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Version vom 12. Februar 2018, 18:43 Uhr

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Prof. em. Dr. Leonhard Birkofer, ca. 1980

Leonhard Birkofer (geb. 5. Juli 1911 in Fürth; gest. 29. Dezember 2015 in Mönchengladbach) war von Beruf Chemiker und während des Nationalsozialismus ein förderndes Mitglied der SS.[1]

Leben und Wirken

Birkofer wurde 1911 in Fürth geboren und besuchte hier auch die Schule. Nach dem Abitur studierte er von 1930 bis 1935 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) Chemie und legte seine Promotion (Doktor) in der Arbeitsgruppe von Prof. R. Pummerer ab. Zwischen 1935 und 1937 arbeitete Birkofer als Assistent an der FAU, ehe er 1937 zur Arbeitsgruppe des Nobelpreisträgers Prof. R. Kuhn an das Kaiser-Wilhelm-Institut (heute Max-Planck-Institut) wechselte. Kuhn war Mitglied des NS-Lehrerbunds und denunzierte viele seiner "nichtarischen Kollegen" während der NS-Zeit. Weiterhin war Kuhn aktiv in der Nervengiftforschung der Tabun-Sarin-Soman-Reihe beteiligt, die er auch nachgewiesenermaßen an KZ-Häftlingen erprobte.[2] In wieweit Birkofer an diesen Forschungsarbeiten beteiligt war oder davon Kenntnis hatte ist heute umstritten, da sämtliche Akten des Kaiser-Wilhelm-Instituts vernichtet wurden bzw. nichts Belastendes mehr liefern.[3]

Im Jahr 1943 entwickelte Birkofer an Kuhns Institut ein neues bakteriostatisches Mittel, 2,2'-Dihydroxy-5,5'-dibromsalicil, dass in seiner Wirksamkeit mit Penicillin vergleichbar sei; allerdings wirkte es nur in bakteriologischen Testreihen, war aber bei einer oralen Einnahme nahezu wirkungslos.[4]

Ab 1949 arbeitete Birkofer als Dozent an der Technischen Hochschule Stuttgart für Organische Chemie. 1954 verließ Birkofer das Kaiser-Wilhelm-Institut und wurde beamteter planmäßiger Extraordinarius der Universität zu Köln. Im Wintersemester 1964/65 und im Sommersemester 1965 war Prof. Birkofer Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an der Universität zu Köln.

Im Dezember 1965 wechselte er an die damals neu gegründete Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), damals noch Universität Düsseldorf. Birkofer war hier von 1965 bis 1979 erneut Lehrstuhlinhaber. Zudem war er Direktor und Mitbegründer des Instituts für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie und gehörte zum Gründungssenat der neu gegründeten Universität (HHU).[5]

Bei seinen Laboratoriums­-Rundgängen motivierte er seine Mitarbeiter durch sein reges Interesse und seine Begeisterungsfähigkeit. Prof. em. Birkofer war Ehrenmitglied der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Heinrich­-Heine­-Universität.[6] Nach seiner Emeritierung/Versetzung in den Ruhestand im Jahr 1980 blieb er der HHU sehr verbunden. Bei einem Empfang anlässlich des 100. Geburtstags am 5. Juli 2011 würdigte die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät und der Lehrstuhl für Organische Chemie, vertreten durch Prof. Dr. Thomas J. J. Müller, die Verdienste von Prof. em. Birkofer. Dabei trafen Angehörige sowie ehemalige Mitarbeiter persönlich mit dem Jubilar zusammen.[7] Sein wohlwollendes und väterliches Wesen trug so sehr zu einem guten Arbeits- und Betriebsklima bei, dass die Abteilung Birkofer von Mitgliedern anderer Arbeitskreise in Köln die "Insel der Seligen" genannt wurde.

Im Alter von 104 Jahren verstarb Prof. Dr. Birkofer in einem Seniorenheim im Stadtteil Windberg/Mönchengladbach.[8]

Forschungen

Die Forschungsinteressen von Prof. Birkofer waren vielfältig. Er beschäftigte sich mit Kohlenhydraten, Proteinen, Fermenten und verschiedenen Naturstoffklassen. Besonderes Augenmerk galt hier auch der Aufklärung der Struktur von Blütenfarbstoffen; im Rahmen seiner Arbeit konnte die Konstitution vieler Blütenfarbstoffe aufgeklärt werden. Birkofer befasste sich besonders mit den ß-Aminosäuren und untersuchte die Chemie dieser eiweißartigen Verbindungen, die wichtige Bestandteile einer Reihe von Antibiotika sind. Es gelang ihm, eine neue Synthese der essentiellen Aminosäure Threonin aufzufinden. Ein weiteres seiner Forschungsgebiete war die Chemie der siliciumorganischen Verbindungen. Ihm gelang es als erstem, anorganisches Silicium mit organischen Aminosäuren zu verbinden. Birkofers gesamte Ergebnisse lassen sich in über 200 Publikationen finden.[9]

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main 2009, S. 50
  2. Wikipedia: Richard Kuhn, online abgerufen am 26. Juni 2017 | 8:00 Uhr - online abrufbar
  3. Florian Schmaltz: Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus - Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. Hrsg. Reinhard Rürup und Wolfgang Schieder, Wallenstein Verlag 2015, Band 11, S. 431
  4. Gesellschaft Deutscher Chemiker e. V. Homepage - Veröffentlichung zum Richard Kuhn, PDF File S. 11, online abgerufen am 26. Juni 2017 | 8:00 Uhr - online abrufbar
  5. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Chemiker der ersten Stunde wird 90. online abgerufen am 28. Juni 2017 | 8 Uhr - online abrufbar
  6. Magazin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Ausgabe 1 | 2. Quartal 2016 - Nachruf Prof. em. Leonhard Birkofer
  7. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Die Universtität gratuliert: Prof. em. Dr. Leonhard Birkofer wird 100. online abgerufen am 28. Juni 2017 | 8 Uhr - online abrufbar
  8. RP-Online, Traueranzeigen, online abgerufen am 28. Juni 2017 | 8 Uhr - online abrufbar
  9. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf - Nachruf vom 4. Januar 2016, online abgerufen am 28. Juni 2017 | 8 Uhr - online abrufbar

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