Israelitische Waisenanstalt: Unterschied zwischen den Versionen

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===Die NS-Zeit===
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Am 22. März [[1942]] wurden die dort wohnenden 33 Waisenkinder von den Nationalsozialisten in das KZ Izbica deportiert. Seitdem gelten sie als verschollen bzw. sind grausam ums Leben gebracht worden. Ihr Schicksal teilte der letzte jüdische Waisenhausdirektor, [[Isaak Hallemann|Dr. Isaak Hallemann]], seine Frau Klara und zwei seiner Töchter.<ref>PastFinder Nürnberg 3. Ausgabe, Seite 113, ISBN 978-3-00-020329-9</ref>
Am 22. März [[1942]] wurden die dort wohnenden 33 Waisenkinder von den Nationalsozialisten in das KZ Izbica deportiert. Seitdem gelten sie als verschollen bzw. sind grausam ums Leben gebracht worden. Ihr Schicksal teilte der letzte jüdische Waisenhausdirektor, [[Isaak Hallemann|Dr. Isaak Hallemann]], seine Frau Klara und zwei seiner Töchter.<ref>Eva Esther und Beate Rachel; PastFinder Nürnberg 3. Ausgabe, Seite 113, ISBN 978-3-00-020329-9</ref>


Heute dient die Synagoge des ehemaligen Waisenhauses als Gemeindesynagoge der [[Fiorda|Jüdischen Gemeinde Fürth]].
Heute dient die Synagoge des ehemaligen Waisenhauses als Gemeindesynagoge der [[Fiorda|Jüdischen Gemeinde Fürth]].

Version vom 26. Februar 2023, 16:29 Uhr

Hallemannstr. 2, Synagoge

Das Jüdische Waisenhaus wurde 1763 von Israel Lichtenstadt (auch Israel Lichtenstaedter od. Lichtenstädter) gegründet und war damit die älteste derartige Einrichtung Deutschlands und blieb die einzige in Bayern. Bis dahin gab es jüdische Waisenhäuser nur in Prag und Amsterdam.


Geschichte

ältestes jüd. Waisenhaus in der Geleitsgasse

Die Anfänge ab 1763

Der Stifter Lichtenstädter widmete der Anstalt einen Anfangsbetrag von 500 Gulden. Insgesamt ging die Stiftung mit einem Kapital von 4100 Gulden an den Start [1], sodass ein Bauplatz Geleitsgasse 1 erworben werden konnte, auf dem die Einrichtung eines Waisenhaus verwirklicht wurde. Das Haus in der Geleitsgasse 1 erhielt auch einen eigenen Betsaal Synagoge. Die frühere Adressbezeichnung (Adressbuch 1819) lautete: Glaitshausgäßlein Haus Nr. 324.
In den Statuten der Heiligen Gesellschaft der Waisenerzieher in Fürth von 1768 wurde festgehalten, dass "hiesige, arme, in gesetzlicher Ehe erzeugte, einfach und doppelt verwaiste jüdische Knaben im Alter von fünf bis dreizehn Jahren" aufgenommen würden [2].
Jeder Waise bekam Wäsche, Schuhe und einheitliche graue Oberbekleidung. Der Unterricht bestand aus den jüdischen Religionsfächern wie Hebräisch lesen und schreiben, biblische Geschichte, Thora und Propheten sowie hebräische Geographie und den Säkularfächern Lesen, Schreiben, Rechnen, Naturgeschichte, Geographie, vaterländische und allgemeine Weltgeschichte [3].

jüd. Waisenhaus vor 1884 ohne Erweiterungsbau

Neubau in der Julienstraße

1863 verzeichnete das Waisenhaus zwölf Waisen, zehn von auswärts und nur zwei von hier [4]. 1866 konnte ein Platz zum Bau eines neuen Waisenhauses erworben werden [5], wo dann 1868 in der damaligen Julienstraße 2 (heute Hallemannstraße 2 / 2a) das neue Gebäude errichtet wurde [6]. Da die Einrichtung die einzige in Bayern war, wurde häufig landesweit um Unterstützung gebeten [7].

Anbau der Mädchenwaisenanstalt

In der Amtszeit von Moses Jonas Königshöfer waren 1881 bereits 48 Kinder in dem Waisenhaus [8], das 1884 nochmals erweitert wurde mit einem Anbau an der Ecke Julienstraße/Rosenstraße [9]. Dieser Anbau war für die Aufnahme von Mädchen bestimmt und hatte als Stiftung dazu 100.000 Mark erhalten [10].

Im August 1906 wurden zwei russisch-jüdische Waisenkinder aufgenommen, deren Eltern bei den antisemitischen Pogromen im Zusammenhang mit der russischen Revolution von 1905 ums Leben gekommen waren.[11]

Verhinderter Neubau

Seit 1908 gab es Überlegungen die für ganz Bayern zuständige israelitische Waisenanstalt in Fürth zu vergrößern. Dies sollte durch einen Neubau geschehen. 1909 wurde dazu ein Grundstück des Gaswerkareals erworben [12]. 1911 erhielt die Waisenanstalt aus dem Nachlass des in London verstorbenen Diamantenhändlers Anton Dunkles 10.000 Mark [13]. Jedoch musste nach dem Ersten Weltkrieg die "Bayerische Israelitische Gemeindezeitung" vom 8. März 1927 zu dem geplanten Neubau melden: Im Jahre 1904 wurde ... ein völlig freies, mit der Aussicht auf das freundliche Wiesental der Rednitz gelegenes, von dem waldigen Höhenzuge der Alten Veste begrenztes, über 2 Morgen großes Grundstück von der Stadtgemeinde erworben und Pläne von den städtischen Bauräten Zizler und Holzer, hier, sowie Herrn Architekten Mayer in Nürnberg hierfür ausgearbeitet und bereitgestellt. Die Grundsteinlegung sollte am 7. Januar 1915, dem 70. Geburtstage des Königs, vor sich gehen. Leider hat sich das Jahr, welches ein solch bedeutsames für die Anstalt hätte werden sollen, zu einem überaus unglücklichen gewandelt, denn inzwischen war der Weltkrieg ausgebrochen, welcher die Durchführung des Planes vereitelte. Das über 160 Jahre angesammelte Stiftungsvermögen ging nahezu ganz verloren. Damit geriet das Fundament der Anstalt ins Wanken und es konnte in der Folge nur noch um Bestandssicherung gehen.

Nach dem Tod Alfred Nathans 1922 erbte die israelitische Waisenanstalt in Fürth sein gesamtes Vermögen[14].

Die NS-Zeit

Am 22. März 1942 wurden die dort wohnenden 33 Waisenkinder von den Nationalsozialisten in das KZ Izbica deportiert. Seitdem gelten sie als verschollen bzw. sind grausam ums Leben gebracht worden. Ihr Schicksal teilte der letzte jüdische Waisenhausdirektor, Dr. Isaak Hallemann, seine Frau Klara und zwei seiner Töchter.[15]

Heute dient die Synagoge des ehemaligen Waisenhauses als Gemeindesynagoge der Jüdischen Gemeinde Fürth.

Leiter des Waisenhauses

Einzelnachweise

  1. Das jüdische Waisenhaus von Fuerth online
  2. Gisela Naomi Blume: "Die Israelitische Waisenanstalt Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, 2010,3 ; Seite 60
  3. Gisela Naomi Blume: "Die Israelitische Waisenanstalt Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, 2010,3 ; Seite 61 f
  4. Allgemeine Zeitung des Judentums vom 19. Mai 1863
  5. Der Bauplatz war noch von Simon Bamberger erstanden worden; vgl. "Der Israelit" vom 6. November 1867
  6. Die Baugenehmigung für das Waisenhaus wurde im Stadtmagistrat am Dienstag, den 19. März 1867 als massiver dreistöckiger Baukörper inclusive einer Synagoge erteilt. Siehe dazu Fürther Tagblatt vom 20. März 1867 - online verfügbar
  7. so z.B. in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1878, wo auch über Inhaltliches Rechenschaft gegeben wird: Schon nach zurückgelegtem 5. Lebensjahre werden die Waisenknaben aufgenommen und verbleiben da bis zum ihrem 13. beziehungsweise 14 Lebensjahre. Während des Aufenthaltes in der Anstalt erhalten sie Logis, Kost, Kleidung und Wäsche, überhaupt vollständige Verpflegung, sowie vollständigen Religions- und Elementarunterrichts - alles unentgeltlich. In der Religion umfasst der Unterricht alle zu diesem Fache gehörigen Gegenstände, bei den Befähigteren Raschi, Mixchna und Gemara. Der Elementarunterricht entspricht den Leistungen einer städtischen Volksschule und erstreckt sich noch überdies auf kaufmännliche Fächer, wie kaufmännisches Rechnen, Korrespondenz und Buchhaltung. Von den neueren Sprachen wird französisch unterrichtet.
  8. Angaben nach Gisela Naomi Blume: Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch) - 1607 - 2007, 2007; Seite 345
  9. Fronmüllerchronik, 1887, Seite 607
  10. Fronmüllerchronik, 1887, Seite 617. Lazarus Schwarz und dessen Gemahlin Bertha Schwarz aus Nürnberg stellten der Verwaltung der israelitischen Knabenwaisenanstalt diese 100.000 Mark zur Verfügung und können so als die Gründer der israelitischen Mädchenwaisenanstalt in Fürth betrachtet werden. Siehe dazu "Der Israelit" vom 3. November 1884.
  11. Die Kinder kamen aus Bialystock und Jekaterinoslaw; siehe Käppner-Chronik zu Mai 1902.
  12. "Der Israelit" vom 6. Mai 1909
  13. Allgemeine Zeitung des Judentums vom 3. März 1911
  14. Daniela Eisenstein:"Alfred Nathan - stiften aus Tradition" in: Museumszeitung Ausgabe 76 / 13.10.2022, Seite 19
  15. Eva Esther und Beate Rachel; PastFinder Nürnberg 3. Ausgabe, Seite 113, ISBN 978-3-00-020329-9

Literatur

  • Gisela Naomi Blume: Die israelitische Waisenanstalt Fürth. In: Fürther Geschichtsblätter, Ausgabe 3/2010, S. 59 - 86
  • Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". In: Fürther Geschichtsblätter, 3/2011, S. 79

Siehe auch

Lokalberichterstattung

Weblinks

Bilder