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Maßgeblich für die Baudichte im Stadtkern waren letztendlich eine Korrelation des hohen Bodenwertes und der Anspruch einer hohen Rentabilität bei optimaler „Mietshausbauweise“. Deshalb wurde abhängig vom Grundstücksanteil der Gärten und Hofräume stets die größtmögliche Verdichtung angestrebt. Tendenziell bestand von Seiten des Eigentümers der Anspruch, die hohen Erschließungskosten niedrig zu halten, wodurch schmale und tiefe Baufelder und der Bau von Rückgebäuden einen hohen Stellenwert genossen. Dabei spielte die Funktion eines Gebäudes keine Rolle. Ein weiterer begünstigender Faktor der dichten Bebauung mag auch der fehlende öffentliche Nahverkehr dargestellt haben, die die Erschließung von Wohnraum und Arbeitsplatz notwendig machte. Eine Trennung von Arbeitsplatz und Wohnraum war bis weit in das 19. Jahrhundert nicht üblich, so dass die Menschen stets dort wohnten, wo sie arbeiteten.
 
Maßgeblich für die Baudichte im Stadtkern waren letztendlich eine Korrelation des hohen Bodenwertes und der Anspruch einer hohen Rentabilität bei optimaler „Mietshausbauweise“. Deshalb wurde abhängig vom Grundstücksanteil der Gärten und Hofräume stets die größtmögliche Verdichtung angestrebt. Tendenziell bestand von Seiten des Eigentümers der Anspruch, die hohen Erschließungskosten niedrig zu halten, wodurch schmale und tiefe Baufelder und der Bau von Rückgebäuden einen hohen Stellenwert genossen. Dabei spielte die Funktion eines Gebäudes keine Rolle. Ein weiterer begünstigender Faktor der dichten Bebauung mag auch der fehlende öffentliche Nahverkehr dargestellt haben, die die Erschließung von Wohnraum und Arbeitsplatz notwendig machte. Eine Trennung von Arbeitsplatz und Wohnraum war bis weit in das 19. Jahrhundert nicht üblich, so dass die Menschen stets dort wohnten, wo sie arbeiteten.
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Die Folgen der Verdichtung waren fatal. Die verbliebenen Höfe und Zwischenräume zwischen einzelnen Gebäuden waren häufig zu klein, um deren Funktion als Belüftung und Belichtung gerecht zu werden. Die Rückgebäude der Altstadt waren meist schmucklose Kleinhäuser aus Backstein in regloser Stellung, einzig mit dem Ansinnen, die ehemalige Hoflage auszufüllen. Ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde das klassische Wohnhaus durch sog. Mietshäuser abgelöst, während man gleichzeitig bemüht war, die Zusammensetzung der Bewohner nach sozialen Kriterien zu unterscheiden.
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Die Folgen der Verdichtung waren fatal. Die verbliebenen Höfe und Zwischenräume zwischen einzelnen Gebäuden waren häufig zu klein, um ihrer Funktion als Belüftung und Belichtung gerecht zu werden. Die Rückgebäude der Altstadt waren meist schmucklose Kleinhäuser aus Backstein in regloser Stellung, einzig mit dem Ansinnen, die ehemalige Hoflage auszufüllen. Ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde das klassische Wohnhaus durch sog. Mietshäuser abgelöst, während man gleichzeitig bemüht war, die Zusammensetzung der Bewohner nach sozialen Kriterien zu unterscheiden.
 
[[Datei:Drechslermeister Schreiber Rednitzstraße 1972 img985.jpg|thumb|right|Drechslerei in der Rednitzstraße]]
 
[[Datei:Drechslermeister Schreiber Rednitzstraße 1972 img985.jpg|thumb|right|Drechslerei in der Rednitzstraße]]
 
Die enge Verzahnung der unterschiedlichen Funktionen verursachte weitere Probleme. Bedingt durch den geringen Platz wurden auch zunehmend hauswirtschaftliche Tätigkeiten im Wohnbereich wie Wäschetrocken oder Holzspalten in den Wohnraum verdrängt mit der Konsequenz, dass die unzureichende Belüftung in den Gebäuden zusätzlich die mangelhaften Wohnsituationen verschärfte. Mit dem Funktionswechsel im privaten ging häufig aber auch ein Funktionswechsel im gewerblichen Bereich einher. Spätestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden viele Gebäude im Erdgeschoss häufig als Gewerberaum genutzt – mit der Tendenz der zunehmenden Vergrößerung der Flächen. Eine reglementierende Bauordnung, die man in dem Zusammenhang hätte vermuten können, wird aber erst gegen [[1900]] erlassen und greift faktisch erst gegen Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]]. Viele Arbeitsstätten befanden sich in Wohnungen oder zumindest im Bereich der Mietshäuser, da  Wohn- und Arbeitsstätte in der frühindustriellen Zeitphase nahezu identisch waren. Dr. Adolf Mair schrieb in der Topo- und Ethnographie des Physikatsbezirks Fürth [[1861]], dass „''als Eigentümlichkeit Fürths genannt werden muss, dass selbst lärmende Gewerbe, z. B. Schreiner, Drechsler, in den höchsten Etagen wohnen … die Arbeitslokale sind meist zu klein, zu niedrig und schlecht… [es] darf nicht wundern, wenn man erwägt, dass mit Mühe passende zu erstellen sind und meist gewöhnliche Zimmer dazu eingerichtet werden''.“<ref>Mair, A., Ott, H.: Fürth zu Beginn des Industriezeitalters. Hrsg. vom Geschichtsverein Fürth e. V., Fürth, 1989/1861, S. 52</ref> Auch die Einrichtung von Industriebetrieben in diesem Kernbereich war keine Seltenheit. Hinter den einheitlichen Fronten eröffneten sich im Blockinneren meist kleinteilige und individuelle Hofbebauungen, die zum Teil unhaltbare Zustände für die Bewohner schufen. Nur wenige Betriebe mussten auf Grund ihrer Gefährdungssituation sich außerhalb des Stadtgebietes ansiedeln.
 
Die enge Verzahnung der unterschiedlichen Funktionen verursachte weitere Probleme. Bedingt durch den geringen Platz wurden auch zunehmend hauswirtschaftliche Tätigkeiten im Wohnbereich wie Wäschetrocken oder Holzspalten in den Wohnraum verdrängt mit der Konsequenz, dass die unzureichende Belüftung in den Gebäuden zusätzlich die mangelhaften Wohnsituationen verschärfte. Mit dem Funktionswechsel im privaten ging häufig aber auch ein Funktionswechsel im gewerblichen Bereich einher. Spätestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden viele Gebäude im Erdgeschoss häufig als Gewerberaum genutzt – mit der Tendenz der zunehmenden Vergrößerung der Flächen. Eine reglementierende Bauordnung, die man in dem Zusammenhang hätte vermuten können, wird aber erst gegen [[1900]] erlassen und greift faktisch erst gegen Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]]. Viele Arbeitsstätten befanden sich in Wohnungen oder zumindest im Bereich der Mietshäuser, da  Wohn- und Arbeitsstätte in der frühindustriellen Zeitphase nahezu identisch waren. Dr. Adolf Mair schrieb in der Topo- und Ethnographie des Physikatsbezirks Fürth [[1861]], dass „''als Eigentümlichkeit Fürths genannt werden muss, dass selbst lärmende Gewerbe, z. B. Schreiner, Drechsler, in den höchsten Etagen wohnen … die Arbeitslokale sind meist zu klein, zu niedrig und schlecht… [es] darf nicht wundern, wenn man erwägt, dass mit Mühe passende zu erstellen sind und meist gewöhnliche Zimmer dazu eingerichtet werden''.“<ref>Mair, A., Ott, H.: Fürth zu Beginn des Industriezeitalters. Hrsg. vom Geschichtsverein Fürth e. V., Fürth, 1989/1861, S. 52</ref> Auch die Einrichtung von Industriebetrieben in diesem Kernbereich war keine Seltenheit. Hinter den einheitlichen Fronten eröffneten sich im Blockinneren meist kleinteilige und individuelle Hofbebauungen, die zum Teil unhaltbare Zustände für die Bewohner schufen. Nur wenige Betriebe mussten auf Grund ihrer Gefährdungssituation sich außerhalb des Stadtgebietes ansiedeln.
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