Süddeutsche Lebensmittelwerke

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Die Süddeutsche Lebensmittelwerke GmbH war in der Karolinenstraße 106 - 108. Das Unternehmen produzierte Fleisch, insbesondere in Lebensmitteldosen, aber auch Suppen etc. Während des 1. Weltkrieges belieferte das Unternehmen das Bay. Heer mit seinen Wurst- und Fleischdosen.

Der Besitzer war August Bauernfreund, dessen Betrieb zunächst nach ihm benannt "August Bauernfreund A. G." hieß. August Bauernfreud, der jüdischen Glaubens war, hatte zuvor in Nürnberg in der Breiten Gasse eine Metzgerei, eher er nach Fürth kam.

NS-Hetze und Emigration

Das Unternehmen war wiederholt der Hetze Julius Streichers und seinem NS-Hetzblatt "Stürmer" ausgesetzt. So wurde erstmals im Februar 1929 vom Stürmer behauptet, dass der "Wurstjud Bauernfreund" in einem großen Korruptionsskandal mit der Bay. Landwirtschaftsminister Dr. Anton Fehr verwickelt gewesen sein soll. So soll Bauernfreund den Minister und Bauernführer bestochen haben, um minderwertige Lebensmittel an das Heer zu liefern, während er sich dadurch nicht nur bereichert, sondern auch von seiner Teilnahme als Soldat im 1. Weltkrieg "frei gekauft" hatte.[1] In weiteren zahlreichen Artikeln beschimpfte Streicher 1929 bzw. 1930 sowohl Bauernfreund als auch den damaligen Bay. Landwirtschaftsminister und Bauernverbandvertreter Dr. Fehr, sowie einen weiteren Ministerialrat und den Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Mitbegründer der liberalen Deutschen demokratischen Partei wikipedia:Hermann Luppe, unterstellt ihnen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit - und bediente sich dabei stets rassistischen Bildern und Annahmnen. Das Prinzip der Skandalisierung war ein häufiges Instrument der aufstrebenden NSDAP Ende der 1920er Jahre, dass viel öffentliches Aufsehen erregte und so manche inhaltlichen Defizite der Partei übertünchte.[2] Auch wenn in der Folge sich die Anschuldigungen Streichers als völlig unbegründet erwiesen - und Luppe und Fehr vor Gericht frei gesprochen wurden - änderte dies nichts an der Hetze und den hasserfüllten Kampagnen Streichers.

Die Süddeutsche Lebensmittelwerke, sowie insbesondere der jüdische Eigentümer August Bauernfreund, waren somit mehrmals das Angriffsziel Streichers für seine nationalsozialistische Hetze im Stürmer, so auch wieder im Juli 1931. Als am 15. Juli 1931 zwölf Menschen nach dem Genuss einer Fleischbrühe der Lebensmittelwerke krank wurden, sah Streicher erneut eine Chance, gegen Bauernfreund zu hetzten. Bauernfreund lies zu dieser Zeit täglich an eine größere Anzahl von Menschen kostenlos Essen verteilen, so auch am 15. Juli. Streicher nutzte diese "willkommene Gelegenheit" um den hungernden "Nichtjuden" (Goj) mit einem satten Juden gegenüber zustellen. Im gleichen Atmenzug nahm Streicher auch noch den Wohlfahrtsreferenten der Stadt Fürth, sowie den Oberbürgermeister Dr. Wild in die Komplizenschaft Bauernfreunds und behauptete im Stürmer, dass Bauernfreund nur dank seiner Verbindungen zur örtlichen Politik mit einem gekauften "Attest" bei der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt wurde.[3] Auch das Gericht, so Streicher, hätte dann die sog. "Vergiftungsfälle" wegen der guten Verbindungen Bauernfreunds nicht weiter verfolgt und den Fall zu den Akten gelegt. Es folgten mehrere juristische Verfahren, u.a. gegen den Meister der Wurstfabrik Bauernfeind, der wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht freigesprochen wurde - da er das damals zulässige wikipedia:Natriumnitrit, dass häufig zum pökeln von Fleisch verwendet wurde, mit Salz verwechselt hatte wodurch die Krankheitssymptome hervorgerufen wurden.

In einem weiteren Gerichtsverfahren, dieses Mal gegen das Hetzblatt Stürmer, konnte Bauernfreund immerhin ein Erscheinungsverbot des Stürmers vom 28. August bis 9. September 1931 erreichen. Im Beschwerdeverfahren gegen das Erscheinungsverbot des Hetzblattes musste Streicher eingestehen - wenn auch nicht-öffentlich - dass die Freundschaft des "Juden Bauernfreund" mit dem Wohlfahrtsreferenten und dem Oberbürgermeister sowie der "roten Mehrheit" im Stadtrat "nur im dichterischen Sinne" zu verstehen gewesen sei. Solche "politischen Witze", so Streicher in seiner Argumentation, seien in einer "satirischen Zeitschrift" üblich.[4] Des Weiteren behauptete Streicher in seiner "Beweisführung", dass man nicht erst nachweisen müsste, dass der "Jude auf der Seite der Linksparteien stehe und umgekehrt zwischen Linksparteien und Juden eine Freundschaft bestünde". Mehr Argumente bzw. Beweise hatte er gegen Bauernfreund nicht aufzubringen, trotzdem wurden das Erscheinungsverbot wieder aufgehoben - und Streicher konnte unbeschadet weiterhin mit seinen Verleumdungen und seiner Hetze weiter machen.[5]

Bauernfreund emigrierte 1933 mit seiner Familie über Frankreich in die USA, wohl wissend was Ihn und seine Familie im Deutschen Reich erwarten würde.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der Stürmer - Sondernummer 1, 13. Jahrgang, Januar 1935 - Titelseite: Der Riesenskandal um den Wurstjuden Bauernfreund
  2. Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg, Band 17, Nürnberg, S. 251
  3. Staatsarchiv Nürnberg: Reg. Mfr II, 225
  4. Heinrich Strauß: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung. Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg, Band 29, Erlangen, 1980, S. 441ff.
  5. Staatsarchiv Nürnberg, Reg. Mfr II, 691