John D. Cofer: Unterschied zwischen den Versionen

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'''John Daly Cofer''' (geb. [[11. März]] [[1898]] in Gainesville/Texas; gest. [[28. Februar]] [[1971]] in Austin, Texas) war Captain der US-Armee, und der ''erste Stadtkommandant für Fürth der US-Militärregierung'' nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]].
'''John Daly Cofer''' (geb. [[11. März]] [[1898]] in Gainesville/Texas; gest. [[28. Februar]] [[1971]] in Austin, Texas) war Captain der US-Armee, und der ''erste Stadtkommandant für Fürth der [[Military Government|US-Militärregierung]]'' nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]].


== Leben ==
== Leben ==

Version vom 31. Januar 2017, 09:27 Uhr

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John D. Cofer aus Austin/Texas (USA)

John Daly Cofer (geb. 11. März 1898 in Gainesville/Texas; gest. 28. Februar 1971 in Austin, Texas) war Captain der US-Armee, und der erste Stadtkommandant für Fürth der US-Militärregierung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

Leben

Der Sohn des texanischen Senators Robert Emmet Cofer und von Corinne Able wurde am 11.9.1918 in die US Army eingezogen. Über seinen Werdegang im 1. Weltkrieg ist nichts bekannt. Er studierte Jura und arbeitete als Rechtsanwalt zuerst in Gainesville und dann in Austin in Texas. Mit seiner Frau Helen Carolyn Fitzgerald hatte er zwei Kinder, George Hume (geb. 19.7.1923, gest. 13.11.2016) und Patricia (geb. 1923). Er wirkte an den Anti-Trust-Prozessen der Regierung Roosevelt mit und gehörte seit den dreißiger Jahren der Demokratischen Partei an.

Die Alliierten rekrutierten zwischen 1942 und 1944 viele hoch qualifizierte Menschen aus der Wirtschaft oder dem öffentlichen Leben, um sie nach der Besetzung Deutschlands als Offiziere einer Militärregierung einsetzen zu können. Captain Cofer, 1942 in die US Armee eingetreten, gehörte zum Detachment B-229, das 1944 in Großbritannien zusammengestellt und ausgebildet wurden war. Bereits hier wurden die Einsatzziele der Offiziere festgelegt und sie konnten deren wirtschaftliche, politische und Verwaltungsstrukturen studieren. Im September 1944 erfolgte die Verlegung nach Frankreich und nach langem Lagerleben im Februar 1945 nach Deutschland, wo die Gruppe ab April in Fredeburg erste Verwaltungsaufgaben im besetzten Gebiet wahrnahm. Am 21. April 1945 wurde der Verlegungsbefehl nach Fürth erteilt und zwei Tage später trafen Cofer und sein Team „frierend, übermüdet und hungrig“ in Fürth ein. (aus Woller)

Nach seiner Rückkehr aus Fürth arbeitete Cofer weiter als Anwalt. Zusammen mit seinem Sohn George Hume praktizierte er über dreißig Jahre in der gemeinsamen Kanzlei Cofer & Cofer im Littlefield Building in der Innenstadt von Austin, Texas. Obwohl er nie Richter war, nannte ihn jedermann wegen seines hohen Ansehens in der Stadt und seines Wirkens für viele Menschen, ungeachtet ihrer Herkunft oder ihres Einkommens „Judge Cofer“. Sein Sohn George Hume hingegen wurde zum Landkreisrichter („state district“) ernannt. Als Mitglied der Demokratischen Partei war John Daly Cofer als Berater des amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson tätig. John Daly Cofer liegt auf dem Oakwood Annex Friedhof in Austin, Texas, begraben.

Wirken in Fürth

Das Detachment B-229 in Fürth bestand neben Captain Cofer aus zwei Unteroffizieren und sechs einfachen Soldaten, quartierte sich in den Amtsräumen im Rathaus ein und ließ an der Fassade ein Holzschild „Military Government“ anbringen. Die Aufgaben waren vielfältig. Es galt, trotz der Kriegszerstörungen, des Mangels an Lebens- und Transportmitteln und an Brennstoffen die Verwaltung und die Sicherheit der Stadt aufrecht zu erhalten. An höhere Dienststellen waren teilweise tägliche Berichte zu schreiben und die Verbindung zu den hier stationierten - aber organisatorisch völlig getrennten - Militäreinheiten aufrecht zu erhalten. „Stadtkommandanten“ in Fürth waren immer die höchsten Offiziere der in den Fürther Kasernen stationierten Truppen der US Army. Cofer war kein Bestandteil dieser Einheiten, sondern auf deren Unterstützung angewiesen, wenn er etwa Transportmittel benötigte.

Captain Cofer „genoss den Ruf eines korrekten, ruhigen Mannes mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn“ und galt als „ausgesprochen deutschfreundlich“ (Woller). Er musste den Widerspruch zwischen der Schaffung einer funktionierenden Verwaltung und der Ausschaltung der nationalsozialistisch belasteten, aber dabei erforderlichen, Fachleute lösen. Zuerst versuchte er pragmatisch, sich bei den Stellenbesetzungen von deutschen NS-Gegnern beraten zu lassen.

Vor allem der militärische Abschirmdienst (CIC) und eine Direktive zur Entnazifizierung aus dem US-Hauptquartier vom Juli 1945 zwangen Cofer aber dazu, alle ehemaligen Parteigenossen, ob wichtig oder unwichtig, ob überzeugt oder mitlaufend, zu entlassen. So sah er sich heftiger Kritik ausgesetzt, als er den Stadtkämmerer Adolf Schwiening, Mitglied der NSDAP seit 1937, zum Oberbürgermeister ernannte. Aufgrund einer Beschwerde des CIC startete die amerikanische Militärregierung in Bayern sogar eine Untersuchung gegen Cofer, dem - zu Unrecht, wie sich herausstellte - sogar vorgeworfen wurde, russische Agenten in seinem Büro zu beschäftigen. Cofer musste auf eine härtere Linie umschwenken und bis Oktober 1945 hatten bereits die Hälfte aller pensionsberechtigten Bediensteten der Stadt Fürth die Entlassungspapiere erhalten [1]. Die Untersuchung bescheinigte Cofer jedoch korrektes Verhalten und ab Ende 1945 setzte sich in der US Militärregierung die Erkenntnis durch, die Weiterbeschäftigung ehemaliger NSDAP-Mitglieder in deutschen Behörden differenziert zu entscheiden - so wie es Captain Cofer in Fürth praktiziert hatte.


Schon wenige Tage nach Kriegsende hatten sich ehemalige Mitglieder der Fürther SPD, die sich aus der Weimarer Zeit kannten, zusammengesetzt und mit Wissen von Captain Cofer an der örtlichen Wiedergründung ihrer Partei gearbeitet. Am 6. November 1945 erhielt Hans Rupprecht aus den Händen von Cofer die Lizenzierungsurkunde.

„Die Chefs der beiden Detachments, Cofer und Whitaker [Ansbach], die anfangs manchen als finster und unnahbar erschienen waren, genossen sogar schon bald großes Ansehen in der Bevölkerung. Man schätzte sie wegen ihrer Fairness, und vor allem rechnete man es ihnen hoch an, dass sie die DP’s [Displaced Persons = Flüchtlinge] im Zaum zu halten verstanden und manche Fehler des CIC rückgängig gemacht hatten. Ein halbes Jahr nach der Etablierung der Militärregierung standen sie auch mit ‚ihren‘ Landräten und Bürgermeistern schon fast in freundschaftlichem Kontakt.“(Woller).

Wann genau Captain Cofer das Amt des Military Governors an seinen Nachfolger, Steward Hillard übergab, ist nicht bekannt.

Zitate aus [Herbst]:

„Als [Kriegsgefangener] wurde ich zunächst Hauptmann Cofer vorgeführt. Er erkannte sehr schnell die Verwertungsmöglichkeiten für die Kombination aus meinen Rechts-, Sprach- und Ortskennt¬nissen und setzte mich - gegen Handschlag - sofort auf freien Fuß, mit der Verpflichtung, mich nicht zu entfernen und ihm und seinen Mitarbeitern als Dolmetscher zur Verfügung zu stehen. Er brachte mich auch gleich selbst zu Lt. Harrison, dem ich direkt zugeteilt wurde.“

„Wenn Capt. Cofer den Saal betrat, hatte sich jedermann zu erheben. Bei seiner impo¬santen Erscheinung fiel es nicht schwer, ihm diese Ehrerbietung zu zollen. Er nahm am Sitz des Oberbürgermeisters Platz - hinter ihm das Sternenbanner - und sagte: ‚This Court will come to order‘, - was ich zum bes¬seren Verständnis mit ‚Die Sitzung ist eröff¬net‘ übersetzte. So formell und korrekt, wie begonnen, wurde unter Capt. Cofer's souveräner Lei¬tung die ganze Verhandlung durchgeführt.“

„In den meisten Fällen gelang es Capt. Cofer mit juristischem Scharfsinn und gro¬ßer Menschenkenntnis, die Schuld und de¬ren Ausmaß in kurzer Zeit zu erkennen. Es er¬folgte dann sofort die Verurteilung, meist Gefängnis zwischen einer Woche und zwei Monaten. Nur in seltenen Fällen ging das Ur¬teil bis auf drei Monate. - Wenn jedoch das Beweismaterial, insbesondere die Aussa¬gen der M.P., nicht ganz einwandfrei und lücken¬los waren, so war Capt. Cofer gar schnell zur Hand mit einem ‚Case dismissed‘ (Anklage verworfen) und er sagte mir dann meist über den Tisch herüber, auf den An¬geklagten deu¬tend: ‚Tell him, he is free, he may leave.‘ In solchen Fällen war die Über¬raschung im Zu¬hörerraum jedesmal groß. Man war allge¬mein der Meinung, vor dem Militärgericht könne man sowieso nicht frei-gesprochen werden. Die psychologischen Wirkungen waren dem¬entsprechend nach¬haltig und das Vertrauen in die Justiz im Rathaus war bald allgemein im Zunehmen.“

„Capt. Cofer erwies sich auch als ein aus¬ge¬zeichneter Jugendrichter. Eigenartiger¬weise handelte es sich in den wenigen Fällen dieser Art nicht nur um ‚Besitz‘, sondern um regel-rechten ‚Diebstahl‘, wenn auch gering¬fügigen Umfanges. Im Laufe einer dieser Verhandlun-gen ließ Capt. Cofer den Jugend¬lichen fragen, wann er zum letzten Mal in der Kirche gewe¬sen sei. Und dann ließ er ihn zur Probe das Vaterunser aufsagen. Es war mäus¬chenstill im Saal. Danach ließ er den Jun¬gen zu sich aufs Podium kommen, redete ihm väterlich zu und brachte es fertig, ihm sogar einige Brocken Englisch zu ent¬locken. Dann schüt¬telte er ihm die Hand und entließ ihn. - In einem anderen Fall ließ er die Eltern aus dem Zuhörerraum vor den Gerichtstisch treten und gab ihnen nach einigen Ermah¬nungen ihren Sprößling mit - ohne jede Be¬strafung. - Es war eine allseits unerwartete Art der Handhabung der Gerichtsbarkeit durch ‚die Sieger‘“.


Literatur

Gesellschaft und Politik in der amerikanischen Besatzungszone - Hans Woller - R. Oldenbourg-Verlag - München 1986

Die Wiederaufrichtung der Justiz in Fürth durch die Amerikaner - Robert Herbst, Fürther Heimatblätter, 1970/1

Familysearch.org (23.1.2017)

E-Mail von George Hume Cofer Jr. vom 18.1.2017

Einzelnachweise

  1. Vgl. Weekly Summary, Det. Fürth, 3. November 1945, in: NA, RG 260, 9/96-2/13 (aus Woller)

Weblinks

  • Foto von John D. Cofer auf S. 232 des Aufsatzes aus der Zeitschrift "Texas bar journal" als PDF im Internet