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Da das Gebäude in der [[Hirschenstraße]] weder über eine eigene Gaststätte noch über größere Versammlungssäle verfügte, entschloss man sich diesen Mangel durch einen Neubau Abhilfe zu schaffen. Hierzu wurde eigens bei der Sparkasse ein sog. "Neubaufond - Gewerkschaftshaus Fürth" gegründet, und stets mit Finanzmitteln gefüllt.  
Da das Gebäude in der [[Hirschenstraße]] weder über eine eigene Gaststätte noch über größere Versammlungssäle verfügte, entschloss man sich diesen Mangel durch einen Neubau Abhilfe zu schaffen. Hierzu wurde eigens bei der Sparkasse ein sog. "Neubaufond - Gewerkschaftshaus Fürth" gegründet, und stets mit Finanzmitteln gefüllt.  


Es folgte die erste Zäsur durch den [[1. Weltkrieg]], gefolgt von der großen Inflation und Weltwirtschaftskrise. Den Gewerkschaften blies nach eigenen Angaben der Wind ins Gesicht und viele Mitglieder liefen ihnen davon, da sie sich den Mitgliedsbeitrag nicht mehr leisten konnten oder wollten. Gleichzeitig gründeten sich immer mehr Einzelgewerkschaften, die lediglich Partikularinteressen kleinerer Berufsgruppen vertraten, sodass die ehemalige Schlagkraft teilweise verloren ging. Parallel gründeten andere Verbände ebenfalls Einrichtungen zur besseren Verbandsarbeit, so kaufte [[1927]] der Fabrikantenverband das Haus [[Sonnenstraße 12]] und ließ es als Verbandshaus umbauen. Gleichzeitig gründete sich um 1920 der nationalliberale Gewerkschaftsbund für Angestellte, der sich hauptsächlich aus freiheitlich-demokratisch und national orientierten Mitgliedern des gemäßigten Mittelstands zusammensetzte. Diese wiederum hatten sich das Gebäude in der [[Königswarterstraße 16]] gekauft und als Geschäftsstelle genutzt - dem nach dem [[2. Weltkrieg]] neuen Gewerkschaftshaus.
Es folgte die erste Zäsur durch den [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] 1914–1918, gefolgt von der großen Inflation und [[wikipedia:Weltwirtschaftskrise|Weltwirtschaftskrise]] in den 1920er Jahren. Den Gewerkschaften blies nach eigenen Angaben der Wind ins Gesicht und viele Mitglieder liefen ihnen davon, da sie sich den Mitgliedsbeitrag nicht mehr leisten konnten oder wollten. Gleichzeitig gründeten sich immer mehr Einzelgewerkschaften, die lediglich Partikularinteressen kleinerer Berufsgruppen vertraten, sodass die ehemalige Schlagkraft teilweise verloren ging. Parallel gründeten andere Verbände ebenfalls Einrichtungen zur besseren Verbandsarbeit, so kaufte [[1927]] der Fabrikantenverband das Haus [[Sonnenstraße 12]] und ließ es als Verbandshaus umbauen. Gleichzeitig gründete sich um 1920 der nationalliberale Gewerkschaftsbund für Angestellte, der sich hauptsächlich aus freiheitlich-demokratisch und national orientierten Mitgliedern des gemäßigten Mittelstands zusammensetzte. Diese wiederum hatten sich das Gebäude in der [[Königswarterstraße 16]] gekauft und als Geschäftsstelle genutzt - dem nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] neuen Gewerkschaftshaus.


== Zeit während des Nationalsozialismus ==
== Zeit während des Nationalsozialismus ==
Die nächste Zäsur begann während des [[Nationalsozialismus]] und der davor einhergehenden Massenarbeitslosigkeit in Fürth. Das in dem "Neubaufond" gesammelte Geld des Gewerkschaftskartells wurde [[1933]] von der [[NSDAP]] beschlagnahmt. Am [[2. Mai]] [[1933]] wurden in ganz Deutschland durch die SA die Gewerkschaftshäuser besetzt, so auch in Fürth. Der „Fürther Anzeiger” betitelte einen Beitrag wie folgt: "Ruhige Nacht in Fürth", schrieb aber gleichzeitig, dass die Generalsäuberung nachts um 2:30 Uhr begann. Die SA konnte ohne Widerstand das Haus in der [[Hirschenstraße]] besetzen und die Hakenkreuzfahne am Gebäude hissen.<ref>Gerd Walther: 100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996, Eigenverlag, Fürth, S. 31 ff.</ref> Mit der Machtergreifung der [[Nationalsozialisten]] ging auch ein Verbot der Gewerkschaften sowie der Sozialdemokratie einher, sodass erst wieder nach dem [[2. Weltkrieg]] ein Gewerkschaftshaus in Fürth entstand.
Die nächste Zäsur begann während des [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialismus]] und der davor einhergehenden Massenarbeitslosigkeit in Fürth. Das in dem "Neubaufond" gesammelte Geld des Gewerkschaftskartells wurde [[1933]] von der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] beschlagnahmt. Am [[2. Mai]] [[1933]] wurden in ganz Deutschland durch die SA die Gewerkschaftshäuser besetzt, so auch in Fürth. Der „Fürther Anzeiger” betitelte einen Beitrag wie folgt: "Ruhige Nacht in Fürth", schrieb aber gleichzeitig, dass die Generalsäuberung nachts um 2:30 Uhr begann. Die SA konnte ohne Widerstand das Haus in der [[Hirschenstraße]] besetzen und die Hakenkreuzfahne am Gebäude hissen.<ref>Gerd Walther: 100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996, Eigenverlag, Fürth, S. 31 ff.</ref> Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging auch ein Verbot der Gewerkschaften sowie der Sozialdemokratie einher, sodass erst wieder nach dem Zweiten Weltkrieg ein Gewerkschaftshaus in Fürth entstand.


Nach dem Krieg trafen sich die Gewerkschaften erneut wieder erst in den Fürther Gaststätten. So versammelte man sich u. a. in der Gaststätte [[Zum Stadtwappen]] in der [[Bäumenstraße]], allerdings führten zunächst inhaltliche Auseinandersetzungen mit den örtlichen Kommunisten über die Ausrichtung der Gewerkschaften zu Interessenkonflikten. Nach der Gründung der "Gewerkschaft kommunaler Betriebe und Verwaltungen, Fürth" am [[13. April]] [[1946]] und des "Ortsausschuss[es] Fürth des Bayerischen Gewerkschaftsbundes" versammelten sich die Gewerkschafter am [[6. Juli]] [[1946]] erstmals zur Konstituierung im neuen Gewerkschaftshaus in der [[Königswarterstraße 16]], der ehem. Geschäftsstelle des Gewerkschaftsbundes der Angestellten (GDA).
Nach dem Krieg trafen sich die Gewerkschaften erneut wieder erst in den Fürther Gaststätten. So versammelte man sich u. a. in der Gaststätte [[Zum Stadtwappen]] in der [[Bäumenstraße]], allerdings führten zunächst inhaltliche Auseinandersetzungen mit den örtlichen [[Kommunistische Partei Deutschlands|Kommunisten]] über die Ausrichtung der Gewerkschaften zu Interessenkonflikten. Nach der Gründung der "Gewerkschaft kommunaler Betriebe und Verwaltungen, Fürth" am [[13. April]] [[1946]] und des "Ortsausschuss[es] Fürth des Bayerischen Gewerkschaftsbundes" versammelten sich die Gewerkschafter am [[6. Juli]] [[1946]] erstmals zur Konstituierung im neuen Gewerkschaftshaus in der [[Königswarterstraße 16]], der ehemaligen Geschäftsstelle des Gewerkschaftsbundes der Angestellten (GDA).


== Neugründung nach dem 2. Weltkrieg ==
== Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg ==
[[1952]] wurde im Hinterhof ein Jugendheim für die zwei Jahre zuvor gegründete ÖTV-Jugendgruppe errichtet - dem späteren "Biko" (Bildungs- und Beratungsgenossenschaft eG). Das Gebäude wurde von den verschiedenen Gewerkschaften jeweils etagenweise genutzt, so diente der Gewerkschaft ver.di u. a. das dritte Obergeschoss, während sich der DGB und die IG-Metall die anderen Stockwerke teilten.<ref>Gerd Walther: 100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996, Eigenverlag, Fürth, S. 37 ff.</ref>
[[1952]] wurde im Hinterhof ein Jugendheim für die zwei Jahre zuvor gegründete ÖTV-Jugendgruppe errichtet - dem späteren "Biko" (Bildungs- und Beratungsgenossenschaft eG). Das Gebäude wurde von den verschiedenen Gewerkschaften jeweils etagenweise genutzt, so diente der Gewerkschaft ver.di u. a. das dritte Obergeschoss, während sich der DGB und die IG-Metall die anderen Stockwerke teilten.<ref>Gerd Walther: 100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996, Eigenverlag, Fürth, S. 37 ff.</ref>


Der Anbau im Hinterhof aus dem Jahr [[1952]] wurde später als Versammlungs- und Bildungsraum verwendet. Im Erdgeschoss nutzte die von Gewerkschaftsfunktionären gegründete Partei [[WASG]] einige Räumlichkeiten. Diese nahm nach der Fusion mit der PDS zur Partei „Die Linken” ebenfalls noch die Räumlichkeiten in Anspruch, ehe diese Mitte der 2010er Jahre in die Königstraße umzogen. Ebenfalls im Erdgeschoss war ein Zeitschriftenkiosk angesiedelt, der im Straßenverkauf hauptsächlich die eher "linke" Tagespresse im Sortiment hatte.
Der Anbau im Hinterhof aus dem Jahr [[1952]] wurde später als Versammlungs- und Bildungsraum verwendet. Im Erdgeschoss nutzte die von Gewerkschaftsfunktionären gegründete Partei [[Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit|WASG]] einige Räumlichkeiten. Diese nahm nach der Fusion mit der PDS zur Partei „[[Die Linke]]” ebenfalls noch die Räumlichkeiten in Anspruch, ehe diese Mitte der 2010er Jahre in die Königstraße umzogen. Ebenfalls im Erdgeschoss war ein Zeitschriftenkiosk angesiedelt, der im Straßenverkauf hauptsächlich die eher "linke" Tagespresse im Sortiment hatte.
 
Das Gebäude befindet sich seit vielen Jahren im privaten Eigentum einer Fürther Familie, „die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte“.<ref name="Alles" />


== Schließung ==
== Schließung ==
Das "Aus" für das Fürther Gewerkschaftshaus kam nach fast 70 Jahren im Sommer [[2015]]. Die großen Gewerkschaften, wie die IG-Metall – aber auch die Gewerkschaft ver.di –, passten ihre Strukturen an, um effizienter und vor allem sparsamer arbeiten zu können. Hierzu wurden die ehemals kleinteiligen Ortsbezirke zu größeren Einheiten zusammengefasst, sodass viele "kleine" Organisationseinheiten aufgelöst wurden. Den Anfang machte im Sommer [[2015]] die IG-Metall, sie brach ihre Zelte in Fürth ab und verlegte ihre Büros samt Mitarbeiter nach Ansbach. [[2016]] zog auch die Bildungseinrichtung Biko aus, wobei als letzter Mieter im Gewerkschaftshaus (fast) nur noch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verblieben war. Zum Jahresende [[2016]] zog als letztes ver.di aus - alle Büros und Angestellten wurden nach Nürnberg verlagert, weshalb aktuell seit dem [[1. Januar]] [[2017]] Fürth als Großstadt kein eigenes Gewerkschaftshaus mehr hat.<ref>Johannes Alles: Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus. In: Fürther Nachrichten vom 25. Januar 2017</ref>
Das „Aus“ für das Fürther Gewerkschaftshaus kam nach fast 70 Jahren im Sommer [[2015]]. Die großen Gewerkschaften, wie die IG-Metall – aber auch die Gewerkschaft ver.di –, passten ihre Strukturen an, um effizienter und vor allem sparsamer arbeiten zu können. Hierzu wurden die ehemals kleinteiligen Ortsbezirke zu größeren Einheiten zusammengefasst, sodass viele „kleine“ Organisationseinheiten aufgelöst wurden. Den Anfang machte im Sommer [[2015]] die IG-Metall, sie brach ihre Zelte in Fürth ab und verlegte ihre Büros samt Mitarbeiter nach Ansbach. [[2016]] zog auch die Bildungseinrichtung Biko aus, wobei als letzter Mieter im Gewerkschaftshaus (fast) nur noch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verblieben war. Zum Jahresende [[2016]] zog als letztes ver.di aus - alle Büros und Angestellten wurden nach Nürnberg verlagert, weshalb aktuell seit dem [[1. Januar]] [[2017]] Fürth als Großstadt kein eigenes Gewerkschaftshaus mehr hat.<ref name="Alles">Johannes Alles: [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/abruptes-aus-fur-furths-gewerkschaftshaus-1.5769929 Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus]. In: Fürther Nachrichten sowie Onlinedienst nordbayern.de, Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nürnberg GmbH & Co. KG, Nürnberg; vom 25. Januar 2017; aufgerufen am 14. Januar 2024</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
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== Lokalberichterstattung ==
== Lokalberichterstattung ==
* Johannes Alles: ''Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus.'' In: [[Fürther Nachrichten]] vom 25. Januar 2017 - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.5769929 online]
* Johannes Alles: ''Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus.'' In: [[Fürther Nachrichten]] sowie Onlinedienst nordbayern.de, Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nürnberg GmbH & Co. KG, Nürnberg; vom 25. Januar 2017; aufgerufen am 14. Januar 2024 - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.5769929 online]


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[ver.di]]  
* [[ver.di]]  
* [[SPD]]
* [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]
* [[Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit|WASG]]
* [[Königswarterstraße 16]]
* [[Königswarterstraße 16]]
* [[Hirschenstraße 24]]
* [[Hirschenstraße 24]]
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