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[[Datei:Fürth jüd. Waisenanstalt 1935.jpg|miniatur|right|ältestes jüd. Waisenhaus in der Geleitsgasse]] | [[Datei:Fürth jüd. Waisenanstalt 1935.jpg|miniatur|right|ältestes jüd. Waisenhaus in der Geleitsgasse]] | ||
===Die Anfänge ab 1763=== | ===Die Anfänge ab 1763=== | ||
Der Stifter Lichtenstädter widmete der Anstalt einen Anfangsbetrag von 500 Gulden. Insgesamt ging die Stiftung mit einem Kapital von 4100 Gulden an den Start <ref>Das jüdische Waisenhaus von Fuerth [https://jhva.wordpress.com/2011/06/02/das-judische-waisenhaus-von-fuerth/ online]</ref>, sodass ein Bauplatz [[Geleitsgasse 1]] erworben werden konnte, auf dem die Einrichtung eines Waisenhaus verwirklicht wurde. Das Haus in der | Der Stifter Lichtenstädter widmete der Anstalt einen Anfangsbetrag von 500 Gulden. Insgesamt ging die Stiftung mit einem Kapital von 4100 Gulden an den Start <ref>Das jüdische Waisenhaus von Fuerth [https://jhva.wordpress.com/2011/06/02/das-judische-waisenhaus-von-fuerth/ online]</ref>, sodass ein Bauplatz [[Geleitsgasse 1 (ehemals)|Geleitsgasse 1]] erworben werden konnte, auf dem die Einrichtung eines Waisenhaus verwirklicht wurde. Das Haus in der Geleitsgasse 1 erhielt auch einen eigenen Betsaal [[Synagoge]]. Die frühere Adressbezeichnung (Adressbuch 1819) lautete: Glaitshausgäßlein Haus Nr. 324.<ref>Fürther Adressbuch 1819, S. 20</ref></br> | ||
In den Statuten der ''Heiligen Gesellschaft der Waisenerzieher in Fürth'' von [[1768]] wurde festgehalten, dass "hiesige, arme, in gesetzlicher Ehe erzeugte, einfach und doppelt verwaiste jüdische Knaben im Alter von fünf bis dreizehn Jahren" aufgenommen würden <ref>Gisela Naomi Blume: "Die Israelitische Waisenanstalt Fürth" in: [[Fürther Geschichtsblätter]], 2010,3 ; Seite 60</ref>.</br> | In den Statuten der ''Heiligen Gesellschaft der Waisenerzieher in Fürth'' von [[1768]] wurde festgehalten, dass "hiesige, arme, in gesetzlicher Ehe erzeugte, einfach und doppelt verwaiste jüdische Knaben im Alter von fünf bis dreizehn Jahren" aufgenommen würden <ref>Gisela Naomi Blume: "Die Israelitische Waisenanstalt Fürth" in: [[Fürther Geschichtsblätter]], 2010,3 ; Seite 60</ref>.</br> | ||
Jeder Waise bekam Wäsche, Schuhe und einheitliche graue Oberbekleidung. Der Unterricht bestand aus den jüdischen Religionsfächern wie Hebräisch lesen und schreiben, biblische Geschichte, Thora und Propheten sowie hebräische Geographie und den Säkularfächern Lesen, Schreiben, Rechnen, Naturgeschichte, Geographie, vaterländische und allgemeine Weltgeschichte <ref>Gisela Naomi Blume: "Die Israelitische Waisenanstalt Fürth" in: [[Fürther Geschichtsblätter]], 2010,3 ; Seite 61 f</ref>. | Jeder Waise bekam Wäsche, Schuhe und einheitliche graue Oberbekleidung. Der Unterricht bestand aus den jüdischen Religionsfächern wie Hebräisch lesen und schreiben, biblische Geschichte, Thora und Propheten sowie hebräische Geographie und den Säkularfächern Lesen, Schreiben, Rechnen, Naturgeschichte, Geographie, vaterländische und allgemeine Weltgeschichte <ref>Gisela Naomi Blume: "Die Israelitische Waisenanstalt Fürth" in: [[Fürther Geschichtsblätter]], 2010,3 ; Seite 61 f</ref>. | ||
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===Neubau in der Julienstraße=== | ===Neubau in der Julienstraße=== | ||
[[1863]] verzeichnete das Waisenhaus zwölf Waisen, ''zehn von auswärts und nur zwei von hier'' <ref>[[wikipedia:Allgemeine Zeitung des Judentums|Allgemeine Zeitung des Judentums]] vom [[19. Mai]] [[1863]]</ref> | [[1863]] verzeichnete das Waisenhaus zwölf Waisen, ''zehn von auswärts und nur zwei von hier''.<ref>[[wikipedia:Allgemeine Zeitung des Judentums|Allgemeine Zeitung des Judentums]] vom [[19. Mai]] [[1863]]</ref> | ||
[[1866]] konnte ein Platz zum Bau eines neuen Waisenhauses erworben werden <ref>Der Bauplatz war noch von [[Simon Bamberger]] erstanden worden; vgl. "[[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]]" vom [[6. November]] [[1867]]</ref> | [[1866]] konnte ein Platz zum Bau eines neuen Waisenhauses erworben werden,<ref>Der Bauplatz war noch von [[Simon Bamberger]] erstanden worden; vgl. "[[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]]" vom [[6. November]] [[1867]]</ref> wo dann [[1868]] in der damaligen Julienstraße 2 (heute [[Hallemannstraße 2 / 2a]]) das neue Gebäude errichtet wurde.<ref>Die Baugenehmigung für das Waisenhaus wurde im Stadtmagistrat am Dienstag, den 19. März 1867 als ''massiver dreistöckiger Baukörper'' inclusive einer Synagoge erteilt. Siehe dazu [[Fürther Tagblatt]] vom 20. März 1867 [https://api.digitale-sammlungen.de/iiif/image/v2/bsb10503885_00282/pct:52,71.63284,45.06667,6.50369/full/0/default.jpg - online]</ref> Da die Einrichtung die einzige in Bayern war, wurde häufig landesweit um Unterstützung gebeten.<ref>so z.B. in der Zeitschrift "[[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]]" vom [[25. September]] [[1878]], wo auch über Inhaltliches Rechenschaft gegeben wird: ''Schon nach zurückgelegtem 5. Lebensjahre werden die Waisenknaben aufgenommen und verbleiben da bis zum ihrem 13. beziehungsweise 14 Lebensjahre. Während des Aufenthaltes in der Anstalt erhalten sie Logis, Kost, Kleidung und Wäsche, überhaupt vollständige Verpflegung, sowie vollständigen Religions- und Elementarunterrichts - alles unentgeltlich. In der Religion umfasst der Unterricht alle zu diesem Fache gehörigen Gegenstände, bei den Befähigteren Raschi, Mixchna und Gemara. Der Elementarunterricht entspricht den Leistungen einer städtischen Volksschule und erstreckt sich noch überdies auf kaufmännliche Fächer, wie kaufmännisches Rechnen, Korrespondenz und Buchhaltung. Von den neueren Sprachen wird französisch unterrichtet.''</ref></br> | ||
===Anbau der Mädchenwaisenanstalt=== | ===Anbau der Mädchenwaisenanstalt=== | ||
In der Amtszeit von [[Moses Jonas Königshöfer]] waren 1881 bereits 48 Kinder in dem Waisenhaus <ref>Angaben nach [[Gisela Naomi Blume]]: ''[[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)]] - 1607 - 2007'', 2007; Seite 345</ref> | In der Amtszeit von [[Moses Jonas Königshöfer]] waren 1881 bereits 48 Kinder in dem Waisenhaus,<ref>Angaben nach [[Gisela Naomi Blume]]: ''[[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)]] - 1607 - 2007'', 2007; Seite 345</ref> das [[1884]] nochmals erweitert wurde mit einem Anbau an der Ecke [[Julienstraße]]/[[Rosenstraße]].<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)|Fronmüllerchronik]], 1887, Seite 607</ref> Dieser Anbau war für die Aufnahme von Mädchen bestimmt und hatte als Stiftung dazu 100.000 Mark erhalten.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)|Fronmüllerchronik]], 1887, Seite 617. Lazarus Schwarz und dessen Gemahlin Bertha Schwarz aus Nürnberg stellten der Verwaltung der israelitischen Knabenwaisenanstalt diese 100.000 Mark zur Verfügung und können so als die Gründer der israelitischen Mädchenwaisenanstalt in Fürth betrachtet werden. Siehe dazu "[[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]]" vom [[3. November]] [[1884]].</ref> In den Erweiterungsbau des Waisenhauses kam 1884 im Parterre des Anbaus die Synagoge, die ''[[Waisenschul]]'' hinein.<ref>[[Monika Berthold-Hilpert]]: [[Synagogen in Fürth (Broschüre)|Synagogen in Fürth]], S. 11</ref> Als einzige Synagoge Fürths überstand diese die Zerstörungen und Verwüstungen der [[Reichspogromnacht in Fürth|Reichspogromnacht]]. | ||
Im August 1906 wurden zwei russisch-jüdische Waisenkinder aufgenommen, deren Eltern bei den antisemitischen Pogromen im Zusammenhang mit der [[wikipedia:Russische Revolution 1905|russischen Revolution von 1905]] ums Leben gekommen waren.<ref>Die Kinder kamen aus Bialystock und Jekaterinoslaw; siehe [[Käppner-Chronik]] zu Mai 1902.</ref> | Im August 1906 wurden zwei russisch-jüdische Waisenkinder aufgenommen, deren Eltern bei den antisemitischen Pogromen im Zusammenhang mit der [[wikipedia:Russische Revolution 1905|russischen Revolution von 1905]] ums Leben gekommen waren.<ref>Die Kinder kamen aus Bialystock und Jekaterinoslaw; siehe [[Käppner-Chronik]] zu Mai 1902.</ref> | ||
===Verhinderter Neubau=== | ===Verhinderter Neubau=== | ||
Seit [[1908]] gab es Überlegungen die für ganz Bayern zuständige israelitische Waisenanstalt in Fürth zu vergrößern. Dies sollte durch einen Neubau geschehen. [[1909]] wurde dazu ein Grundstück des Gaswerkareals erworben <ref> "[[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]]" vom [[6. Mai]] [[1909]]</ref> | Seit [[1908]] gab es Überlegungen die für ganz Bayern zuständige israelitische Waisenanstalt in Fürth zu vergrößern. Dies sollte durch einen Neubau geschehen. [[1909]] wurde dazu ein Grundstück des Gaswerkareals erworben.<ref>"[[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]]" vom [[6. Mai]] [[1909]]</ref> [[1911]] erhielt die Waisenanstalt aus dem Nachlass des in London verstorbenen Diamantenhändlers Anton Dunkles 10.000 Mark.<ref>[[wikipedia:Allgemeine Zeitung des Judentums|Allgemeine Zeitung des Judentums]] vom [[3. März]] [[1911]]</ref> Jedoch musste nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] die "Bayerische Israelitische Gemeindezeitung" vom [[8. März]] [[1927]] zu dem geplanten Neubau melden: ''Im Jahre 1904 wurde ... ein völlig freies, mit der Aussicht auf das freundliche Wiesental der Rednitz gelegenes, von dem waldigen Höhenzuge der Alten Veste begrenztes, über 2 Morgen großes Grundstück von der Stadtgemeinde erworben und Pläne von den städtischen Bauräten Zizler und [[Otto Holzer|Holzer]], hier, sowie Herrn Architekten Mayer in Nürnberg hierfür ausgearbeitet und bereitgestellt. Die Grundsteinlegung sollte am 7. Januar 1915, dem 70. Geburtstage des Königs, vor sich gehen. Leider hat sich das Jahr, welches ein solch bedeutsames für die Anstalt hätte werden sollen, zu einem überaus unglücklichen gewandelt, denn inzwischen war der Weltkrieg ausgebrochen, welcher die Durchführung des Planes vereitelte.'' Das über 160 Jahre angesammelte Stiftungsvermögen ging nahezu ganz verloren. Damit geriet das Fundament der Anstalt ins Wanken und es konnte in der Folge nur noch um Bestandssicherung gehen. | ||
Nach dem Tod [[Alfred Nathan|Alfred Nathans]] 1922 erbte die israelitische Waisenanstalt in Fürth sein gesamtes Vermögen<ref>Daniela Eisenstein:"Alfred Nathan - stiften aus Tradition" in: Museumszeitung Ausgabe 76 / 13.10.2022, Seite 19</ref> | Nach dem Tod [[Alfred Nathan|Alfred Nathans]] 1922 erbte die israelitische Waisenanstalt in Fürth sein gesamtes Vermögen.<ref>Daniela Eisenstein:"Alfred Nathan - stiften aus Tradition" in: Museumszeitung Ausgabe 76 / 13.10.2022, Seite 19</ref> | ||
===Die NS-Zeit=== | ===Die NS-Zeit=== | ||
Am 22. März [[1942]] wurden die dort wohnenden 33 Waisenkinder von den Nationalsozialisten in das KZ Izbica deportiert. Seitdem gelten sie als verschollen bzw. sind grausam ums Leben gebracht worden. Ihr Schicksal teilte der letzte jüdische Waisenhausdirektor, [[Isaak Hallemann|Dr. Isaak Hallemann]], seine Frau [[Clara Hallemann|Klara]] und zwei seiner Töchter.<ref>Eva Esther und Beate Rachel, siehe [https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ Gedenkbuch im Bundesarchiv] mit Eingabe "Hallemann"; sowie: PastFinder Nürnberg 3. Ausgabe, Seite 113, ISBN 978-3-00-020329-9</ref> | Am 22. März [[1942]] wurden die dort wohnenden 33 Waisenkinder von den [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] in das KZ Izbica deportiert. Seitdem gelten sie als verschollen bzw. sind grausam ums Leben gebracht worden. Ihr Schicksal teilte der letzte jüdische Waisenhausdirektor, [[Isaak Hallemann|Dr. Isaak Hallemann]], seine Frau [[Clara Hallemann|Klara]] und zwei seiner Töchter.<ref>Eva Esther und Beate Rachel, siehe [https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ Gedenkbuch im Bundesarchiv] mit Eingabe "Hallemann"; sowie: PastFinder Nürnberg 3. Ausgabe, Seite 113, ISBN 978-3-00-020329-9</ref> | ||
Heute dient die Synagoge des ehemaligen Waisenhauses als [[Gemeindesynagoge]] der [[Fiorda|Jüdischen Gemeinde Fürth]]. | Heute dient die Synagoge des ehemaligen Waisenhauses als [[Gemeindesynagoge]] der [[Fiorda|Jüdischen Gemeinde Fürth]]. | ||
==Siehe auch== | |||
* [[Geleitsgasse 1 (ehemals)]] | |||
* [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NS-Staat]] | |||
* [[Fiorda]] | |||
== Einzelnachweise == | |||
<references /> | |||
[[Kategorie:Fiorda]] | |||
==Leiter des Waisenhauses== | ==Leiter des Waisenhauses== |
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