Ernst Kiesel

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Ernst Kiesel (geb. 31. Mai 1900 in Fürth; gest. 1970) war ein Fürther Journalist und einer der bekanntesten Heimatdichter bzw. Mundartdichter. Im Volksmund als der „Kieselstaah“ genannt. Die Zwillingstöchter von Kiesel aus der Ehe mit Babette Huber (ꚙ1921) Erna (verh. Reinel, dann verh. Weiß) und Ernst wurden am 7. April 1938 geboren. Den 2. Weltkrieg verbrachte er als Unteroffizier bei der Feldgendarmerie.

Seit 1930 arbeitete Kiesel als freier Journalist und war zugleich ein Chronist seiner Zeit - und das über 40 Jahre lang. So belieferte er u.a. die Fürther Nachrichten mit Gerichtsberichten, in denen er als Journalist die kriminellen Entgleisungen durch seine wahrhaft "menschliche Brille“ sah. „Einer der Liebenswürdigsten der alten schreibenden Zunft“ nannte ihn die Zeitung in einer Würdigung 1980. Da wäre der gebürtige Fürther 80 Jahre alt geworden.

Leben und Wirken

Bekannt wurde er durch seine Mundart-Gedichte, unzählige Prologe und Festsprüche. Kiesel habe schon als Schüler seine ersten Verse zu einem Gedicht gereimt, als Packer seinen ersten Roman vollendet. 1926 wurde sein erstes Gedicht (hochdeutsch) veröffentlicht, 1930 seine erste Skizze und 1931 seine erste Heimatgeschichte. Ab 1930 war er selbständiger Pressemitarbeiter und ab 1934 in die Schriftleiterliste eingetragen.

Angetan vom „Schöpfer köstlicher Schilderungen aus dem täglichen Leben“ war auch der Vorsitzende Dr. Schwammberger von Alt-Fürth, Verein für Heimatforschung und Leiter des damaligen Stadtarchivs. Deshalb bat Dr. Schwammberger schon frühzeitig Kiesel 1937 bat er deshalb von Kiesel einen Lebenslauf, den er ihm am 20. November 1937 persönlich übergab.Schwammberger sammelte Kiesels Gedichte und veröffentlichte etliche in den Fürther Heimatblättern (heute Fürther Geschichtsblätter).

Nach dem 2. Weltkrieg erschien eine Auswahl aus seinen Mundartgedichten 1952 in den Fürther Heimatblättern. Gleichzeitig trat Kiesel in den 1950er Jahren bei den „Alt-Fürth“-Abenden auf und trug Gedichte vor. So z.B. über die Gründung Fürths aus der Sicht des Fischer Martl und seiner Fraah (Frau). Er ließ deren Begegnung mit Kaiser Koorl (Karl) und seinem Gefolge im Mai 803 „ba der seichten Furt“ geschehen. Anlässlich des 60. Geburtstags von Ernst Kiesel veröffentlichte Dr. Schwammberger mehrere Gedichte von ihm. Zuvor erschienen schon in Buchform 1953 weitere Verse mit dem Band unter dem Titel „Lustiger Streusand“. In drei Bänden wurden seine Gedichte gesammelt. In folge erschienen noch weitere Titel: „A Zinsela“ (= eine Kleinigkeit, 1966), „Nu a Zinsela“ (1966) und „Widder a Zinsela“ (1969).

Einen Roman verfasste 1949 Kiesel ebenfalls: Als heiterer Kriminalroman entstand „Raubmord bei Stadeln?“. Vorangegangen war das Erstlingswerk „Das blutige Hemd auf der Kirchenmauer“, das er auf Bestellung eines Nürnberger Verlegers schrieb. Vom zugesagten Honorar von 2.000 Mark erhielt er aber nur zwei Vorschüsse von je 10 Mark. Dann war der Verleger unauffindbar verschwunden. Trotzdem hatte er es herausgegeben unter einem Pseudonym und Kiesel war leer ausgegangen. „Die Gründung Fürths“ verfasste Kiesel 1955.

Kiesel verstand es, das Milieu der Altstadt, rund um den Gänsberg – seinem Revier – zu beschreiben. Der Literaturhistoriker und Mundartforscher Dr. Karlheinz Goldmann von der Stadtbibliothek Nürnberg bestätigte ihm in einer Rezension, dass er die banale primitive Reimerei dialektischer Ausdrücke zur sprach-philosophischen Lyrik emporhob. Auch der Philosoph und Hegel-Forscher Professor Dr. Hermann Glockner lobte Kiesel und schickte ihm 1967 als „seinem Landsmann und großen Fürther Dichter“ einen Geschenkband.

Es gab wohl keinen, der über Fürth und die Fürther mehr geschrieben hat als der „Kieselstah“, schrieb die Fränkische Tagespost im Nachruf vom 28. September 1970. Unerschöpflich sei er in seinem Bemühen gewesen, die Wesensart von Land und Leuten zu erkennen. Unter seiner Feder formte sich´s schließlich zu Versen, hier dickstrichig, dort pastellfarben, getreu der Fürther Mentalität; so formulierte es Konrad Vogelsang.

Dr. Adolf Schwammberger über Ernst Kiesel anlässlich dessen 60. Geburtstags: "Kiesels Stoffe liegen auf der Straße, er findet sie im Umgang mit den Nachbarn, in der Beobachtung der Sprache, in Enttäuschungen, Ängsten, aber auch in der Freude darüber, dass auf dieser Welt keine Kante auf die Dauer eckig bleibt."

Zu seinem 65. Geburtstag 1965 hieß es, er sei wie kein anderer mit dem Miljö seiner Vaterstadt vertraut. Unerschöpflich sei er in seinem Bemühen, die Wesensart von Land und Leuten zu erkennen und aufzuzeichnen, damit auch die Nachwelt sich noch vorzustellen vermag, wie einst „die Alten sangen“.

Werke (Auswahl)

Dies ist eine Liste von Medien rund um die Stadt Fürth, die von "Ernst Kiesel" erstellt wurden.

 UntertitelErscheinungsjahrAutorVerlagGenreAusfuehrungSeitenzahlISBNnr
A Zinsela (Buch)Fürther Mundartgedichte. Ein Jahr geht durch die Stadt - 1. Band - Frühling in FürthErnst KieselFränkische VerlagsanstaltMundart (Lektüre)Büchlein, Hardcover
Nu a Zinsela (Buch)Fürther Mundartgedichte. Ein Jahr geht durch die Stadt - 2. Band - Sommer in Fürth1965Ernst KieselFränkische VerlagsanstaltMundart (Lektüre)Büchlein, Hardcover163
Raubmord bei Stadeln (Buch)Ein heiterer Kriminalroman aus Fürth1949Ernst KieselEigenverlagKrimi
Belletristik
Softcover166
Widder a Zinsela (Buch)Fürther Mundartgedichte. Ein Jahr geht durch die Stadt - 3. Band - Herbst in FürthErnst KieselFränkische VerlagsanstaltMundart (Lektüre)Büchlein, Hardcover
  • „Ein Heimatfestspiel in drei Akten“ schrieb Kiesel und verlegte den Ort auf den Kirchenplatz von St. Michael und den Marktplatz und die Zeit auf Juni 1632.

Lob auf Fürth

"Wenn anner sagt, Färth is nit grouß
und dou ba uns, dou wär nix lous,
der tout sie a weng brenna.
Wenn anner mant, er könnt sei Mouß
wou anderscht fröhli trinken blouß,
der tout ka Wertschaft kenna.

Mir hom wöi jeder andre Ort,
g'noug an Erholung, Kunst und Sport,
dös wou uns tout erbaua.
Mir hom für Korzweil und so fort
a Heimstätt überol dou und dort,
mmer mouß si um blouß schaua.

Mir hom an Park vull Poesie
und ah manch schöina Stadtpartie
mit Erker und mit Brunna.
Und außer unserer Industrie
hot manches scho an Sympathie
ba unsri Fremden gwunna.

Mir hom a Bood, an Bock, zwa Störch',
an Geismannssool, a Kerwagwerch,
dös wou nit hom die andern,
an Gänsberg und a Michelskerch
und alta Hiefli überzwerch
und rings an Wald zon wandern.

Drum, kumma Fremda, döi uns bsoung,
nou braucht mer Färth nit glei' verfloung,
wall mir nix könnten bieten.
Wenn anner rum horng tout und froung,
der konn was passert raus si soung
und jeder Gast is z'frieden."

Das Fürther Schimpfwort

"Is a Heimtforscher wief,
tout er dort im Stadtarchiv
as an Bouch mit hundert Froung
raus die passendste si soung,
forscht und schreibt nou nach sein Gmerk
dou a wissenschaftlis Werk. -
Längst erforscht vo Grund auf ghört
ah es Schimpfwort dou in Färth.
Wer die Aufgoab ganz bestimmt
und mit Freiden unternimmt,
kann zu dem gewünschten Thema
a poor Wörter dou glei nehma:
Fregger, Seftel, Hammel, Sepp,
Suckel, Spratzel, Rammel, Depp,
Murkser, Torkel, Doofel, Balg
Doldi, Quatscher, Kloofel, Dalk,
Blöidel, Schlamper, Propfer, Knolln, Kalmuck, Schlieten, Hopferdolln.
Bolzer, Socken, Greiner, Schouf,
Strummel, Murf, Zigeiner, Klouf,
Lauser, Ramscher, Ufaplätz,
Krautrer, Hoschpes, Ousterbätz,
Barchkupf, ( ... )
Etza glaab i, sinn's doch gnoug.
Dös is dou a Auswoohl blouß,
denn der Wortschatz der is grouß,
den's in Färth hom, Frah und Moh,
wenn's zum Schimpfen fanga oh.
Vielleicht find' ans dou und dort
zu der Sammlung nu a Wort.
Doch beschreib'n es ganze Fach
is der Wissenschaft ihr Sach'. "

Der Zentaur

"Am Banhufsplatz draußn, su wäi sis halt gehöirt,
Stöiht a wunderschöins Denkmoal, es schöinste vo Färth.
Die Straßnboh selber, döi waß dös und drum
Machts ah um dös Denkmoal a Ehrnrundn rum.

Af stanerin Sockl, in an Wasserrondell
Stenna zwa ba anander, umrauscht vo an Quell.
Für den an vo döi zwa mit der Gaulshinterpartie
Dou hätt' ih meinad su a Oart Sympathie.

Es is a "Zentaur" fei, a ganz seltner Gast
Odä wöi mer döi Vöicher in der Wissenschaft haßt.
G'lebt hobns vur der Sintflut. No, i bin blouß frouh,
daß in dera schrecklichn Zeit i noni woar dou.

Färchterli wild stöiht af sein Sockl er drobn.
Schoad daß im Tiergarten kan lebendign nit hoabn.
Denn i möcht nämli wissn, ob dös Louder a gern
A Schweinernes frißt und ob dös Gaulsäpfel wern."

Literatur

  • Ernst Kiesel. Eine Auswahl aus seinen Mundartgedichten. In: Fürther Heimatblätter, 1952/2, S.1 - 20
  • Adolf Schwammberger: Ernst Kiesel. In: Fürther Heimatblätter, 1960/2, S.17 - 40
  • Ernst Kiesel: Ernst Kiesel zum 70. Geburtstag: Mein erster Vortrag. Mein erster Pressebericht. Mein erstes Buch. In: Fürther Heimatblätter, 1970/2, S.83 - 87

Siehe auch

Bilder