Eine Welt- und Infoladen Mühsam: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 16. Mai 2023, 10:30 Uhr
Der Eine Welt- und Infoladen Mühsam befand sich in der Gustavstraße 38. Es war ein sog. Infoladen, der sich als Treffpunkt für das politisch linke Spektrum verstand.
Geschichte
Im März 1994 wurden die Räume in der Gustavstraße angemietet. Mieter war der Verein zur Förderung kultureller und politischer Initiativen, der sich hierzu im Vorfeld gegründet hatte. Die Initiatoren sahen sich gezwungen, zu diese Form einer juristischen Person zu greifen, da sie sonst keine Verkaufsrechte erhalten hätten um sog. Dritte-Welt-Produkte auf Kommissionsbasis verkaufen zu können. Der Mitgliedsbeitrag betrug 1 DM. Der Vorstand des Vereins, der nach eigenen Angaben nur der Form halber auf dem Papier bestand, sollte ohne Hierarchien die Geschicke des Vereins lenken. Die Eröffnung des Infoladens fand Anfang Mai 1994 statt.
Zuvor wurde um den Namen des Ladens gerungen. Der Mühsamladen, wie er oft Umgangssprachlich genannt wurde, hatte laut den Initiatoren als Arbeitstitel auch andere Namen. So waren auch die Namen "Heiliger Stuhl", Dullnrat, Kopfschuß oder Mutabor im Gespräch. Letztendlich entschied man sich aber für den Namen des ehem. Anarchisten und Schriftsteller Erich Mühsam - der selbst außer durch einen regen Briefverkehr mit dem Fürther Anarchisten und Syndikalisten Fritz Oerter in den 1920er Jahren keinen Fürthbezug hatte.
Politische Ziele und Aktionen
Ziel des Infoladens bzw. des Vereins war einen Treffpunkt zu etablieren, für alle die sich nicht in den etablierten Parteien zu Hause fühlten und sich selbst als "antifaschistisch, antirassistisch, antiautoritär und antisexistisch" verstanden. Laut der örtlichen Berichterstattung bestand die Gruppe der Aktiven aus ca. 20 Personen zwischen 18 und 30, die aber gegenüber der Presse "aus Vorsicht" ihre Namen nicht nennen wollten, da sie "für die Utopie einer gewaltlosen und herrschaftsfreien Gesellschaft" auf unterschiedlichen Ebenen kämpften.
Schwerpunkt des Non-Profit-Ladens war nach eigenen Angaben nicht der Verkauf von sog. Dritte-Welt-Produktion, sondern die Information von Linken Inhalten über Zeitschriften, Büchern und Broschüren, sowie über vielfältige Veranstaltungen. Hierzu wurden Seminare mit politischen Themen angeboten, aber auch gemeinschaftliches Kochen in der "Volxküche" sowie "Zocken für den Frieden".
Bereits im Vorfeld der Eröffnung hatte sich die Initiatoren in der Öffentlichkeit bemerkbar gemacht. So forderten sie die kurzfristige Umbenennung des Franz-Josef-Strauß-Platzes vor dem Amtsgericht in "Erich Mühsam Platz", oder forderten die Stadt Fürth auf, ein leerstehendes Haus für selbstbestimmtes Wohnen und der Etablierung von Subkultur zur Verfügung zu stellen - vergleichbar mit den Kulturläden oder dem Stadtteilzentrum DESI in Nürnberg. In dem Zusammenhang setzten sie auch für die Einstellung der Verfahren gegen die "Fürther HausbesetzerInnen" ein.
Schließung
Der Mühsamladen existierte einige Jahre in der Gustavstraße, ehe er geschlossen wurde. Die Räume des ehemaligen Ladens sind heute Teil der Kneipe Kaffeebohne. Als Nachfolger des Ladens kann der Infoladen Benario in der Nürnberger Straße gelten.
Veröffentlichungen
- Eine Welt- und Infoladen Mühsam (Hrsg.): Pueblo en Armas. Bürgerkrieg und Revolution in Spanien 1936-1939, Selbstverlag, Fürth, 1997
Lokalberichterstattung
- fü: Eine gewaltfreie Gesellschaft. In: Fürther Nachrichten vom 17. Mai 1994, S. 27 (Druckausgabe)