Telefonnetz
Die ersten Telefonnetze (Fernsprechnetz) in Deutschland wurden ab 1877 eingerichtet. Den Start machte am 25. Oktober 1877 ein Testbetrieb in Berlin. Weitere Netzwerke entstanden ab 1881. Neben Berlin entstanden die ersten Netzwerke in Breslau, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Mannheim und schließlich am 1. Mai 1883 in München. Als zweites Industriezentrum in Bayern bekam Nürnberg/Fürth 1885 ein Ortsnetz.
Allerdings gab es bereits vor 1885 erste funktionierende Telefone im Stadtgebiet - diese waren allerdings nicht in einem öffentlichen Netz eingebunden, sondern aus eigenen Mitteln privat angeschafft und in Betrieb genommen worden. So hatte der Nürnberger Mechanikermeister Friedrich Heller in der Vorderen Sterngasse 12 bereits ab 1876 ein sog. Bell-Telephon erworben und technisch im Eigenbau verbessert, um es dann im Sommer 1877 der Öffentlichkeit gegenüber vorzuführen. Auch in Fürth warten bereits erste Telefonanlagen in Betrieb. So hatte bereits ab 1883 Christian Heinrich Hornschuch das Fürther Hauptkontor seiner Firma Weber und Ott an der Maxstraße telefonisch mit der Weberei in Forchheim verbinden lassen. Damit hatte er die erste Überlandtelefonanlage Deutschlands errichtet, deren Leitung bis 1921 ausschließlich seiner Firma diente.
Geschichte
Den tatsächlichen Durchbruch des Telefons schaffte das Medium erst als das Kommunikationsmittel auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Nach München wollte Nürnberg und Fürth gleichziehen und stellten fest: "Nachdem mehrere größere Handelsstädte Deutschlands die Nützlichkeit der Telephon-Einrichtung erprobt haben, dürfte es an der Zeit sein, daß auch Nürnberg und Fürth entsprechend der hervorragenden Bedeutung ihres Handelns und ihrer Industrie, den Vorteil dieses Verkehrsmittels nicht länger entbehren."[1] In beiden Städten hatte sich eigens hierzu ein "Komitee für eine Telephon-Einrichtung" gebildet, die in den öffentlichen Zeitungen für das neue Medium warben. Hierzu sollten sich alle Interessierten in öffentlich ausgelegten Listen eintragen, um den Bedarf besser abschätzen zu können. Nach nur wenigen Tagen gingen über 200 Bewerbungen ein, womit man sich in dem Anliegen bestätigt sah. Ein Antrag an das zuständige Königliche Staatsministerium wurde kurzerhand gestellt. Am 4. Juni 1884 genehmigte die Direktion der Königlichen Posten und Telegraphen 68.000 Mark für einen ersten Kredit. Im Gesamtkostenvoranschlag vom 12. September 1884 kam man auf die stattlichen Kosten für einen Erstausbau in Höhe von 198.000 Mark. Im Vergleich dazu: ein Arbeiter verdiente 1884 im Jahr ca. 500 Mark.[2] Das Geschäftsmodell sah vor, dass es zwei Arten von Nutzungen gab: dem öffentlichen Fernsprecher im Postgebäude und dem "Abonnenten", der sich z.B. im eigenen Betrieb oder Wohnung ein eigenes Telephon leisten konnte.
Am 1. August 1885 ging die erste öffentliche Telephon-Anlage in Nürnberg und Fürth in Betrieb. An dem neuen Netz waren in Nürnberg 144 Teilnehmer mit 172 Sprechstellen und 48 "Abonennten" am Netz, während in Fürth 60 Sprechstellen genutzt werden konnten. Zusätzlich wurden in Fürth zwei "Amtliche Sprechstellen" des Stadtmagistrats in Betrieb genommen, in Nürnberg sechs. Mittels des "Umschaltbureaux", die sogenannte eigene Handvermittlung, wurden die Telefongespräche per Hand durch das Personal zugeschaltet. Die Vermittlung war im Postgebäude am Bahnhof im 1. Obergeschoss untergebracht, das Gegenstück in Nürnberg befand sich im 2. Obergeschoss des Oberpostamtsgebäudes am Hauptbahnhof. Beide Umschaltstellen waren durch eine Freileitung entlang der Staatsbahnstrecke miteinander verbunden und bedienten die Abonnenten tagsüber zwischen 7.00 Uhr und 23.00 Uhr.
In eigens hergestellten und dafür eingerichteten "Umschaltebureaux" wurden in sog. "Klappschränken" die erste Fernsprechverbindung zwischen Nürnberg und Fürth eingerichtet. In so einem Zentralumschalter waren bis zu 50 Einfachleitungen verbunden, betrieben mit einer Ortsbatterie, Rufstrom durch einen Fußinduktor und Mikrophon nach Ader im Bleigehäuse untergebracht. Hersteller war Friedrich Reiner aus München - die später genannten Reinerschen Vermittlungsschränke nach dem Modell Reiner, Baujahr 1885. Typisch für die Klappschränke war, dass im oberen Teil des Schrankes sich sog. "Anrufklappen" befanden, die bei einem ankommenden Anruf sich durch ein Fallen der betreffenden Klappe angezeigt wurde. Unter der Klappe befand sich der sog. "Abfrageklinken", in der dann der Verbindungsstecker "eingestöpselt" werden musste. Zur Verbindungsherstellung war ein Rufstrom notwendig, der per Fußbetrieb mittels eines Kurbelinduktor erzeugt wurde. Fußkurbel war deshalb notwendig, damit der sog. "Manipulant" die Hände freihatte, weshalb stets im Stehen "Manipuliert" werden musste. Anfänglich waren die "Manipulanten" meist männlich, bevor ab dem 1. Dezember 1900 auch in Fürth das "Fräulein vom Amt" Einzug in der Telefonzentrale hielt.
1886 umfasste es bereits 106 Anschlüsse, im selben Jahr erhöhte sich die Durchschnittszahl der täglichen Gespräch von 113 (Januar) auf 334 (Dezember) [3]. Das Telefon hatte seinen Siegeszug angetreten und war nicht mehr aufzuhalten, den 1887 - als nur zwei Jahre nach Einführung der neuen Technologie - stieg die Zahl der Nutzer auf 556, während viele Antragssteller noch auf einen Anschluss warten mussten. Aus technischen Gründen musste anfänglich noch bis zu dreimal zwischen Fürth und Nürnberg umgeschalten werden, bis man den gewünschten Gesprächspartner am Hörer hatte.
Exkurs
Motor des fränkischen Telefonausbaus war der Nürnberger Friedrich Heller (1836 - 1911) in der Vorderen Sterngasse 12. Seit 1858 hatte er in der Nürnberger Altstadt seine Werkstatt für physikalische und medizinische Apparate - eher er das Potenzial des Telefons frühzeitig erkannte und seinen betrieblichen Schwerpunkt darauf verlagerte. Im Jahr 1876 beschaffter er sich eigens dafür ein sog. Bell´sche Telefon und verbesserte es technisch. Bereits 1884 verkaufte Heller bereits 400 Telefonapparate für die Fürther-Nürnberger Telefonanlage und wurde in der Folgezeit einer der größten Lieferanten der bayerischen Post- und Telegraphenverwaltung. Bis 1888 existierten ca. 3.000 Fernsprechteilnehmer, wovon Heller 1.700 Telefon herstellte. Seine Firma "Fabrik elektrischer Apparate für Telephonie und Signalwesen", in der zuvor noch Johann Sigmud Schuckert eine Ausbildung machte und später Mitbegründer der Siemens-Schuckert Werke AG war, ging 1904 Konkurs und wurde deshalb an den Kabelhersteller Felten & Guilleaume mit Zweigniederlassung in Nürnberg verkauft, deren Stammsitz in Mühleim bei Köln war. Aus dieser Niederlassung ging 1910 die später weltbekannte TeKaDe hervor - die Süddeutsche Telefon-Apparate-, Kabel- und Drahtwerke A.G. Ebenfalls aus der Heller´schen Firma ging Karl Stark hervor, der später die Fabrik für "Telephonapparte und deren Teile" gründete. Unter den Namen Bruckner & Stahl stellte die Fa. auch ab 1922 Radiogeräte mit dem Namen Lumophon her. Nach dem 2. Weltkrieg ging wiederum diese Firma in der Grundig AG in Fürth auf.
Erste Telefonzelle im öffentlichen Raum
Das Aus der öffentlichen Telefonzelle
Literatur
- Post. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 290
- Oberpostdirektion Nürnberg (Hrsg.): 100 Jahre Telefon in Nürnberg und Fürth, Ausstellungskatalog der Postabteilung des Verkehrsmuseums Nürnberg vom 1. August bis 30. September 1985, Eigenverlag, Fürth, 1985