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Altstadtverein Fürth �

46 – 12/13

Engel über der Stadt

Foto Modschiedler

Fritz Schnetzer

In dem Film „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders steht ein Engel hoch über den Dächern der Stadt und redet und leidet und liebt. Der Engel ist Bruno Ganz, den liebe ich über alle Maßen als großartigen Schauspieler. Fürth hat seine Engel auf einem Schornstein hoch über der Gustavstraße. Pünktlich kommen sie seit einigen Jahren im April aus dem Morgenland, aus dem Mohrenland, halten sich hier auf, vermehren sich, wenn es ihnen Recht ist und wenn es die Verhältnisse zulassen, stolzieren über die Fluss­auen, werden beobachtet vom Pfarrhaus aus und von sonstwo mit Ferngläsern und Videokameras und verschwinden wieder Ende August ins Morgenland oder in einen Himmel, aus dem sie herabgestiegen. Fürth lässt sich seine Engel etwas kosten. So wurde für 60 000 DM ihre Plattform ,ein Fabrikschorn-

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stein, hergerichtet und nun thronen sie als Säulenheilige ohne Zölibatsverpflichtung über Gerechte und Ungerechte. Hatte England vor Jahren in Lady Di die Königin der Herzen – und verriet sie gnadenlos – so haben wir in Fürth das Königspaar der Lüfte. Aber England verdient seine Engel nicht, wir hier in Fürth verraten niemand, wir sind bodenständig und treu, wir schicken niemand in die Wüste, es sei denn ein paar erfolglose Fußballtrainer, welche den Fürther Namen zu Spott machen und glauben machen, dass Kleeblätter und Greuther aus Fürth etwas mit vegetarischer Ernährung und grundsätzlicher Disposition zur Schwäche zu tun hätten. Nein, seit diese himmlischen Wächter von Fürth Besitz ergriffen haben, ist etwas Erhabenes, unzeitgemäß Feierliches über dieser Stadt. Von Poppenreuth mit dem Auto kommend schraube

ich meinen Blick sogleich erwartungsvoll nach oben: ja, sie stehen da, hochaufgerichtet und stolz, die langen Schnäbel wie Lanzen, was soll uns hier noch geschehen: „Schutz und Sicherheit im Zeichen des Nestes“. Und wenn sie sich in die Lüfte heben, mit wenigen, kräftigen Schlägen gekonnt an Höhe gewinnen, den Aufwind nutzend in immer größer werdenden Kreisen, dann schlägt mein Herz schneller und es pocht mir im Hals ob so viel Schönheit. Ach, ich gestehe es, auch die Paarung habe ich beobachtet, das Balzen im Horst, das Kreisen um eine unsichtbare Mitte, das Aufspringen und Flügelschlagen, der Balanceakt hoch oben in den Lüften, die geöffneten Schnäbel: dieses Vögeln scheint schwerelos, heiter, ein Engeln eher: Mann und Weib und Weib und Mann, reichen an die Gottheit ran. Kein Menscheln, keine irdische Trau-

rigkeit post coitum. Generationsübergreifend weitet sich das Fürther Herz. Doch die Liebe höret nimmer auf, sie ergießt sich noch auf Kinder und Kindeskinder. Als nach heftigen Regengüssen im Frühjahr ein jeder zwar im Trocknen saß, doch der Blick durch die beiseitegeschobenen Gardinen auf das dachlose Storchenpenthouse fiel, da dachte jeder an die rohen Vögel dort oben, schutzlos dem Toben der Elemente preisgegeben, gerade sprossen die ersten Federkiele, noch nichts Handfestes jedenfalls, kein Federkleid. Mütter dachten an Lungenentzündungen und Blasenkatarrh, Strickfreudige wollten Pullover produzieren, Wolllust für Störche, bestrickte Engel. Schließlich scheuchte man Feuerwehrmänner nach oben, in einem Körbchen lag die Brut, drei- oder vierköpfig wie weiland Moses im Schilfbehälter oder wie