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Seit Mitte des 19. Jahrhunderts trat das Phänomen Trödelmarkt in Fürth auf, damit auch gleich Beschwerden. So schien z.B. der Trödelhandel zu einer ungeliebten Konkurrenz für das Handwerk zu werden<ref>siehe Beschwerde in Fürther Tagblatt vom 4. November 1852; diese Konkurrenz scheint eine Anzeige im Fürther Tagblatt vom 19. Dezember 1862 sogar zu bestätigen</ref>. Auch über die Erscheinungsform provisorischer Holzkisten und die ständige Ausweitung<ref>siehe Beschwerde in Fürther Tagblatt vom 27. Mai 1873</ref> wurde Klage geführt. | Seit Mitte des 19. Jahrhunderts trat das Phänomen Trödelmarkt in Fürth auf, damit auch gleich Beschwerden. So schien z.B. der Trödelhandel zu einer ungeliebten Konkurrenz für das Handwerk zu werden<ref>siehe Beschwerde in Fürther Tagblatt vom 4. November 1852; diese Konkurrenz scheint eine Anzeige im Fürther Tagblatt vom 19. Dezember 1862 sogar zu bestätigen</ref>. Auch über die Erscheinungsform provisorischer Holzkisten und die ständige Ausweitung<ref>siehe Beschwerde in Fürther Tagblatt vom 27. Mai 1873</ref> wurde Klage geführt. Anfänglich war der Trödelmarkt in der [[Lilienstraße (ehemals)|Lilienstraße]] zu Hause.<ref>was aus Anzeigen im Fürther Tagblatt vom | ||
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Eine Gerichtsverhandlung des Jahres 1866 weist daraufhin, dass Hehlerware auf dem Markt auftauchte.<ref>siehe dazu Fürther Tagblatt vom 4. September 1866</ref> Ab 1870 begleiteten Zwangsversteigerungen anhaltend das Marktgeschehen. Zur Liquidation kamen Einrichtungsgegenstände (Bett, Tisch, Stuhl, Sofa, Sessel, Kommode, Kleiderschrank, Standuhr, Spiegel, Geschirr, Nähmaschine, Spielwaren, Gemälde, sogar Fuhrwagen und Schreinereibedarf). Die nahezu wöchentlichen Versteigerungen des Gerichtsvollziehers lassen den Schluss zu, dass der Trödelmarkt eine beständige Einrichtung über das Jahr war. Zudem war für den Trödelhandel eine Konzession vonnöten.<ref>siehe Fürther Tagblatt vom 1. Mai 1868</ref> | Eine Gerichtsverhandlung des Jahres 1866 weist daraufhin, dass Hehlerware auf dem Markt auftauchte.<ref>siehe dazu Fürther Tagblatt vom 4. September 1866</ref> Ab 1870 begleiteten Zwangsversteigerungen anhaltend das Marktgeschehen. Zur Liquidation kamen Einrichtungsgegenstände (Bett, Tisch, Stuhl, Sofa, Sessel, Kommode, Kleiderschrank, Standuhr, Spiegel, Geschirr, Nähmaschine, Spielwaren, Gemälde, sogar Fuhrwagen und Schreinereibedarf). Die nahezu wöchentlichen Versteigerungen des Gerichtsvollziehers lassen den Schluss zu, dass der Trödelmarkt eine beständige Einrichtung über das Jahr war. Zudem war für den Trödelhandel eine Konzession vonnöten.<ref>siehe Fürther Tagblatt vom 1. Mai 1868</ref> |
Version vom 3. Februar 2023, 08:48 Uhr
Der "Fürther Grafflmarkt" ist ein traditioneller Flohmarkt und einer der beliebtesten Veranstaltungen in der Stadt Fürth. Er findet zweimal jährlich am Freitag und Samstag in der Fürther Altstadt statt.
Lage
Der Markt erstreckt sich zwischen Gustavstraße, Königstraße und Löwenplatz. Ursprünglich lag das Marktgebiet weiter im Norden über die Heiligenstraße zur Kapellenstraße. In den 1990er Jahren wurde er Richtung Süden verlegt, über die Königstraße auf den Löwenplatz.
Entwicklung
"Trödelmarkt", der Vorläufer im 19. Jahrhundert
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts trat das Phänomen Trödelmarkt in Fürth auf, damit auch gleich Beschwerden. So schien z.B. der Trödelhandel zu einer ungeliebten Konkurrenz für das Handwerk zu werden[1]. Auch über die Erscheinungsform provisorischer Holzkisten und die ständige Ausweitung[2] wurde Klage geführt. Anfänglich war der Trödelmarkt in der Lilienstraße zu Hause.[3]
Eine Gerichtsverhandlung des Jahres 1866 weist daraufhin, dass Hehlerware auf dem Markt auftauchte.[4] Ab 1870 begleiteten Zwangsversteigerungen anhaltend das Marktgeschehen. Zur Liquidation kamen Einrichtungsgegenstände (Bett, Tisch, Stuhl, Sofa, Sessel, Kommode, Kleiderschrank, Standuhr, Spiegel, Geschirr, Nähmaschine, Spielwaren, Gemälde, sogar Fuhrwagen und Schreinereibedarf). Die nahezu wöchentlichen Versteigerungen des Gerichtsvollziehers lassen den Schluss zu, dass der Trödelmarkt eine beständige Einrichtung über das Jahr war. Zudem war für den Trödelhandel eine Konzession vonnöten.[5]
1873 - Umstrukturierung des Trödelmarktes
Kontroverse Diskussionen im Stadtrat machten schließlich die Bildung einer Kommission im Jahr 1873 erforderlich, die für die Neuorganisation des Trödelmarktes zuständig war. Diese Kommission kam zu dem Schluss: "daß eine gänzliche Aufhebung des Trödelmarktes nicht im Interesse des Publikums liege ... es wünschenswerth erscheine, daß die Trödlerverkaufsplätze auf einem Platz, wo sie die Passage nicht hemmen, vereinigt würden, als welcher Platz der Löwenplatz vom Schulhof an mit Liliengasse bis zum Eingang der Rednitzstraße sich eignen würde."[6] Weiters wurde angeregt dagegen Verkaufsplätze in der Theaterstraße und Mohrenstraße nicht mehr zu zulassen. Außerdem sollte eine jährliche Gebühr von 12 kr. pro Meter erhoben werden.[7]
Diese Vorlage wurde im Magistrat angenommen, Theater- und Mohrenstraße vom Trödelmarkt ausgenommen und die dort ausgewiesenen Händler auf die nördliche Seite der Lilienstraße und den Löwenplatz beheimatet. Die vormals in der Wasserstraße Handel treibenden Trödler mussten fortan auf das Areal beim Obdachlosenasyl[8] zurück greifen. Ein Vorschlag der Kommission den Trödelhandel zum 1. November 1874 ganz zu verbieten wurde mit 6 gegen 5 Stimmen knapp abgelehnt[9]. Das Platzgeld wurde für die Auslagen auf jährlich 24 kr. per Meter erhöht. Neue Bewilligungen zum Trödelhandel sollten nicht mehr ausgegeben werden.
Gegen diese Beschlusslage monierten einige Händler, sodass in einer öffentlichen Sitzung des Stadtmagistrats am 27. November 1873 beschieden wurde, dass bis zum 1. November 1874 alles beim Alten bleiben solle, aber dann der gesamte Trödelmarkt auf das Areal in der Rednitzstraße um das alte Feuerwehrhaus - nun umgewandelt zum Obdachlosenasyl - umziehen werde.[10] Dagegen legte die israelitische Kultusgemeinde zum Jahresende Beschwerde ein. Sie wähnte die Einrichtung in Folge zu nahe an ihrem Friedhof. Doch das Ergebnis lautete: "Der Magistrat beharrt auf seinem früheren Beschlusse, wird jedoch beim Vollzug desselben die Trödler so situiren, daß eine Störung der Leichenbegängnisse vermieden wird."[11].
- Anscheinend hatte der Protest der israelitischen Kultusgemeinde dann doch noch gefruchtet, denn Ende 1874 wurde der Trödelmarkt auf den Lilienplatz, die Lilienstraße und den Löwenplatz bis zum Schulhof festgelegt, Wassergasse, Theater und Mohrenstraße dagegen ausgenommen und die Platzgebühr auf 35 kr. noch einmal angehöben.
"Grafflmarkt", die Fortsetzung seit 1975
Der Grafflmarkt wurde erstmalig am 7. Juni 1975 auf Initiative des Altstadtverein St. Michael abgehalten, um dem damals vernachlässigten Altstadtviertel mehr Attraktivität zu verleihen. Zunächst er einmal jährlich, ab 1976 zweimal im Jahr statt.[12] Die Organisation und Durchführung des Grafflmarktes wurde durch den zunehmenden Andrang und Größe vom Altstadtverein an die Stadt Fürth übergeben, so dass heute das Marktamt die Planung und Durchführung des Grafflmarktes durchführt.
In den Jahren 2020 und 2021 musste der Grafflmarkt pandemiebedingt jeweils aussetzen. Der erste Grafflmarkt nach der COVID-19-Pandemie fand wieder im Juni 2022 statt.
Bezeichnung
Die Bezeichnung "Grafflmarkt" kommt vom fränkschen Wort Graffl, was hochdeutsch in etwa "Gerümpel" oder "Ramsch" bedeutet - aber eben auch Trödel - und den Flohmarktcharakter der gehandelten Waren beschreiben soll.
Standbereiche
In den Bereichen Gustavstraße, Waagplatz und -straße, Königstraße und Marktplatz sind Reservierungen der Standflächen erforderlich, während Löwenplatz, Geleitsgasse und ehemals am Paisleyplatz gegen eine Gebühr von derzeit 5 Euro/qm (Stand 2013) frei belegbar sind. Seit 2014 werden die Standflächen über ein Online-Portal vergeben.
Schankzeitendebatte
Aufgrund der Schankzeitendebatte in der Gustavstraße ist auch der Grafflmarkt ins Visier der Gerichte geraten.[13] Insbesondere die längeren Öffnungszeiten während des Grafflmarktes im Frühjahr und das damit verbundene hohe Besucheraufkommen in den späten Abendstunden, gepaart mit den längeren Ausschankzeiten in der Gustavstraße, haben einige Anwohner und Hausbesitzer zum Anlass genommen, die Veranstaltung bzw. deren Öffnungszeiten in Frage zu stellen. In einer längeren gerichtlichen Auseinandersetzung über die Ruhezeiten in der Gustavstraße gaben die Richter den klagenden Anwohnern recht, so dass der Grafflmarkt kurzfristig im Herbst 2014 kurz vor dem Scheitern stand. In der Folge kam es zu einigen Protestveranstaltungen über eine evtl. geplante Schankzeitverkürzung.[14] In einem Moderationsverfahren der Stadt Fürth mit den klagenden Anwohnern einigte man sich im Dezember 2014 in einem "Kompromiss-Papier" auf neue Öffnungs- und Schankzeiten, in der die Stadt Fürth u.a. für den Erhalt des Grafflmarktes bereit war, den klagenden Anwohnern weitesgehend entgegenzukommen.
Literatur
- A weng wos vom Färther Grafflmargd, 99 Photographien von Rainer Ponkratz auf dem Fürther Grafflmarkt, dazu 99 Mundart-Texte von Friedrich Ach, 2012, 104 S.
Lokalberichterstattung
- deg: Feiern, Feilschen und Flanieren: Der 75. Fürther Grafflmarkt. In Fürther Nachrichten vom 19. September 2014 - online abrufbar
- Hans-Joachim Winckler: Fürther Grafflmarkt zog die Menschen trotz des Regens in die Altstadt. In: Fürther Nachrichten vom 24. Juni 2022 - online abrufbar
Siehe auch
Weblinks
- Reservix - Online-Standreservierung - online abrufbar
Einzelnachweise
- ↑ siehe Beschwerde in Fürther Tagblatt vom 4. November 1852; diese Konkurrenz scheint eine Anzeige im Fürther Tagblatt vom 19. Dezember 1862 sogar zu bestätigen
- ↑ siehe Beschwerde in Fürther Tagblatt vom 27. Mai 1873
- ↑ was aus Anzeigen im Fürther Tagblatt vom 26. Juni 1864 oder vom 24. November 1864 geschlossen werden kann.
- ↑ siehe dazu Fürther Tagblatt vom 4. September 1866
- ↑ siehe Fürther Tagblatt vom 1. Mai 1868
- ↑ Fürther Tagblatt, 22. August 1873
- ↑ ebenda
- ↑ gut 30 Jahre später etablierte sich an dieser Stelle dann die Lumpen- und Papiersortieranstalt
- ↑ zu den Beschlüssen der Neuorganisation des Trödelmarktes siehe Fürther Tagblatt vom 17. Oktober 1873
- ↑ siehe dazu Fürther Tagblatt 28. November 1873
- ↑ Einwendung der israelitischen Kultusgemeinde wg. Trödelmarkt, Fürther Tagblatt 30. Dezember 1873
- ↑ Altstadtverein St. Michael Chronik 1974 - 1995 - online abrufbar
- ↑ Johannes Alles: München bestätigt frühen Ausschankstopp beim Grafflmarkt. In Fürther Nachrichten vom 18. September 2014 - online abrufbar
- ↑ FN: Die Gustavstraße protestiert gegen verkürzte Ausschankzeiten beim Grafflmarkt, in Fürther Nachrichten vom 20. September 2014 - online abrufbar
Bilder
Der 6. Fürther Grafflmarkt im Juni 1978 in der Gustavstraße. In der Bildmitte der 2. Bürgermeister Heinrich Stranka, links daneben seine Ehefrau Friedel Stranka.
Am Fürther Grafflmarkt 1977 stellten die Künstler Fritz Lang und Friedemann Streit diverse Arbeiten live und persönlich her
Am Fürther Grafflmarkt 1977 stellten die Künstler Fritz Lang (s. Abbildung) und Friedemann Streit diverse Arbeiten live und persönlich her
Grafflmarkt am 11. Juni 1977: Munteres Treiben am Grünen Markt im abgesperrten Straßenbereich
Grafflmarkt in der unteren Gustavstraße links die ehem. Gaststätte Leistlein, in der Bildmitte Gustavstraße 9 links und rechts Gustavstraße 12 und die Gebäude Gustavstraße 10, Gustavstraße 8 und Gustavstraße 6 am 11.6.1977
Am Fürther Grafflmarkt 1977 stellten die Künstler Fritz Lang und Friedemann Streit (siehe Abbildung) diverse Arbeiten live und persönlich her
Grafflmarkt in der Gustavstraße, 1975.
Der erste Grafflmarkt 1975 in der Gustavstraße.
Der erste Grafflmarkt 1975 am Waagplatz mit Live-Musik.
Der erste Grafflmarkt 1975 in der Gustavstraße.