Bürgerinitiative "Pro-Kulturforum"
Die Bürgerinitiative "Pro Kulturforum" gründete sich im Juli 2004 im Hotel am Forum und engagierte sich für den Bau eines stadtbildverträglichen Saturn Elektromarkts neben dem Kulturforum. Die Sprecher der Bürgerinitiative waren Dr. Thomas Foerster und Kamran Salimi. Die Bürgerinitiative löste sich formal am 7. November 2006 - nach erfolgreicher Umsetzung der eigenen Ziele - auf, begleitete aber die Baumaßnahmen noch bis zur Öffnung des Elektromarktes am 29. April 2008.
Zusammensetzung der BI
Die Initiative war ein loses Bündnis von 300 bis 400 Personen und bestand aus Anwohner und Eigentümer in der Kapellen-, Würzburger Straße und Foerstermühle, sowie Stifter des Kulturforum Fürth, Eigentümergemeinschaft Wohnstift Fürth, Eigentümergemeinschaft Würzburger Straße 7, Betreutes Wohnen Humanufactus, Kursana Wohnstift GmbH, Hotel am Forum, und den Rechtsanwälten Dr. Foerster, Liebing & Schrader. Zusätzlich waren verschiedene Mitglieder aus den Fraktionen der SPD, CSU und Bündnis 90/ Die Grünen mit dabei. Ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative waren zwei ehem. Stadtheimatpflegerinnen.
Gründung der Bürgerinitiative
Im Februar 2004 beschloss der Stadtrat eine Ansiedlung der Metro Group AG in Fürth zuzulassen, um die Abwanderung der Kaufkraft nach Nürnberg zu stoppen[1] und um "eine Belebung der dahinsiechenden Einkaufslandschaft in der City"[2] entgegen zu steuern. Die Öffentlichkeit wurde zum ersten Mal am 17. Juni 2004 durch die Presse über das Vorhaben informiert. Als Standort wurde die Fläche des ehem. Schlachthofes ausgesucht - Ecke Kapellenstraße / Würzburgerstraße. Ursprünglich wollte hier eine BMW Niederlassung sich ansiedeln, die Niederlassung ging aber kurzfristig auf die Hardhöhe/ Kieselbühl. Die ersten Pläne über das Erscheinungsbild des neuen Gebäudes wurden ebenfalls am 17. Juni 2004 in der Zeitung vorgestellt[3] und zogen sofort massive Proteste nach sich. Obwohl die Stadt Fürth im Vorfeld eine ästhetisch anmutende Bebauung zugesichert hatte, sahen die ersten Pläne alles andere als Ästhetisch aus. Der Baukunstbeirat nahm am 24. Juni 2004 wie folgt zum geplanten Vorhaben Stellung: „Der geplante Baukörper ist in seiner Höhenentwicklung und seiner Flächenausdehnung für den Ort überdimensioniert und beeinträchtigt sowohl dadurch wie auch durch die unmittelbare Nähe seiner Anlieferung und seines Ladehofes entscheidend Freiraum und Eingangsbereich des Kulturforums.... Gestalterisch stellt sich das Vorhaben als ein geschlossener, von Werbeflächen durchsetzter Gewerbebau dar, eine Haltung, die in keiner Weise der Bedeutung eines Innenstadtzugangs gerecht werden kann."[4]. Noch in der selben Woche gründete sich die Bürgerinitiative "Pro Kulturforum", die sich generell nicht gegen eine Bebauung des Saturn einsetzte, sondern sich gegen das sog. "Thomas-Jung-Horrordenkmal"[5] engagierte, also gegen die geplante Architektur. In einem ersten Aufruf mit dem Arbeitstitel "Färdd wärdd - beschädigt?" gab die Bürgerinitiative eine erste Stellungnahme ab: "Diese Null-Architektur, die selbst in einem mittelmäßigem Gewerbegebiet als minderwertig wahrgenommen wird"[6] darf in der geplanten Form nicht gebaut werden, denn damit droht der Eingangsbereich des Kulturforums zum Hinterhof eines Elektrofachmarktes mit dem Panorama auf Müllcontainer, Europaletten, Verpackungsresten und einer 15 Meter hohen Betonwand" zu verkommen.
Forderungen der Bürgerinitiative
Die Forderungen der Bürgerinitiative machten sich an folgenden Problemen der ersten Planung fest:
- Der Baukörper mit 13 m Höhe, 75 m Länge und 45 m Tiefe ist viel zu überdimensioniert und erdrückt geradezu den Vorplatz und vor allem das Kulturforum.
- Die Einfahrt zur Tiefgarage erfolgt über die Würzburger Straße, also unmittelbar neben dem Haupteingang zum Kulturforum und dem Fußgängerweg von der Innenstadt Richtung Billinganlage.
- Die An- und Ablieferzone befindet sich gegenüber vom Haupteingang des Kulturforums und stört damit den laufenden Betrieb.
- Die 7 Meter Hohe Lärmschutzwand zwischen Saturn und Kulturforum "erschlägt" die Eingangssituation des Kulturforums.
- Die Ästhetik eines schwarzen Kubus mit der Werbeaufschrift "Geiz ist Geil" als Eingangssituation zur Stadt Fürth widerspricht gänzlich dem Gedanken einer Stadt mit vielen Denkmälern.
Dem zufolge forderte die Bürgerinitiative:
- Eine Städteplanerisch angepasste Bebauung, sowohl vom Baukörper als auch von der Art der Bebauung (Ästhetik).
- Eine optisch ansprechende Bebauung der Eingangssituation der Stadt Fürth, statt Werbebanner mit "Geiz ist Geil" Slogans - die nachhaltig das Image der Stadt Fürth beschädigen.
- Keine Zufahrt zur Tiefgarage über die Würzburger Straße bei gleichzeitiger Klärung der Konsequenzen durch das erhöhte Verkehrsaufkommen.
- Eine Aufwertung des Kulturforums und deren kulturellen Funktion.
- Reduzierung der geplanten Verkaufsfläche von 5.000 qm auf max. 3.000 qm, da dies für die Innenstadt besser verträglich ist.
Hierzu legte die Bürgerinitiative eine alternative Planung durch einen renommierten Architekten vor, um zu zeigen dass an dieser Stelle auch besser gebaut werden kann[7].
Streit droht zu eskalieren
In der Folge entstand eine hitzige Debatte in der Öffentlichkeit über den Bau des Elektrofachmarktes und deren Architektur. Während die Architekten der Saturn AG wenig entgegenkommen signalisierten, schärfte sich die Situation im Jahr 2005/2006 an der Bauplanung zu. Hintergrund der Problematik war der Umstand, dass vier Parkplätze mitten im geplanten Baugebiet Privatgrundstück des Rechtsanwalts und BI-Sprechers Dr. Thomas Foerster waren[8]. Eine juristische Klärung vor dem Landgericht durch eine Räumungsklage der Stadt Fürth gegen den Eigentümer der Parkplätze verlief für die Stadt und dem Investor ergebnislos[9]. Auch der inzwischen vorgelegte Entwurf viel nicht auf positive Resonanz. Zwischendurch beabsichtigte der Investor die Betonfassade mit Binärformeln zu verzieren, dass zusätzlich für Unverständnis sorgte.
Im März 2006 legt der Investor einen neuen Plan vor. Das Problem der Parkplätze "lösen" die Architekten damit, dass sie nun die Parkplätze umbauen und somit stehen lassen und somit auch das Gebäude der ehem. Evernod-Bank nicht abgerissen wird. Die Gebäudeflucht ist inzwischen parallel zum Kulturforum, so dass ein Platz vor dem Gebäude entsteht. Zusätzlich ist erkennbar, dass weitere Kritikpunkte aufgenommen wurden, z.B. die Verlagerung der Tiefgarageneinfahrt in die Kapellenstraße und die offenen Glasfassade zur Würzburger Straße[10].
Einlenken der Stadt Fürth & Investor
Mit viel juristischem Fingerspitzengefühl und diplomatischem Feinsinn konnte der Folge ein Baustopp verhindert werden. Der gemeinsam festgelegte Kompromiss sieht im Oktober 2006 vor, dass für das Kulturforum ein großer Innenhof entsteht - der ursprünglich als Parkplatz für die Mitarbeiter vorgesehen war. Im Gegenzug gibt Dr. Foerster seine vier Parkplätze auf um den Innenraum weiter zu beleben. Ebenfalls wurde im Kompromiss festgehalten, dass die Außenfassade sich der bestehenden Architektursprache anpaßt und die ehem. Evernod-Bank als Gebäude erhalten bleibt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte der Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung: "Ohne die langen Diskussionen wäre die Verbesserungen nicht erreicht worden... Dies hält er der BI zugute. Ausdrücklich dankte Jung für die Kompromissbereitschaft und erklärte: "Die Stadt hätte es nicht erzwingen können und wäre das Risiko eingegangen, dass Saturn irgendwann abspringt". Mit dem Hinweis auf, dass die Verhandlungsspielräume mit Investoren in Zeiten knapper Arbeitsplätze denkbar eng seien, warb Jung um Verständnis für die Haltung der Stadt, die Saturn keine Steine in den Weg legen wollte."[11]
Auflösung der Bürgerinitiative
Nach erfolgreicher Arbeit löst sich die Bürgerinitiative am 7. November 2006 auf. Die Bürgerinitiative war sich dessen bewusst, dass die Auflösung nicht im Sinne aller Ihrer Mitglieder war - dennoch wurde mehrheitlich dieser Schritt vollzogen.
Folgende Punkte konnten erreicht werden:
- Begrenzung des Baukörpers auf ein städteplanerisch vernünftiges Maß.
- Aufwertung der Platzsituation als Eingangstor zur Stadt Fürth aus dem Westen.
- Wesentliche bessere Fassadenansicht an die bestehende Bausubstanz vor Ort.
- Aufwertung des Kulturforums durch Verlagerung der Tiefgarageneinfahrt und durch die Schaffung des Innenhofes für Kulturraum.
- Erhalt der Evernod-Bank in der historischen Form (mit geringfügigen Änderungen).
Siehe auch
- Kulturforum Fürth
- Foerstermühle
Literatur
Sankowski, Anna: 20 Jahre Kulturforum Fürth 1989 - 2009. Ein Bericht - Überarbeitete Neuauflage zu den Jubelwochen 2014. Fürth, Selbstverlag, Auflage 200, Januar 2014
Einzelnachweise
- ↑ Anna Sankowski: 20 Jahre Kulturforum Fürth 1989 - 2009, überarbeitete Neuauflage 2014, Kulturamt Fürth, 2014, S. 24
- ↑ Wolfgang Händel: Elektroquarder stellt Kufo in den Schatten. In: Fürther Nachrichten vom vom 17. Juni 2004
- ↑ Wolfgang Händel: Elektroquarder stellt Kufo in den Schatten. In: Fürther Nachrichten vom vom 17. Juni 2004
- ↑ Kunstbeirat vom 24.6.2004, in Rundbrief Nr. 4 des Stadtheimatpfleger Dr. Alexander Mayer vom 11. Juli 2004
- ↑ Matthias Boll: Ein Horror-Denkmal. In: Fürther Nachrichten vom 20. Juli 2004
- ↑ BI Pro Kulturforum: Färdd wärdd - beschädigt? Schreiben der BI an die Stadt Fürth vom 18. Juli 2004
- ↑ Bürgerinitiatie Pro Kulturforum, Homepage abgerufen am 5. Februar 2014 HP
- ↑ Susanne Will: Vier Parkplätze gegen Saturn-Schuhschachtel. In: Abendzeitung Nürnberg vom 10. Februar 2006
- ↑ Wolfgang Händel: Parkplätze blockieren Elektromarkt - Landgericht wies die Räumungsklage der Stadt Fürth ab. In: Fürther Nachrichten vom 14. Dezember 2005
- ↑ Wolfgang Händel: Saturn nimmt neuen Anlauf - Geänderter Plan für den Elektromarkt macht Parkplatz-Blockade ein Ende. In: Fürther Nachrichten vom 24. März 2006
- ↑ Volker Dittmar: Die Bürgerinitiative hat das Kriegsbeil begraben. In: Fürther Nachrichten vom 26. Oktober 2006