Walderholungsstätte

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Walderholungsheim im Stadtwald an der Heilstättenstraße, Schaubild, Aufnahme um 1907
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Die Walderholungstätte wurde am 27. August 1908 im Fürther Stadtwald in Betrieb genommen. Das Gebäude war ein langgestreckter Parterrebau im Stadtwald am Fahrweg zur Lungenheilsätte, von diesem ca. 300 Meter entfernt und etwa 25 Meter oberhalb auf sanft ansteigender Höhe. Die Einrichtung diente den erholungsbedürftigen Männern, Frauen und Kindern aus den sog. "minderbemittelten Kreisen" der Stadt Fürth und Umgebung und war nur während der Monate Mai bis Oktober geöffnet. Die Patienten sollten während ihres Aufenthaltes "reine Waldluft bei reichlicher und guter Ernährung" zu sich nehmen, um wieder zu Kräften zu kommen. Es existierten zwei Abteilungen für Frauen und Männer mit je einem Speisesaal, getrennt durch eine Küche. Jeder Saal bot Sitzgelegenheit für 54 Personen. Die Nebenräume wurden von den Ärzten, Schwestern und einem Beschäftigten, der Hausmeisterdienste versah, genutzt. Eine Holzbalustrade, die vor der Halle stand, war auf einem rotgelben Sockel aus Katzensteiner Material aufgesetzt. Hinter dem Anstaltsgebäude gab es zuätzliche Erholungsplätze, von denen man aus zu einem Waldspaziergang gehen konnte.[1]

Im 1. Weltkrieg wurde der Betrieb ab 1916 eingestellt, danach wurden von 1919 bis 1923 durch die Tuberkulosefürsorgestelle der Stadt Fürth tuberkulose Kinder untergebracht und dort behandelt. 1923 übernahm die Stadt Fürth die Walderholungsstätte und führte den Betrieb von 1924 bis 1926 als Tageserholungsstätte mit mehrwöchigen Aufenthalten vor allem für Frauen und Männer weiter. Von 1927 bis 1933 diente sie als Tageserholungsstätte mit mehrwöchigen Aufenthalten vor allem für erholungsbedürftige, zum kleineren Teil für tuberkulosebedrohte Kinder vorwiegend im Schulalter. Ab 1. April 1934 wurde die Walderholungsstätte - wie auch die Lungenheilstätte - an die SA, Gruppe Franken, für ein SA-Schulungslager vermietet.

Betrieb

Patienten & Angestellte um 1909

Der Betrieb wurde durch die Stadt Fürth und dem Zweigverein Fürth des Bay. Landes-Hilfs-Vereins vom Roten Kreuz bzw. dem Frauenverein des Roten Kreuzes sichergestellt. Das Gebäude wurde 1908 auf städtischem Grund errichtet. Die Pläne kamen vom Stadtbaurat Otto Holzer, die Bauausführung erfolgte von Josef Zizler. Das Gebäude entstand in unmittelbarer Nähe zur Lungenheilstätte sowie der Haltestelle Weiherhof der Lokalbahn Fürth-Cadolzburg, so dass die Patienten in ca. 12 Minuten von der Haltestelle bzw. 1 Stunde aus der Innenstadt das Ziel erreichen konnten. Den Nutzern der Walderholungsstätte bot die Lokalbahn eine tägliche Anfahrt um 8:25 Uhr in einem gesonderten Wagen bis Station Weiherhof. Die Rückfahrt legte man auf 18:20 Uhr fest. Die Lokalbahn-Verwaltung gewährte einen ermäßigten Preis für Hin- und Rückfahrt von 25 Pfennigen.

Die Errichtungskosten der Einrichtung übernahmen neben der Stadt Fürth auch die Landesversicherungsanstalt Mittelfranken, die Max Eiermann´sche Wohltätigkeitsstiftung, das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose sowie ein anonymer Spender aus Fürth. Für den Patienten betrugen die vollen Verpflegungaufwendungen täglich 1,50 Mark (incl. Fahrschein für die Lokalbahn), für Kinder im Alter zwischen 10 - 12 Jahren 60 Pfenning und 50 Pfenning für jüngere Kinder. Für sog. Nachtkuren wurde zusätzlich 1 Mark berechnet. 1910 wurden bereits erste bauliche Erneuerungen vorgenommen, so wurde im Speisesaal der Holzfußboden durch ein pflegeleichten Linoleumboden ausgetauscht und das Dach mittels Dachziegeln bedeckt. Zuvor war lediglich eine Teerpappe auf dem Dach angebracht. Auch eine Kegelbahn konnte angelegt werden, die überwiegend von den männlichen Patienten "reichlich" genutzt wurde.

Die ärztliche Leitung hatte jeweils der leitende Arzt der Lungenheilstätte, während die Pflege und Hausverwaltung eine Schwester des Roten Kreuzes übernommen hatte. Ihr standen eine Köchin und ein Hausmädchen zur Seite.

Die Zahl der Patienten nahm im Laufe der Jahre stetig zu. So berichtete man im vierten Betriebsjahr (1911), dass die Zahl der behandelten Patienten von ehemals 141 auf 214 pro Jahr gestiegen war. Eine weitere Expansion schien von Seiten des Berichterstatters schwierig, da die Anzahl der Liegen, die Ausrüstung der Küche mit Geschirr etc. an ihr Limit gelangt waren. Insbesondere in der Zeit von Mitte Juli bis Mitte August kam es scheinbar immer wieder zu massiven Überbelegungen bzw. zu einer verstärkten Anfrage, so dass die Aufnahme vieler Patienten abgelehnt werden musste. In der Einrichtung selbst galt strengstes Alkoholverbot. Wer beim Trinken erwischt wurde, musste die Einrichtung verlassen. Die Patienten konnten tageweise oder die ganze Woche die Kur in Anspruch nehmen. Lediglich in der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde die Einrichtung geschlossen, um den Patienten die Möglichkeit zu geben, zu Hause ein Bad zu nehmen und sich mit frischer Wäsche auszustatten.

In einer statistischen Untersuchung aus dem Jahr 1910 geht hervor, dass die größte Berufsgruppe der männlichen Patienten die der "Bureau-Assistenten" sowie Schreiner und schulpflichtige Kinder waren, während bei den weiblichen Patientinnen die Berufsgruppe der Arbeiterinnen deutlich dominierte, gefolgt von Zurichterinnen, Näherinnen und ebenfalls den schulpflichtigen Kindern. Die durchschnittliche Kurdauer betrug 27,1 Tage bei den Männern, bei den Frauen 26,9 Tage. Spitzenreiter bei den Diagnosen waren stets die Tuberkulose, gefolgt von Anämien (Blutarmut), Neurasthenie (psychische Nervenschwäche) und chronischen Lungenerkrankungen. Ebenfalls erfasst wurde das Gewicht der Patienten. Während des Kuraufenthaltes nahmen die Männer im Durchschnitt 2,8 kg zu, während die Frauen im Durchschnitt 2,2 kg infolge der Kurmaßnahme zunahmen.[2]

Nightcamps

Ein besonderes Angebot für die Bevölkerung - und für damalige Verhältnisse als ein fast einmaliges Angebot in Deutschland zu sehendes Projekt - waren sog. Nightcamps nach amerikanischem Muster. Lediglich eine Walderholungsstätte in Berlin-Pankow hatte dieses Projekt in Deutschland bereits realisiert. Die Idee der Nightcamps war es, vor allem weibliche Patienten mit geschlossener Tuberkulose aber auch mit Unterernährung direkt im Wald nachts unterzubringen. Hierzu wurden eigens Hängematten gespannt, so dass die Patienten unter freiem Himmel die Nacht verbrachten. Aus der Literatur geht hierzu folgendes hervor: Der Vorteil liegt vor allem in der Ausnutzung der Walderholungsstätte bei Tag und Nacht. Der uns für genannten Zweck zur Verfügung stehende Platz war zwar sehr beschränkt, aber durch das verständnisvolle Eingehen einer hiesigen Firma auf unsere Vorschläge wurden billige, völlig zweckentsprechende Hängematten und Schlafsäcke konstruiert, die nicht nur bei den vielen Interessenten ... ungeteilten Beifall gefunden [haben], sondern auch bei den Patienten sich der weitgehendsten Sympathie erfreuten. Aus Gründen der räumlichen Beschränkung und in der Ungewissheit, ob sich bei den Patienten das nötige Interesse und die erforderliche Beteiligung vorfinde, haben wir bis auf weiteres nur 6 Nachtlager installiert, von denen eines der aufsichtführenden Schwester überwiesen wurde und die 5 anderen den Patienten zufielen. Nach Nachfrage war aber aus den Kreisen der Frauen ... so groß, daß wir ständig die 4fache Anzahl Nachtlager hätten anbieten können. Alle rühmten übereinstimmend die wohltuende Ruhe im Wald, die angenehme, erfrischende, auch in der Gluthitze des Sommers nie ganz versagende Luftzirkulation, die auf die Atmungsorgane so wohltätige Wirkung der Waldluft, als große Annehmlichkeit wird empfunden, daß die stramm aufgespannten Hängematten trotzdem einen hohen Grad von Elastizität besitzen und jeder Bewegung des Körpers besser nachgeben als unsere Roßhaarmatratzen. Die Dauer der Nachtkur belief sich auf die Zeit vom 22. Mai bis 2. September.[3]

Die Ergebnisse der Nachtkur konnten aber vom Autor nicht abschließend beurteilt werden, da nur "gesündere" Patienten für die Nachtkur zugelassen wurden, so dass der Vergleich zu den Patientengruppen in der Tageskur schwer möglich war. Zumindest wurde aber der Erfolg vermutet, indem festgestellt wurde: ... die durch die Nachtkur bedingte Abhaltung von Schädlichkeiten wie: Nachtvergnügen, Alkohol, Einatmung rußiger Stadtluft, unhygienisches Wohnen, sprechen für diese Wahrscheinlichkeit. Ebenso wurde festgehalten, dass das Verhalten der Patienten - trotz Bedenken - stets musterhaft war. Auch verdient es Anerkennung, dass die Nachtruhe der Kranken niemals durch Tatenlosigkeiten neugieriger Passanten gestört wurde, obwohl dem Groß des Publikums aus den Tageszeitungen der Situationsplan für die Nachtkuren bekannt war. Der Einführung der Nachtkuren war eine zum Teil öffentliche Diskussion vorangegangen, in der der Nutzen bzw. die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme in Abrede gestellt wurde. Der Autor appellierte am Ende seines Aufsatzes an die Mahner und Kritiker: Vielleicht gelingt es, durch weitere Propaganda und nochmaligem Appell an die Herren Ärzte in diesem Sinne Wandel zu schaffen.[4]

Betrieb nach dem 1. Weltkrieg

Nutzung für tuberkulose Kinder 1919 - 1923

Seinen Bericht über das 9. Betriebsjahr der Walderholungsstätte Fürth 1924 beginnt der ärztliche Leiter der Lungenheilstätte, Dr. Julius Ziller, der gleichzeitig für die Walderholungsstätte zuständig war, mit einem Rückblick: "Angesichts der durch den Weltkrieg bedingten Ernährungsschwierigkeiten und im weiteren Verlaufe infolge der durch die Inflationsperiode erzeugten Geldentwertung konnte die Wald-Erholungs-Stätte ihrem ursprünglichen Zwecke, in erster Linie erwachsenen Erholungsbedürftigen beiderlei Geschlechts zu Sommerkuren zu dienen, seit dem Jahr 1916 bis auf das laufende Jahr nicht mehr zugeführt werden. Erfreulicher Weise konnte aber im Einverständnis mit dem Besitzer, dem Zweigverein Fürth des Bayer. Landeshilfsvereines vom roten Kreuz, die Anstalt der hiesigen Tuberkulosefürsorgestelle für ihre kurativen Bedürfnisse zur Verfügung gestellt werden und so wurden aus städtischen Mitteln, unter Beihilfe anderer Wohltätigkeitsanstalten, in den Jahren 1919 bis 1923, also während fünf auf einander folgenden Jahren, 678 tuberkulose Kinder dortselbst verpflegt und behandelt [...] Da der Zweigverein vom roten Kreuz als Besitzer der Walderholungsstätte infolge der Entwertung des vorhandenen Erneuerungs- und Reserve-Fonds sich nicht mehr in der Lage sah, den Betrieb auf eigenes Risiko weiterzuführen, hat derselbe unterm 31. März 1923 die Anstalt sammt allen Einrichtungen der Stadtgemeinde Fürth zur völlig freien Verfügung angeboten. Unterm 12. April hat der Stadtrat von diesem Angebot Gebrauch gemacht ..."[5]

Nutzung für erholungsbedürftige Frauen und Männer 1924 - 1926

Anfang 1924 ersuchte die Allgemeine Ortskrankenkasse Fürth die Stadt Fürth als neue Eigentümerin "... die Walderholungsstätte Fürth ihrem ursprünglichen Zweck, kranken und erholungsbedürftigen Männern und Frauen während der Monate Mai bis Oktober tagsüber den Aufenthalt in frischer Waldluft bei guter Verköstigung zu ermöglichen, zuzuführen und heuer wieder in Betrieb zu nehmen. Wir sind gerne bereit an den Verhandlungen über die Finanzierung dieses Unternehmens teilzunehmen."[6] Umgehend leitete die Stadt Bemühungen zur Wiedereröffnung ein. Zur Frage, "ob die Anstalt in dem gegenwärtigen Zustand sofort in Benützung genommen werden" könne, listete das Stadtbauamt eine ganze Reihe notwendiger Instandsetzungsarbeiten an den baulichen Anlagen auf, die ja "wegen ihrer leichten Bauart ... nur für den Betrieb in der frostfreien Jahreszeit geeignet" seien und "für deren baulichen Unterhalt sehr wenig aufgewendet worden" sei - insgesamt Kosten von 2500 Mark[7]. Auf die Bitte an Dr. Ziller um gutachterliche Äußerung über die Möglichkeit der Wiederinbetriebnahme der Walderholungsstätte hin erklärte dieser: "Selbstverständlich wird von mir die Oberaufsicht in ärztlicher und wirtschaftlicher Hinsicht übernommen. Die Verpflegskosten nebst persönlichen Ausgaben dürften sich approximativ auf 1 M 50 Pf pro Kopf und Tag stellen, hiezu kommt die Ausgabe für Benützung der Lokalbahn, von der ein entsprechender Nachlaß der Taxe zu erreichen wäre. Es erscheint mir sehr zweifelhaft, ob das Rote Kreuz eine für derartige Zwecke ausgebildete Schwester stellen kann, nachdem ausgesprochener Personalmangel besteht [...] Außerordentlich wichtig ist vom wirtschaftlichen Standpunkt die Einhaltung einer gleichmäßig numerischen Belegung, da Schwankungen in der Belegziffer große Kosten verursachen." Entsprechende Zusicherungen über regelmäßige Einweisungen versuchte die Stadt von der AOK Fürth und von der Landesversicherunganstalt Mittelfranken zu erreichen, dazu von beiden Zuschüsse wie auch von der Städtischen Sparkasse Fürth und vom Zweigverein Fürth-Stadt des Roten Kreuzes. Doch nur die AOK Fürth gab die feste Zusage für einen Zuschuss von bis zu 5000 Mark und stellte in Aussicht, bereits bei der Eröffnung eine größere Anzahl Mitglieder einweisen zu können.[8] Daraufhin beschloss der Finanz- und Verwaltungausschusses am 9. April die Wiedereröffnung unter der Leitung von Dr. Ziller mit sofortigem Beginn der Ausbesserungsarbeiten, der Beschluss wurde am 17. April vom Stadtrat bestätigt. Schwierig gestaltete sich die Besetzung der Stelle der wirtschaftlichen Leiterin, man verhandelte lange vergebens mit verschiedenen Orden und dem Roten Kreuz wegen der Abstellung einer Schwester. Schließlich erklärte sich "Frau Stadtrat" Agathe Kleemann, die im Jahr davor schon als Leiterin der Waldschule Cadolzburg tätig gewesen war[9], zur Übernahme dieser saisonalen Beschäftigung mit durchgehendem Betrieb auch am Wochenende bereit; dazu kamen als Personal eine Köchin und zwei Hausmädchen. Alle erhielten freie Station und Verpflegung (im Ansatz von monatlich 50 Mark), dazu die Leiterin eine Barvergütung vom monatlich 70 Mark, ab Juni 80 Mark, die Köchin 40 Mark und die Dienstmädchen je 30 Mark, ab Juni jeweils 5 Mark mehr. Auch wurde wie früher eine Vereinbarung mit der Lokalbahn AG über verbilligte tägliche Zugfahrten zu etwa 15 Pfennig pro Fahrt getroffen.

Die ersten Frauen und Männer kamen am 26. Mai 1924, die letzten verließen die Walderholungsstätte am 18. Oktober 1924 - es waren 146 Verpflegstage; die Aufenthalte der insgesamt 336 Erholungsbedürftigen - auch von Kindern, für die die Eltern selbst zahlen mussten - dauerten 2 bis 4 Wochen, durchschnittlich 21,9 Tage. Die Erholungssuchenden erhielten dieselben kräftigenden Mahlzeiten wie die Patienten der Lungenheilstätte, bei fast allen zeigten sich Gewichtszunahmen, bei den Frauen zwischen 1/2 kg und 5 kg, bei den Männern zwischen 1/2 und 6 1/2 kg.[10] Für die ärztliche Leitung und die Erledigung der Verwaltungstätigkeit hatte die Walderholungsstätte jährlich 500 Mark an die Lungenheilstätte zu leisten. Nach der Abrechnung für das Betriebsjahr 1924 vom 10. Dezember über die Verpflegkostenersätze hatte die AOK Fürth mit 5003 Verpflegstagen bei Weitem die meisten Patienten eingewiesen, die Patienten der Landesversicherungsanstalt für Mittelfranken kamen auf 1356 Tage, die der Städt. Lungentuberkulosen-Fürsorgestelle auf 662 Tage, die der Eisenbahnbetriebskrankenkasse Rosenheim auf 102 Tage und für Kinder wurden als Selbstzahler 249 Verpflegstage berechnet. Bald hatte es sich herausgestellt, dass der tatsächliche tägliche Verpflegungskostenaufwand einschließlich Fahrtkosten 2,50 Mark war statt der anfangs geforderten 2,00 Mark. So wurden ab Juli von allen außer der AOK 2,50 Mark berechnet. Nachdem die Stadt von der AOK Fürth zu Betriebsbeginn versprochenen Zuschuss von 2000 Mark erhalten hatte, beließ es die Stadt bei den Patienten der AOK bei 2,00 Mark gegen die Zusicherung der Übernahme eines etwaigen Fehlbetrages bei der Jahresabrechnung. Tatsächlich ergab sich 1924 ein Fehlbetrag von 1264,53 Mark, den die AOK Fürth übernahm.[11] Bei den Überlegungen, ob und wie 1925 die Walderholungsstätte in Betrieb gehen sollte, wollten die Versicherungsträger Einweisungen nicht garantieren. Gründe waren u. a. die tägliche Unterbrechung der Kur durch die Übernachtung daheim und die Eröffnung weiterer zu belegender Heime. Die Entscheidung zur Wiedereröffnung 1925 fiel nach einer Zusage von OB Dr. Wild, aus ihm zur Verfügung stehenden Spendenmitteln 5000,00 RM für Verbesserungen an Gebäuden und Ausstattung zur Verfügung zu stellen, dafür wurde u. a. ein Waschhaus erbaut und im ganzen Hause das elektrische Licht installiert. Doch gingen die Belegungszahlen in diesem Jahr und weiter 1926 zurück, die durch die AOK Fürth um die Hälfte.

Nutzung für erholungsbedürftige Schulkinder 1927 - 1933

Als sich Anfang 1927 eine ungenügende Belegung vor allem wegen der fehlenden Zusage von Einweisungen durch die AOK Fürth abzeichnete, stellte der Lungenfacharzt und Leiter der Tuberkulose-Fürsorge Fürth, Dr. Kiermayr, an den Stadtrat den Antrag, "wieder wie in früheren Jahren Schulkinder in die Walderholungsstätte zur Erholung zu schicken ... insbesondere in den Sommerferien. Es wird sich dabei um erholungsbedürftigte, namentlich auch tuberkulose-infizierte Kinder handeln, kranke Kinder wären nach wie vor in anderen geeigneten Anstalten unterzubringen."[12] Nachdem sich die AOK Fürth bereiterklärt hatte, einen Pauschalzuschuss von 4000,00 RM zu leisten - und dies auch in allen Jahren bis zur Schließung tat (1933: 3000,00 RM) -, stimmte der Stadtrat zu: "... Die Einweisung der Kinder erfolgt auf Grund eines Gutachtens des Tuberkulosenfürsorgearztes Dr. Kiermayr ... Die Verpflegskosten sollen einschließlich der Kosten für den Transport der Pfleglinge 1,60 RM pro Tag betragen. Die Verpflegskosten sind aus den dem Wohlfahrtsamt und der Tuberkulosenfürsorgestelle für Kinderfürsorge zur Verfügung stehenden Mitteln und den von der Allgemeinen Ortskrankenkasse Fürth zur Verfügung gestellten 4000.-- RM sowie den für Unterbringung Unbemittelter im Etat vorgesehenen 2000.-- RM zu bestreiten. Die Eröffnung erfolgt am 30. Mai 1927. Auch die Eltern der Pfleglinge sollen je nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zur teilweisen Tragung der Verpflegskosten herangezogen werden."[13] Wie in den Vorjahren wurde per Stadtratsbeschluss Frau Kleemann die Leitung übertragen, wie auch jeweils in den folgenden Jahren bis einschließlich 1932. In diesem Jahr gab es zuerst eine "Mädchenkolonie" mit 57 Mädchen vom 30. Mai bis 2. Juli, anschließend eine "Knabenkolonie" mit 55 Knaben vom 4. Juli bis 6. August und nachfolgend noch einmal eine wegen des schlechten Wetters um 2 Wochen verlängerte "Mädchenkolonie". Zur Beaufsichtigung der Kinder war eine Kindergärtnerin angestellt worden: "Sie hat es verstanden, Ordnung und Disziplin aufrecht zu halten und durch Einführung neuer, origineller Spiele Heiterkeit und Frohsinn zu wecken."[14] In diesem Jahr ergab sich eine Mehreinnahme von 508,41 RM.

Doch schon 1928 sah man sich wegen nachlassender Nachfrage veranlasst, in den Zeitungen und an den Schulen auf die Möglichkeit eines Erholungsaufenthalts in der Walderholungsstätte über das Wohlfahrtsamt hinzuweisen. 1930 ermöglichte man auch die direkte Anmeldung von Kindern durch Erziehungsberechtigte, die den vollen Tagessatz von 1,60 RM selbst zahlten, die entsprechende Veröffentlichung in den Zeitungen beschreibt den Tagesablauf in der Walderholungsstätte: "Am 2. Juni wird die Walderholungsstätte im Fürther Stadtwald für erholungbedürftige - nicht kranke - Kinder beiderlei Geschlechts im Tagesbetrieb wieder eröffnet. Die Kinder fahren unter Begleitung vormittags 8 1/2 Uhr vom Zirndorfer Bahnhof" [in Fürth, mit Sonderwagen] "ab nach Weiherhof, von wo aus sie in die Walderholungsstätte geführt werden, und kommen abends um 7 3/4 Uhr unter Begleitung nach Fürth zurück. Die Kinder erhalten in der Walderholungsstätte nach Ankunft das Frühstück, um 12 Uhr vormittags vollständiges, warmes Mittagessen (Suppe, Fleisch mit Gemüse und Kartoffeln oder Mehlspeise mit Beilagen), um 4 Uhr Kaffee mit Brötchen und um 6 Uhr vollständiges, warmes Abendessen. Zu jeder Mahlzeit wird ein Schoppen Milch verabreicht. Die Kinder spielen im Wald unter ständiger Aufsicht einer Kindergärtnerin. Luftbad mit Kaltwasserdusche ist vorhanden. Kindern, die vor Beginn oder nach Beendigung der Sommerferien in die Walderholungsstätte unter Befreiung vom Schulunterricht kommen, wird täglich 1 bis 2 Stunden möglichst im Freien Unterricht erteilt. Der Verpflegungssatz beträgt 1,60 RM pro Tag; inbegriffen sind die Kosten für die Rückverbringung ..."[15] Im Vergleich dazu betrug das monatliche Gehalt der Leiterin jetzt 150,00 RM und das der Köchin 60,00 RM - jeweils bei freier Verpflegung und Unterkunft in der Walderholungsstätte. 1931 einigte man sich mit der Stadtschulbehörde, begründete Einwendungen von Lehrkräften gegen die 6-wöchige Abwesenheit von Kindern während der Schulzeit durch Verschickung in der Ferienzeit zu berücksichtigen; auch wollte man speziell für den Aufenthalt der zweiten "Kolonie" - nur Knaben der Oberklassen - einen Junglehrer anwerben. Die letzte "Kolonie" setzte sich erstmals aus Mädchen und Jungen zusammen, "vornehmlich solche unter 10 Jahren". 1932 wurde versuchsweise erstmals ein 6-wöchiger Daueraufenthalt mit Übernachtung für täglich 1,85 RM angeboten: "... Für Mädchen von Selbstzahlern wird heuer zum ersten Male eine Übernachtungsgelegenheit in gesonderten Räumen der Lungenheilstätte geschaffen werden, sodaß diese Mädchen während der ganzen Dauer der Sommerferien in ständige Obhut genommen werden können und den Eltern Gelegenheit gegeben wird, selbst in die Ferien zu gehen. Es ist zu wünschen, daß von dieser neuen, zunächst versuchsweisen Einrichtung reichlich Gebrauch gemacht wird ..."[16] Tatsächlich blieben von den 58 Kindern der letzten, gemischten Gruppe 12 Mädchen über Nacht.

Im Jahr 1933 erfolgte erstmals die Ausschreibung der Stelle der Leiterin in den Tageszeitungen sowie im Amtsblatt : "Für unsere Walderholungsstätte im Fürther Stadtwald - Saison Mai bis Oktober -, in der 50 - 90 Kinder tagsüber untergebracht sind, wird eine in Wirtschaftsführung (Haus und Küche) und Kinderpflege erfahrene ältere Betriebsleiterin gesucht ..."[17] Auch die bisherige Leiterin Agathe Kleemann bewarb sich, doch wurde durch Stadtratsbeschluss vom 11. Mai als neue Leiterin Lina Riegler bestimmt. Kurz zuvor, am 5. Mai, hatte der Verwaltungsrat der Lungenheilstätte und der Walderholungsstätte die Einstellung des Betriebs der Lungenheilstätte zum 1. Juli 1933 beschlossen. Eine ins Auge gefasste Übernachtungsmöglichkeit dort möglichst für alle Kinder der Walderholungsstätte wurde aus gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gründen verworfen. Am 15. Mai begannen die Reinigungsarbeiten in der Walderholungsstätte im Hinblick auf das Eintreffen der ersten Gruppe am 29. Mai - doch ein Aktenvermerk vom 22. Mai kündigt mitten in die Vorbereitungen hinein den Anfang vom Ende als Walderholungsstätte an: "Bezirksschulrat Glockner teilt mit, daß in einer Konferenz die gesamte Lehrerschaft sich gegen die Schulbefreiung der Walderholungsstättenkinder vor Beginn der großen Ferien ausgesprochen hat, weil sich bisher durch den Umstand, daß die Kinder während ihres Erholungsaufenthaltes ohne jeden systematischen Schulunterricht bleiben, bedenkliche Lücken im Wissen gezeigt hätten, die nicht mehr ausgefüllt werden konnten. Der Bezirksschulrat könne daher bei der Regierung nicht mehr für eine Dispensierung eintreten und müßte im Gegenteil darauf bestehen, daß die Kinder bis zum Beginn der Schulferien am ordentlichen Unterricht in der Schule teilnehmen. Nach eingehender Aussprache, bei der insbesondere betont wurde, daß die Durchsetzung dieses Standpunktes praktisch die Schließung der Walderholungsstätte - jetzt nachdem ihre Eröffnung eben beschlossen und die Vorbereitungsarbeiten im vollen Gange seien - bedeuten würde und eine solche Maßnahme von der Bevölkerung keineswegs verstanden würde, erbat Bezirksschulrat Glockner sofort telephonisch den Bescheid der Regierung. Dieser fiel dahin aus, daß für 1933 noch einmal von der Erhebung eines Einspruches gegen die vorzeitige Eröffnung der Walderholungsstätte abgesehen und die notwendigen Schulbefreiungen erteilt werden könnten, wenn die Stadtgemeinde eine seminaristisch gebildete Lehrkraft (Schulamtsbewerber oder -bewerberin) als Unterrichtsaushilfe und Jugendpfleger für die Zeit einstelle, während der die Kinder sonst noch die Schule besuchen müßten. Solche Lehrkräfte würden auch in der Waldschule Cadolzburg beschäftigt ...""[18] Es wurden eine Junglehrerin und eine Praktikantin gewonnen und so konnten in diesem letzten Betriebsjahr zwischen dem 29. Mai und dem 30. September 1933 in drei Kurzeiten von jeweils 6 Wochen 111 Knaben und 60 Mädchen tagsüber die Walderholung erleben.[19] Nach der Schließung der Lungenheilstätte zum 1. Juli 1933 und auch nach seiner Pensionierung am 1. August 1933 kümmerte sich Dr. Ziller von seiner bisherigen Wohnung in der Lungenheilstätte aus bis zum 31. August weiter um die Kinder der Walderholungstätte, danach bis zum Ende des Betriebs auf Anforderung von seiner Stadtwohnung aus. Nach dem Weggang der letzten Gruppe erfolgten wie jedes Jahr die Arbeiten zur Stilllegung über den Winter: Die Räume wurden gereinigt, Decken, Geschirr etc. in die geschlossene Lungenheilstätte verbracht. Es folgt der lapidare Vermerk der Verwaltung der Lungenheilstätte vom 11. Oktober 1933: "Die Walderholungsstätte Fürth wurde heute geschlossen. Das Personal ist entlassen."[20] Immerhin wurde den Saisonkräften einschließlich der Leiterin, wie schon in den Jahren davor üblich, der Lohn bis Ende Oktober gezahlt. Den Schlusspunkt dieses Jahres bildete wie so oft vorher ein Dankbrief der Stadt vom 1. Dezember für die Überweisung des Ergebnisses einer Sammlung des Zweigvereins Fürth-Stadt des Bayerischen Landesvereins vom Roten Kreuz zugunsten der Walderholungsstätte.

Nutzung als SA-Schulungslager ab 1934

Um die Zeit der Aufräumungsarbeiten im Oktober 1933 waren schon Verhandlungen mit der SA, Gruppe Franken in Nürnberg, über die Anmietung der Lungenheilstätte als Schulungslager im Gange[21], die sich im Weiteren auch auf die Walderholungsstätte erstreckten[22]. Den Beginn der Vermietung und die Übergabe an die SA dokumentiert ein Vermerk vom 24. April 1934: "Die Walderholungsstätte ist seit 1. April 1934 an das S.A.-Schulungslager vermietet. Das Inventar wurde von der Grundstücks- und Gebäudeverwaltung neu aufgenommen, weil ein Teil des Bestandes anderweitig verwendet wurde."[23]

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Bericht der Stadt Fürth im Fürther Central-Anzeiger vom 27. August 1908
  2. Einrichtungen zur Bekämpfung sozialer Krankheiten in Fürth, Eigenverlag Fürth, 1912, S. 105 ff.
  3. Einrichtungen zur Bekämpfung sozialer Krankheiten in Fürth, Eigenverlag Fürth, 1912 , S. 102 ff.
  4. Einrichtungen zur Bekämpfung sozialer Krankheiten in Fürth, Eigenverlag Fürth, 1912, S. 104
  5. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/514: Walderholungsstätte - Jahresberichte
  6. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Walderholungsstätte - Betrieb: Schreiben vom 26. Februar 1924
  7. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Gutachten vom 4. März 1924
  8. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Schreiben vom 27. März 1924
  9. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Beschluss des Finanz- und Verwaltungausschusses vom 2. Mai 1924
  10. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/514: Jahresbericht 1924 von Dr. Ziller
  11. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Abrechnung vom 10. Dezember 1924
  12. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Schreiben vom 7. März 1927
  13. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Beschlüsse des Finanz- und Verwaltungausschusses vom 18. Mai 1927 und des Stadtrates vom 20. Mai 1927
  14. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/514: Jahresbericht 1927 von Dr. Ziller
  15. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Pressemitteilung vom 10. Mai 1930
  16. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510: Lokalnotiz für die Tageszeitungen vom 9. Mai 1932
  17. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/506: Walderholungsstätte - Gesuche, Notiz vom 6. April 1933
  18. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510
  19. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/514: Jahresbericht der Leiterin Lina Riegler vom 31. Oktober 1933
  20. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/510
  21. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/499: Städt. Sanatorium - Allgemeines: Vermerk vom 19. Oktober 1933
  22. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/512: Walderholungsstätte - Telefonanlage: Schreiben vom 2. März 1934
  23. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/511: Walderholungsstätte - Inventar

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