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[[Datei:Heiner Stöhr 1934.jpg|miniatur|rechts|Heinrich Stöhr, ca. 1934]]
 
[[Datei:Heiner Stöhr 1934.jpg|miniatur|rechts|Heinrich Stöhr, ca. 1934]]
'''[[Vorname::Heinrich]] "Heiner" [[Nachname::Stöhr]]''' (geb. [[Geburtstag::12. September]] [[Geburtsjahr::1904]] in [[Geburtsort::Weißenburg]]; gest. [[Todestag::9. Dezember]] [[Todesjahr::1958]] in [[Todesort::Treuchtlingen]]), war [[Beruf::Posamentierer]] (=Bandweber bzw. Bortenmacher), [[Partei::SPD]]-Widerstandskämpfer gegen die [[Beruf::Antifaschist|Nazi-Diktatur]]. Zusammen mit Konrad Grünbaum baute er von Fürth aus eine Widerstandsgruppe während des Nationalsozialismus auf, die für den gesamten nordbayerischen Raum zuständig war. Stöhr war mit Else Stöhr (geb. Schultheiss) verheiratet. Nach 1945 war Stöhr bis zum Zeitpunkt seines Todes Mitglied des Landtages.  
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'''[[Vorname::Heinrich]] "Heiner" [[Nachname::Stöhr]]''' (geb. [[Geburtstag::12. September]] [[Geburtsjahr::1904]] in [[Geburtsort::Weißenburg]]; gest. [[Todestag::9. Dezember]] [[Todesjahr::1958]] in [[Todesort::Treuchtlingen]]), war [[Beruf::Posamentierer]] (=Bandweber bzw. Bortenmacher), [[Partei::SPD]]-Widerstandskämpfer gegen die [[Beruf::Antifaschist|Nazi-Diktatur]]. Zusammen mit Konrad Grünbaum baute er von Fürth aus eine Widerstandsgruppe während des Nationalsozialismus auf, die für den gesamten nordbayerischen Raum zuständig war. Stöhr war mit Else Stöhr (geb. Schultheiss) verheiratet. Nach 1945 war Stöhr bis zum Zeitpunkt seines Todes Mitglied des Landtages.<ref>Pressemitteilung "SPD gedenkt Heinrich Stöhr, Christa Naaß spricht anlässlich des 50. Todestages des 'Engels von Dachau'"</ref>
    
== Widerstandsgruppe während der NS-Zeit ==
 
== Widerstandsgruppe während der NS-Zeit ==
[[1922]] trat Stöhr in die Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und [[SPD]] ein. Gleichzeitig engagierte er sich in der Gewerkschaftsbewegung und wurde schnell einer der führenden Köpfe innerhalb der Widerstandsgruppen in Fürth. Gemeinsam mit Grünbaum, Emil Hüls, Fritz Munkert und Otto Gellinger organisierte Stöhr eine illegale Untergrundorganisation zur Verbreitung von Informationsschriften und Zeitschriften gegen den Nationalsozialismus. Stöhr war als Kurier insbesondere für die Weiterverbreitung der Flugschriften aus der Tschechoslowakei für den Nürnberger Süden bis nach Weißenburg zuständig.  
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[[1922]] trat Stöhr in die Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und [[SPD]] ein. Gleichzeitig engagierte er sich in der Gewerkschaftsbewegung und wurde schnell einer der führenden Köpfe innerhalb der Widerstandsgruppen in Fürth. Gemeinsam mit Grünbaum, Emil Hüls, Fritz Munkert und Otto Gellinger organisierte Stöhr eine illegale Untergrundorganisation zur Verbreitung von Informationsschriften und Zeitschriften gegen den Nationalsozialismus. Stöhr war als Kurier insbesondere für die Weiterverbreitung der Flugschriften aus der Tschechoslowakei für den Nürnberger Süden bis nach Weißenburg zuständig.<ref>Martin Broszat & Harmut Mehringer (Hrsg.): Bayern in der NS-Zeit - Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand. R. Oldenbourg Verlag München Wien 1983, S. 362 ff.</ref>
 
[[Datei:Schema des illegalen Sopade-Verteilappartes in Franken.png|miniatur|links|Schema der Widerstandsgruppe in Franken, 1933/34]]
 
[[Datei:Schema des illegalen Sopade-Verteilappartes in Franken.png|miniatur|links|Schema der Widerstandsgruppe in Franken, 1933/34]]
Im Jahr [[1934]] wurden nach einer erneuten Verhaftungswelle auch Heiner Stöhr im April [[1934]] verhaftet und im Januar 1935 am Oberlandesgericht München zu 5 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Trotz Strafverbüßung in Einzelhaft in den Zuchthäusern Ebrach und Amberg kam Stöhr am 24. Mai 1940 in die sog. Schutzhaft in das KZ Dachau. Als KZ-Häftling wurde er im Lagerkrankenhaus als Krankenpfleger zur Arbeit eingeteilt. Ab 1941 wurde Stöhr als "Oberpfleger" in der septischen Chirurgie eingeteilt. Die Abteilung beschäftigte sich überwiegend mit eitrig entzündlichen Zellgewebe (Phlegmonien), die größten Teils auf Befehl von Himmler absichtlich bei Häftlingen als Versuchreihen herbeigeführt wurden. Zeitweilig arbeitete Stöhr auf der hierzu extra eingerichteten Versuchsstation in Block 1, Stube 3 im KZ Dachau.  
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Im Jahr [[1934]] wurden nach einer erneuten Verhaftungswelle auch Heiner Stöhr im April [[1934]] verhaftet und im Januar 1935 am Oberlandesgericht München zu 5 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Trotz Strafverbüßung in Einzelhaft in den Zuchthäusern Ebrach und Amberg kam Stöhr am 24. Mai 1940 in die sog. Schutzhaft in das KZ Dachau. Als KZ-Häftling wurde er im Lagerkrankenhaus als Krankenpfleger zur Arbeit eingeteilt<ref>Martin Broszat & Harmut Mehringer (Hrsg.): Bayern in der NS-Zeit - Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand. R. Oldenbourg Verlag München Wien 1983, S. 362 ff.</ref>. Ab 1941 wurde Stöhr als "Oberpfleger" in der septischen Chirurgie eingeteilt. Die Abteilung beschäftigte sich überwiegend mit eitrig entzündlichen Zellgewebe (Phlegmonien), die größten Teils auf Befehl von Himmler absichtlich bei Häftlingen als Versuchreihen herbeigeführt wurden. Zeitweilig arbeitete Stöhr auf der hierzu extra eingerichteten Versuchsstation in Block 1, Stube 3 im KZ Dachau<ref>Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Berlin 1948, zitiert nach List Taschenbuch 2001, S. 82 f.</ref>.  
    
Der KZ Mithäftling Nico Rost, der mit Stöhr ab [[1944]] im KZ Dachau mit inhaftiert war und gemeinsam mit Ihm die Befreiung Dachaus miterlebte, schrieb ein einer später veröffentlichen Biorgrafie über Heiner Stöhr: ''Heini ist Bayer, in Nürnberg geboren. Kein Kommunist ..., sondern Sozialdemokrat und mehr Gefühlsmensch als Politiker. (...) Heini arbeitet schon seit über sechs Jahren im (Kranken-)Revier und hat in dieser Zeit Hunderten von Mithäftlingen das Leben gerettet. Pfarrer B., der ihn von früher her gut kennt, erzählte mir, daß Heini ursprünglich Arzt werden wollte, doch daß für sein Studium nicht genügend Geld da war und er in eine Fabrik arbeiten gehen mußte. In den Jahren hier hat er sich ein so gründliches medizinisches Wissen anzueignen gewußt, daß es bei den Ärzten immer wieder höchstes Erstaunen und auch Bewunderung erregt. In der Ecke über seinem Bett steht eine Anzahl wissenschaftlicher medizinischer Werke, in denen er oft studiert und die er sorgfältig behütet. Er hat sich auch selbst Latein beigebracht, so daß er nun imstande ist, die Krankengeschichten seiner Patienten auf lateinisch zu schreiben oder zu diktieren.''<ref>Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Berlin 1948, zitiert nach List Taschenbuch 2001, S. 82 f.</ref>  
 
Der KZ Mithäftling Nico Rost, der mit Stöhr ab [[1944]] im KZ Dachau mit inhaftiert war und gemeinsam mit Ihm die Befreiung Dachaus miterlebte, schrieb ein einer später veröffentlichen Biorgrafie über Heiner Stöhr: ''Heini ist Bayer, in Nürnberg geboren. Kein Kommunist ..., sondern Sozialdemokrat und mehr Gefühlsmensch als Politiker. (...) Heini arbeitet schon seit über sechs Jahren im (Kranken-)Revier und hat in dieser Zeit Hunderten von Mithäftlingen das Leben gerettet. Pfarrer B., der ihn von früher her gut kennt, erzählte mir, daß Heini ursprünglich Arzt werden wollte, doch daß für sein Studium nicht genügend Geld da war und er in eine Fabrik arbeiten gehen mußte. In den Jahren hier hat er sich ein so gründliches medizinisches Wissen anzueignen gewußt, daß es bei den Ärzten immer wieder höchstes Erstaunen und auch Bewunderung erregt. In der Ecke über seinem Bett steht eine Anzahl wissenschaftlicher medizinischer Werke, in denen er oft studiert und die er sorgfältig behütet. Er hat sich auch selbst Latein beigebracht, so daß er nun imstande ist, die Krankengeschichten seiner Patienten auf lateinisch zu schreiben oder zu diktieren.''<ref>Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Berlin 1948, zitiert nach List Taschenbuch 2001, S. 82 f.</ref>  
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Am [[27. Oktober]] [[1945]] gründete Stöhr wieder den [[SPD]] Ortsverband Weißenburg und wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Stöhr war [[1946]] Mitglied der Verfassunggebende Landesversammlung und ebenfalls ab [[1946]] als Abgeordneter des Wahlkreises Mittelfranken im 1. bayerischen Landtag. Er wurde jeweils in den Jahren [[1950]], [[1954]] und [[1958]] wieder gewählt. Bei seiner letzten Wiederwahl im Jahr 1958 war Stöhr auf dem Weg zur Landtagseröffnung am Treuchtlinger Bahnhof zusammengebrochen. „''Ich habe im letzten halben Jahr zu viel gearbeitet''“ waren seine letzten Worte, bevor er unerwartete am [[9. Dezember]] [[1958]] an den Folgen eines Herzinfarktes verstarb.<ref>Pressemitteilung "SPD gedenkt Heinrich Stöhr, Christa Naaß spricht anlässlich des 50. Todestages des 'Engels von Dachau'"</ref>
 
Am [[27. Oktober]] [[1945]] gründete Stöhr wieder den [[SPD]] Ortsverband Weißenburg und wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Stöhr war [[1946]] Mitglied der Verfassunggebende Landesversammlung und ebenfalls ab [[1946]] als Abgeordneter des Wahlkreises Mittelfranken im 1. bayerischen Landtag. Er wurde jeweils in den Jahren [[1950]], [[1954]] und [[1958]] wieder gewählt. Bei seiner letzten Wiederwahl im Jahr 1958 war Stöhr auf dem Weg zur Landtagseröffnung am Treuchtlinger Bahnhof zusammengebrochen. „''Ich habe im letzten halben Jahr zu viel gearbeitet''“ waren seine letzten Worte, bevor er unerwartete am [[9. Dezember]] [[1958]] an den Folgen eines Herzinfarktes verstarb.<ref>Pressemitteilung "SPD gedenkt Heinrich Stöhr, Christa Naaß spricht anlässlich des 50. Todestages des 'Engels von Dachau'"</ref>
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== Literatur ==
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* Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Berlin 1948, zitiert nach List Taschenbuch 2001, S. 82 f.
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* Martin Broszat & Harmut Mehringer (Hrsg.): Bayern in der NS-Zeit - Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand. R. Oldenbourg Verlag München Wien 1983, S. 362 ff.
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* SPD Landtagsfraktion Bayern: Nationalsozialismus - Zweiter Weltkrieg - Neubeginn. Widerstand 1933 - 1946, S. 76 ff.
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== Weblinks ==
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* StadtWiki Weißenburg: Heinrich Stöhr [http://www.wugwiki.de/index.php?title=Heinrich_St%C3%B6hr#cite_note-12 online abrufbar]
    
== Siehe auch ==
 
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== Einzelnachweis ==
 
== Einzelnachweis ==
 
<references />
 
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{{DEFAULTSORT: Stöhr, Heinrich}}
 
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[[Kategorie: Persönlichkeiten]]
 
[[Kategorie: Persönlichkeiten]]
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