Der entwendete Leichnam des ertrunkenen Poppenreuther Schulmeisters: Unterschied zwischen den Versionen
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Der | Der [[Poppenreuth]]er Schulmeister und Organist Johann Georg Schmidt war am [[4. September]] [[1681]] - einem Donnerstag - in Fürth gewesen und auf dem Heimweg nachts zwischen 9 und 10 Uhr in ein schweres Gewitter geraten. Von da ab war er spurlos verschwunden. „Spurlos“ ist in soweit falsch, da sein Hut am [[Pegnitz]]ufer gefunden wurde und der Fundort dieser Kopfbekleidung fortan die Stelle des mutmaßlichen Ertrinkens markierte. | ||
Um diesen Hut entbrannte nun ein hitziger Streit, galt er doch als sogenanntes Fraisch-Pfand, an dem sich auch das Recht fest machte, die Angelegenheit letztendlich beurteilen und abschließen zu dürfen. Die Nürnberger hatten den Hut schnell in ihren Besitz gebracht und in die Stadt bringen lassen. | Um diesen Hut entbrannte nun ein hitziger Streit, galt er doch als sogenanntes Fraisch-Pfand, an dem sich auch das Recht fest machte, die Angelegenheit letztendlich beurteilen und abschließen zu dürfen. Die Nürnberger hatten den Hut schnell in ihren Besitz gebracht und in die Stadt bringen lassen. | ||
Mit 50 Musketieren durchkämmten nun auch die Markgräfler das Pegnitzgebiet, bis sie den ertrunkenen Leichnam des Schullehrers gefunden hatten. Auf einem Karren wurde der beklagenswerte Schulmeister schnell nach Cadolzburg gebracht und dort anscheinend bei Nacht und Nebel begraben. | Mit 50 Musketieren durchkämmten nun auch die Markgräfler das Pegnitzgebiet, bis sie den ertrunkenen Leichnam des Schullehrers gefunden hatten. Auf einem Karren wurde der beklagenswerte Schulmeister schnell nach [[Cadolzburg]] gebracht und dort anscheinend bei Nacht und Nebel begraben. | ||
Der markgräfliche Fürther Geleitsmann kam daraufhin mit zwei Doppelsöldnern nach Poppenreuth. In dem Protestschreiben des Nürnberger Rates liest sich der Auftritt des Markgräflers folgendermaßen: | Der markgräfliche Fürther Geleitsmann kam daraufhin mit zwei Doppelsöldnern nach Poppenreuth. In dem Protestschreiben des Nürnberger Rates liest sich der Auftritt des Markgräflers folgendermaßen: |
Version vom 16. November 2017, 08:18 Uhr
Der Poppenreuther Schulmeister und Organist Johann Georg Schmidt war am 4. September 1681 - einem Donnerstag - in Fürth gewesen und auf dem Heimweg nachts zwischen 9 und 10 Uhr in ein schweres Gewitter geraten. Von da ab war er spurlos verschwunden. „Spurlos“ ist in soweit falsch, da sein Hut am Pegnitzufer gefunden wurde und der Fundort dieser Kopfbekleidung fortan die Stelle des mutmaßlichen Ertrinkens markierte. Um diesen Hut entbrannte nun ein hitziger Streit, galt er doch als sogenanntes Fraisch-Pfand, an dem sich auch das Recht fest machte, die Angelegenheit letztendlich beurteilen und abschließen zu dürfen. Die Nürnberger hatten den Hut schnell in ihren Besitz gebracht und in die Stadt bringen lassen.
Mit 50 Musketieren durchkämmten nun auch die Markgräfler das Pegnitzgebiet, bis sie den ertrunkenen Leichnam des Schullehrers gefunden hatten. Auf einem Karren wurde der beklagenswerte Schulmeister schnell nach Cadolzburg gebracht und dort anscheinend bei Nacht und Nebel begraben.
Der markgräfliche Fürther Geleitsmann kam daraufhin mit zwei Doppelsöldnern nach Poppenreuth. In dem Protestschreiben des Nürnberger Rates liest sich der Auftritt des Markgräflers folgendermaßen: „der Fürthische Amtsknecht habe sich nicht entblödet, Sonntag den 18. September in unserem Schulhaus vier Pfähle ohn allen Fug einzutreten (vermutlich am Zaun), und der Witwe 200 Gulden Fraisch-Geld, und für jeden Doppelsöldner einen halben Gulden und für sich selbst einen Gulden fränkischer Währung samt den Leichenkosten ... abzufordern“. Den Hut habe die Witwe auch wieder zu beschaffen und zu übergeben, ansonsten sie beim nächsten Aufenthalt in Fürth strengster Bestrafung entgegen sähe. Dagegen protestierten die Nürnberger natürlich, um insbesondere auf ihren Rechtsstandpunkt in Sachen Fraisch zu verweisen. „Wider solch Aufsuchen und Hinwegschleppen ... werde contradicendo protestiert“.
Man verwahrte sich gegen die „Turbation brandenburgerseits“ (Störung, Beunruhigung). Dies ging etliche Schreiben hin und her. Bereits eine Woche nach dem ominösen Unglücksfall an der Pegnitz ging ein 19 Monate währender „Federkrieg“ zwischen dem Rat der Stadt Nürnberg und dem Cadolzburger Amt des Markgrafen in Ansbach los (vom 10.September 1681 bis 13. April 1683. Wie immer ging es vor 350 Jahren um hoheitliche Rechte, d.h. um Fragen der „Fraisch“, wie man damals die oberste bzw. Blutsgerichtsbarkeit nannte. All diese Schreiben finden sich auf 58 Seiten in dem 1691 veröffentlichten Buch „Abdruck verschiedener zwischen den Hoch-Fürstl. Haus Brandenburg ... und Herren Bürgermeistere ... Nürnberg gewechselter Schreiben“ [1] Ansonsten brüsteten sich beide Seiten nachdrücklich, ihre Rechte gewahrt zu haben, als denn die einen den Hut des Schulmeisters und die anderen den Leichnam hatten. Dieser Fall ist ein illusteres Beispiel für die Fürther Dreiherrschaft.
Der Schulmeister Hans Georg Schmidt taucht in den Poppenreuther Kirchbüchern unter den Hochzeitseinträgen auf, als er die unverheiratete Barbara Hilpert am 11. November 1667 ehelichte. Unter der Nummer 9 heißt es da (vgl. Bild nebenan): „Der ehrbare und gelehrte Hans Georg Schmidt, Junggeselle und derzeit nach-verordneter Schulmeister allhier zu Poppenreuth, des ehrbaren und vorachtbaren Christoph Schmidts, Bürgers und geschwornen Meisters des Brillenmacherhandwerks zu Nürnberg, ehelicher Sohn ist mit der tugendsamen Jungfrau Barbara des ehrbaren und vorachtbaren Nikolaus Hilperts Bürgers und Krämers zu Feuchtwangen in dem Markgraftum ehelicher Tochter ist auf vorhergehende öffentliche Proklamation an Domenica (Sonntag) 21. und Domenica den 22. nach Trinitatis, folgends am 11. November am Tag St. Martin in allhiesiger Kirchen auf vorhergehaltener Hochzeitspredigt, durch mich ehelich copuliert und eingesegnet worden.“
Ein Eintrag in den Sterbebüchern findet sich für Hans Georg Schmidt weder in Poppenreuth noch in Cadolzburg, was dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass der Schulmeister ja recht sang- und klanglos als „Fraischfall“ - wahrscheinlich außerhalb des Friedhofs (in locum seperatum) bestattet - fast möchte man sagen „verscharrt“ - wurde.
Dieser kuriose, wenn auch tragische Streitfall gab Jahrhunderte später die Vorlage einer historischen Novelle ab, die Georg von Buchbrunn verarbeitete und unter dem Titel „Um den Hut des Schulmeisters von Poppenreuth“ 1924 herausgab. Die Poppenreuther Kirchengemeinde gab dieses mittlerweile unbekannte Bändchen 2013 erneut heraus und hat es damit vor der Vergessenheit erst einmal bewahrt.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Abtruck verschiedener / zwischen den Hoch-Fürstl. Haus Brandenburg / und respective dessen Aembteren / eines / und Herren Bürgermeistere und Rath des Heyl. Röm. Reichs Stadt Nürnberg anders Theils / und reciproce & c. gewechselter Schreiben / das Territorium umb Nürnberg insonderheit betreffend hrsg. 1691, Seite 139 - 197 [online abrufbar]