Irma Kraus: Unterschied zwischen den Versionen
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Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ab [[1933]] ging die systematische Existenzvernichtung und Verfolgung jüdischer Ärzte einher. Durch eine "''Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen''" wurde sog. "nicht-arischen" Ärzten die Behandlung arischer Personen zum 1. Juli [[1933]] untersagt <ref>Ärztliche Standespolitik im Nationalsozialismus. Schwoch Rebecca, Husum 2001, S. 298</ref>. In der Folge musste Dr. Kraus ihre Hausangestellte aufgrund der "''Verschlechterung meiner Wirtschaftslage''" entlassen <ref>Schreiben Dr. Irma Kraus vom 15. Juli 1933, Jüdisches Museum Franken</ref>. | Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ab [[1933]] ging die systematische Existenzvernichtung und Verfolgung jüdischer Ärzte einher. Durch eine "''Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen''" wurde sog. "nicht-arischen" Ärzten die Behandlung arischer Personen zum 1. Juli [[1933]] untersagt <ref>Ärztliche Standespolitik im Nationalsozialismus. Schwoch Rebecca, Husum 2001, S. 298</ref>. In der Folge musste Dr. Kraus ihre Hausangestellte aufgrund der "''Verschlechterung meiner Wirtschaftslage''" entlassen <ref>Schreiben Dr. Irma Kraus vom 15. Juli 1933, Jüdisches Museum Franken</ref>. | ||
In einem politisch motivierten Gerichtsverfahren wurde Dr. Kraus im Juli [[1935]] die "gewerbsmäßige Abtreibung" vorgeworfen. Im Verlauf des Verfahrens gab Dr. Kraus zu, "''auf Bitten''" der Frauen "''geeingete Eingriffe und Mittel zur Beseitigung der Schwangerschaft''" herbei geführt zu haben, in einem Fall etwa, weil die Patientin ihr suizidgefährdet erschien. Nach Angaben von Dr. Kraus handelte es sich in der Regel stets um Frauen, die aus sozialen Gründen nicht in der Lage waren ihre Partner zu heiraten. Das Gericht folgte jedoch nicht ihrer Argumentation aus "''Mitleid''" gehandelt zu haben, da ihr Einkommen "''nach ihren eigenen glaubhaften Angaben nach der Machtergreifung sehr zurückgegangen''" sei und sie somit "''bestrebt war, auf alle Weise, auch auf gesetzlich nicht erlaubtem Weg, sich eine Einnahmequelle zu verschaffen, um ihr Leben fristen zu können'' | In einem politisch motivierten Gerichtsverfahren wurde Dr. Kraus im Juli [[1935]] die "gewerbsmäßige Abtreibung" vorgeworfen. Im Verlauf des Verfahrens gab Dr. Kraus zu, "''auf Bitten''" der Frauen "''geeingete Eingriffe und Mittel zur Beseitigung der Schwangerschaft''" herbei geführt zu haben, in einem Fall etwa, weil die Patientin ihr suizidgefährdet erschien. Nach Angaben von Dr. Kraus handelte es sich in der Regel stets um Frauen, die aus sozialen Gründen nicht in der Lage waren ihre Partner zu heiraten. Das Gericht folgte jedoch nicht ihrer Argumentation aus "''Mitleid''" gehandelt zu haben, da ihr Einkommen "''nach ihren eigenen glaubhaften Angaben nach der Machtergreifung sehr zurückgegangen''" sei und sie somit "''bestrebt war, auf alle Weise, auch auf gesetzlich nicht erlaubtem Weg, sich eine Einnahmequelle zu verschaffen, um ihr Leben fristen zu können''"<ref>Universitätsarchiv Erlangen, A1/3a 346e 1923/ 24-25</ref>. Dieser Vorwurf hatte reichsweit System: erst wurde jüdischen Ärzten die kassenärztlichen Einnahmequellen gesetzlich entzogen - um ihnen dann im Anschluss den Vorwurf zu machen, dass sie sich auf "nicht erlaubten Wege" durch Privatliquidation doch noch den Beruf ausübten um ihre Existenz zu sichern. | ||
Vom Gefängnis in Aichach wurde sie in das Konzentrationslager Ravenbrück gebracht, wo sie am 06. Juni [[1942]] verstarb. Ihre Geschwister Selma und Felix wurden im November [[1941]] nach Riga-Jungfernhof deportiert und gelten seit dem als verschollen. Gleiches gilt für die Schwester Hedwig, die im März [[1942]] gemeinsam mit dem Juristen [[Paul Sahlmann]] und 260 weiteren Fürtherinnen und Fürther nach Izbica deportiert wurde. Sie und alle anderen gelten ebenfalls als verschollen <ref>Memorbuch Gisela Naomi Blume, www.juedische-fuerther.de, Stand 29.12.12, 02:22 Uhr</ref> | |||
Im November [[1935]] wurde sie zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt. Weiterhin wurden ihr für die Dauer von fünf Jahren die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen, da sie "''durch ihr Verhalten eine äußerst ehrlose Gesinnung an den Tag gelegt''" hat. Vom Gefängnis in Aichach wurde sie in das Konzentrationslager Ravenbrück gebracht, wo sie am 06. Juni [[1942]] verstarb. Ihre Geschwister Selma und Felix wurden im November [[1941]] nach Riga-Jungfernhof deportiert und gelten seit dem als verschollen. Gleiches gilt für die Schwester Hedwig, die im März [[1942]] gemeinsam mit dem Juristen [[Paul Sahlmann]] und 260 weiteren Fürtherinnen und Fürther nach Izbica deportiert wurde. Sie und alle anderen gelten ebenfalls als verschollen <ref>Memorbuch Gisela Naomi Blume, www.juedische-fuerther.de, Stand 29.12.12, 02:22 Uhr</ref> | |||
==Siehe auch== | ==Siehe auch== |
Version vom 30. Dezember 2012, 02:36 Uhr
Dr. Irma Kraus (* 12. Mai 1896 in Neustadt/ Aisch; † 06. Juni1942 in Ravensbrück) war eine praktische (Frauen-)Ärztin in Fürth.
Lehre und Studium
Irma Kraus studierte Humanmedizin in Erlangen und Würzburg. 1920 approbierte Sie in Würzburg, 1924 erhielt Sie ihre Promotion (Erlangen). Das Thema Ihrer Disseratation war: Beitrag zur operativen Behandlung von Verletzungen des Herzens (bei Stich- und Schussverletzungen). Ab 1924 führte Sie gemeimsam mit Ihrem Bruder Dr. Hans Kraus eine Praxisgemeinschaft in Fürth. Dr. Hans Kraus arbeitete als Frauenarzt und bewarb sich 1925 ebenfalls um die Stelle des Ärztlichen Leiters des Nathanstifts. Die Stelle wurde jedoch an Dr. Richard Fleischer vergeben. Dr. Hans Kraus starb 1930 unter ungeklärten Umständen.
Verfolgung im Nationalsozialismus
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ab 1933 ging die systematische Existenzvernichtung und Verfolgung jüdischer Ärzte einher. Durch eine "Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen" wurde sog. "nicht-arischen" Ärzten die Behandlung arischer Personen zum 1. Juli 1933 untersagt [1]. In der Folge musste Dr. Kraus ihre Hausangestellte aufgrund der "Verschlechterung meiner Wirtschaftslage" entlassen [2]. In einem politisch motivierten Gerichtsverfahren wurde Dr. Kraus im Juli 1935 die "gewerbsmäßige Abtreibung" vorgeworfen. Im Verlauf des Verfahrens gab Dr. Kraus zu, "auf Bitten" der Frauen "geeingete Eingriffe und Mittel zur Beseitigung der Schwangerschaft" herbei geführt zu haben, in einem Fall etwa, weil die Patientin ihr suizidgefährdet erschien. Nach Angaben von Dr. Kraus handelte es sich in der Regel stets um Frauen, die aus sozialen Gründen nicht in der Lage waren ihre Partner zu heiraten. Das Gericht folgte jedoch nicht ihrer Argumentation aus "Mitleid" gehandelt zu haben, da ihr Einkommen "nach ihren eigenen glaubhaften Angaben nach der Machtergreifung sehr zurückgegangen" sei und sie somit "bestrebt war, auf alle Weise, auch auf gesetzlich nicht erlaubtem Weg, sich eine Einnahmequelle zu verschaffen, um ihr Leben fristen zu können"[3]. Dieser Vorwurf hatte reichsweit System: erst wurde jüdischen Ärzten die kassenärztlichen Einnahmequellen gesetzlich entzogen - um ihnen dann im Anschluss den Vorwurf zu machen, dass sie sich auf "nicht erlaubten Wege" durch Privatliquidation doch noch den Beruf ausübten um ihre Existenz zu sichern.
Im November 1935 wurde sie zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt. Weiterhin wurden ihr für die Dauer von fünf Jahren die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen, da sie "durch ihr Verhalten eine äußerst ehrlose Gesinnung an den Tag gelegt" hat. Vom Gefängnis in Aichach wurde sie in das Konzentrationslager Ravenbrück gebracht, wo sie am 06. Juni 1942 verstarb. Ihre Geschwister Selma und Felix wurden im November 1941 nach Riga-Jungfernhof deportiert und gelten seit dem als verschollen. Gleiches gilt für die Schwester Hedwig, die im März 1942 gemeinsam mit dem Juristen Paul Sahlmann und 260 weiteren Fürtherinnen und Fürther nach Izbica deportiert wurde. Sie und alle anderen gelten ebenfalls als verschollen [4]
Siehe auch
Literatur
- Herausforderungen, 100 Jahre Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Anthuber, Beckmann, Dietl, Dross, Frobenius (Hrsg.), Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2012, S. 95 ff.
- Nathanstift und Frauenklinik in Fürth, Barbara Ohm, Kamran Salimi (Herausgeber; Klinikum Fürth), Fürth, 2010