Hermann Boehm: Unterschied zwischen den Versionen

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Ab Anfang August [[1934]] leitete Boehm als Vorstand das Pathologische Institut am Rudolf-Heß-Krankenhaus in Dresden, an dem nationalsozialistische Ärzte ausgebildet wurden und sich das Mutterhaus der ''Braunen Schwestern'' befand. Des Weiteren war er Stadtobermedizinalrat und ab Herbst [[1934]] am Erbgesundheitsobergericht in Dresden tätig. Im Gau Sachsen saß Boehm zudem von [[1934]] bis [[1937]] dem Disziplinargericht des NSDÄB vor.<ref>Caris-Petra Heidel: ''Schauplatz Sachsen: Vom Propagandazentrum für Rassenhygiene zur Hochburg der Kranken-„Euthanasie“''. In: Tödliche Medizin im Nationalsozialismus: von der Rassenhygiene zum Massenmord. Böhlau Verlag, Köln Weimar, 2008, S. 127f</ref>
Ab Anfang August [[1934]] leitete Boehm als Vorstand das Pathologische Institut am Rudolf-Heß-Krankenhaus in Dresden, an dem nationalsozialistische Ärzte ausgebildet wurden und sich das Mutterhaus der ''Braunen Schwestern'' befand. Des Weiteren war er Stadtobermedizinalrat und ab Herbst [[1934]] am Erbgesundheitsobergericht in Dresden tätig. Im Gau Sachsen saß Boehm zudem von [[1934]] bis [[1937]] dem Disziplinargericht des NSDÄB vor.<ref>Caris-Petra Heidel: ''Schauplatz Sachsen: Vom Propagandazentrum für Rassenhygiene zur Hochburg der Kranken-„Euthanasie“''. In: Tödliche Medizin im Nationalsozialismus: von der Rassenhygiene zum Massenmord. Böhlau Verlag, Köln Weimar, 2008, S. 127f</ref>


Von März [[1937]] bis [[1942]] schulte Boehm auf Weisung der Reichsärztekammer Mediziner im Bereich „Erb- und Rassenpflege“ am ''Erbbiologische Forschungsinstitut'' der ''Führerschule der Deutschen Ärzteschaft'' in Alt Rehse. Ab [[1938]] war Boehm zusätzlich Honorarprofessor an der Universität Rostock. Durch den Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti wurde Boehm mitgeteilt, dass die Führerschule der Deutschen Ärzteschaft auf Dauer keine Zukunft habe. Die geplante Übernahme einer ordentlichen Professur für Boehm an der Universität Rostock kam nicht zustande, so dass Boehm schließlich zum [[1. Januar]] [[1943]] an die Justus-Liebig-Universität Gießen wechselte, wo er ordentlicher Professor für „Rassenhygiene“ und Direktor des dortigen „Instituts für Erb- und Rassenpflege“ wurde. Diese Funktionen bekleidete Boehm bis zu seiner Entlassung nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch die amerikanische Militärregierung.
Von März [[1937]] bis [[1942]] schulte Boehm auf Weisung der Reichsärztekammer Mediziner im Bereich „Erb- und Rassenpflege“ am ''Erbbiologische Forschungsinstitut'' der ''Führerschule der Deutschen Ärzteschaft'' in Alt Rehse. Als ständiger Lehrer und Leiter des "Forschungsinstitutes für Erblehre und Erbpflege", dass ebenfalls 1937 in Alt Rehse eingerichtet wurde, lehrte Boehm vor allem angehende Ärzte in den Grundlagen der Vererbungslehre. Hierzu legte Boehm einen sog. "Vererbungsgarten" an um praktische Versuche mit Drosophila-Fliegen durchzuführen. Mit Boehm waren weitere zwei Assistenten an dem Institut beschäftigt, die ihm bei der Erforschung der Erbbiologie und Rassenhygiene zur Seite standen. Ab [[1938]] war Boehm zusätzlich Honorarprofessor an der Universität Rostock. Durch den Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti wurde Boehm mitgeteilt, dass die Führerschule der Deutschen Ärzteschaft auf Dauer keine Zukunft habe. Die geplante Übernahme einer ordentlichen Professur für Boehm an der Universität Rostock kam nicht zustande, so dass Boehm schließlich zum [[1. Januar]] [[1943]] an die Justus-Liebig-Universität Gießen wechselte, wo er ordentlicher Professor für „Rassenhygiene“ und Direktor des dortigen „Instituts für Erb- und Rassenpflege“ wurde. Diese Funktionen bekleidete Boehm bis zu seiner Entlassung nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch die amerikanische Militärregierung.


== Nachkriegszeit ==
== Nachkriegszeit ==

Version vom 27. Juni 2017, 11:49 Uhr

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Hermann Boehm während der Nürnberger Kriegsverbrecher-/Ärzte-Prozesse, 1947

Prof. Dr. med. Hermann Alois Boehm (geb. 27. Oktober 1884 in Fürth; gest. 7. Juni 1962 in Gießen) war ein deutscher Arzt, Professor für „Nationalsozialistische Rassenhygiene“ und für die NSDAP als vielfach aktiver hochrangiger SA-Sanitäts-Gruppenführer tätig. Er forschte und publizierte zur Rassenlehre unter dem Begriff Rassenpflege (heute Eugenik). Seit 1919 war Boehm verheiratet.

Studium

Boehm, Sohn des Fürther Arztes Dr. med. Ludwig Boehm aus Hofheim, absolvierte nach dem Abitur 1903 am humanistischen Wilhelmsgymnasium München ein Studium der Medizin an der Universität München.[1] Dort legte Boehm 1909 das zweite Staatsexamen ab und erhielt 1910 die Approbation.[2] Boehm promovierte 1911 an der Universität München zum Dr. der Medizin mit dem Dissertationstitel "Über einen Fall von akuter hämorrhagischer disseminierter Myelitis im Anschluß an einen paranephritischen Absceß".

Ab 1911 war Boehm als pathologischer Anatom in München tätig.[3] Ob Boehm am 1. Weltkrieg teilnahm ist nicht belegt, gilt aber als sehr wahrscheinlich.

Teilnahme am Hitlerputsch

Boehm radikalisierte sich bereits früh. So gehörte er von 1920 bis 1921 dem Alldeutschen Verband an, ein Verband, der zeitweise zu den größten und bekanntesten Agitationsverbänden im deutschen Reich zählte und sich lautstark im völkischen Spektrum engagierte - mit einer stark nationalistischen, militaristischen rassistischen und antisemitischen Programmatik. Von 1923 bis 1926 war Boehm auch Mitglied im Deutsch-Völkischen Offiziersbund. Zudem engagierte er sich im Völkischen Rechtsblock.

Boehm trat Anfang Juli 1923 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein, seine damalige Mitgliedsnummer lautete Nr. 120. Im November 1923 nahm er aktiv am Hitlerputsch in München teil, wofür er später mit dem Blutorden ausgezeichnet wurde. Boehm wurde auch Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP, dass nur Mitgliedern der NSDAP zustand, die sog. "Kämpfer der ersten Stunde" waren. Infolge des NSDAP-Verbots verließ Boehm die Partei und trat nach der Aufhebung des Parteienverbotes bereits Ende März 1925 erneut der NSDAP bei - die Partei war gerade erst im Februar 1925 durch Hitler wieder gegründet worden. Zudem war Boehm ab 1931 Mitglied der Sturmabteilung (SA), in der er dem Stab der Obersten SA-Führung angehörte. Boehm stieg 1942 innerhalb der SA bis zum SA-Sanitäts-Gruppenführer auf, was einem Generaloberstabsarzt im Heer (Wehrmacht) entsprach.

Von 1931 bis 1933 war Boehm Referent für Rassenhygiene im Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund (NSDÄB).[4]

Rassenlehre während der NS-Zeit

Von Juni 1933 bis Juli 1934 leitete Boehm die Abteilung „Rassenhygiene“ im Reichsausschuß für den Volksgesundheitsdienst.[5] Boehm wurde im November 1934 Honorarprofessor für „Rassenpflege“ an der Universität Leipzig.

Ab Anfang August 1934 leitete Boehm als Vorstand das Pathologische Institut am Rudolf-Heß-Krankenhaus in Dresden, an dem nationalsozialistische Ärzte ausgebildet wurden und sich das Mutterhaus der Braunen Schwestern befand. Des Weiteren war er Stadtobermedizinalrat und ab Herbst 1934 am Erbgesundheitsobergericht in Dresden tätig. Im Gau Sachsen saß Boehm zudem von 1934 bis 1937 dem Disziplinargericht des NSDÄB vor.[6]

Von März 1937 bis 1942 schulte Boehm auf Weisung der Reichsärztekammer Mediziner im Bereich „Erb- und Rassenpflege“ am Erbbiologische Forschungsinstitut der Führerschule der Deutschen Ärzteschaft in Alt Rehse. Als ständiger Lehrer und Leiter des "Forschungsinstitutes für Erblehre und Erbpflege", dass ebenfalls 1937 in Alt Rehse eingerichtet wurde, lehrte Boehm vor allem angehende Ärzte in den Grundlagen der Vererbungslehre. Hierzu legte Boehm einen sog. "Vererbungsgarten" an um praktische Versuche mit Drosophila-Fliegen durchzuführen. Mit Boehm waren weitere zwei Assistenten an dem Institut beschäftigt, die ihm bei der Erforschung der Erbbiologie und Rassenhygiene zur Seite standen. Ab 1938 war Boehm zusätzlich Honorarprofessor an der Universität Rostock. Durch den Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti wurde Boehm mitgeteilt, dass die Führerschule der Deutschen Ärzteschaft auf Dauer keine Zukunft habe. Die geplante Übernahme einer ordentlichen Professur für Boehm an der Universität Rostock kam nicht zustande, so dass Boehm schließlich zum 1. Januar 1943 an die Justus-Liebig-Universität Gießen wechselte, wo er ordentlicher Professor für „Rassenhygiene“ und Direktor des dortigen „Instituts für Erb- und Rassenpflege“ wurde. Diese Funktionen bekleidete Boehm bis zu seiner Entlassung nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch die amerikanische Militärregierung.

Nachkriegszeit

1946 wurde Boehms Schrift Darf ich meine Base heiraten? in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt. Im Januar/Februar 1947 wurde Boehm im Rahmen der Ermittlungen zum Nürnberger Ärzteprozess vernommen.

In den 1950er Jahren wurden Boehms Pensionsansprüche aus der Gießener Professur durch das hessische Landespersonalamt und den Minister für politische Befreiung abgelehnt, die damit Boehms Berufung auf den Lehrstuhl nachträglich für ungültig erklärten: die Berufung sei nicht fachlich begründet gewesen, sondern nur durch seine enge Bindung an den Nationalsozialismus zustande gekommen. Die Gießener Fakultätsmitglieder verteidigten daraufhin die Rechtmäßigkeit der Berufung, an der sie schließlich selbst mitgewirkt hatten und erreichten die Emeritierung Boehms als Professor für Humangenetik mit vollen Pensionsbezügen.

Veröffentlichungen

Boehm publizierte mehrere Artikel in Fachzeitschriften: Im März 1934 referierte er in der Zeitschrift für ärztliche Fortbildung über die „Grundzüge der Vererbungslehre“ und einige Monate später im Schulungsbrief über die „Volkspflege“. Etliche Artikel verfasste Boehm für den Völkischen Willen. Ab 1939 war Boehm einer der Herausgeber der Zeitschrift Der Biologe, die zuvor durch das Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe herausgegeben wurde. Während des Zweiten Weltkrieges widmete sich Boehm weiter dem Themengebiet „Rassenhygiene“, bildete entsprechend ärztlichen Nachwuchs aus und referierte vor Ärzten u.a. zu den Themen „Allgemeine Vererbungslehre“, „Nationalsozialistischer Rassegedanke und die Vererbung“ sowie „Vererbung und Gebiß“. Zudem war Boehm als Einzelgutachter für die Erstellung erbbiologischer Abstammungsgutachten tätig.

  • Ueber einen Fall von akuter haemorrhagischer disseminierter Myelitis im Anschluss an einen paranephritischen Abszess, Dissertation München 1911.
  • Erbkunde, Berlin 1936.
  • Grundlagen der Erb- und Rassenpflege, Berlin 1936.
  • Als Hrsg.: Erbgesundheit, Volksgesundheit - Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Grundsatz und Anwendung. Eine Einführung für Aerzte, Berlin 1939.

Literatur

  • Rainer Stommer (Hg.): Medizin im Dienste der Rassenideologie - Die "Führerschule der Deutschen Ärzteschaft" in Alt Rhese, Ch. Links Verlag Berlin, 2008
  • Michael Buddrus, Sigrid Fritzlar: Die Professoren der Universität Rostock im Dritten Reich. Ein biographisches Lexikon, Saur, München 2007, S. 71 f.
  • Hans-Christian Harten, Uwe Neirich und Matthias Schwerendt: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs – bio-bibliographisches Handbuch. Akademie-Verlag, Berlin 2006
  • Thomas Maibaum: Die Führerschule der deutschen Ärzteschaft Alt-Rehse, Universität Hamburg, Hamburg 2007. Dissertationsschrift (pdf)
  • Benoit Massîn: Anthropologie und Humangenetik im Nationalsozialismus oder: Wie schreiben deutsche Wissenschaftler ihre eigene Wissenschaftsgeschichte. In: Heidrun Kaupen-Haas und Christian Saller (Herausgeber): „Wissenschaftlicher Rassismus – Analysen einer Kontinuität in den Human- und Naturwissenschaften“. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 12-64.
  • Robert N. Proctor: Racial Hygiene – Medicine Under the Nazis. Harvard University Press, Cambridge (MA) 4. Auflage 2000
  • Matthias Schwager: Die Versuche zur Etablierung der Rassenhygiene an der Leipziger Universität während des Nationalsozialismus unter besonderer Berücksichtigung des Lebens und Wirkens von Hermann Alois Boehm. Universität Leipzig, Leipzig 1993. (Dissertationsschrift)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Jahresbericht vom Kaiser-Wilhelm-Gymnasium zu München, 1902/03
  2. Thomas Maibaum: Die Führerschule der deutschen Ärzteschaft Alt-Rehse, Universität Hamburg, Hamburg 2007, S. 148 ff
  3. Hermann Alois Boehm. In: Professorenkatalog der Universität Leipzig/Catalogus Professorum Lipsensis, Herausgegeben vom Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte, Historisches Seminar der Universität Leipzig
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007, Eintrag zu Boehm, Hermann (aktualisierte 2. Auflage)
  5. J. Zapnik: Führerschule der deutschen Ärzteschaft in Alt Rehse
  6. Caris-Petra Heidel: Schauplatz Sachsen: Vom Propagandazentrum für Rassenhygiene zur Hochburg der Kranken-„Euthanasie“. In: Tödliche Medizin im Nationalsozialismus: von der Rassenhygiene zum Massenmord. Böhlau Verlag, Köln Weimar, 2008, S. 127f

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