Reichsparteitage in Nürnberg: Unterschied zwischen den Versionen

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In den Parteiversammlungen wurden die Parteigenossen darauf eingestimmt, sich in den Dienst der Sache zu stellen. Es galt innerhalb der vier bis fünf Tage der Veranstaltung, die anreisenden Gäste von Donnerstag/Freitag (Anreise in insgesamt 53 Sonderzügen) bis Montag (Abreise) unterzubringen und für Geschäfte und Gewerbetreibende eine wirtschaftliche Belebung für Fürth zu erreichen, z. B. durch den Verkauf, die Proviantlieferung und den Ausschank bzw. Hausierhandel.<ref>nz: Aufruf zur Meldung von Quartieren über die Ortsgruppen der NSDAP. In: Nordbayerische Zeitung vom 24. August 1933; Fürther Tagblatt vom 24. August 1933.</ref> In mehreren Aufrufen wurden die "deutschen Volksgenossen" angehalten, die Häuser „als Festgewand“ mit Fahnen in schwarz-weiß-rot zu schmücken und mit weiteren Girlanden und Blumen der Stadt ein „festliches Gepräge“ zu geben.
In den Parteiversammlungen wurden die Parteigenossen darauf eingestimmt, sich in den Dienst der Sache zu stellen. Es galt innerhalb der vier bis fünf Tage der Veranstaltung, die anreisenden Gäste von Donnerstag/Freitag (Anreise in insgesamt 53 Sonderzügen) bis Montag (Abreise) unterzubringen und für Geschäfte und Gewerbetreibende eine wirtschaftliche Belebung für Fürth zu erreichen, z. B. durch den Verkauf, die Proviantlieferung und den Ausschank bzw. Hausierhandel.<ref>nz: Aufruf zur Meldung von Quartieren über die Ortsgruppen der NSDAP. In: Nordbayerische Zeitung vom 24. August 1933; Fürther Tagblatt vom 24. August 1933.</ref> In mehreren Aufrufen wurden die "deutschen Volksgenossen" angehalten, die Häuser „als Festgewand“ mit Fahnen in schwarz-weiß-rot zu schmücken und mit weiteren Girlanden und Blumen der Stadt ein „festliches Gepräge“ zu geben.


Massenquartiere (Biwaks und Zeltlager mit „Mannschaftszelten“) entstanden auf „der Wiese an der Leyher Waldspitze“ an der Grenze zu Nürnberg und „auf der weiten Fläche des Hainberges“. Auch leerstehende Fabriksäle und Schulhäuser dienten der Aufnahme in Fürth. Unter dem Titel „Fürth rüstet zum Reichsparteitag“ konnte man lesen:  „So sind zum Beispiel die Fabriksäle der Firmen Wiederer, Fleischmann und Blödel, Borgfeld usw., sowie sämtliche Schulhäuser unserer Stadt zu Massenquartieren umgestaltet worden für die, die aus dem ganzen Vaterlande zusammengeströmt sind, um am Sonntag an ihrem geliebten Führer vorbeizumarschieren.“ „Eine Unzahl von Feldküchen (…) sorge für die Verpflegung des gewaltigen Heerlagers des Dritten Reiches“. In der Südstadt sei „in der Zeltstadt zwischen Leyer und Waldstraße und auf dem ehemaligen Sportplatz des marxistischen BSC“ sogar ein provisorisches Postamt für die „Grüße in die Heimat“ aufgebaut worden. Weitere Massenquartiere gab es in der Südstadt in der Artilleriestraße 42 und 44 (SA-Hilfswerklager auf staatlichem Grund), Balbiererstraße 17 (Reichswehrverwaltung, Minenwerfer-Kompanie), Flößaustraße 16 (ehem. Metallpapierfabrik Schoenthal & Co.), Flößaustraße 22 (ehem. Besitz des Kunstanstaltsbesitzers Ehrlich) und Flößaustraße 90 (Reichswehrverwaltung), Frauenstraße 10 (Oberrealschule, später unter Adresse Kaiserstraße 92) und Frauenstraße 15 (Grundschule), Karolinenstraße 146 (Lagerhaus), Neumannstraße 30 (ehem. Nürnberger Gold- und Silberpapierfabrik Max Buchheim; Hausbesitzer war der Kaufmann Otto Frankenthal), Schwabacher Straße 86/88 (Schule) und 210 (Schulbaracke), Sedanstraße, Leyher Straße 4/6, Magazinstraße 8 (Landespolizei) sowie Turnstraße 10 (Turnhalle des TV 1860 Fürth).<ref>Fürther Anzeiger vom 28. August 1933</ref>  
Massenquartiere (Biwaks und Zeltlager mit „Mannschaftszelten“) entstanden auf „der Wiese an der Leyher Waldspitze“ an der Grenze zu Nürnberg und „auf der weiten Fläche des Hainberges“. Auch leerstehende Fabriksäle und Schulhäuser dienten der Aufnahme in Fürth. Unter dem Titel „Fürth rüstet zum Reichsparteitag“ konnte man lesen:  „So sind zum Beispiel die Fabriksäle der Firmen Wiederer, Fleischmann und Blödel, Borgfeld usw., sowie sämtliche Schulhäuser unserer Stadt zu Massenquartieren umgestaltet worden für die, die aus dem ganzen Vaterlande zusammengeströmt sind, um am Sonntag an ihrem geliebten Führer vorbeizumarschieren.“ „Eine Unzahl von Feldküchen (…) sorge für die Verpflegung des gewaltigen Heerlagers des Dritten Reiches“. In der Südstadt sei „in der Zeltstadt zwischen Leyer und Waldstraße und auf dem ehemaligen Sportplatz des marxistischen BSC“ sogar ein provisorisches Postamt für die „Grüße in die Heimat“ aufgebaut worden. Weitere Massenquartiere gab es in der Südstadt in der [[Artilleriestraße]] 42 und 44 (SA-Hilfswerklager auf staatlichem Grund), [[Balbiererstraße 17]] (Reichswehrverwaltung, Minenwerfer-Kompanie), Flößaustraße 16 (ehem. Metallpapierfabrik Schoenthal & Co.), Flößaustraße 22 (ehem. Besitz des Kunstanstaltsbesitzers Ehrlich) und [[Flößaustraße 90]] (Reichswehrverwaltung), [[Frauenstraße 10; Kaiserstraße 92; Kaiserstraße 94|Frauenstraße 10]] (Oberrealschule, später unter Adresse Kaiserstraße 92) und [[Frauenstraße 15]] (Grundschule), Karolinenstraße 146 (Lagerhaus), [[Neumannstraße 30]] (ehem. Nürnberger Gold- und Silberpapierfabrik Max Buchheim; Hausbesitzer war der Kaufmann Otto Frankenthal), [[Schwabacher Straße 86|Schwabacher Straße 86/88]] (Schule) und 210 (Schulbaracke), Sedanstraße, Leyher Straße 4/6, Magazinstraße 8 (Landespolizei) sowie Turnstraße 10 (Turnhalle des TV 1860 Fürth).<ref>Fürther Anzeiger vom 28. August 1933</ref>


In der Karolinenstraße richtete man von der Ludwigstraße zum Bahnkörper hin drei Ausgangstore ein, damit die mit der Bahn ankommenden Gäste zu den südlichen Quartieren gelangen konnten. Rund 70.000 Gäste beherbergte Fürth 1933: Württemberger, Pfälzer, Mittel-, Ober- und Unterfranken, Oberpfälzer, Hannoveraner, Nordmärker usw.<ref>Fürther Anzeiger vom 4. September 1933</ref>  Auf dem Weg nach Nürnberg überflog am Samstagnachmittag ein [[Zeppelin]]-Luftschiff die Südstadt. Sämtliche Lokale in der Stadt waren überfüllt und die Geschäftsleute mit dem Umsatz zufrieden. Die Reichsbahn hatte die größte Transportleistung im Personenzugverkehr mit 350.000 Sonderzugsteilnehmer zu bewältigen.<ref>Fürther Tagblatt vom 5. September 1933</ref>
In der Karolinenstraße richtete man von der Ludwigstraße zum Bahnkörper hin drei Ausgangstore ein, damit die mit der Bahn ankommenden Gäste zu den südlichen Quartieren gelangen konnten. Rund 70.000 Gäste beherbergte Fürth 1933: Württemberger, Pfälzer, Mittel-, Ober- und Unterfranken, Oberpfälzer, Hannoveraner, Nordmärker usw.<ref>Fürther Anzeiger vom 4. September 1933</ref>  Auf dem Weg nach Nürnberg überflog am Samstagnachmittag ein [[Zeppelin]]-Luftschiff die Südstadt. Sämtliche Lokale in der Stadt waren überfüllt und die Geschäftsleute mit dem Umsatz zufrieden. Die Reichsbahn hatte die größte Transportleistung im Personenzugverkehr mit 350.000 Sonderzugsteilnehmer zu bewältigen.<ref>Fürther Tagblatt vom 5. September 1933</ref>

Version vom 28. Februar 2023, 10:45 Uhr

Die Reichsparteitage der NSDAP fanden 1927 bis 1938 in Nürnberg statt.

Zu allgemeiner Thematik rund um die Reichsparteitage in Nürnberg sei auf den Artikel Reichsparteitag in der Wikipedia verwiesen.

Begrüßung der Gäste in Fürth zum Reichsparteitag 1933 durch OB Franz Jakob

Während der Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg, u. a. am 2./3. September 1933, konnte Nürnberg allein die Menschenmassen nicht aufnehmen, v. a. da der Bau des Teilnehmerlagers am Reichsparteitagsgelände erst 1935/36 begonnen und 1939 abgeschlossen wurde. Die umliegenden Städte und Gemeinden stellten daher Quartiere für die in Sonderzügen ankommenden „Parteigenossen, Amtswalter und SA-Männer“ zur Verfügung, so z. B. private Einrichtungen sowie Schulhäuser und Sportplätze für Zeltlager. In der Südstadt wurden eigens von der Deutschen Arbeiterfront (DAF) Wohnungen gebaut, die für Wohnzwecke während der Veranstaltung in Nürnberg dienen sollten. Dazu kam es allerdings nicht mehr, da die sog. Wohnanlage Fürth I und die Wohnanlage Fürth II erst 1940 fertig gestellt werden konnten. Zu diesem Zeitpunkt fanden kriegsbedingt keine Reichsparteitage mehr statt.

Unterbringungen in Fürth in Massenquartieren

Organisiert wurde die Bereitstellung der Massenquartiere unter der Federführung des berufsmäßigen Stadtrates Hans Sandreuter und den vier Ortsgruppen der NSDAP in Fürth: Fürth-Mitte, Fürth-Nord, Burgfarrnbach und Fürth-Süd. Hierzu wurde eigens auch der Verkauf des Festabzeichens mit abgewickelt, ohne dessen eine Teilnahme am Parteitag nicht möglich war. In der Südstadt existierten eine Geschäftsstelle in der Sonnenstraße 12 und drei „Zellenlokale“: „Zum Hirschen“ in der Schreiberstraße 1, „Graf Waldersee“ in der Amalienstraße 71 und „Feldlager“ in der Glückstraße.

1933

Briefmarken aus der Zeltstadt in der Waldstraße während des Reichsparteitages

In den Parteiversammlungen wurden die Parteigenossen darauf eingestimmt, sich in den Dienst der Sache zu stellen. Es galt innerhalb der vier bis fünf Tage der Veranstaltung, die anreisenden Gäste von Donnerstag/Freitag (Anreise in insgesamt 53 Sonderzügen) bis Montag (Abreise) unterzubringen und für Geschäfte und Gewerbetreibende eine wirtschaftliche Belebung für Fürth zu erreichen, z. B. durch den Verkauf, die Proviantlieferung und den Ausschank bzw. Hausierhandel.[1] In mehreren Aufrufen wurden die "deutschen Volksgenossen" angehalten, die Häuser „als Festgewand“ mit Fahnen in schwarz-weiß-rot zu schmücken und mit weiteren Girlanden und Blumen der Stadt ein „festliches Gepräge“ zu geben.

Massenquartiere (Biwaks und Zeltlager mit „Mannschaftszelten“) entstanden auf „der Wiese an der Leyher Waldspitze“ an der Grenze zu Nürnberg und „auf der weiten Fläche des Hainberges“. Auch leerstehende Fabriksäle und Schulhäuser dienten der Aufnahme in Fürth. Unter dem Titel „Fürth rüstet zum Reichsparteitag“ konnte man lesen: „So sind zum Beispiel die Fabriksäle der Firmen Wiederer, Fleischmann und Blödel, Borgfeld usw., sowie sämtliche Schulhäuser unserer Stadt zu Massenquartieren umgestaltet worden für die, die aus dem ganzen Vaterlande zusammengeströmt sind, um am Sonntag an ihrem geliebten Führer vorbeizumarschieren.“ „Eine Unzahl von Feldküchen (…) sorge für die Verpflegung des gewaltigen Heerlagers des Dritten Reiches“. In der Südstadt sei „in der Zeltstadt zwischen Leyer und Waldstraße und auf dem ehemaligen Sportplatz des marxistischen BSC“ sogar ein provisorisches Postamt für die „Grüße in die Heimat“ aufgebaut worden. Weitere Massenquartiere gab es in der Südstadt in der Artilleriestraße 42 und 44 (SA-Hilfswerklager auf staatlichem Grund), Balbiererstraße 17 (Reichswehrverwaltung, Minenwerfer-Kompanie), Flößaustraße 16 (ehem. Metallpapierfabrik Schoenthal & Co.), Flößaustraße 22 (ehem. Besitz des Kunstanstaltsbesitzers Ehrlich) und Flößaustraße 90 (Reichswehrverwaltung), Frauenstraße 10 (Oberrealschule, später unter Adresse Kaiserstraße 92) und Frauenstraße 15 (Grundschule), Karolinenstraße 146 (Lagerhaus), Neumannstraße 30 (ehem. Nürnberger Gold- und Silberpapierfabrik Max Buchheim; Hausbesitzer war der Kaufmann Otto Frankenthal), Schwabacher Straße 86/88 (Schule) und 210 (Schulbaracke), Sedanstraße, Leyher Straße 4/6, Magazinstraße 8 (Landespolizei) sowie Turnstraße 10 (Turnhalle des TV 1860 Fürth).[2]

In der Karolinenstraße richtete man von der Ludwigstraße zum Bahnkörper hin drei Ausgangstore ein, damit die mit der Bahn ankommenden Gäste zu den südlichen Quartieren gelangen konnten. Rund 70.000 Gäste beherbergte Fürth 1933: Württemberger, Pfälzer, Mittel-, Ober- und Unterfranken, Oberpfälzer, Hannoveraner, Nordmärker usw.[3] Auf dem Weg nach Nürnberg überflog am Samstagnachmittag ein Zeppelin-Luftschiff die Südstadt. Sämtliche Lokale in der Stadt waren überfüllt und die Geschäftsleute mit dem Umsatz zufrieden. Die Reichsbahn hatte die größte Transportleistung im Personenzugverkehr mit 350.000 Sonderzugsteilnehmer zu bewältigen.[4]

1934

Briefumschlag mit Werbung für den Reichsparteitag, 1934

1934 entstanden zur Unterbringung von Reichsparteitagsgästen wieder Zeltlager; diesmal sowohl an der Leyher Waldspitze, als auch am Spielvereinigungsplatz. Auf dem freien Platz hinter dem Gaswerk zwischen Leyher- und Waldstraße wird für 14.000 Mann ein Lager errichtet. Die Oberrealschule und das Frauenschulhaus dienten wieder als Sammellager. Stolz verkündete die Zeitung: Die Stadt Fürth wird mit ihren 80.000 Einwohnern für die nächsten vier Tage eine Stadt der 150.000 werden.[5] Am Sonntagmittag spielten Musikkapellen der Gäste in den Anlagen auf, in der Südstadt am Kaiserplatz und in der Anlage hinter der Oberrealschule (Langhans-Anlage). Nachmittags gab es ein großes Stadtpark-Konzert. Am Lager der SS an der Leyher Waldspitze wurde abends ein Feuerwerk abgebrannt, das man weithin sehen konnte. Dazu waren Kanonenschläge zu hören. Im Kulturverein an der Dambacher Straße gab es bei einem „Bunten Abend“ Darbietungen der schwäbischen Gäste aus dem Gau Württemberg. Trachtengruppen traten auf mit Liedern und Volkstänzen.

Das Zeltlager am Sportplatz der Spielvereinigung besuchte als „hoher Gast“ der Führerstellvertreter Rudolf Heß. Auch der Oberrealschule statte er einen Besuch ab. In einer Bilderserie in der Fränkischen Tagespost wird Heß im Hof der Oberrealschule sitzend und sichtlich zufrieden in einem Cabriolet bei der Abfahrt gezeigt, umringt von Uniformierten und der Bildunterschrift: „Lachen über allen Gesichtern“ und „überall begeistert[e]" Begrüßung durch die Fürther Bevölkerung. Anschließend nahm er die dortigen „modernen Großfeldküchen“ in Augenschein, hielt vom Balkon der Schule eine „kurze, freundliche Ansprache an die braunen Formationen“ und kehrte wieder nach Nürnberg zurück.[6] Nach Abschluss der Reichsparteitage wurden die Fahnen und Girlanden an den Häusern wieder abgenommen. Das Bäcker- und Fleischergewerbe und die heimischen Geschäfte waren zufrieden. Parteigenosse und Stadtrat Sandreuter als Leiter des Quartieramtes (im Parkhotel) erhielt viel Lob. Die „Große Gastfreundschaft“ der Fürther wurde allgemein gewürdigt.

1935

Auch zum Reichsparteitag im September 1935 entstand wieder auf dem freien Gelände zwischen Höfener, Leyher und Waldstraße eine „Zeltstadt“, fest verankerte 12 Meter breite und 35 Meter lange Zelte, 28 insgesamt, und verbesserte Waschgelegenheiten und großen Feldküchen sowie einem Postzelt mit Münzfernsprecher. „8.000 Politische Leiter aus dem Gau Württemberg werden die Zeltstadt bewohnen“, hieß es. Aber zu diesen Unterkünften auf Strohlager waren nun bequemere Einquartierungen in sämtlichen 14 Schulhäusern und in den Turnhallen eingerichtet worden. Dreistöckige Drahtbettstätten, gefertigt von einer Fürther Firma, bauten die Männer des Arbeitsdienstes in den Klassenzimmern auf als „ideale Lagerstatt“ und platzsparende Option.[7] Die Musikkapelle vom Gau Essen spielte Sonntagmittag auf dem Platz zwischen den Schulen an der Frauenstraße und abends im Kulturverein bei einem „Volksfest“. Während die Gäste, die Organisation Kraft durch Freude (KdF) hatte als NS-Gemeinschaft alleine 10.000 „Arbeitsmänner“ (fast ausschließlich Nicht-Parteigenossen) mit den Sonderzügen am 12. und 13. September 1935 am Hauptbahnhof anfahren lassen.[8] Gleichzeitig trafen u.a. auch Prominente auf dem Flugplatz in Atzenhof ein. So war der Reichsminister General Hermann Göring 1935 kurz zu Gast in Fürth bzw. auf dem Reichsparteitag in Nürnberg.[9] Er fuhr durch die Königstraße und Nürnberger Straße nach Nürnberg, und besuchte am Mittwochnachmittag die Alte Veste. Als Reichsluftfahrtminister besichtigte er am Samstagvormittag auf dem Flughafen die Flugzeuggeschwader, die mit 108 Flugzeugen zum ersten Mal am Montag an den Vorführungen in Nürnberg als „großes militärischen Schauspiel“ teilnahmen. Am 18. September 1935 fuhren die meisten Sonderzüge mit den angereisten Gästen aus Fürth wieder ab.

1936

1936 gab es wieder zwei große Zeltlager in der Südstadt. Das Lager an der Leyher Waldspitze (Leyher Straße) wurde erneut für die Gäste aus dem Gau Württemberg errichtet. Verpflegungszüge konnten auf dem Bahngleis, das direkt an das Lager heranführte, anrollen. Ein weiteres Lager wurde an der äußeren Schwabacher Straße „bei der neuen Kaserne“ für den Gau Schleswig-Holstein mit 25 Wohnzelten eingerichtet.[10] Und in den „besten Schulhäusern“ baute man wieder die dreistöckigen Bettstellen vom Vorjahr auf. Das Frauenschulhaus bot 2.193 Personen, das Schulhaus Schwabacher Straße 1.725 Quartier. Für die sieben Kochstellen in acht Lagern wurden von der NS-Frauenschaft Fürth 150 Frauen als „Küchengeister“ zur Verpflegung der Reichsparteitagsgäste abgestellt.[11] Im Stadttheater gab man neun gesonderte „Kraft-durch-Freude“-Vorstellungen des Lustspielensembles, darunter den Schwank „Krach im Hinterhaus“. Auch die Fürther Kinos profitierten von den Tausenden von Gästen.

Eine spezielle „Massenankunft“ wurde noch von der Presse gemeldet. Im Hof der Kaserne an der Sonnen- und Flößaustraße, in der ein Teil des Flakregiments Nr. 8 garnisoniert war, wurden Flak-Scheinwerfer angeliefert.[12] Beim Fahnen-Einmarsch der Politischen Leiter am Freitagabend 11. September 1936 leuchteten 130 Scheinwerfer der Wehrmacht um das Zeppelinfeld.

Im Hof der Oberrealschule stellte man ein Verpflegungszelt für 1.200 Mann (vom Gastwirt Michl Most gemietet) auf. Eine große Kundgebung fand am Dienstag auf dem Platz der Spielvereinigung als „Appellplatz“ statt. Von der Tribüne herab sprach der Reichsleiter der Deutschen Arbeitsfront Dr. Ley zu den 10.000 KdF-Urlaubern bzw. –Fahrern, die für eine Woche nach Nürnberg/Fürth kamen. Ley hetzte: Der Kampf gehe weiter gegen Judentum und Bolschewismus, welcher der Ausdruck sei für den profitgierigen, blutdürstigen Juden. Dieser Kampf werde jedes Jahr auf dem Parteitag aufs Neue aufgenommen und solange weitergeführt, bis der Jude und der Bolschewismus auf der ganzen Welt vernichtet seien.[13]

1937

Zeltlager zum Reichsparteitag 1937 entlang des Ludwigskanal im Espan

1937 entfiel das Lager zwischen Wald- und Leyher Straße, da dieser Platz für den Neubau des Bekleidungsamtes für den Reichsarbeitsdienst benötigt wurde. Stattdessen entstand ein Lager mit Baracken von je 40 Metern Länge auf dem „zukünftigen Fürther Badegelände an der Dammstraße auf dem Südhang des Espan“.[14] In der Oberrealschule, im Frauenschulhaus und im Anwesen Schwabacher Straße 231 waren 4.400 Mann vom Gau Essen untergebracht. In der Turnstraße 10 wurden in der Turnhalle des TV 1860 wieder Gäste beherbergt. Und in der Simonstraße 20 nahm die Kolpingsfamilie auch zusätzliche Gäste auf. Für die Einlagerung von Metallbetten in Lagerhallen für die RPT-Teilnehmer wurden Verträge mit dem Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg abgeschlossen. Vertragspartner im Juni 1937 waren der 1. Vorsitzende des TV 1860 Fürth e.V. Bürgermeister Dr. Kempfler und der 1. Vorsitzende der Kolpingsfamilie Fürth e.V. Kaplan Nicol vom Katholischen Pfarramt St. Heinrich.[15] Im Zeltlager der Hitlerjugend an der Birkenstraße (der heutigen Otto-Seeling-Promenade) mit 140 Zelten für 1200 Jungen aus ganz Deutschland auf dem Wiesengelände unterhalb des Humbser-Spielplatzes erschien der Reichsjugendführer Baldur von Schirach. Er schwor in seiner Ansprache die Jungen darauf ein, nicht nur das Erlebnis des Marsches zum Nürnberger Reichsparteitag aus allen Gebieten des Reichs zu haben. Sie werden in der Zukunft noch größere Märsche zu bewältigen haben.[16] Generaloberst Göring, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, besuchte wie im Vorjahr den Fliegerhorst Fürth, wo noch größere Verbände aufgestellt waren für die Vorführungen in Nürnberg. 36.000 Gäste waren in Fürth untergebracht und die Zeitung titelte „Eine Stadt zieht ihr Festkleid an“. Bilder von Vitzethum und Wolkenstörfer hielten dies auch fest. Und Ernst Sperk dichtete danach euphorisch über „den größten deutschen Tag“.[17]

1938

1938 bot Fürth den Parteitagsgästen wieder die zwei Zeltlager auf dem Espan an der Dammstraße und an der Äußeren Schwabacher Straße für die „Politischen Leiter“ aus Württemberg-Hohenzollern und Schleswig-Holstein. Für die Hitlerjugend war erneut ein Zeltlager errichtet worden. Sie und die Gäste mit ihren Musikzügen beherrschten das Stadtbild bzw. das Straßenbild, das wieder festlich geschmückt war.

1938 ging man auch beim Wohnungsbau auf die RPT-Gäste ein. Die GEHAG, deren Wohnblock an der Sedanstraße/Jahnstraße mit Mitteln der DAF finanziert wurde, baute Wohnungen mit 3 Zimmern, wovon das eine Zimmer einen separaten Eingang vom Treppenhaus bekam. Es diente zur Untervermietung für die Gäste während dieser besonderen Tage oder bei ähnlichen großen Festlichkeiten. Im Volksmund wurde das Zimmer als „Reichsparteitagszimmer“ bezeichnet.[18]

1939

Der in der Zeit vom 2.–11. September 1939 angesetzte "Reichsparteitag des Friedens" wurde kriegsbedingt abgesagt, Nazi-Deutschland überfällt am 1. September 1939 Polen und löst damit den Zweiten Weltkrieg aus.

Bewertungen

Abschließend die Beurteilung des französischen Botschafters André François-Poncet (1931-38 in Berlin) über die „Reichsparteitage der NSDAP als Mittel der faschistischen Propaganda“: „Sie kehren heim, verführt und gewonnen, reif zur Mitarbeit, ohne die gefährliche Wirklichkeit bemerkt zu haben, die sich unter dem trügerischen Prunk der großartigen Aufmärsche verbirgt.“ [19]

Liest man all die euphorischen Zeitungsberichte, fällt auf, wie die Nazipropaganda den Parteikongress auch zur Hetze instrumentalisierte. Es wurde gegen „Nichtarier“ geschrieben. Inmitten des „wogenden Fahnenmeers“ seien nur ein paar Häuser, welche die Visitenkarte ihrer nichtarischen Besitzer tragen. Diese wenigen Außenseiter könnten das Erhebende der festlichen Stadt nicht verwischen. Und weiter, dass Fürth als „Rote Hochburg“ verschrien und ein „Nest vieler vaterlandsloser Gesellen“ war.[20]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. nz: Aufruf zur Meldung von Quartieren über die Ortsgruppen der NSDAP. In: Nordbayerische Zeitung vom 24. August 1933; Fürther Tagblatt vom 24. August 1933.
  2. Fürther Anzeiger vom 28. August 1933
  3. Fürther Anzeiger vom 4. September 1933
  4. Fürther Tagblatt vom 5. September 1933
  5. nz: „Fürth und der Reichsparteitag“ und einer Bilderserie „Fürth ist gerüstet“. In: Nordbayerische Zeitung vom 5. September 1934
  6. Fürther Tagblatt vom 11. September 1934
  7. Fürther Tagblatt vom 21. August 1935 „Fürth rüstet für den Reichsparteitag – Massenquartiere in den hiesigen Schulhäusern.“
  8. Nordbayerische Zeitung vom 10. und 11. September 1935
  9. fa: „General Göring besichtigt die Flugzeuggeschwader in Fürth“. In: Fürther Anzeiger vom 17. September 1935; Fürther Tagblatt vom 16. September 1935
  10. nz: „Zeltstadt“ bei der Panzerabwehrkaserne in der Äußeren Schwabacher Straße. In: Nordbayerische Zeitung vom 9. September 1936
  11. fa: „Fürth erwartet 30 000 Gäste“. In: Fürther Anzeiger vom 29. August 1936; nz: „Die Verpflegung unserer Reichsparteitagsgäste“. In: Nürnberger Zeitung vom 2. August 1936; nz: „Die KdF-Urlauber sind da“. In: Nordbayerische Zeitung vom 11. September 1936
  12. nz: „Massenankunft von Scheinwerfern“. In: Nordbayerische Zeitung vom 7. September 1936; fa: „500 Scheinwerfer der Wehrmacht“. In: Fürther Anzeiger vom 9. September 1936
  13. nz: „Große Kundgebung, Reichsleiter Dr. Ley sprach“. In: Nordbayerische Zeitung vom 16. September 1936
  14. nz: „Fürth rüstet zum Reichsparteitag 1937“. In: Nordbayerische Zeitung vom 11. August 1937; ft: „Die Fürther Zeltstadt ist aufgebaut“. In: Fürther Tagblatt vom 23. August 1937. Die Pläne für einen Kurbadebetrieb auf dem Espan konnten nicht realisiert werden.
  15. Stadtarchiv Fürth, Akte 000 Nr. 16
  16. nz: „Baldur von Schirach bei seiner Jugend, Begeisterter Empfang des Reichsjugendführers im HJ-Lager“. In: Nordbayerische Zeitung vom 7. September 1937; ft: „Der Reichsjugendführer in Fürth“ und „Fürther HJ-Lagerleben im Bild“. In: Fürther Tagblatt vom 7. und 8. September 1937; fa: „Das letzte Halt! Die Adolf-Hitler-Marsch-Teilnehmer aus dem Reich alle wohlbehalten am Ziel.“. In: Fürther Anzeiger vom 6. September 1937
  17. nz: „Generaloberst Göring in Fürth“. In: Nordbayerische Zeitung vom 13. September 1937; nz: „Eine Stadt zieht ihr Festkleid an! Fürth erweist sich den Reichsparteitagbesuchern würdig“. In: Nordbayerische Zeitung vom 14. September 1937: Ernst Sperk: „Nach dem Reichsparteitag“, „Ein Leuchten war’s … Ein Jauchzen war’s …“. In: Fürther Tagblatt vom 15. September 1937
  18. Fränkische Tageszeitung vom 21.5.1938 zum Richtfest für die GEHAG, der Gemeinnützigen Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktien-Gesellschaft, mit Sitz in Berlin, Zweigstelle Nürnberg; Stadtarchiv Fürth, Akten 9/170 und 9/167 über die Bewilligung von Reichsdarlehen für Wohnbauen der Baugesellschaften - 1942 wurden die Wohnanlagen an die für den Gau Franken zuständige Schwestergesellschaft Neue Heimat, Gemeinnützig Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft der Deutschen Arbeitsfront im Gau Franken mit Sitz in Nürnberg veräußert.
  19. Harald Hauptmann: „Das rote Nürnberg – Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung 1933 - 1945“, Band 5 Trotz alledem!, K-Verlag Kösching, 1985
  20. Nordbayerische Zeitung vom 12. September 1935

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