Industriegleise Südstadt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FürthWiki

Zeile 10: Zeile 10:
[[Datei:Bauernfreund Abb 13 Industriegleis mit Drehscheibe 1928.jpg|mini|rechts|Beladen eines Güterwaggons auf dem Gelände der Süddeutschen Lebensmittelwerke, 1928]]
[[Datei:Bauernfreund Abb 13 Industriegleis mit Drehscheibe 1928.jpg|mini|rechts|Beladen eines Güterwaggons auf dem Gelände der Süddeutschen Lebensmittelwerke, 1928]]


Insgesamt gab es folgende Anschlüsse von Betrieben an die Staatsbahn welche immer vom sogenannten Industriemuttergleis abgingen:
Insgesamt gab es an der Karolinenstraße folgende Anschlüsse von Betrieben an die Staatsbahn welche immer vom sogenannten Industriemuttergleis abgingen. Die Sortierung verläuft von West nach Ost:


# Anschlussgleis für Lagerplatz des Zimmermeisters [[Simon Gieß]]: Dieser hatte von der kgl. Generaldirektion der Verkehrsanstalten die Genehmigung eines Gleisanschlusses für seinen an der Südseite des Staatsbahnhofes etablierten Lagerplatzes erhalten. Anfang 1874 waren die Gleise sowie die Einzäunung des Lagerplatzes hergestellt. Gieß verpachtete diese Einrichtung auch an Dritte.<ref>Fürther Tagblatt vom 14. Februar 1874 - [https://api.digitale-sammlungen.de/iiif/image/v2/bsb11176857_00148/pct:48.01614,73.15006,46.03228,12.39404/pct:69/0/default.jpg online]</ref>
# Industriegleis der Firma Büchenbacher, Spiegelglasfabrik von Siegmund Büchenbacher, Karolinenstraße 90 - Lagerhaus östlich der Karlstraße ab 1904, Umbau des Gleisanschlusses. Später Fa. Heine und Beißwenger Stahlhandel
# Industriegleis der Firma Büchenbacher, Spiegelglasfabrik von Siegmund Büchenbacher, Karolinenstraße 90 - Lagerhaus östlich der Karlstraße ab 1904, Umbau des Gleisanschlusses. Später Fa. Heine und Beißwenger Stahlhandel
# Industriegleis Bach/Bergmann, Karolinenstraße 100, östlich der [[Adlerstraße]]: Die Firma J. Bach importierte Zedernholz und sonstige ausländische Hölzer. Die Spiegelglasfabrik hatte ihren Sitz in der [[Gebhardtstraße 33 - 35|Gebhardtstraße 33-35]]. Der Bergmann’sche Lagerplatz diente für Kohlen und Koks. Später Fa. ATEGE Allgem. Transportgesellschaft u. DEMKA
# Industriegleis Bach/Bergmann, Karolinenstraße 100, östlich der [[Adlerstraße]]: Die Firma J. Bach importierte Zedernholz und sonstige ausländische Hölzer. Die Spiegelglasfabrik hatte ihren Sitz in der [[Gebhardtstraße 33 - 35|Gebhardtstraße 33-35]]. Der Bergmann’sche Lagerplatz diente für Kohlen und Koks. Später Fa. ATEGE Allgem. Transportgesellschaft u. DEMKA
Zeile 21: Zeile 22:
# Anschlussgleis zur Fa. [[Ammersdörfer und Haas]] (Fabrik für Möbel- und Spiegelrahmen mit Sägewwerk, Karolinenstraße 156) und zum städtischen [[Bauhof]]: Dieses wurde über die Leyher Straße bis zum Kasernenareal geführt. 1901 hergestellt bis zur Waldstraße; anschließend Streit mit der Stadt wegen der Pflasterung der Flächen zwischen den Gleisen. Die Kosten übernahm die Stadt. Nach Konkurs der Firma 1913: Spiegel- und Spiegelglasmanufaktur Hermann Schön; Einbau von Rillenschienen, System Phönix; Waldstraße zwischen Balbierer- und Humbserstraße 8 Tage lang gesperrt. Umbau 1926 wegen des zunehmenden Autoverkehrs. Außerdem hatten die Deutsche Glas- und Spiegelfabriken AG (DEGUS) Anschluss an die Bahn.<ref>Schreiben vom November 1926 – Kosten sind von den Gleisteilnehmern gemeinsam zu tragen.</ref>1936 beantragte die [[Quelle|Firma Schickedanz]] eine Abzweigung zu ihrem Fabrikanwesen in der [[Artilleriestraße]]. Zwei Entwürfe wurden der Reichsbahn und der Stadt vorgelegt: a) Abzweigung durch eine Weiche, b) Abzweigung durch eine Drehscheibe. Wie das Verfahren ausging, kann aus der Akten im Stadtarchiv Fürth nicht mehr entnommen werden. In einem Abschlussvermerk aus dem Jahr 1936 heißt es lediglich: „Ratsherr Schickedanz wurde vom Ergebnis der Verhandlungen mündlich verständigt. Weiteres ist nicht veranlasst.“<ref>StA Fürth, Aktenvermerk Schreyer vom 27. April 1936</ref> Siehe dazu auch den Artikel [[Kasernenbahn]].
# Anschlussgleis zur Fa. [[Ammersdörfer und Haas]] (Fabrik für Möbel- und Spiegelrahmen mit Sägewwerk, Karolinenstraße 156) und zum städtischen [[Bauhof]]: Dieses wurde über die Leyher Straße bis zum Kasernenareal geführt. 1901 hergestellt bis zur Waldstraße; anschließend Streit mit der Stadt wegen der Pflasterung der Flächen zwischen den Gleisen. Die Kosten übernahm die Stadt. Nach Konkurs der Firma 1913: Spiegel- und Spiegelglasmanufaktur Hermann Schön; Einbau von Rillenschienen, System Phönix; Waldstraße zwischen Balbierer- und Humbserstraße 8 Tage lang gesperrt. Umbau 1926 wegen des zunehmenden Autoverkehrs. Außerdem hatten die Deutsche Glas- und Spiegelfabriken AG (DEGUS) Anschluss an die Bahn.<ref>Schreiben vom November 1926 – Kosten sind von den Gleisteilnehmern gemeinsam zu tragen.</ref>1936 beantragte die [[Quelle|Firma Schickedanz]] eine Abzweigung zu ihrem Fabrikanwesen in der [[Artilleriestraße]]. Zwei Entwürfe wurden der Reichsbahn und der Stadt vorgelegt: a) Abzweigung durch eine Weiche, b) Abzweigung durch eine Drehscheibe. Wie das Verfahren ausging, kann aus der Akten im Stadtarchiv Fürth nicht mehr entnommen werden. In einem Abschlussvermerk aus dem Jahr 1936 heißt es lediglich: „Ratsherr Schickedanz wurde vom Ergebnis der Verhandlungen mündlich verständigt. Weiteres ist nicht veranlasst.“<ref>StA Fürth, Aktenvermerk Schreyer vom 27. April 1936</ref> Siehe dazu auch den Artikel [[Kasernenbahn]].
# Industriegleis zum neuen [[Gaswerk]] der Stadt Fürth, Leyher Straße 69
# Industriegleis zum neuen [[Gaswerk]] der Stadt Fürth, Leyher Straße 69
# Anschlussgleis für Lagerplatz des Zimmermeisters [[Simon Gieß]]: Dieser hatte von der kgl. Generaldirektion der Verkehrsanstalten die Genehmigung eines Gleisanschlusses für seinen an der Südseite des Staatsbahnhofes etablierten Lagerplatzes erhalten. Anfang 1874 waren die Gleise sowie die Einzäunung des Lagerplatzes hergestellt. Gieß verpachtete diese Einrichtung auch an Dritte.<ref>Fürther Tagblatt vom 14. Februar 1874 - [https://api.digitale-sammlungen.de/iiif/image/v2/bsb11176857_00148/pct:48.01614,73.15006,46.03228,12.39404/pct:69/0/default.jpg online]</ref>


== Sonstiges ==
== Sonstiges ==

Version vom 10. August 2022, 12:32 Uhr

Vorgeschichte

Das erste, von der Staatsbahn zu einem Betrieb abzweigende Gleis, wurde 1866 von der Maschinenfabrik J. W. Engelhardt errichtet. Es führte über die Gebhardtstraße zur dortigen Fabrik zwischen Luisenstraße und Jakobinenstraße. Westlich davon lag die Villa der Firmeninhaber an der Königswarterstraße.

Ab 1877 und nach dem Tod des Vaters Johann Wilhelm Engelhardt 1878 führten die Söhne Eduard und Philipp Engelhardt die Firma weiter. 1889 bauten sie jenseits des Eisenbahngeländes in der Südstadt, da es dort mehr Ausdehnungsmöglichkeiten gab. Das Areal für Werkstätten, Maschinenräume, Lager, Büros usw. erstreckte sich zwischen Karlstraße und Gießereistraße bis hin zur Herrnstraße.

Als 1889 ein Schienengleis über die öffentliche Straße (Karolinenstraße) ohne Genehmigung der Stadt angelegt wurde, stellte die Stadt den Bau ein.[1] Erst nachdem das Kgl. Oberbauamt Nürnberg „keine Erinnerungen“ erhob, erteilte der Stadtmagistrat Fürth die Baukonzession am 2. Juli 1889. Bis 1910 bestand die Maschinenfabrik J. W. Engelhardt & Co.

Überblick über die Gleisanschlüsse in der Südstadt

Anschlussgleis des Gaswerks mit eigener Drehscheibe auf dem Werksgelände, 1911
Beladen eines Güterwaggons auf dem Gelände der Süddeutschen Lebensmittelwerke, 1928

Insgesamt gab es an der Karolinenstraße folgende Anschlüsse von Betrieben an die Staatsbahn welche immer vom sogenannten Industriemuttergleis abgingen. Die Sortierung verläuft von West nach Ost:

  1. Anschlussgleis für Lagerplatz des Zimmermeisters Simon Gieß: Dieser hatte von der kgl. Generaldirektion der Verkehrsanstalten die Genehmigung eines Gleisanschlusses für seinen an der Südseite des Staatsbahnhofes etablierten Lagerplatzes erhalten. Anfang 1874 waren die Gleise sowie die Einzäunung des Lagerplatzes hergestellt. Gieß verpachtete diese Einrichtung auch an Dritte.[2]
  2. Industriegleis der Firma Büchenbacher, Spiegelglasfabrik von Siegmund Büchenbacher, Karolinenstraße 90 - Lagerhaus östlich der Karlstraße ab 1904, Umbau des Gleisanschlusses. Später Fa. Heine und Beißwenger Stahlhandel
  3. Industriegleis Bach/Bergmann, Karolinenstraße 100, östlich der Adlerstraße: Die Firma J. Bach importierte Zedernholz und sonstige ausländische Hölzer. Die Spiegelglasfabrik hatte ihren Sitz in der Gebhardtstraße 33-35. Der Bergmann’sche Lagerplatz diente für Kohlen und Koks. Später Fa. ATEGE Allgem. Transportgesellschaft u. DEMKA
  4. Industriegleis zur Maschinenfabrik von J. W. Engelhardt, Karolinenstraße 106/108 mit Weiche im Fabrikhof, westlich der Gießereistraße: Die Gleise wurden 1908 erneuert bzw. man ersetzte sowohl die Schienen, als auch deren Einbettung in das Straßenpflaster. Nach Übergang des Geländes im Jahr 1917 an die Firma Bauernfreund (Lebensmittelkonservenfabrik) diente das Industriegleis für den Transport von Schlachtvieh in die Stallungen und Schlachträume und für den Transport der Konserven „aller Art“. Die benachbarte Firma Arnold & Co. stellte Obst- und Gemüsekonserven her sowie Marmeladen und Fruchtsäfte. Auch diese Firma benötigte das Industriegleis für den Transport der leeren Dosen ins Lager und die „Expedition“ der hergestellten Dosen mit den Konserven.
  5. Industriegleis zur Firma N. Wiederer & Comp., Fabrikbesitzer Gebrüder Georg und Konrad Schwarz, Besitzer ab 1913 Georg Eugen Schwarz, Leyher Straße 4, zuerst Rillenschienen System Phönix 1912[3]
  6. Industriegleis der Firma Stern und Co., Kaiserstraße 168/170, mit 3 Weichen innerhalb des Fabrikgeländes[4]
  7. Industriegleis zur Speditionsfirma C. Wolfram, Karolinenstr. 146, Lagerhaus, ab 1927 Internationale Spedition Apfelbaum & Wolfram
  8. Industriegleis zur Speditionsfirma Weber & Co., Karolinenstr. 148, zu einer Wellblech-Güterhalle sowie offenen Lagerhalle
  9. Anschlussgleis zur Fa. Ammersdörfer und Haas (Fabrik für Möbel- und Spiegelrahmen mit Sägewwerk, Karolinenstraße 156) und zum städtischen Bauhof: Dieses wurde über die Leyher Straße bis zum Kasernenareal geführt. 1901 hergestellt bis zur Waldstraße; anschließend Streit mit der Stadt wegen der Pflasterung der Flächen zwischen den Gleisen. Die Kosten übernahm die Stadt. Nach Konkurs der Firma 1913: Spiegel- und Spiegelglasmanufaktur Hermann Schön; Einbau von Rillenschienen, System Phönix; Waldstraße zwischen Balbierer- und Humbserstraße 8 Tage lang gesperrt. Umbau 1926 wegen des zunehmenden Autoverkehrs. Außerdem hatten die Deutsche Glas- und Spiegelfabriken AG (DEGUS) Anschluss an die Bahn.[5]1936 beantragte die Firma Schickedanz eine Abzweigung zu ihrem Fabrikanwesen in der Artilleriestraße. Zwei Entwürfe wurden der Reichsbahn und der Stadt vorgelegt: a) Abzweigung durch eine Weiche, b) Abzweigung durch eine Drehscheibe. Wie das Verfahren ausging, kann aus der Akten im Stadtarchiv Fürth nicht mehr entnommen werden. In einem Abschlussvermerk aus dem Jahr 1936 heißt es lediglich: „Ratsherr Schickedanz wurde vom Ergebnis der Verhandlungen mündlich verständigt. Weiteres ist nicht veranlasst.“[6] Siehe dazu auch den Artikel Kasernenbahn.
  10. Industriegleis zum neuen Gaswerk der Stadt Fürth, Leyher Straße 69

Sonstiges

Die Ausführung der Überfahrtsgleise über die Leyher Straße zur Fa. Wiederer wurde 1911 von der Stadt beanstandet. Sie seien vorschriftswidrig angelegt, das Pflaster zwischen den Fahrschienen zu tief, „so dass beim Darüberfahren der Müllabfuhrwagen (mit schweren Vorspannautomobilen) die elektrischen Batterien sowie die Kugellager der Räder starken Stößen ausgesetzt sind, welche zu frühzeitiger Zerstörung beider Teile führen“. Der Firmeninhaber G. Schwarz riet der Stadt, für die Müllwägen einen anderen Weg zu nehmen und nicht mehr die Leyher Straße. Durch den großen Lärm der Müllwägen hätten er und sein ganzes Kontorpersonal zu leiden. Im Januar 1912 zerbrach tatsächlich das vordere Drehgestell an einem „automobilen Müllabfuhrwagen“ beim Überfahren des Wiederer’schen Industriegleises. Es dauerte bis 1913 bis sich alle Beteiligten auf die Verlegung neuer Rillenschienen einigten. Nun konnten auch die Pferde von Fuhrwerken nicht mehr mit ihren Hufen hängen bleiben.[7]

Heutige Spuren

Gleisanschluß der Joseph Hubert Bauunternehmung GmbH & Co. KG in der Karolinenstraße 102 (Juli 2022)

Heutige Reste der Industriegleise finden wir:

  • Zu Karolinenstraße 102 – Bauunternehmung Joseph Hubert (noch intakte Gleisanlage)
  • Zu Karolinenstraße 136 – Karo-Druck (früher zu Fa. Stern), Reste auf der Karolinenstraße erkennbar
  • Zu Flößaustraße 192 (ehemals Centro Italia) - Gleis zu Wiederer & Co., Reste auf der Karolinenstraße erkennbar
  • Zu Karolinenstraße 146 – Auto-Teile Schreiter und Fahrzeug-Verwertung/Recycling ATS, Abschleppservice; Gleisreste noch auf dem Gehweg entlang der Bahn, Gleis führte hinüber zur Spedition Apfelbaum & Wolfram (sog. "Wolframgleis")
  • Zu Karolinenstraße 148 - Verlängerung eines Ladegleises für die ehemalige Spedition Normann. Gleis führt durch eine Lagerhalle hindurch und zu einer weiteren (heute Gelände des Recyclinghof der Stadt Fürth)
  • Zu Karolinenstraße 158 - Kasernenbahn-Gleis bzw. "Ammersdörfer u. Haas". Im weiteren Verlauf vollständig rückgebaut. Hier und da finden sich jedoch noch Überreste der früheren Anlage (insbesondere Schutzsignale an ehemals das Gleis versperrenden Toren).
  • Bei der Infra nur mehr Gleise innerhalb des Betriebshofs für die Busse von infra-verkehr. Die ehemaligen Gleise über die Karolinenstraße wurden zurück gebaut bzw. entfernt.


Literatur

Siehe auch

DB-Schutzhaltsignal Sh 2 an einem Tor an der Leyher Straße (ehem. Industriegleisabschnitt zum Kasernenareal Richtung Waldstraße, April 2010)

Einzelnachweise

  1. Verfügung des Stadtmagistrats vom 22.Juni 1889
  2. Fürther Tagblatt vom 14. Februar 1874 - online
  3. Plan der Bauinspektion Fürth vom Juli 1913
  4. Plan von 1908 der Eisenbahndirektion Nürnberg
  5. Schreiben vom November 1926 – Kosten sind von den Gleisteilnehmern gemeinsam zu tragen.
  6. StA Fürth, Aktenvermerk Schreyer vom 27. April 1936
  7. Schlote, Schienen und Streiks. Auf den Spuren der Industrialisierung. In: Geschichte der Fürther Südstadt, S. 28 ff.

Bilder