Alfred Heilbronn: Unterschied zwischen den Versionen
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== Leben und Wirken == | == Leben und Wirken == |
Version vom 21. Juli 2024, 22:34 Uhr
- Namenszusatz
- Prof.
- Vorname
- Alfred
- Nachname
- Heilbronn
- Geschlecht
- männlich
- Geburtsdatum
- 28. Mai 1885
- Geburtsort
- Fürth
- Todesdatum
- 17. März 1961
- Todesort
- Münster
- Beruf
- Botaniker
- Religion
- jüdisch, evangelisch
Person | Verwandtschaftsgrad |
---|---|
Agnes Heilbronn | Tochter aus 1. Ehe |
Mehpare Heilbronn | 2. Ehefrau |
Hans Heilbronn | Sohn aus 1. Ehe |
Julius Heilbronn | Halbbruder |
Kurt Heilbronn | Sohn aus 2. Ehe |
Leopold Heilbronn jun. | Vater |
Magda Heilbronn | 1. Ehefrau |
Prof. Alfred (Leopold) Heilbronn (geb. 28. Mai 1885 in Fürth; gest. 17. März 1961 in Münster)[1] war der Sohn des Fürther Spiegelglasfabrikanten Leopold Heilbronn jun. Er war mit der Kunsthistorikerin Magda Detmer verheiratet. Nach deren Tod 1944 heiratete Heilbronn erneut, dieses Mal im türkischen Exil Fatma Mehpare Başarman, die ebenfalls eine Professur für Botanik inne hatte. Aus den beiden Ehen stammten drei Kinder.
Leben und Wirken
Heilbronn absolvierte das Abitur in Nürnberg und begann sein Studium 1909 in Botanik, Physik und Chemie an der Technischen Universität München, wo er schließlich auch seine Promotion ablegte. Seine Assistenzzeit verbrachte er in Berlin, Monaco und Münster. Während dieser Zeit konvertierte er vom Judentum zum Protestantismus und heiratet 1913 Magda Detmer (1889–1944). Detmer war Kunsthistorikerin und Lehrerin. Aus der Ehe entstammten zwei Kinder (Hans: 1915–1972; Agnes: 1920–2008).[2]
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg, im Jahr 1913, habilitierte Heilbronn und erhielt bereits mit 28 Jahren den Lehrstuhl für Botanik an der Universität Münster. Zusätzlich leitete er den botanischen Garten vor Ort. Seine Professur erhielt Heilbronn erst drei Jahren nach Kriegsende im Jahr 1921.
Heilbronn betätigte sich bereits seit 1918 politisch. So war er Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde er im Rahmen von Boykottaktionen der Münsteraner Studenten ab April 1933 beurlaubt. Im September 1933 wurde ihm auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums die Lehrerlaubnis entzogen, da er weiterhin als Jude betrachtet wurde – trotz seiner Konvertierung zum Protestantentum.
Es gelang ihm die Flucht in die Türkei durch die Flüchtlingsorganisation "Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland". Der Staatsgründer der heutigen Türkei Kemal Atatürk beabsichtigte den Aufbau des Landes nach westlichem Vorbild, weshalb er viele deutsche Akademiker einlud, um das Hochschulsystem im Land aufzubauen. Heilbronn folgte dem Ruf an die Universität Istanbul, an der er von 1935 bis 1955 an dem von ihm und dem österreichischen Botaniker Leo Braun gegründeten pharmakologisch-botanischen Institut tätig war, mit Schwerpunkt der Genetik und Heilpflanzenkunde. Gemeinsam mit Braun legte er ab 1935 auch den viel beachteten Botanischen Garten in Istanbul an. Sein Vermögen in Münster wurde durch die sog. "Reichsflucht" vollständig eingezogen und spätestens 1941 durch die Ausbürgerung aus dem Deutschen Reich arisiert. 1948 heiratete Heilbronn erneut. Aus der Ehe mit Fatma Mephare Başarman (1910–1993) stammt der Sohn Kurt Heilbronn (geb. 1951).[3]
1955 kehrte Heilbronn nach Deutschland zurück und lehrte mit 71 Jahren erneut an der Universität in Münster. Seine Ehefrau, die ebenfalls an der Universität in Istanbul Botanik lehrte, blieb zunächst noch in der Türkei, wurde aber durch den Militärputsch in der Türkei 1960 aus dem Dienst entlassen und konnte erst 1962 nach ihrer Rehabilitierung erneut an der Universität arbeiten. 1964 folgte sie ihrem Mann in die Bundesrepublik.
1961 starb Prof. Dr. Alfred Heilbronn im Alter von 76 Jahren in Münster. Seine zweite Ehefrau lebte noch bis zu ihrem Tod 1993 in Münster. Ein von Heilbronn in Istanbul angelegter botanischer Garten stand der Öffentlichkeit noch bis 2014 offen. Der Garten wurde 2014 durch die türkische Regierung der benachbarten Religionsverwaltung überschrieben. Seitdem ist er öffentlich nicht mehr zugänglich und verwildert zusehend.[4] Der weitere Fortbestand ist ungeklärt bzw. der Verdacht liegt nahe, dass die prominente Lage des Gartens am Goldenen Horn Begehrlichkeiten für den Bau eines religiösen Instituts weckt. Der einst als Symbol der reformfreudigen Türkei unter Atatürk angelegte Garten sei wohl dem jetzigen Machthaber Erdogan ein Dorn im Auge, so die Presseberichterstattung. Mit dem Verlust des Gartens wäre nicht nur eine Kulturschande ersten Ranges vollbracht, sondern auch die Leistung Alfred Heilbronns zunichte gemacht.[5]
Ehrungen
Am 24. Mai 2024 wurde zu Ehren Alfred Heilbronn der Garten im Jüdischen Museum Franken nach ihm benannt. Neben der Namenstafel "Alfred Heilbronn - Museumsgarten", bzw. auf Türkisch: "Heilbronn - Müze Bahcesi" wurden auch zwei Pflanzen aus dem Botanischem Garten in Istanbul in den 2018 zwischen den Neu- und Altbau angelegten Garten gepflanzt. Dabei handelte es sich um eine Acanthus (Bärenklau) und eine Cercis siliquastrum (Judasbaum). Die Museumsleiterin Daniela Eisenstein gab gegenüber der örtliche Presse an, dass die Benennung des Gartens im Jüdischen Museum als ein klares politisches Zeichen zu sehen sei: "Der Botanische Garten in Istanbul ist ein Symbol für eine Zeit, die heute politisch nicht gewollt ist."
Sonstiges
In der Zeit vom 15. Juli 2022 bis 26. Februar 2023 fand im Jüdischen Museum Franken in Fürth eine Ausstellung unter dem Namen statt: Der Garten des (nicht) Vergessens – Unutma Bahçesi. Zwei türkische Kuratorinnen Dilşad Aladağ und Eda Aslan erinnerten mit ihrem künstlerischen Forschungsprojekt einerseits an ein in Deutschland vergessenes Kapitel deutsch-jüdischer-türkischer Geschichte, andererseits entlarvten sie das Streben der Türkei, Geschichte vergessen zu machen. In ihrer künstlerischen Forschungsarbeit thematisierten sie das Leben und Werk des Fürther Botanikers Alfred Heilbronn und gerieten damit in der Türkei in einen Kulturkampf.[6]
Literatur
- Gisela Möllenhoff; Rita Schlautmann-Overmeyer: Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945. Biographisches Lexikon. Westfälisches Dampfboot, Münster 1995
- Arın Namal, Peter Scholz, Orhan Küçüker: Ein deutscher Emigrant als Namensgeber des botanischen Gartens der Universität Istanbul: Prof. Dr. Alfred Heilbronn (1885–1961) und seine Stellung in der Geschichte der türkischen Botanik. 2010, In: Ingrid Kästner, Jürgen Kiefer (Hrsg.): Botanische Gärten und botanische Forschungsreisen. Shaker Verlag, 2011
- Faruk Şen, Dirk Halm (Hrsg.): Exil unter Halbmond und Stern. Herbert Scurlas Bericht. Klartext, Essen 2007
Lokalberichterstattung
- Sabine Rempe: Alfred Heilbronn: Neue Ausstellung im JMF, Fürther Nachrichten vom 16. Juli 2022
- fn: Erinnerungen an Alfred Heilbronn, Fürther Nachrichten vom 13. Januar 2023, S. 30
- Reinhard Kalb: Museumsgarten ehrt Botaniker, Fürther Nachrichten vom 17. Mai 2024, S. 32
Siehe auch
Weblinks
- Alfred Heilbronn (Wikipedia)
- Oliver Raß: "Zum Gedenken an Alfred Heilbronn" - pdf-Datei
- Enzyklopädie des Islam zu Alfred Heilbronn
- "Der Garten des (NICHT) Vergessens – Unutma Bahçesi" - online
- Arnisa Halili: ISTANBULS erster Botanischer Garten: DEUTSCH-TÜRKISCHE Geschichte mit allen Sinnen erspüren
- Academia.edu: Alfred Heilbronn, ein deutscher Emigrant als Namensgeber des Botanischen Gartens der Universität Istanbul und seine Stellung in der Geschichte der türkischen Botanik
- Jüdisches Museum Fürth: Alfred Heilbronn Museumsgarten – feierliche Umbenennung des Museumsgartens: So., 26. Mai 2024, 14 Uhr
Einzelnachweise
- ↑ Alfred Heilbronn wuchs in der Engelhardtstraße 4 auf
- ↑ Gisela Möllenhoff; Rita Schlautmann-Overmeyer: Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945. Biographisches Lexikon. Westfälisches Dampfboot, Münster 1995
- ↑ Kemal Bozay: Exil Türkei, Münster : Lit , 2001, S. 110
- ↑ Christine-Felice Röhrs und Linda Say: Das verkaufte Paradies. Der erste Botanische Garten der Türkei ist nun geschlossen, Frankfurter Rundschau, 8. Juni 2019, S. 48
- ↑ Reinhard Kalb: Namenstafel in Fürth: Dieser deutsch-türkische Botaniker ist Erdogan ein Dorn im Auge. In: Fürther Nachrichten vom 17. Mai 2024
- ↑ haGalil.com: Der Garten des (nicht) Vergessens – Unutma Bahçesi vom 17. Juli 2022, online abgerufen am 17. Mai 2024 | 12:30 Uhr