Villa Lehrieder: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 2. Januar 2018, 14:02 Uhr

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Die ehemalige Villa Lehrieder an der Kurgartenstraße 24 - Gartenanlage bereits mit Gewerbe (Reifenhandel) überbaut, Aufnahme um 1968
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Die Villa Lehrieder war eine 1874 bis 1875 im neogotischen Stil erbaute Villa an der Kurgartenstraße 24. Sie wurde ursprünglich für den Chemiefabrikanten Dr. Theodor Oppler (Theod. Oppler & Co. KG, Doos) erbaut. Die Fabrikantenvilla kann als herausragendes Beispiel für die bürgerliche Villenkultur im hiesigen Raum gelten.[1] Dennoch wurde sie 1974 zugunsten eines Gewerbebetriebs (Reifenhandel Vergölst) abgebrochen.


Geschichte

Der Besitzer der chemischen Fabrik am Dooser Weg, Dr. Theodor Oppler, kaufte in Nachbarschaft seines Werks im Herbst 1872 einen Acker mit dem Flurnamen "Sandhügel an der Dooser Brücke". An höchster Stelle plante er, eine standesgemäße bürgerliche Villa im Stil eines gotischen Herrenhauses zu errichten. Am 21. Oktober 1874 stellte er bei der Stadt Fürth den Bauantrag: "Ich beabsichtige auf meinem Grundstück Pl. Nr. 996 am Dooser Weg ein zweistöckiges Wohnhaus erbauen zu lassen, welches mit Schiefer gedeckt werden soll."[2] Wie beim Bau der Fabrikgebäude entwarf sein Bruder aus Hannover, Architekt und seit 1866 königlich-preußischer Baurat Edwin Oppler, die Baupläne. Auf diesen ist als Ortsangabe "an der Fürther Kreuzung" vermerkt, vermutlich weil dieser Verkehrsknoten geläufiger war als die Adresse Dooser Weg 23 (heute Kurgartenstraße 24).

Der Entwurf sah ein repräsentatives, aber nicht allzu großes Wohnhaus im Stil der Neugotik „mit Anklängen an die mittelalterlichen Bauwerke Nürnbergs und seiner Umgebung[3] vor, "welches vermöge seiner Lage die Bedingungen eines Landhauses mit dem eine Stadthauses verbinden und gleichzeitig in bescheidenen Grenzen sich bewegen soll."[3] Die bebaute Grundfläche betrug 134,75 m2, die Baukosten betrugen 34.000 Mark. Hierbei schlugen unverhältnismäßig große Ausgaben für die Fundamentarbeiten zu Buche, außerdem erhöhten sich "ein großer Theil der Arbeitspreise durch die unbequeme Lage und Verkehrsverbindungen [...] um mindestens 20 Procent."[3] Die Fassade wurde aus roten Ziegeln mit weißen Quadereinfassungen hergestellt, alle Fenstereinfassungen, Gesimse und Auskragungen bestanden ebenfalls aus weißem Sandstein. Die Dächer von Haupthaus und Türmen wurden, abweichend vom Bauantrag, "mit echten, alten Nürnberger Dachpfannen, die von einem alten, niedergerissenen Wohnhause herstammen"[3] ausgeführt.

Es wird mit großer Sicherheit vermutet, dass Theodor Oppler persönlich die Planung der Haustechnik übernahm. Eine Besonderheit des Hauses war die Toilette im markanten Turm neben dem Treppenhaus. Im Genehmigungsverfahren war die fehlende Dunggrube für die Aborte aufgefallen. Der Bauherr erklärte daraufhin dem Fürther Bauamt, dass keine angelegt, sondern ein Tonnensystem verwendet wird. Einzelheiten hierzu sind nicht überliefert. Er wollte offenbar sein Brunnenwasser nicht verunreinigen, waren ihm doch als engagierter Protagonist im Verein für öffentliche Gesundheitspflege die damaligen hygienischen Missstände nur zu bewusst. Zudem kannte er sich mit der Desinfektion bestens aus.[4] Zu späteren Zeiten soll es dann eine Fäkaliengrube gegeben haben, denn der Anschluss an die öffentliche Kanalisation erfolgte hier erst im Jahr 1952.

Neben der Villa wurde 1876 auch ein Brunnen und an der südlichen Grundstücksgrenze noch ein im Grundriss 6,5 x 3,5 m großes Waschhaus mit neugotischen Treppengiebeln gebaut, in dem sich ein gemauerter beheizbarer Waschkessel befand.

Von einer großen Terrasse führte eine geschwungene Treppe in einen parkartigen Garten, der bis zur heutigen Ludwig-Quellen-Straße reichte. Er enthielt auch einen großen Gemüsegarten, es gab Kirsch- und andere Obstbäume, Beerensträucher und sogar ein Spargelbeet. In der Mitte des Gartenareals befand sich ein große Rasenfläche, entlang des straßenseitigen Zauns wuchsen Fliederbüsche. Die Familie hielt darüber hinaus Hühner und einen Wachhund.[5]

Die Familie Oppler bezog das Haus im August 1876. Sie führte im "Schlössle", so soll das Haus damals in Fürth genannt worden sein, augenscheinlich ein recht glückliches Leben. Vermutlich hauptsächlich aus beruflichen Gründen des Oberhaupts, aber wohl auch wegen der Ausbildung der beiden Töchter, zog die Familie im September 1889 nach Nürnberg. Die Villa wurde danach vermietet und später, um 1898, verkauft.


Geschäftsbrief der Fa. Lehrieder Schornsteinbau, Kurgartenstr. 24, von 1918

Namensgeber der Villa war der spätere Eigentümer Vincenz Lehrieder, welcher in der Kurgartenstraße ein Baugeschäft für Schornsteinbau und Feuerungsanlagen betrieb.

Zeitzeugenberichte

Zur Villa kurz vor ihrem Abriss:

  • „Rings um deerer scheena Villa woarn die altn Reifen vo dem Reifenhändler hiegschlicht, teils bis zum erstn Stock naaf.“[6]

Literatur

Lokalberichterstattung

Beschreibung der Villa nach einem Auszug des Fürther Tagblatts vom 16. August 1934:

"...Ein schönes, im frühgotischen Baustil errichtetes Gebäude besitzt Fürth in der Lehriederschen Villa an der Kurgartenstraße. Das 1873 [sic] erbaute Landhaus ist mit eines der reizendsten Privatbauten der Stadt.....Dunkelrot getönte Backsteine bildeten zur Hauptsache sein Baumaterial. Das Rot seiner Fassaden, die eigenwillig baukünstlerische Ausführung seiner frontalen Symmetrie weißt freilich wieder einige Ähnlichkeiten auf mit einem ostmärkischen Ordensritterschlösschen oder einem maurischen Grandenpalast. Dem zierlichen Hauptbau mit seinen spitzbogig angedeuteten Etagenfenstern ist nördlich eine hübsche, laubenumsponnene Veranda mit Schneckentreppenaufgang angegliedert, ein wohlgestalteter Eckturm springt südlich aus der Hauswand hervor, dem Bau ein wehrhaftes Gepräge verleihend. Ein Teil der Terrasse wird überdacht von einem sorgfältig ausgearbeiteten Portal, aus dem ornamentierten Giebelkranz erhebt sich in edlen Linien, unterbrochen von schmucken Erkern, das hohe Dach. Ein traulicher Ziergarten umschließt das Haus und gibt ihm den Anschein eines kleinen Märchenschlosses."

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Sebastian Gulden, Andrea Dippel: Die Kunstvilla - Zur Baugeschichte eines Nürnberger Baudenkmals. Hrsg. Kunstvilla im KunstKulturQuartier, S. 27, 29 - online abrufbar
  2. Claudia Frosch-Hoffmann, Abh. NHG, Band 48/2017, S. 84
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Edwin Oppler, 1876, Sp. 237/238
  4. Claudia Frosch-Hoffmann, Abh. NHG, Band 48/2017, S. 86
  5. Claudia Frosch-Hoffmann, Abh. NHG, Band 48/2017, S. 89 - 91
  6. Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki e. V., Aktennr. '4'

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