Oktober]] [[1925]] ein. Von 1926 bis 1929 bekleidet er in der SA den Rang eines Sturmführers, ab 1938 den Rang eines Standartenführers.  


Neben seinen Parteiämtern hatte Jakob auch seit [[1929]] ein Mandat im Fürther Stadtrat als NSDAP-Fraktionsführer. Ein Jahr zuvor (1928) wurde er erstmals für die [[NSDAP]] in den Landtag gewählt. [[1932]] zieht er erneut für die [[NSDAP]] in den Landtag ein und behält dieses Amt bis zur Machtergreifung in Fürth im März 1933.
Neben seinen Parteiämtern hatte Jakob auch seit [[1929]] ein Mandat im Fürther Stadtrat als NSDAP-Fraktionsführer. Ein Jahr zuvor (1928) wurde er erstmals für die NSDAP in den Landtag gewählt. [[1932]] zieht er erneut für die NSDAP in den Landtag ein und behält dieses Amt bis zur Machtergreifung in Fürth im März 1933.


Als Partei-Funktionär nahm Jakob an folgenden Veranstaltungen der [[NSDAP]] vor [[1933]] teil:  
Als Partei-Funktionär nahm Jakob an folgenden Veranstaltungen der NSDAP vor [[1933]] teil:  
* 1926: Reichsparteitag in Weimar
* 1926: Reichsparteitag in Weimar
* 1927: Reichsparteitag in Nürnberg
* 1927: Reichsparteitag in Nürnberg
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== Machtergreifung in Fürth ==
== Machtergreifung in Fürth ==
Am [[16. März]] [[1933]] wurde der vormalige [[Oberbürgermeister]] [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] von der [[NSDAP]] zum Rücktritt gezwungen, da er stets eine ablehnende Haltung gegenüber dem [[Nationalsozialismus]] und Adolf Hitler hatte und als Vertreter der Weimarer Republik von der [[NSDAP]] verhasst war. So weigerte sich [[Robert Wild|Wild]] z. B. bis zuletzt Adolf Hitler am Flughafen in [[Atzenhof]] in seiner Funktion als [[Oberbürgermeister]] der Stadt Fürth mit allen Ehren zu empfangen, was die [[Nationalsozialisten]] ihm mehrfach negativ auslegten. [[Robert Wild|Dr. Wild]] wurde zunächst beurlaubt und ab dem [[1. Mai]] [[1933]] in den dauerhaften Ruhestand versetzt. Ihm folgte zunächst kom. Jakob als [[Oberbürgermeister]], [[2. Bürgermeister]] wurde [[Hermann Friedrich]], [[3. Bürgermeister]] wurde [[Heinrich Schied]]. Bei der Wahl Jakobs im April 1933 zum ehrenamtlichen [[Oberbürgermeister]] erhielt Jakob nur 17 von 27 Stimmen, da zehn Stimmzettel leer blieben. Im Anschluss wurde festgestellt, dass offensichtlich die zehn anwesenden [[SPD]]-Stadträte Jakob nicht gewählt hatten. Auch der 2. Bürgermeister [[Hermann Friedrich]] erhielt nicht alle Stimmen. So wurde er mit 22 Stimmen gewählt, fünf Stimmzettel blieben leer - vermutlich ebenfalls von den SPD Abgeordneten.<ref>Stadtarchiv Fürth, AGr 0/413 Stadtratsangelegenheiten 1933</ref>
Am [[16. März]] [[1933]] wurde der vormalige [[Oberbürgermeister]] [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] von der NSDAP zum Rücktritt gezwungen, da er stets eine ablehnende Haltung gegenüber dem [[Nationalsozialismus]] und Adolf Hitler hatte und als Vertreter der Weimarer Republik von der NSDAP verhasst war. So weigerte sich [[Robert Wild|Wild]] z. B. bis zuletzt Adolf Hitler am Flughafen in [[Atzenhof]] in seiner Funktion als [[Oberbürgermeister]] der Stadt Fürth mit allen Ehren zu empfangen, was die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] ihm mehrfach negativ auslegten. [[Robert Wild|Dr. Wild]] wurde zunächst beurlaubt und ab dem [[1. Mai]] [[1933]] in den dauerhaften Ruhestand versetzt. Ihm folgte zunächst kom. Jakob als [[Oberbürgermeister]], [[2. Bürgermeister]] wurde [[Hermann Friedrich]], [[3. Bürgermeister]] wurde [[Heinrich Schied]]. Bei der Wahl Jakobs im April 1933 zum ehrenamtlichen [[Oberbürgermeister]] erhielt Jakob nur 17 von 27 Stimmen, da zehn Stimmzettel leer blieben. Im Anschluss wurde festgestellt, dass offensichtlich die zehn anwesenden [[SPD]]-Stadträte Jakob nicht gewählt hatten. Auch der 2. Bürgermeister [[Hermann Friedrich]] erhielt nicht alle Stimmen. So wurde er mit 22 Stimmen gewählt, fünf Stimmzettel blieben leer - vermutlich ebenfalls von den SPD Abgeordneten.<ref>Stadtarchiv Fürth, AGr 0/413 Stadtratsangelegenheiten 1933</ref>


[[Datei:Jakob Forster.jpg|mini|left|OB Franz Jakob vor dem Rathaus]]Am [[19. Oktober]] [[1933]] wurde Jakob einstimmig als berufsmäßiger [[Oberbürgermeister]] durch den [[Stadtrat]] gewählt. Zuvor hatte er bereits am [[17. März]] [[1933]] die Stelle des [[Oberbürgermeister]]s kommissarisch übernommen und im Anschluss den gewählten [[Stadtrat]] abgesetzt und durch einen handverlesenen [[Stadtrat]] eigenständig neu besetzt. Als [[Oberbürgermeister]] war er gemeinsam mit [[Hans Sandreuter]] maßgeblich an den Arisierungsaktionen in Fürth beteiligt, so auch an der Arisierung der [[Bergbräu|Brauerei Mailaender / Berg Bräu]].
[[Datei:Jakob Forster.jpg|mini|left|OB Franz Jakob vor dem Rathaus]]Am [[19. Oktober]] [[1933]] wurde Jakob einstimmig als berufsmäßiger [[Oberbürgermeister]] durch den [[Stadtrat]] gewählt. Zuvor hatte er bereits am [[17. März]] [[1933]] die Stelle des [[Oberbürgermeister]]s kommissarisch übernommen und im Anschluss den gewählten [[Stadtrat]] abgesetzt und durch einen handverlesenen [[Stadtrat]] eigenständig neu besetzt. Als [[Oberbürgermeister]] war er gemeinsam mit [[Hans Sandreuter]] maßgeblich an den Arisierungsaktionen in Fürth beteiligt, so auch an der Arisierung der [[Bergbräu|Brauerei Mailaender / Berg Bräu]].
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[[Datei:Jakob Streicher Parkhotel 1935.jpg|miniatur|rechts|Gauleiter Streicher mit OB Jakob vor dem Parkhotel, ca. 1932]]
[[Datei:Jakob Streicher Parkhotel 1935.jpg|miniatur|rechts|Gauleiter Streicher mit OB Jakob vor dem Parkhotel, ca. 1932]]
[[Datei:Streicher Jakob 1934 Theater.jpg|miniatur|rechts|Jakob und Streicher im Theater, 1934]]
[[Datei:Streicher Jakob 1934 Theater.jpg|miniatur|rechts|Jakob und Streicher im Theater, 1934]]
Jakobs Amtszeit in Fürth belief sich von [[1933]] bis [[1939]]. Auf Grund diverser Verfehlungen im Amt wurde er am [[18. Oktober]] [[1939]] nach Thorn im damaligen Westpreußen, dem heutigen Toruń in Polen, versetzt. Bei internen Ermittlungen der [[NSDAP]] gegen die Gauleitung in Franken wurde Jakob wegen persönlicher Bereicherung auf Kosten der [[NSDAP]] von seinem Amt in die sog. Ostgebiete "weggelobt". Auch wenn mit großen Worten in Fürth verabschiedet, wurde er aus Fürth entfernt, weil er wegen persönlicher Bereicherungen und vieler Frauengeschichten nicht einmal mehr für seine Parteigenossen tragbar war.<ref>Barbara Ohm: Fürth. Geschichte der Stadt. Fürth, 2007, S. 309</ref>
Jakobs Amtszeit in Fürth belief sich von [[1933]] bis [[1939]]. Auf Grund diverser Verfehlungen im Amt wurde er am [[18. Oktober]] [[1939]] nach Thorn im mit der [[wikipedia:Überfall auf Polen|deutschen Besetzung Polens]] neugebildeten [[wikipedia:Danzig-Westpreußen|Reichsgau Danzig-Westpreußen]], dem heutigen [[Toruń]] in [[wikipedia:Polen|Polen]], versetzt. Bei internen Ermittlungen der NSDAP gegen die Gauleitung in Franken wurde Jakob wegen persönlicher Bereicherung auf Kosten der NSDAP von seinem Amt in die sog. Ostgebiete "weggelobt". Auch wenn mit großen Worten in Fürth verabschiedet, wurde er aus Fürth entfernt, weil er wegen persönlicher Bereicherungen und vieler Frauengeschichten nicht einmal mehr für seine Parteigenossen tragbar war.<ref>Barbara Ohm: Fürth. Geschichte der Stadt. Fürth, 2007, S. 309</ref>


Nach kommissarischer Tätigkeit wurde Jakob am [[1. April]] [[1940]] in Thorn offiziell bis zum Kriegsende als Statthalter eingesetzt.<ref>Fürther Anzeiger, Stadtkommissar Kreisleiter Jakob in Thorn eingetroffen, 28.10.1939</ref> Dorthin ließ er auch [[Adolf Schwammberger]] in die Stadtverwaltung nachholen, der dort ebenfalls bis zum Kriegsende arbeitete. Die frei gewordene Stelle des [[Oberbürgermeister|Oberbürgermeisters]] übernahm bis Kriegsende [[Karl Häupler]].
Nach kommissarischer Tätigkeit wurde Jakob am [[1. April]] [[1940]] in Thorn offiziell bis zum Kriegsende als Statthalter eingesetzt.<ref>Fürther Anzeiger, Stadtkommissar Kreisleiter Jakob in Thorn eingetroffen, 28.10.1939</ref> Dorthin ließ er auch [[Adolf Schwammberger]] in die Stadtverwaltung nachholen, der dort ebenfalls bis zum Kriegsende arbeitete. Die frei gewordene Stelle des [[Oberbürgermeister|Oberbürgermeisters]] übernahm bis Kriegsende [[Karl Häupler]].


=== Zwangsenteignung / Arisierung ===
=== Zwangsenteignung / Arisierung ===
In Franken erfolgte die sog. „wilde Arisierung“ bereits ab [[1933]]. Diese Zwangsenteignungen erfolgten ohne gesetzliche Grundlage und wurden in der Regel nicht geahndet. Bis [[1937]] konnten die betroffenen Juden meist noch „eigenständig“ zu marktüblichen Preisen ihr Eigentum verkaufen. Nach der Pogromnacht [[1938]] wurden reichsweit Gesetze erlassen, die die Arisierung legalisierten, aber auch strukturierten, da der organisierte Raubzug jüdischen Eigentums selbst für die [[NSDAP]] besorgniserregende Ausmaße annahm. Hierzu zählte vor allem auch das Vorgehen der Städte Fürth und Nürnberg gegen die jüdische Bevölkerung, die von Jakob nicht nur gebilligt, sondern auch aktiv gefördert wurde.
In Franken erfolgte die sog. „wilde Arisierung“ bereits ab [[1933]]. Diese Zwangsenteignungen erfolgten ohne gesetzliche Grundlage und wurden in der Regel nicht geahndet. Bis [[1937]] konnten die betroffenen Juden meist noch „eigenständig“ zu marktüblichen Preisen ihr Eigentum verkaufen. Nach der Pogromnacht [[1938]] wurden reichsweit Gesetze erlassen, die die Arisierung legalisierten, aber auch strukturierten, da der organisierte Raubzug jüdischen Eigentums selbst für die NSDAP besorgniserregende Ausmaße annahm. Hierzu zählte vor allem auch das Vorgehen der Städte Fürth und Nürnberg gegen die jüdische Bevölkerung, die von Jakob nicht nur gebilligt, sondern auch aktiv gefördert wurde.


=== Beteiligung am Pogrom 1938 ===
=== Beteiligung am Pogrom 1938 ===
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[[Datei:Rathaus Thorn 1940.jpg|miniatur|links|Rathaus in Thorn, ca. 1940]]
[[Datei:Rathaus Thorn 1940.jpg|miniatur|links|Rathaus in Thorn, ca. 1940]]
[[Datei:Danzig West Preussen Reichsgau.jpg|miniatur|rechts|Reichsgau Danzig - Westpreußen]]
[[Datei:Danzig West Preussen Reichsgau.jpg|miniatur|rechts|Reichsgau Danzig - Westpreußen]]
Gleich zu Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde Toruń am [[7. September]] [[1939]] mit dem Überfall auf Polen von deutschen Truppen besetzt und an das Deutsche Reich angegliedert.<ref>Historisches Museum Thorn, Homepage, abgerufen am 5. September 2014 | 23:29 Uhr - [http://muzeumhw.pl/english/index.php?option=com_content&view=article&id=175:miejsca-pochowkow-zmarych-i-zabitych-jecow-wojennych-oraz-onierzy-sowieckich-i-polskich&catid=51:stalag-xxa&Itemid=111 online erreichbar]</ref> Die Stadt wurde dem Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet; Gauleiter war der ehem. Freund und Parteigenosse [[Albert Forster]], geboren und aufgewachsen in Fürth. Joseph Goebbels besuchte am 1. Dezember 1939 Thorn und vermerkte hierzu in seinem Tagebuch. "[[Albert Forster|Forster]] hat gute Kreisleiter hier. Die räumen auf."<ref>Joseph Goebbels: ''Tagebücher 1924–1945.'' Hrsg.: Ralf Georg Reuth. Piper, München 1992. Piper Taschenbuch, 2008, ISBN 978-3-492-25284-3, S. 1351 (Bd. 3)</ref> Durch einen unveröffentlichten Erlass vom Dezember [[1939]] wurden die bisherigen polnischen Ortsnamen durch die bis [[1918]] gültigen deutschen Ortsnamen ersetzt, so wurde aus Toruń Thorn. Ähnlich verhielt es sich mit den Straßennamen, so gab es in Toruń während der deutschen Besetzung u. a. eine "Fürther Straße" in dem von der Innenstadt östlich gelegenen ehem. Stadtteil "Bromberger Vorst" (heute: Osiedle Kochanowskiego).<ref>Staatsarchiv Toruń, Register 1G Straßenverzeichnis, Dt. Straßenbezeichnungen - ehem. polnische Straßenbezeichnungen, S. 4</ref> Die betroffene Straße heißt heute wieder "Ulica Klonowicza", wie vor der Umbenennung durch die Nationalsozialisten.  
Gleich zu Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde Toruń am [[7. September]] [[1939]] mit dem Überfall auf Polen von deutschen Truppen besetzt und an das Deutsche Reich angegliedert.<ref>Historisches Museum Thorn, Homepage, abgerufen am 5. September 2014 | 23:29 Uhr - [http://muzeumhw.pl/english/index.php?option=com_content&view=article&id=175:miejsca-pochowkow-zmarych-i-zabitych-jecow-wojennych-oraz-onierzy-sowieckich-i-polskich&catid=51:stalag-xxa&Itemid=111 online erreichbar]</ref> Die Stadt wurde dem Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet; Gauleiter war der ehemalige Freund und Parteigenosse [[Albert Forster]], geboren und aufgewachsen in Fürth. Joseph Goebbels besuchte am 1. Dezember 1939 Thorn und vermerkte hierzu in seinem Tagebuch. "Forster hat gute Kreisleiter hier. Die räumen auf."<ref>Joseph Goebbels: ''Tagebücher 1924–1945.'' Hrsg.: Ralf Georg Reuth. Piper, München 1992. Piper Taschenbuch, 2008, ISBN 978-3-492-25284-3, S. 1351 (Bd. 3)</ref> Durch einen unveröffentlichten Erlass vom Dezember [[1939]] wurden die bisherigen polnischen Ortsnamen durch die bis [[1918]] gültigen deutschen Ortsnamen ersetzt, so wurde aus Toruń Thorn. Ähnlich verhielt es sich mit den Straßennamen, so gab es in Toruń während der deutschen Besetzung u. a. eine "Fürther Straße" in dem von der Innenstadt östlich gelegenen ehem. Stadtteil "Bromberger Vorst" (heute: Osiedle Kochanowskiego).<ref>Staatsarchiv Toruń, Register 1G Straßenverzeichnis, Dt. Straßenbezeichnungen - ehem. polnische Straßenbezeichnungen, S. 4</ref> Die betroffene Straße heißt heute wieder "Ulica Klonowicza", wie vor der Umbenennung durch die Nationalsozialisten.  


Toruń war [[1231]] vom Deutschen Orden gegründet und wurde schnell ein Handels- und Handwerkszentrum.<ref>Wikipedia Thorn, online abgerufen 5. September 2014 | 23:58 Uhr - [http://de.wikipedia.org/wiki/Toru%C5%84 online abrufbar]</ref> Vor Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] gab es in Toruń eine aktive jüdische Gemeinde mit knapp 600 - 800 jüdischen Bewohnern. Durch den Einmarsch der deutschen Truppen flohen die meisten Juden vor den anrückenden Truppen. Nur etwa 60 Juden blieben zurück, jedoch kamen kurze Zeit später ca. 200 der geflüchteten Juden wieder zurück, da es kein Entkommen mehr für sie gab.<ref>Anmerkung: Unterschiedliche Quellen berichten von unterschiedlichen Zahlen.</ref> Ende [[1939]] wollten die Besatzungsbehörden Thorn für „Judenfrei” erklären, nachdem sie zunächst die „freiwillige Abwanderung“ durch sog. „Auswanderungsscheine“ forcierten. Wer nicht "freiwillig ging" wurde zwangsweise „umgesiedelt“. Die Juden durften nur Handgepäck mitnehmen, ihr Wohnungsinventar wurde vom „Verwertungsamt sichergestellt“, die Wohnungen selbst an „arische“ Familien übergeben. Zur Jahreswende [[1939]]/[[1940]] wurde die ausgebrannte Synagoge abgerissen.<ref>Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Sprachraum. Thorn/Weichsel (Westpreußen) - online abgerufen 5. September 2014 | 23:59 Uhr - [http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/s-t/1936-thorn-weichsel-westpreussen online abrufbar]</ref> In einem Transport wurden die letzten Juden von Thorn [[1940]] nach Lodz verbracht. Vor der Stadt Thorn  existierten gegen Kriegsende mehrere Außenlager des KZ Stutthof (Baukommando Weichsel und AEG-Außenarbeitslager), in denen ca. 5000 weibliche, meist jüdische Häftlinge, zu Zwangsarbeiten herangezogen wurden.<ref>Wikipedia Liste der Außenlager des KZ Stutthof, Online abgerufen am 5. September 2014 | 23:56 Uhr -  [http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Au%C3%9Fenlager_des_KZ_Stutthof online abrufbar]</ref>
Toruń war [[1231]] vom Deutschen Orden gegründet und wurde schnell ein Handels- und Handwerkszentrum.<ref>Wikipedia Thorn, online abgerufen 5. September 2014 | 23:58 Uhr - [http://de.wikipedia.org/wiki/Toru%C5%84 online abrufbar]</ref> Vor Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] gab es in Toruń eine aktive jüdische Gemeinde mit knapp 600 - 800 jüdischen Bewohnern. Durch den Einmarsch der deutschen Truppen flohen die meisten Juden vor den anrückenden Truppen. Nur etwa 60 Juden blieben zurück, jedoch kamen kurze Zeit später ca. 200 der geflüchteten Juden wieder zurück, da es kein Entkommen mehr für sie gab.<ref>Anmerkung: Unterschiedliche Quellen berichten von unterschiedlichen Zahlen.</ref> Ende [[1939]] wollten die Besatzungsbehörden Thorn für „Judenfrei” erklären, nachdem sie zunächst die „freiwillige Abwanderung“ durch sog. „Auswanderungsscheine“ forcierten. Wer nicht "freiwillig ging" wurde zwangsweise „umgesiedelt“. Die Juden durften nur Handgepäck mitnehmen, ihr Wohnungsinventar wurde vom „Verwertungsamt sichergestellt“, die Wohnungen selbst an „arische“ Familien übergeben. Zur Jahreswende [[1939]]/[[1940]] wurde die ausgebrannte Synagoge abgerissen.<ref>Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Sprachraum. Thorn/Weichsel (Westpreußen) - online abgerufen 5. September 2014 | 23:59 Uhr - [http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/s-t/1936-thorn-weichsel-westpreussen online abrufbar]</ref> In einem Transport wurden die letzten Juden von Thorn [[1940]] nach Lodz verbracht. Vor der Stadt Thorn  existierten gegen Kriegsende mehrere Außenlager des KZ Stutthof (Baukommando Weichsel und AEG-Außenarbeitslager), in denen ca. 5000 weibliche, meist jüdische Häftlinge, zu Zwangsarbeiten herangezogen wurden.<ref>Wikipedia Liste der Außenlager des KZ Stutthof, Online abgerufen am 5. September 2014 | 23:56 Uhr -  [http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Au%C3%9Fenlager_des_KZ_Stutthof online abrufbar]</ref>
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=== Ende der Amtszeit in Thorn ===
=== Ende der Amtszeit in Thorn ===
[[Datei:Franz Jakob Mrz 1942.jpg|miniatur|links|OB Jakob in Thorn, März 1942]]
[[Datei:Franz Jakob Mrz 1942.jpg|miniatur|links|OB Jakob in Thorn, März 1942]]
Seine Amtszeit in Thorn endete im Februar [[1945]], durch den Vormarsch der russischen Truppen. Jakob selbst sagte über den Ausgang seiner Amtszeit in Thorn in der Spruchkammer: ''"Ich war in Thorn, der Russe kam 1945 im Jänner immer näher, da bekam ich die Erlaubnis aus der Stadtverwaltung mit meinen Beamten abzuziehen, ich selbst blieb aber dort, weil noch sehr viel Zivilisten in der Stadt waren, die ausgeliefert worden wären, ich sorgte für die Lebensmittelausgabe, öffnete die Depots und habe mich von den Russen mit einschließen lassen, 14 Tage lang. Dann kämpften wir uns mit den dortigen Truppen als Rotkreuz-Soldaten durch."''<ref>StAN, Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Protokoll der öffentlichen Sitzung der Lagerspruchkammer am 23.6.1948 / Aktz: 3411 </ref>
Seine Amtszeit in Thorn endete im Februar [[1945]], durch den Vormarsch der [[wikipedia:Rote Armee|russischen Truppen]]. Jakob selbst sagte über den Ausgang seiner Amtszeit in Thorn in der [[wikipedia:Spruchkammerverfahren|Spruchkammer]]: ''"Ich war in Thorn, der Russe kam 1945 im Jänner immer näher, da bekam ich die Erlaubnis aus der Stadtverwaltung mit meinen Beamten abzuziehen, ich selbst blieb aber dort, weil noch sehr viel Zivilisten in der Stadt waren, die ausgeliefert worden wären, ich sorgte für die Lebensmittelausgabe, öffnete die Depots und habe mich von den Russen mit einschließen lassen, 14 Tage lang. Dann kämpften wir uns mit den dortigen Truppen als Rotkreuz-Soldaten durch."''<ref>StAN, Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Protokoll der öffentlichen Sitzung der Lagerspruchkammer am 23.6.1948 / Aktz: 3411 </ref>


== Spruchkammerverfahren ==
== Spruchkammerverfahren ==
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* Kamran Salimi, Dr. Martin Schramm: ''Dr. Adolf Schwammberger in Thorn (1939 - 1944)''. In: [[Fürther Geschichtsblätter]] Nr. 67 (1/2018), Fürth, 2018, S. 3 - 29
* Kamran Salimi, Dr. Martin Schramm: ''Dr. Adolf Schwammberger in Thorn (1939 - 1944)''. In: [[Fürther Geschichtsblätter]] Nr. 67 (1/2018), Fürth, 2018, S. 3 - 29


==Siehe auch==
==Siehe auch:==


* [[Oberbürgermeister]]
* [[Oberbürgermeister]]
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* [[Albert Forster]]
* [[Albert Forster]]
* [[Elisabeth Biebl]]
* [[Elisabeth Biebl]]
* [[NSDAP]]
* [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]
* [[Straßenbenennungen im Nationalsozialismus]]
* [[Straßenbenennungen im Nationalsozialismus]]
* [[Straßennamen auf der Hardhöhe]]
* [[Straßennamen auf der Hardhöhe]]
* [[Toruń]]


==Weblinks==
==Weblinks==
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