Baulinienprojekt Nr. 115: Unterschied zwischen den Versionen

K
Keine Bearbeitungszusammenfassung
(11 dazwischenliegende Versionen von 4 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 2: Zeile 2:


== Verhandlungen mit Baumeister Leo Gran ==
== Verhandlungen mit Baumeister Leo Gran ==
Im Jahr 1906 wurden im Stadtbauamt Überlegungen zur Verbindung der Engelhardtstraße mit dem alten Friedhof angestellt. Der Oberbürgermeister
Im Jahr 1906 wurden im Stadtbauamt Überlegungen zur Verbindung der Engelhardtstraße mit dem alten Friedhof angestellt. Der 1. Bürgermeister
[[Theodor Kutzer|Kutzer]] beauftragte den Vorstand des Gemeindekollegiums
[[Theodor Kutzer|Kutzer]] beauftragte den Vorstand des Gemeindekollegiums [[Leopold Ehrmann|Ehrmann]] und den Magistratsrat [[Heinrich Mailaender|Mailaender]] mit dem Grundstückseigentümer [[Leo Gran]] über den Erwerb seines Anwesens zu verhandeln.<ref name="9/826">Akten des Stadtmagistrats Fürth: Kaufverhandlungen mit Leo Gran wegen der Grundstücke Pl. № 1023 1/11 und 1023 1/3 zwecks Gewinnung einer Einfahrt zum Stadtpark; Archivakte StadtAFÜ Sign.-Nr. AGr. 9/826</ref> Die Sache zog sich, aber am 14. März 1907 teilte Mailaender dem 1. Bürgermeister mit, dass Leo Gran bereit sei, die benötigte Fläche von 2254 Quadratfuß oder 192 m<sup>2</sup> für 3 Mark pro Quadratfuß abzutreten, wenn er im Gegenzug zur Arrondierung seines Restgrundstücks für eine künftige Bebauung eine angrenzende städtische Fläche geringer Größe zu gleichem Preis erhalten würde. Obwohl Stadtbaurat [[Otto Holzer|Holzer]] für eine sofortige Abtretung der städtischen Fläche plädierte, verlief offenbar die Sache erstmal im Sande.
[[Leopold Ehrmann|Ehrmann]] und den Magistratsrat [[Heinrich Mailaender|Mailaender]] mit dem Grundstückseigentümer [[Leo Gran]] über den Erwerb seines Anwesens zu verhandeln.<ref name="9/826">Akten des Stadtmagistrats Fürth: Kaufverhandlungen mit Leo Gran wegen der Grundstücke Pl. № 1023 1/11 und 1023 1/3 zwecks Gewinnung einer Einfahrt zum Stadtpark; Archivakte StadtAFÜ Sign.-Nr. AGr. 9/826</ref> Die Sache zog sich, aber am 14. März 1907 teilte Mailaender dem Oberbürgermeister mit, dass Leo Gran bereit sei, die benötigte Fläche von 2254 Quadratfuß oder 192 m<sup>2</sup> für 3 Mark pro Quadratfuß abzutreten, wenn er im Gegenzug zur Arrondierung seines Restgrundstücks für eine künftige Bebauung eine angrenzende städtische Fläche geringer Größe zu gleichem Preis erhalten würde. Obwohl Stadtbaurat [[Otto Holzer|Holzer]] für eine sofortige Abtretung der städtischen Fläche plädierte, verlief offenbar die Sache erstmal im Sande.


Im Sommer 1909 hatten die städtischen Planungen zur Umgestaltung des alten Friedhofs zu einer Stadtparkanlage eine neue Stufe erreicht, da das Stadtbauamt der Verschönerungskommission entsprechende Vorschläge zu unterbreiten hatte. Holzer entwickelte dazu in Absprache mit [[Alfred Babée|Babée]] eine Wege- und Bebauungskonzeption, die er mit Schreiben vom 20. Juli 1909 einschließlich Skizzen und Plänen an Leo Gran zu dessen Sommerfrische nach [[wikipedia:Rottach-Egern|Rottach]] am Tegernsee (per Adresse Ignatz Greif) sandte. Er führte im Hinblick auf eine künftige Verkehrserschließung des Parks über die Engelhardtstraße aus: ''„Da bei der Wegeführung wegen der notwendigen Entwässerungsanlagen, Wasserleitungsröhren u. s. w., strenge darauf zu sehen ist, dass mit solchen technischen Einrichtungen Gräberfelder nicht durchschnitten werden, so ergibt sich ganz von selbst, dass diese Zufuhrstr. die alte Leichenfuhre, die in der Verlängerung der Birkenstr.<ref>heute [[Otto-Seeling-Promenade]]</ref> zu der südlichen Giebelseite des alten Leichenhauses führte, sein muss. Es wäre nun zweckmäßig, wenn dieses Zufuhrsträsschen, das direkt an ihren Besitz anschneidet, durch ihr Anwesen durchgeführt werden könnte.“'' Um dennoch eine Bebauung des Privatgrundstücks zu ermöglichen, schlug Holzer vor, hier einen Torweg mit einer Breite von 6 m zu schaffen, der im I. Stock überbaut werden dürfe.<br />
Im Sommer 1909 hatten die städtischen Planungen zur Umgestaltung des alten Friedhofs zu einer Stadtparkanlage eine neue Stufe erreicht, da das Stadtbauamt der Verschönerungskommission entsprechende Vorschläge zu unterbreiten hatte. Holzer entwickelte dazu in Absprache mit [[Alfred Babée|Babée]] eine Wege- und Bebauungskonzeption, die er mit Schreiben vom 20. Juli 1909 einschließlich Skizzen und Plänen an Leo Gran zu dessen Sommerfrische nach [[wikipedia:Rottach-Egern|Rottach]] am Tegernsee (per Adresse Ignatz Greif) sandte. Er führte im Hinblick auf eine künftige Verkehrserschließung des Parks über die Engelhardtstraße aus: ''„Da bei der Wegeführung wegen der notwendigen Entwässerungsanlagen, Wasserleitungsröhren u. s. w., strenge darauf zu sehen ist, dass mit solchen technischen Einrichtungen Gräberfelder nicht durchschnitten werden, so ergibt sich ganz von selbst, dass diese Zufuhrstr. die alte Leichenfuhre, die in der Verlängerung der Birkenstr.<ref>heute [[Otto-Seeling-Promenade]]</ref> zu der südlichen Giebelseite des alten Leichenhauses führte, sein muss. Es wäre nun zweckmäßig, wenn dieses Zufuhrsträsschen, das direkt an ihren Besitz anschneidet, durch ihr Anwesen durchgeführt werden könnte.“'' Um dennoch eine Bebauung des Privatgrundstücks zu ermöglichen, schlug Holzer vor, hier einen Torweg mit einer Breite von 6 m zu schaffen, der im I. Stock überbaut werden dürfe.<br />
Zeile 18: Zeile 17:


== Entwicklung des Baulinienprojekts ==
== Entwicklung des Baulinienprojekts ==
Erst nach dem Tod von Leo Gran kommt wieder Bewegung in die Angelegenheit; der Aufteilungsgedanke für das Grundstück des Otto Holzer bleibt aber weiter Richtschnur im Projekt. Am 26. Mai 1911 beauftragte Oberbürgermeister Kutzer das Stadtbauamt, auf Grundlage des Holzer’schen Teilungsprinzips die Flächengrößen der sich ergebenden Bauplätze sowie der zur Straße fallenden Flächen zu ermitteln und planlich darzustellen. Das Stadtbauamt liefert am 29. Mai. Danach ergab sich:
Erst nach dem Tod von Leo Gran kommt wieder Bewegung in die Angelegenheit; der Aufteilungsgedanke von Otto Holzer für das Grundstück bleibt aber weiter Richtschnur im Projekt. Am 26. Mai 1911 beauftragte Oberbürgermeister Kutzer das Stadtbauamt, auf Grundlage des Holzer’schen Teilungsprinzips die Flächengrößen der sich ergebenden Bauplätze sowie der zur Straße fallenden Flächen zu ermitteln und planlich darzustellen. Das Stadtbauamt liefert am 29. Mai. Danach ergab sich:
 
[[Datei:Aufteilung Grundstück Gran-Leo 1911 Ausschnitt.jpeg|mini|300px|right|Teilflächen der Grundstücksaufteilung]]
1. Größe des Gran’schen Besitzes
1. Größe des Gran’schen Besitzes
:Plan-Nr. 1023 1/11: 500 m<sup>2</sup>
:Plan-Nr. 1023 1/11: 500 m<sup>2</sup>
Zeile 42: Zeile 41:
Die Ansbacher Regierung erhob mit Schreiben vom 24. Mai keine Einwendungen, setzte aber die Vollziehungserklärung aus, bis das Baulinienprojekt ausgereift sei. In den zugehörigen Prüfbemerkungen wird sie deutlicher: ''„Das öffentliche Interesse erfordert indessen nicht gerade die auf dem Baulinienentwurf № 115 vorgesehene Straßenführung; es wäre ihm schon dadurch Genüge getan, daß die notwendige Verbindung der öffentlichen Verkehrsflächen durch eine mäßige Anschneidung des Gran’schen Grundstückes Pl. № 1023 1/3 erzielt wird. Es dürfte hienach ein neuer Baulinienentwurf aufgestellt werden, wenn es nicht gelingen sollte, mit Gran vor der Festsetzung des vorliegenden Entwurfes № 115 eine Vereinbarung über die Grundabtretung zu erreichen.“''
Die Ansbacher Regierung erhob mit Schreiben vom 24. Mai keine Einwendungen, setzte aber die Vollziehungserklärung aus, bis das Baulinienprojekt ausgereift sei. In den zugehörigen Prüfbemerkungen wird sie deutlicher: ''„Das öffentliche Interesse erfordert indessen nicht gerade die auf dem Baulinienentwurf № 115 vorgesehene Straßenführung; es wäre ihm schon dadurch Genüge getan, daß die notwendige Verbindung der öffentlichen Verkehrsflächen durch eine mäßige Anschneidung des Gran’schen Grundstückes Pl. № 1023 1/3 erzielt wird. Es dürfte hienach ein neuer Baulinienentwurf aufgestellt werden, wenn es nicht gelingen sollte, mit Gran vor der Festsetzung des vorliegenden Entwurfes № 115 eine Vereinbarung über die Grundabtretung zu erreichen.“''


Der Immobilienmakler Egmont Offenbacher unterbreitete im Auftrag von Witwe   Appollonia Gran & Kinder dem Stadtmagistrat am 15. Juli 1913 ein Kaufangebot für das Anwesen Engelhardtstraße 10. Für 9600 Quadratfuß Grundfläche (818 m<sup>2</sup>), Mieteingang 1.200 Mark im Jahr, Brandversicherung 15.420 Mark belief sich der geforderte Preis für das hypothekenfreie Grundstück auf 45.000 Mark. Interessant ist die gutachterliche Äußerung des neuen Stadtbaurats Zizler vom 28. des Monats, da hier Distanz zu den Plänen des Vorgängers erkennbar wird: ''„Ich stehe heute noch auf dem Standpunkte, daß wir den seinerzeit von mir angeregten Ankauf des nördlichen Teils des Grundstücks bei günstiger Gelegenheit näher treten sollten, denn das Holzer’sche Baulinienprojekt (Bebauung des Grundstückes in der Weise, daß über einen Torbogen hinweg bebaut wird) ist zwar sehr schön, aber bei der Unlust der Besitzer zu bauen, erst vielleicht in sehr später Zeit durchführbar. Bis dorthin müßte also die Engelhardtstraße Sackgasse bleiben.“'' Vom Kauf des gesamten Grundstücks riet er ab, weil es für gemeindliche Zwecke ungeeignet sei.     
Der Immobilienmakler [[Egmont Offenbacher]] unterbreitete im Auftrag von Witwe Appollonia Gran & Kinder dem Stadtmagistrat am 15. Juli 1913 ein Kaufangebot für das Anwesen Engelhardtstraße 10. Für 9600 Quadratfuß Grundfläche (818 m<sup>2</sup>), Mieteingang 1.200 Mark im Jahr, Brandversicherung 15.420 Mark belief sich der geforderte Preis für das hypothekenfreie Grundstück auf 45.000 Mark. Interessant ist die gutachterliche Äußerung des neuen Stadtbaurats Zizler vom 28. des Monats, da hier Distanz zu den Plänen des Vorgängers erkennbar wird: ''„Ich stehe heute noch auf dem Standpunkte, daß wir den seinerzeit von mir angeregten Ankauf des nördlichen Teils des Grundstücks bei günstiger Gelegenheit näher treten sollten, denn das Holzer’sche Baulinienprojekt (Bebauung des Grundstückes in der Weise, daß über einen Torbogen hinweg bebaut wird) ist zwar sehr schön, aber bei der Unlust der Besitzer zu bauen, erst vielleicht in sehr später Zeit durchführbar. Bis dorthin müßte also die Engelhardtstraße Sackgasse bleiben.“'' Vom Kauf des gesamten Grundstücks riet er ab, weil es für gemeindliche Zwecke ungeeignet sei.     


Egmont Offenbacher ließ die Stadt am 11. August 1913 wissen, dass seine Auftraggeber nicht abgeneigt sind, den Teil ihres Besitzes zu verkaufen, der zu einer Verbindung von Park und Engelhardtstraße nötig ist. Bedingung sei, dass nur eine am Nordende gelegene Fläche veräußert wird; hinter der projektieren Straße soll kein Gran’scher Grundbesitz verbleiben. Die Stadt solle die Fläche genau bezeichnen und den Kaufpreis nennen, den sie zu bezahlen bereit wäre. Das Stadtbauamt sollte nun die erforderliche Flächenangabe liefern. Erst am 27. Oktober teilte man mit, dass ca. 215 m<sup>2</sup> für die Straße benötigt werden. Offenbar wussten die städtischen Stellen wieder nicht, wie sie weiter vorgehen wollen (auf dem Aktenstück reihen sich Wiedervorlagetermine ohne Ergebnisse).  
[[Egmont Offenbacher]] ließ die Stadt am 11. August 1913 wissen, dass seine Auftraggeber nicht abgeneigt sind, den Teil ihres Besitzes zu verkaufen, der zu einer Verbindung von Park und Engelhardtstraße nötig ist. Bedingung sei, dass nur eine am Nordende gelegene Fläche veräußert wird; hinter der projektierten Straße soll kein Gran’scher Grundbesitz verbleiben. Die Stadt solle die Fläche genau bezeichnen und den Kaufpreis nennen, den sie zu bezahlen bereit wäre. Das Stadtbauamt sollte nun die erforderliche Flächenangabe liefern. Erst am 27. Oktober teilte man mit, dass ca. 215 m<sup>2</sup> für die Straße benötigt werden. Offenbar wussten die städtischen Stellen wieder nicht, wie sie weiter vorgehen wollen (auf dem Aktenstück reihen sich Wiedervorlagetermine ohne Ergebnisse).  


Am 30. April 1914 beschloss der Magistrat, ''„mit den Gran’schen Relikten weiter zu verhandeln bzgl. Baul. Proj. № 115.“'' Inzwischen lag die Sache auf dem Tisch des neuen Oberbürgermeister Dr. [[Robert Wild|Wild]]. Er beauftragte am 7. Mai das Bauamt, ihm dazu eine Verfügung auszuarbeiten und vorzulegen. Nach zwei ergebnislosen Wiedervorlagen endet die Akte mit dem Vermerk ''„einstweilen aufgehoben, im Tagebuch Vermerk machen lassen“''. Da hatte der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] alles zum Erliegen gebracht. In der Akte des Baulinienprojekts Nr. 115 steht am Ende mit Datum vom 27. August 1931 der lakonische Vermerk von Registratur I: „Kam nicht zur Durchführung“.<ref>Akten des Stadtmagistrats Fürth: Baubeschränkungsvorschriften für das Baulinienprojekt Nr. 115; Archivakte StadtAFÜ Sign.-Nr. AGr. 6/48</ref>
Am 30. April 1914 beschloss der Magistrat, ''„mit den Gran’schen Relikten weiter zu verhandeln bzgl. Baul. Proj. № 115.“'' Inzwischen lag die Sache auf dem Tisch des neuen Oberbürgermeisters Dr. [[Robert Wild|Wild]]. Er beauftragte am 7. Mai das Bauamt, ihm dazu eine Verfügung auszuarbeiten und vorzulegen. Nach zwei ergebnislosen Wiedervorlagen endet die Akte mit dem Vermerk ''„einstweilen aufgehoben, im Tagebuch Vermerk machen lassen“''. Da hatte der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] alles zum Erliegen gebracht. In der Akte des Baulinienprojekts Nr. 115 steht am Ende mit Datum vom 27. August 1931 der lakonische Vermerk von Registratur I: „Kam nicht zur Durchführung“.<ref>Akten des Stadtmagistrats Fürth: Baubeschränkungsvorschriften für das Baulinienprojekt Nr. 115; Archivakte StadtAFÜ Sign.-Nr. AGr. 6/48</ref>
 
== Siehe auch ==
* [[Stadtpark]]
* [[Engelhardtstraße]]
* [[Denkschrift des Stadtbauamtes zum Stadtpark (Buch)|Denkschrift des Stadtbauamtes zum Stadtpark]]


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==
Zeile 53: Zeile 57:
==Bilder==
==Bilder==
{{Bilder dieser Grünanlage}}
{{Bilder dieser Grünanlage}}
[[Kategorie:Straßen|*]]
24.098

Bearbeitungen