Reservelazarett: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 22. Dezember 2023, 12:26 Uhr
Reservelazarette wurden meist im Kriegsfall außerhalb eines Kampfgebietes errichtet. Hierzu wurden insbesondere Schulen, Turnhallen oder Gasthäuser auf Zeit umgewidmet.
1. Weltkrieg
- Grundschule Rosenstraße, Innenstadt
- Grund- und Hauptschule Schwabacher Straße, Südstadt
- Altes Krankenhaus, Innenstadt
- Pfisterschulhaus, Innenstadt
- Turnhalle TV Fürth 1860, Südstadt
- Schwarzes Kreuz, Innenstadt
- Lagerbaracken auf der Hardhöhe
2. Weltkrieg
Im Fürth der Nachkriegszeit gab es vier Reservelazarette (RL) unter Verwaltung des Stadtkrankenhauses: Das RL im Stadtkrankenhaus, das RL in der Grundschule Maistraße, das RL im Mädchenlyzeum, Tannenstraße 19, und das RL in der Oberrealschule für Jungen an der Kaiserstraße. Die Gesamtbettenzahl betrug 1.500.
Im September 1945 waren durchschnittlich noch 1.200 belegt, bis März 1946 reduzierte sich dies auf 1.066 Betten. Im Juli 1946 gab es noch 309 belegte RL-Betten des Stadtkrankenhauses und der Oberrealschule. Aufgelöst wurde das RL Maistraße am 21. Juli 1946, das RL Mädchenoberschule und das RL Stadtkrankenhaus am 25. Juli 1946. Im RL Oberrealschule gingen die belegten Betten auf 249 Betten im August und auf 234 Betten im September 1946 zurück. Im Oktober 1946 stieg die Zahl auf 266 belegte Betten. Als Reservelazarett wurde es am 10. November 1946 aufgelöst.
Ab diesem Zeitpunkt, November 1946, wurde es aber als Krankenhaus des Internierten- und Arbeitslagers Nürnberg-Langwasser bestimmt, somit als Häftlingslager. Die Kosten für Personal und Unterhaltung übernahm das Sonderministerium in München und damit das Land Bayern. Als Chefarzt fungierte ein Dr. Siegert. Zuständig war nun der Staatsminister für Sonderaufgaben Dr. Anton Pfeiffer und in der Sonderabteilung IV „Lagerverwaltung“ ein Ministerialdirektor Höltermann. Dieser Zuständigkeitsverlagerung lagen Anordnungen des Innenministeriums und der amerikanischen Militärregierung zugrunde.
Die beiden Vorgenannten im Münchener Ministerium waren nun die Adressaten von Protestschreiben des Stadtrates Fürth mit Oberbürgermeister Dr. Hans Bornkessel und dem Leiter der Oberschule Dr. Hans Cramer. Letzterer musste am 20. Mai 1945 das Dienstwohnhaus Kaiserstraße 94 räumen und eine Notwohnung in Fürth beziehen. Dieses freistehende Gebäude unmittelbar neben dem Schulgebäude Kaiserstraße 92 mit angrenzender Turnhalle wurde mit Ärzten und Personal belegt und diente als Wachlokal. Sämtliche 80 Räume im Schulgebäude und die Turnhalle werden als Kriegsgefangenen-Lazarett beansprucht. In den Untergeschossräumen wurde eine Küche eingerichtet. Selbst der Raum für die große biologische Sammlung musste geräumt werden.
Was den Schulleiter und die Bevölkerung aber besonders empörte, war die Tatsache, dass Angehörige der vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg als verbrecherisch beurteilten Organisationen, d. h. erkrankte SS-Offiziere und –Dienstgrade als Kriegsgefangene in einem der besten Schulhäuser Bayerns untergebracht und betreut wurden. Diese Kriegsverbrecher, so hieß es, sollten in Lagern, in Lazarettbaracken bleiben. Ein Zeitungsbericht vom 16. November 1946 titelte: Oberschule soll SS-Dauerlazarett werden – Scharfer Protest des Stadtrats.
Moniert wurde, dass 930 Schüler auf andere Notquartiere in unzulänglichen Räumen angewiesen waren, während bei den 350 Lazarettinsassen nur ein geringer Teil bettlägerig war. Diesen Protesten konnte man sich bald in München nicht mehr verschließen. Den Kampf um die „Rückgewinnung des Anstaltsgebäudes“ führte der Schulleiter Dr. Cramer auch als Ministerialbeauftragter des Staatsministeriums für Unterricht und Kultur. Ebenfalls war die amerikanische Militärregierung vom Oberbürgermeister Bornkessel schriftlich um Unterstützung gebeten. Major Abbott brachte dies höheren Orts vor und vermerkte unbürokratisch auf dem Schreiben der Stadt Fürth: “Effort being made by Military Government to have school released. Information reported to Munich” - "Die Militärregierung bemüht sich um die Freilassung der Schule. Informationen an München gemeldet".
Das Internierungslazarett wurde nach einem halben Jahr am 21. April 1947 gänzlich geräumt. Ab März nahm man verstärkt Entlassungen und Verlegungen in andere Lager und in die Lazarette Augsburg, Herrsching und Garmisch vor. Der Chefarzt wurde nach Garmisch versetzt. Am 23. April 1947 wurde das Schulgebäude an die Stadt übergeben. Nach der Begehung und Aufnahme des noch vorhandenen Mobiliars und Inventars schätzte man in einer „Übergabeverhandlung“ zwischen Lagerleiter Karg und dem städtischen Hochbauamt Instandsetzungskosten von 30.000 Reichsmark. Tatsächlich fielen ab Mai Kosten von rund 60.000 RM an. Die Forderung vom August 1948 an den Staat wurde vom Wirtschaftsministerium 1950 abgelehnt. Sie seien noch in der Reichsmark-Zeit angefallen.
Im Schulgebäude als Lazarett und folgendem Internierungslager hielten sich in der Nachkriegszeit auch Prominente auf: Franz von Papen, ehemaliger deutscher Reichskanzler, weilte kurz im Lazarett. Er saß zusammen mit den anderen Angeklagten 17 Monate lang im Nürnberger Gerichtsgefängnis. Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg sprach Franz von Papen sowie Hjalmar Schacht und Hans Fritzsche frei. Eine Nürnberger Spruchkammer verurteilte Schacht aber im Februar 1947 zu acht Jahren Arbeitslager. Als Vizekanzler 1933/34 habe er die Politik der Nationalsozialisten gedeckt.
Franz Seldte (1882 - 1947) konnte nicht mehr in Nürnberg verurteilt werden. Der Reichsminister a.D. verstarb am 1. April 1947 im Internierungslazarett der Oberrealschule. Seldte war Mitbegründer und Bundesführer des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, einer paramilitärischen Organisation in der Weimarer Republik, NSDAP-Politiker und von 1933 bis 1945 Reichsarbeitsminister, obwohl er diese Funktion nicht mehr ausübte. Seine Frau lebte mit den Kindern in Rottach-Egern. Die Sterbeanzeige an das Standesamt Fürth für das „Krankenhaus des Internierungs- und Arbeitslagers Nürnberg“ in Fürth, Kaiserstraße 92, hatte Chefarzt Dr. Bittner erstattet.
Weitere Lazarette in Fürth während des 2. Weltkrieges:
- Hardenberg-Gymnasium, Südstadt
- Maischule, Oststadt
- Pestalozzi Schulhaus, Nordstadt
- Stadtkrankenhaus Fürth, Espan
- Helene-Lange-Gymnasium, Oststadt
- Kronacher Bunker, Ronhof
Siehe auch
Einzelnachweise
Bilder
Die Rosenschule als Reserve-Lazarett während des Ersten Weltkriegs. Aufnahme zwischen 1914 und 1918.
Die Pestalozzischule als Lazarett im Zweiten Weltkrieg
Die Pestalozzischule als Lazarett im Zweiten Weltkrieg