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1947 errichtete man auf dem Camp ein Denkmal für die Holocaust-Opfer, das 1949 auf den neuen jüdischen Friedhof an der [[Erlanger Straße]] verlegt wurde.<ref>[https://www.tracesofwar.com/sights/15675/Holocaust-Memorial-Finkenschlag.htm TracesofWar]</ref> | 1947 errichtete man auf dem Camp ein Denkmal für die Holocaust-Opfer, das 1949<ref>vermutlich im Zusammenhang mit der Auflösung des Lagers</ref> auf den neuen jüdischen Friedhof an der [[Erlanger Straße]] verlegt wurde.<ref>[https://www.tracesofwar.com/sights/15675/Holocaust-Memorial-Finkenschlag.htm TracesofWar]</ref> | ||
Das Camp wurde im Sommer 1949 aufgelöst, die Häuser wurden nach Renovierungsarbeiten an die früheren Eigentümer zurückgegeben. Ein Teil der jüdischen Bewohner blieb aber in Fürth und wurde in die hiesige Gemeinde aufgenommen.<ref>Nachrichten für den jüdischen Bürger Fürths im August 1949</ref> Zusammen mit den überlebenden oder aus der Emigraton zurückgekehrten Juden bildeten die Bewohner vom Finkenschlag die Keimzelle der jüdischen Nachkriegsgemeinde in Fürth. | Das Camp wurde im Sommer 1949 aufgelöst, die Häuser wurden nach Renovierungsarbeiten an die früheren Eigentümer zurückgegeben. Ein Teil der jüdischen Bewohner blieb aber in Fürth und wurde in die hiesige Gemeinde aufgenommen.<ref>Nachrichten für den jüdischen Bürger Fürths im August 1949</ref> Zusammen mit den überlebenden oder aus der Emigraton zurückgekehrten Juden bildeten die Bewohner vom Finkenschlag die Keimzelle der jüdischen Nachkriegsgemeinde in Fürth. |
Version vom 20. Juli 2023, 10:15 Uhr
Das Camp Finkenschlag war in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ein eigener Bereich in der Siedlung Eigenes Heim im Fürther Stadtteil Schwand, in dem viele jüdische Opfer des Nationalsozialismus eine vorübergehende Unterkunft fanden, um dann in andere Länder umzusiedeln. Das Camp Finkenschlag war mit einem Zaun umfriedet. Der Zugang erfolgte über ein bewachtes Haupttor. Deutschen war der Zutritt in der Regel verwehrt.
Am 18. Mai 1945 wurden die ersten US-amerikanischen Soldaten in den Finkenschlag einquartiert. Die Bewohner mussten von jetzt auf gleich ihre Wohnungen verlassen. Allerdings sollten die etwa 100 Wohnungen schon im Juli wieder freigegeben werden. Dem war aber dann nicht so. Im folgenden Winter wurde dann ein zweites Mal versprochen, dass die ursprünglichen Bewohner bald wieder einziehen könnten. Aber auch das geschah nicht. Im folgenden Frühjahr bestand sogar die Gefahr, dass die gesamte Arbeitersiedlung der Baugenossenschaft Eigenes Heim von der US-Militärregierung beschlagnahmt werden würde. Letztendlich blieb es dann aber bei den Häusern im Finkenschlag als einziger Straße. Zwischen 1946 und 1949 entstand im Finkenschlag eine autonome jüdische Gemeinschaft auf Zeit. In diesem Camp Finkenschlag wurden für einige Jahre bis zu 800 jüdische Opfer des Nationalsozialismus untergebracht, sogenannte Displaced Persons (DPs), entwurzelte, verschleppte Menschen, die ihre Heimat verloren hatten.
DP-Lager "Neues Licht" - אור חדש - Or Chadasch[1]
Die Geschichte des DP-Lagers begann bereits 1945 in der "Hard-Siedlung". Dort wurden den jüdischen Opfern aus der NS-Zeit verlassene Häuser zugewiesen, ohne Türen, Fenster und sanitären Anlagen.[2] Aufgrund der ständigen Zuzüge wurde das Lager dann im Januar 1946 mit neun neuen Wohnblöcken im Finkenschlag vergrößert. Die Anwohnerzahl betrug da schon um die 2000. Auf Anordnung der Militärregierung wurde das Lager "Hard Siedlung" im März 1946 geschlossen und nur das neue Camp Finkenschlag mit dem Namen "Or Chadasz" ( אור חדש, neues Licht) weiter betrieben. Die Bewohnerzahl wurde auf 750 begrenzt.[3] Das DP-Lager war das erste in Franken und in ihm wurden hauptsächlich überlebende Juden aus Ungarn einquartiert.[4]
Jedes Jahr bestimmten die Bewohner in demokratischen Wahlen ihre politische Führung, das Komitee. Ähnlich wie eine Stadtverwaltung regelten der Vorsitzende und seine Mitarbeiter das Alltagsleben im Camp. Es wurde ein Kindergarten und eine Volksschulen eingerichtet, die von 50 Kindern besucht wurde. Für den Religionsunterricht wurde ein "chejder"[5] eingerichtet.[6] Für mädchen gab es eine Handarbeitsschule, außerdem Hebräisch und Englisch Kurse.
Das Kulturamt organisierte Konzerte, Theatervorführungen[7] und schuf eine Bibliothek mit Lesesaal, der Sportverein Makabi Fürth spielte in der jüdischen Fußball-Liga etwa mit Kadima Schwabach, Hapoel Ansbach sowie Hakoach Hof um die Meisterschaft. Für die frommen Juden wurden eine Synagoge, ein Ritualbad, eine koschere Küche und eine Religionsschule eröffnet. Das Camp Finkenschlag (Or Chadasch) wurde vom Komitee-Vorsitzenden Emil Kroo geführt. Der 1917 im Städtchen Munkács in der Karpatenukraine (damals Ungarn, seit 1946 Mukatschewo / Ukraine) Geborene hatte als Zwangsarbeiter in Ungarn überlebt und konnte sich nach der Befreiung in die jüdischen Auffanglager der US-amerikanischen Besatzungszone Deutschlands flüchten. Auf seine Initiative hin wurde in einer Forchheimer Textilfabrik eine Weberei für die Juden vom Finkenschlag eröffnet. Rund 60 jüdische Lehrlinge aus dem Fürther Lager erlernten dort das Weberhandwerk. Daneben wurden im Lager verschiedene handwerkliche Lehrgänge angeboten, etwa im Schneiderhandwerk, der Hutmacherei, in einer Fahrschule, sowie Ausbildungskurse als Radio-, bzw. Automechaniker.[8] Mit einer Berufsausbildung erhöhten sich für die jüdischen DPs die Chancen auf eine Einreiseerlaubnis in die klassischen Emigrationsländer. Für nicht wenige begann ein neues Leben in Australien, den USA oder in Kanada, für die meisten aber im 1948 neu gegründeten Staat Israel. Emil Kroo zog nach Schließung des Camps über einen Zwischenaufenthalt in New York in die kanadische Provinz Quebec.[9]
Busunfall mit Einwohnern des DP-Lagers
Am 20. April 1946 ereignete sich ein Busunfall in Fürth mit Einwohnern von "Or Chadasz". Unter der Überschrift: Ojto katastrofe in Fürth berichtete die Wochenzeitung "Undzer Wort", dass ein 18jähriger Busfahrer beim Überholvorgang mit seinen 30 Passagieren an einer Kreuzung, statt zu bremsen noch Gas gab und sich dabei überschlug. Dabei gab es drei Schwerverletzte und neun Leichtverletzte. Der zerquetschte Fuß einer 30jährigen Mutter musste dann amputiert werden.[10] Das UNRRABüro verlangte daraufhin, Personen nicht unerfahrenen jungen Menschen anzuvertrauen.
1947 errichtete man auf dem Camp ein Denkmal für die Holocaust-Opfer, das 1949[11] auf den neuen jüdischen Friedhof an der Erlanger Straße verlegt wurde.[12]
Das Camp wurde im Sommer 1949 aufgelöst, die Häuser wurden nach Renovierungsarbeiten an die früheren Eigentümer zurückgegeben. Ein Teil der jüdischen Bewohner blieb aber in Fürth und wurde in die hiesige Gemeinde aufgenommen.[13] Zusammen mit den überlebenden oder aus der Emigraton zurückgekehrten Juden bildeten die Bewohner vom Finkenschlag die Keimzelle der jüdischen Nachkriegsgemeinde in Fürth.
Schwierige Rückgabe
Im Juli 1949 war bekannt geworden, dass die Wohnungen nach vier Jahren wieder den wartenden Besitzern übergeben würden. So konnte man das 40-jährige Jubiläum der Baugenossenschaft Eigenes Heim am 17. Juli 1949 im Rahmen der Eigen-Heimer-Kärwa mit doppelter Freude begehen. Allerdings erschreckte Ende August die Nachricht, dass die Wohnungen weiter beschlagnahmt bleiben und für amerikanische Familien verwendet werden sollten. Stadtrat Hans Rupprecht fuhr daraufhin mit Oberbürgermeister Hans Bornkessel zum US-Armee-Hauptquartier nach Heidelberg, um dort zu verhandeln. Weitere Unterredungen fanden mit dem Chef des Military Post Nürnberg General David L. Ruffner statt. Auch der Vorstand der Baugenossenschaft, Landtagsabgeordnete und sogar der Bayerische Ministerpräsident setzten sich für die deutschen Familien ein. General Ruffner zeigte Verständnis und so erfolgte am 15. September die endgültige Freigabe der Wohnungen. Das Besatzungskostenamt gewährte sogar eine Entschädigung von 100.000 DM. Noch einmal kam Unruhe auf, als eine US-Prüfungskommission in Heidelberg die Unterbringung von sogenannten Valka-Flüchtlingen in der Tschechoslowakei in Erwägung zog. Nur dem raschen Eingreifen des Genossenschaftsvorstands und Offizieren des Military Post war es zu verdanken, dass die Freigabe endgültig blieb.
Sofort wurden neue Herde, Öfen und Badeeinrichtungen beschafft, Wohnungen getüncht und desinfiziert. In den Kellern fanden sich, nach Angaben von Architekt Fels, diverse Schlupflöcher, unterirdische Gänge, auch Bäder und Wasserbecken, die als "Karpfenteiche" benutzt worden waren. Viele Wohnungen waren zweckentfremdet worden. So kamen auf die Besitzer und die Genossenschaft hohe Kosten für die Renovierungen zu. Schließlich konnte aber sogar das Jugendheim, das in der Zeit der Beschlagnahme als Lagerschuppen gedient hatte, wieder reaktiviert und sogar vorübergehend als Schulzimmer für die 2. Klassen genutzt werden.
Lokalberichterstattung
- F. G.: DP-Lager Finkenschlag geräumt. In: Fürther Nachrichten vom 2. Juli 1949 (Druckausgabe)
- Finkenschlag erneut beschlagnahmt. In: Fürther Nachrichten vom 29. August 1949 (Druckausgabe)
- "Eigenes Heim" hofft auf Verständnis. In: Fürther Nachrichten vom 5. September 1949 (Druckausgabe)
- Finkenschlag doch freigegeben. In: Fürther Nachrichten vom 17. September 1949 (Druckausgabe)
- D. H.: Nach 4 Jahren wieder im "Eigenen Heim". In: Fürther Nachrichten vom 16. Dezember 1949 (Druckausgabe)
- Jim G. Tobias: Eine jüdische Stadt in Fürth. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2019 (Druckausgabe) bzw. Camp am Finkenschlag: Eine jüdische Stadt in Fürth. In: nordbayern.de vom 31. August 2019 - online abrufbar
- Johannes Alles: Camp Finkenschlag. In: Fürther Nachrichten vom 30. April 2020 (Druckausgabe)
Siehe auch
- Opfer des Nationalsozialismus
- Kapitulation von Fürth
- Eigenes Heim (Siedlung)
- Finkenschlag
- Military Government
- US Army
- Zwangsarbeiterlager Würzburger Straße
Weblinks
- Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts: Jüdisches DP-Lager Finkenschlag
- Displaced Persons (DPs) bei Historisches Lexikon Bayerns
Einzelnachweise
- ↑ alle Ausführungen nach: "Das jüdische DP-Lager „Or Chadasch“ in Fürth" in: online verfügbar
- ↑ siehe Beitrag E. Kroo: "Or Chadasz" Fürth in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946
- ↑ ebenda
- ↑ Mosche N. Rosenfeld: "The Rav of Fürth", 2021, S. 234
- ↑ Jiddisch "Chejder" sonst auch Cheder
- ↑ siehe Beitrag E. Kroo: "Or Chadasz" Fürth in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946
- ↑ vgl. "Fun Fürther lager-lebn" und "Gelungener ojftrit fun Ema Szewer Lazarow in Fürth" in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946
- ↑ siehe Beitrag E. Kroo: "Or Chadasz" Fürth in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946; 2. Teil unter "b"; Die Firma Siemens und M.A.N. werden dabei besonders aufgeführt.
- ↑ Jim G. Tobias: Eine jüdische Stadt in Fürth. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2019
- ↑ siehe "Ojto katastrofe in Fürth" in: "Undzer Wort" vom 26. April 1946
- ↑ vermutlich im Zusammenhang mit der Auflösung des Lagers
- ↑ TracesofWar
- ↑ Nachrichten für den jüdischen Bürger Fürths im August 1949