Kirchweih Poppenreuth
Am ersten Septemberwochenende ist in Poppenreuth seit alters her Kirchweih. Dieser Termin ist gebräuchlich, obwohl weder Peter noch Paul in dieser Zeit Namenstag haben.
Alte Beschreibungen der Festlichkeiten berichten sogar über Muskelspiele zwischen Bamberg und Nürnberg. Die Kirchweih war willkommener Austragungsort für Machtstreitigkeiten zwischen den beiden Grundherren in Poppenreuth und erinnern an die Dreiherrschaft. Der Rat der Stadt Nürnberg und der Bamberger Bischof waren jahrhundertelang die maßgeblichen Ordnungskräfte in Poppenreuth. Der Kirchweihschutz lag aber bei der Domprobstei Bamberg. Deswegen wurden die Festlichkeiten durch den bambergischen Amtmann eröffnet. Dieser kam eigens aus Fürth nach Poppenreuth heraus, begleitet von
- zwei Gerichtsschöffen
- einem Gerichtsdiener, der einen sogenannten Partisan dabei hatte (ein Spieß mit einem Zacken und zwei Schneiden),
- mehreren Pfeifern und Platzknechten
- und vier Kirchweihbeschützern.
Mit dem Begleitpersonal begab sich der Amtmann in das bambergische Wirtshaus zum „Roten Roß” [1] Von hier ging er auf der nördlichen Straßenseite bis zum Brücklein am Landgraben, überquerte darauf die Straße und kam auf der südlichen Seite wieder herauf bis zur nürnbergischen Wirtschaft zum „Schwarzen Adler”. Von dort ging er wieder über die Straße hinüber zum „Roten Roß”, wo der Kirchweihbaum aufgestellt war. Der Amtmann tanzte mit einer bambergischen Untertanin drei Runden um den Kirchweihbaum und ließ das Friedgebot ausrufen. Danach wurden noch drei Salven abgefeuert.[2]
Poppenreuther Kirchweih mit jährlich wiederkehrende Provokationen
Ein Abgesandter des Nürnberger Rates protestierte jedes Jahr gegen den bambergischen Hoheitsakt. Er fand sich zur Eröffnung im „Schwarzen Adler” - also eigenem Hohheitsgebiet - ein und trank dort eine Flasche Wein. Die Provokation und der Protest lag im Trinken der Flasche Wein. Dies war nämlich eine Missachtung der Herrschaftsrechte Bambergs, das für sich in Anspruch nahm, allein den Ausschank von Bier, Wein und Branntwein zur Kirchweih genehmigen zu können.
In späterer Zeit hatte der Gastwirt des „Schwarzen Adlers” mehr mit Verleumdungen zu tun, wie er das in einer Anzeige im „Fürther Tagblatt” vom 21. September 1838 kundtut. Da hatte doch glatt jemand behauptet, er verkaufe seine Brathendel für einen Gulden an der Kirchweih ... [3]
Im Übrigen wurde aber einträchtig zur Kirchweih geladen, wie das Inserate im „Fürther Tagblatt” aus dem Jahr 1839 recht anschaulich zeigen. Dort inserieren sowohl der „Schwarze Adler” als auch das „Rote Roß“ einträchtig untereinander für den gleichen Anlass, die Poppenreuther Kirchweih."Die besten Speisen und Getränke, die ich mir zu verschaffen wußte, werden mich auch dieses Mal der ehrenden Anerkennung meiner geschäzten Gäste erfreuen helfen. Und "Für den Montag habe ich zur besonderen Ergötzlichkeit ein Baumklettern und Sacklaufen der bekannten kühnen Poppenreuther Jugend veranstaltet." [4]
Kirchweih Ende des 19. Jahrhunderts bis heute
Im 19. Jahrhundert wurden in Poppenreuth zwei Vergnügungsvereine gegründet, deren Augenmerk u.a. die Kirchweih war (und ist): die "Kreuzbauern" und das "Edelweiß".
Bei den Kreuzbauern waren die Bauern organisiert (im Wesentlichen aus dem Unterdorf), beim Edelweiß die Knechte und Mägde und im Dorf ansässigen Arbeiter (im Wesentlichen aus dem Oberdorf). Beide achteten sehr auf ihre Standesgrenzen und förderten damit eine gewisse Konkurrenz untereinander. Dies führte in etlichen Jahren dazu, dass es zwei Kirchweihbäume gab - einen von den Kreuzbauern (meist beim Gasthaus Rotes Roß oder bei der Krone, dem Stammlokal der Kreuzbauern) - den anderen in der Nähe des Weißen Roß, dem Stammlokal des Edelweiß.
Die Kirchweih war in Poppenreuth eine Dorfkirchweih und fand mit Ständen und Buden auf der Dorfstraße statt. Gegessen und getrunken wurde in den Dorfwirtschaften.
Noch Mitte des 20. Jahrhunderts war die Kirchweih im ganzen Ort zu Hause, ehe sie (vielleicht auch wegen des Wirtshaussterbens) auf den Kirchweihplatz am Ortsrand neben den Landgraben mit einem Festzelt auswanderte. Erst im 21. Jahrhundert wurde wieder versucht, die alte Tradition aufzunehmen und mit einem Regionalmarkt durch Stände und Buden in der Ortsstraße den Kirchweihplatz mit der Kirche (um die es ja eigentlich gehen sollte) zu verbinden.
Die "Poppenreuther Kärwa" ist heute eine beliebte Fürther Vorortkirchweih mit einem engagiert, liebevollen Kirchweihumzug.
Einzelnachweise
- ↑ . Diese Wirtschaft gilt als älteste Schenkstätte Poppenreuths und war ein altes dompröbstisch-bambergisches Lehensstift. Deswegen ging der Kirchweihschutz von der Domprobstei Bamberg aus. Siehe auch Paulus Ewald, „Geschichte der Pfarrei Poppenreuth“, Seite 72 - online abrufbar
- ↑ vgl. auch Paulus Ewald, „Geschichte der Pfarrei Poppenreuth“, Seite 72 - online abrufbar
- ↑ siehe Anzeige "Warnung" im Fürther Tagblatt - online abrufbar
- ↑ siehe Fürther Tagblatt, 7. September 1839 - online abrufbar
Siehe auch
Literatur
Poppenreuther Kirchweihlieder. In: Fürther Heimatblätter, 1958/4, S. 62 - 63
Lokalberichterstattung
- Poppenreuth punktet mit Gaudiwurm. In: Fürther Nachrichten vom 7. September 2009 - online abrufbar
Weblinks
- Poppenreuther Kärwaboum - im Internet
Bilder
Kirchweihwagen zu Schließung und Abriss der ehem. Poppenreuther Gaststätte „Zum Hirschen”, 2018
Kirchweihwagen zu Schließung und Abriss der ehem. Poppenreuther Gaststätte „Zum Hirschen”, 2018
Kirchweih am Roten Roß 1937
Kreuzbauern stellen Kirchweihbaum vor Gasthaus Krone auf