Bordelle

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Sperrbezirk in Fürth, 2019

Bordell, von frz. bordel „Bretterhütte“, ist die Bezeichnung für ein Gebäude oder Teil eines Gebäudes, in dem Menschen (meist Frauen) sexuelle Dienstleistungen anbieten und ausüben.[1] Seit der Novellierung des Prostitutionsgesetz vom 1. Januar 2002 gilt in Deutschland die "Förderung der Prostitution" nicht mehr als Straftat, jedoch wurden vom Gesetzgeber einige Auflagen an Betreiber dieser Einrichtungen gemacht, die den Behörden und der Polizei Kontroll- und Zugriffsrechte zum Schutz der Prostituierten gewährt. Im Juli 2017 wurde das Prostitutionsschutzgesetz neu nivelliert, dass neben einer Meldepflicht der Prostituierten auch die Kondompflicht eingeführte und Beratungsgespräche im Gesundheitsamt vorsieht. In Bayerischen Kommunen über 30 000 Einwohner ist die Beschäftigung der Prostitution primär erlaubt, lediglich auf Straßen, öffentlichen Plätzen und in Sperrbezirken ist dies untersagt. Somit erlaubt die Stadt Fürth im Stadtkern bzw. in einem "Dreieck zwischen Pegnitz und Rednitz, dessen Grundlinie die Flößaustraße bildet", die Prostitution.[2]

Geschichte im 20. Jahrhundert

Auch Fürth hatte sein Rotlichtviertel in jüngster Zeit, dieses befand sich im Bereich der Gustavstraße. Die offiziellen Bordelle befanden sich bis zu ihrer Schließung 1923 in den Gebäuden Gustavstraße 20 , Gustavstraße 22, Untere Fischerstraße 5 und Obere Fischerstraße 2.[3] Die "Notwendigkeit" bzw. der Hauptnutzer dieser Dienstleistung waren vor dem 1. Weltkrieg in der Regel Soldaten. Da Fürth eine Garnisonsstadt mit vielen Militärangehörigen war, entwickelte sich das entsprechende gewerbliche Angebot im Bereich der Altstadt, aber auch zum Teil in unmittelbarer Nähe zu den Garnisonen. Allerdings waren die Einrichtungen in der Bevölkerung nicht unumstritten, da auf Grund fehlender Hygienevorschriften und Schutzmaßnahmen die Anzahl der Geschlechtskrankheiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Fürth deutlich anstieg.

Gleichzeitig stellten die Prostituierten und deren Betriebe eine "Erregung der Öffentlichkeit" dar, so zumindest in der Argumentation der eher konservativen und religiösen Bevölkerungsgruppen. Einer der engagiertesten Wortführer gegen die Prostitution war der Stadtrat und Stadtpfarrer Paul Fronmüller, der die rasche Schließung der Bordelle forderte, zumal sich nach dem 1. Weltkrieg scheinbar die Nutzergruppe dieser Etablissements sich zu ändern schien. Aufgrund des Versailler Vertrags wurden nämlich viele Garnisonen geschlossen bzw. die Zahl der Soldaten nahm rapide in Fürth ab, sodass laut einer örtlichen Presseberichterstattung zunehmend (auswärtige) Schüler (!) die Dienstleistung der Prostituierten in Anspruch nahmen. Vor allem die Anzahl der steigenden Geschlechtskrankheiten führte Anfang 1923 zu einem staatlichen Handeln im gesamten Deutschen Reich. Am 23. Januar 1923 gab die Regierung und Kammer des Innern in Bayern eine Verordnung heraus, die eine Schließung der Bordelle bis zum 1. Mai 1923 vorschrieb - mit Ausnahme der Pfalz. Hier hatte sich die französische Regierung gegen die Schließungen der Bordelle eingesetzt, sodass diese Region davon ausgenommen war. Die Verordnung sah vor: Den unter Polizeiaufsicht gestellten Dirnen ist zu untersagen: 1. in Häusern, in denen sich Wirtschaften befinden, oder in denen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wohnen, Wohnungen zu nehmen, und 2. in größerer Zahl als höchstens 2 zusammen zu wohnen.[4]

Das Thema der Bordellschließungen erreichte schließlich Anfang 1923 den Stadtrat, bzw. einige der Betreiber der Bordelle stellten eine Eingabe an den Stadtrat, dass ihnen die Schließung bis zum 1. Mai 1923 nicht möglich sei. Als Grund dafür gaben sie an, dass sie in dieser kurzen Zeit bis zur Schließung keinen anderen Beruf erlernen bzw. finden könnten - und auch das eingesetzte Personal sei in so kurzer Zeit nicht anderweitig unterzubringen. Der Bezirksarzt sprach sich nach einem von ihm erstellten Gutachten für diese Ausnahmeregelung aus, unter Bezugnahme der Gesundheitspolizei. Auch der Polizeireferent und Rechtsrat Wilhelm Strobl schloss sich diesem Gutachten an und beantragte, die Schließung der Bordelle erst zum 31. Dezember 1923 vorzunehmen, um den Betroffenen mehr Zeit zu geben. Dem widersprach der Stadtrat Paul Fronmüller mit der Aussage ... daß durch die Bordelle die Unzucht besser kontrolliert und beaufsichtigt werden kann, hält aber trotzdem die Aufhebung der Bordelle als zwingend erwünscht [da] trotz der der Bordelle ... die Geschlechtskrankheiten in der letzten Zeit unheimlich zugenommen [haben]. Und für wen werden eigentlich diese Häuser in Fürth gehalten? Es ist ein Ehrenzeugnis für unsere Gemeinde, daß sehr viele Gäste von auswärts sind. Auswärtige Schüler sind die häufigsten Besucher.[5] Ob es sich tatsächlich um "Schüler" als Besucher eines Bordells handelte, wie Fronmüller gesagt haben will, oder ob es sich dabei um einen Hör- oder Tippfehler handelte, ist aktuell nicht mehr gesichert. Vermutet werden kann, dass hiermit vielmehr "Schieber" als "Schüler" gemeint waren, was auch der Autor der 1990 erschienen Publikation Gerd Walther in seinem Buch "Die Fürther Altstadt" vermutete.

Fronmüller gab weiterhin im Stadtrat zu Protokoll, dass die meisten der Bordelle in seinem unmittelbaren Umfeld seien, weshalb er bestens informiert sei - und auch diesbzgl. stets aus der Bevölkerung über die misslichen Verhältnisse informiert wird. Insbesondere sei zu beobachten, dass insbesondere nachts durch ständig anfahrende Autos die Nachtruhe gestört sei. Zusätzlich erregt "... das Treiben in den Häusern selbst bei offenen oder doch wenigstens nicht verhängten Fenstern ebenfalls..." die Öffentlichkeit. Auch sei beobachtet worden, dass in den Häusern die ganze Nacht "durchgekneipt" wird, und der Wein- und Bierverbrauch "enorm" sei. Das diese Aussagen in einem Widerspruch stehen will Fronmüller nicht erkennen, da er erst "nur" von Schülern als Hauptnutzern sprach - jetzt aber von nächtlichen Autonutzern, die die Nacht durchzechen - was Schüler per se schon weitestgehend ausschließt. Auch die Polizei widersprach den Darstellungen Fronmüllers und gab zu Protokoll, dass es im Bereich der Bordelle zu keinen nennenswerten Auffälligkeiten gekommen sei. Fronmüller gab sich nicht geschlagen und versuchte moralisierend weiter zu argumentieren, in dem er sagte: "Es wird horrend verdient und immens vergeudet, während viele alte Leute nicht wissen, wie sie sich ernähren können. Bei der Wohnungsnot... kann man nicht verstehen, daß eine ganze Masse dem Zweck dieser Häuser zu Verfügung gestellt werden." Auch der Stadtbaurat Hermann Herrenberger meldete sich zu Wort und begrüßte die alsbaldige Schließung der Bordelle. Seiner Meinung nach würden damit 1 bis 2 Dutzend Wohnungen entstehen - zudem sei das Treiben in den Bordellen der Bevölkerung nicht zumutbar. Fronmüller forderte nach einer längeren Diskussion die Ablehnung des Gesuchs der Bordellbetreiber, was ihm auch mit 7 gegen 4 Stimmen gelingt und somit beschlossen wurde.

Damit endet erstmal offiziell die Geschichte der Bordelle in Fürth. Es ist anzunehmen, dass es auch in Fürth nach dem 1. Mai 1923 Prostituierte gab, wenn auch nicht unter städtischer bzw. staatlicher Kontrolle - sondern im Bereich der illegalen Beschäftigung der Frauen. Nach dem 2. Weltkrieg ist die Prostitution in Westdeutschland legal, aber sittenwidrig.[6] Auch in Fürth sind erneut solche Etablissements zu beobachten. Auch die Gustavstraße spielt in diesem Kontext eine Rolle. So wird die Gustavstraße ab 1945, vor allem für die US-Soldaten, eine begehrte Einkehradresse, in der auch Prostitution eine Rolle spielte. Erst, nachdem die Exzesse wie Massenschlägereien und permanente Nachtruhestörungen so aus dem Ruder liefen, wurde 1954 durch den Stadtverwaltung und der örtlichen US-Militärregierung der Bereich um die Gustavstraße zum "Off-Limits" Bereich für US-Soldaten erklärt.[7]

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlagerten sich die Bordelle aus dem Innenstadtbereich. Die Bordelle sind heute eher in der Südstadt wie Oststadt zu finden, vereinzelt mag es aber weiterhin einzelne Prostituierte im Innenstadtbereich noch geben.

Aktuelle Bordelle

Die Kriminalpolizei gab 2011 gegenüber der örtlichen Presse an, dass es im Stadtgebiet neun "bordellartige Etablissements" und 15 Terminwohnungen und kleine Appartements gibt, in denen Sexarbeiter ihrem Geschäft nachgehen. Ein Rotlichtviertel, ähnlich wie in Nürnberg am Frauentorgraben, gibt und gab es in Fürth nicht. 2011 beschwerten sich Anwohner über ein neu entstandenes Bordell in der Flößaustraße 169. Aktuell (Stand 2020) wurden im Stadtgebiet auf einer einschlägigen Homepage noch an folgenden Orten jeweils "bordellartige Etablissements" aufgezeigt:

Sonstiges

Im Rahmen der Corona-Pandemie wurde am 17. März 2020 durch die Bay. Staatsregierung der allgemeine Katastrophenfall ausgerufen. Eine Folge dieser Maßnahme war, dass alle Bordelle im Stadtgebiet mit sofortiger Wirkung schließen mussten.

Literatur

Lokalberichterstattung

Siehe auch

Weblinks

  • Fachberatungsstelle für Prostituierte Kassandra e. V. - Homepage

Einzelnachweise

  1. Artikel Bordell aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  2. Johannes Alles: Bordell in der Südstadt empört die Anwohner. In: Fürther Nachrichten vom 11. März 2011
  3. Gerd Walther: „Die Fürther Altstadt - Rund um Sankt Michael“, Fürth, 1990, S. 120 ff.
  4. A. Gottstein, A. Schlossmann, L. Teleky (Hrsg.): Wohlfahrtspflege, Tuberkulose, Alkohol, Geschlechtskrankheiten - Hans Haustein: Die Geschlechtskrankheiten einschließlich Prostitution, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1926, S. 666 ff.
  5. nn: Aufhebung der Bordelle. In: Fürther Neue Zeitung vom 18. April 1923
  6. Wikipedia: Prostitution in Deutschland, online abgerufen am 2. April 2020 | 14:50 Uhr
  7. fn: Altstadt - "Off Limits" für Besatzungsmächte. In: Fürther Nachrichten vom 8. November 1954
  8. Yellowmap online abgerufen am 1. März 2020 | 19.01 Uhr - online abrufbar