Seite:Altstadtblaeddla 044 2010-2011.pdf/37

Aus FürthWiki
Version vom 19. Juli 2024, 22:47 Uhr von Zonebattler (Diskussion | Beiträge) (→‎Nicht korrekturgelesen: Die Seite wurde neu angelegt: „44 – 10/11� eindeutig das ältere Patrozinium, anhand der Wahrnehmung der Pfarrstelle durch die Domkanoniker ohne bekannte Änderungen wahrscheinlich seit…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.


44 – 10/11�

eindeutig das ältere Patrozinium, anhand der Wahrnehmung der Pfarrstelle durch die Domkanoniker ohne bekannte Änderungen wahrscheinlich seit 1007. Noch mindestens ein halbes Jahrhundert hieß die Pfarrgemeinde in Fürth St. Martin bis sich dann in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts St. Michael durchsetzte bzw. durchgesetzt wurde. Im Zuge einer Neuorganisation der kirchlichen Verhältnisse von St. Lorenz aus wäre der Patroziniumswechsel sogar verständlich und, soweit die Historiker von Guttenberg und Deinhardt dargelegt haben, auch nicht einzigartig. Betrachtet man St. Lorenz als neuen Sitz der Domkanoniker mit allen übertragenden Pfarrrechten, hätte die Beibehaltung des alten Patroziniums in Fürth nur zu Kompetenzverwirrungen geführt wie das Verhalten der Pfarrer von Grindelach und Centgräf ja gezeigt hat. In Bezug auf unsere Kirchenbauten gibt es aber ein weiteres Problem. Rechnet man die Ruine im Wiesengrund dazu, hätte es nach der zeitlichen Analyse in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in Fürth drei Gotteshäuser gegeben, eine Pfarrkirche und zwei Ka-

Altstadtverein Fürth

pellen. Trotz schlechter Quellenlage hätte das irgendwo erwähnt werden müssen, gerade weil die beiden Kapellen fast zeitgleich neu erbaut waren, um Verwechslungen zu vermeiden. Die Kirche und die Kapelle, die uns aus den Quellen des 14. Jahrhunderts bekannt sind, standen aber beide auf dem Kirchenplatz. Von der Ruine im Wiesengrund gibt es nach wie vor nur eine legendäre, mündliche Überlieferung als Kapelle aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, die anscheinend einen humanistisch geprägten Gedankengang in Bezug auf Karl den Großen ohne speziellen Nachweis aufgegriffen hat. Der Aufforderung des Landalmosenamtes, intensiv nach Unterlagen über die besagte Kapelle im Wiesengrund in den Kirchenakten zu suchen, ist Carl Friedrich Lochner nicht nachgekommen – warum auch, wenn die Bezeichnung der Ruine als untergegangene Kapelle tatsächlich auf ihn selbst zurück zu führen wäre? Interessant ist auch, dass Pfarrer Lochner die Zerstörung der „Kapelle“ in den Markgräflichen Krieg, also ins 15. Jahrhundert, datiert und nicht wie später angenommen in den Dreißig-

jährigen Krieg, an den sich der eine oder andere eventuell noch hätte erinnern können. Wie man allgemein auf eine Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg gekommen ist, bleibt überhaupt ein Geheimnis des Geleitsmannes Seyfried, der das 1731 in hohem Alter so berichtet hat, selbst aber erst 1684 – also später als der junge Lochner – nach Fürth gekommen ist. Der Chronist Fronmüller verlegt die erste Zerstörung der „Kapelle“ sogar ins 10. Jahrhundert ebenfalls ohne Beleg – dann in den Dreißigjährigen Krieg. Deutlich wird aus diesem Hin und Her aber, dass der Untergang sehr, sehr lange zurück lag und es in Fürth keine Information mehr darüber gab, die den Zeitpunkt der Zerstörung hätte belegen können. Darum wird die Deklaration der Ruine als untergegangene Kapelle ein immerwährendes Geheimnis der Fürther bleiben. Auf dem Kirchenplatz lässt sich das Verhältnis beider ursprünglich romanischer Kirchen zueinander nicht mehr klären. Wenn die „capella annexa“ 1362 mit dem Martinspatrozinium belegt war, müsste geklärt werden, ab wann das Patrozinium des Hei-

ligen Grabes dazu kam, da das Vorgängerpatrozinium von St. Lorenz als ehemalige Tochtergemeinde ebenfalls „Zum Heiligen Grab“ lautete. Haben wir es hier auch mit einer Folgeerscheinung aus der Neuorganisation der kirchlichen Verhältnisse im 14. Jahrhundert zu tun, bei der das frei gewordene alte Patrozinium von St. Lorenz auf die „entrechtete“ Mutterkirche übertragen wurde, aus den oben geschilderten Gründen? Einen letzten Beleg, dass Verwechslungen bei den Zuordnungen zur Kapelle auf dem Kirchenplatz und zur Ruine im Wiesengrund tatsächlich vorgekommen sind, gibt der Bericht des Bürgermeisters Johann Martin Meyer als er 1843 davon erzählt, dass die Glocke der Martinskapelle bei ihrer Einebnung an den Besitzer des Pfarrgartens verkauft worden sein soll. Eine Vorrichtung für eine Glocke hat die Ruine im Wiesengrund aber seit Boeners Darstellung nicht mehr gehabt, nicht einmal mehr seit Carl Friedrich Lochners Bericht ans Nürnberger Landalmosenamt im Jahr 1679, sondern nur die ➢ Seite 38

37

Altstadtbläddla_2010.indd 37

15.11.2010 11:52:59