chen Fassade und damit das typische Erscheinungsbild
eines einzelnen Gebäudes bestimmen. Deshalb muß im Rah
men einer Renovierung eine moderne Farbgebung solche
strukturellen Faktoren sichtbar und lesbar machen. Sie soll
und kann auf diese Weise heute die Baugedanken der Ent
stehungszeit aufzeigen und verdeutlichen; durch eine be
tonte Farbgebung wird die alte Architektur gleichsam in
unsere Gegenwart „übersetzt". Dabei w ird eine optimale
Gestaltung erst dann erreicht, wenn die neue Farbgebung
der vorgegebenen Fassadenarchitektur folgt, wenn eine
enge Integration von Farbe und Bauformen erzielt wird.
Wir sind heute durchaus gewohnt, viel kräftigere Farben
und Farbkontraste zu erleben als vergangene Generationen
— in allen Bereichen, also auch an unserer städtischen A r
chitektur. Bisher übliche Pastellfarben werden deshalb
häufig von reinen, leuchtenden Farben abgelöst. Freilich:
in den meisten Fällen macht die getreue Renovierung hi
storischer Häuser die Verwendung von natürlichen Mine
ralfarben notwendig, die weitaus gemäßigter und zurück
haltender sind als die üblichen Dispersions- und Kunst
harzfarben.
Und doch: der M ut zu Farbe und starken Farbtönen ist
nicht nur modische Attitüde, er kann den Erlebniswert
unserer o ft — gerade in Fürth! — allzu grauen Stadtarchi
tektur erheblich steigern.
Daß Natursteine wie Sand- oder Kalkstein keinen Farban
strich oder Putz erhalten dürfen, kann wohl als selbstver
ständlich gelten; gehen sie doch unter einer luftdichten
Schicht zugrunde. Zudem erübrigt sich wegen ihrer reiz
vollen materialen Wirkung eine farbige Fassung. Anderer
seits aber lassen sich z.B. verschmutzte Backsteinfassa
den - wie sie hier so zahlreich anzutreffen sind — durch
aus m it einem satten Farbanstrich in ihrer Wirkung stei
gern. In den Niederlanden und im Rhein-Ruhr-Gebiet exi
stieren (ohne historische Tradition!) hervorragende Bei
spiele - o ft sogar völlig schwarz gestrichen, während die
Fensterlaibungen und -profile hell (meist weiß) abgesetzt
sind. Natürlich kann sich auch die bekannte bloße Reini
gung durch Dampfstrahlen — ohne jeglichen Farbanstrich
— noch sehen lassen.
Dunkle, kräftige Farbtöne sind jedoch in erster Linie nur
für die Wandfläche geeignet; alle plastisch hervorragenden
Teile einer alten Fassade dürfen dagegen nicht zu dunkel
gestrichen werden. Diese Teile werden in besonderem Maß
erst durch die Licht- und Schattenwirkung sichtbar. Das
g ilt auch für die o ft nur gering vor die Fassade vortreten
den Fensterumrahmungen. Deshalb sollten grundsätzlich
alle Wandflächen dunkler und alle Architekturteile heller
gestrichen werden! Dieser Anstrich sollte sich einheitlich
auf die Fassade beschränken, er darf nicht auch auf den
plastisch vortretenden Gliederungen eingesetzt werden.
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Der Sockel sollte aus praktischen wie auch aus ästhetischen Gründen den dunkelsten Farbton erhalten; nach oben zu müssen die Farben grundsätzlich heller werden. Fenster dürfen nicht ohne ihre zugehörigen A rchitektur teile gesehen werden. Sie und die sie umrahmenden Bau teile (Bekrönungen, Laibungen, Brüstung) verlangen eine Farbgebung, die beide zusammen als eine bauliche Ein heit hervorhebt. Gesimse sind zusammen m it den anderen A rchitekturtei len gegenüber dem Wandton in einer eigenen Farbfassung (eventuell auch gleich der der Fenster) abzusetzen. Ausgesprochene Ornamentformen - wie Rosetten, Ka pitelle, Girlanden, Festons und sonstige teils figürliche Dar stellungen — können ebenfalls für eine akzentartige Farb gebung geeignet sein. Reines Weiß kann hier o ft die pla stischen Formen deutlich hervortreten lassen. Zugunsten einer plastischen Wirkung sollte ein Fassaden anstrich die einzelnen Bauteile körperlich und nicht flä chig oder graphisch wiedergeben; er sollte in der Regel an die Architekturteile gebunden bleiben. Sicher gibt es heute daneben auch sehr gute Beispiele freier Farbgestaltung, die unabhängig von der vorgegebenen (hier meist flächigen) Architektur entwickelt wurde: die riesigen — o ft politisch motivierten — Fassadenmalereien in Nord- und Südameri ka oder zahlreiche, dekorativ-spielerische Figurkomposi tionen auch in unseren geographischen Breiten. M it Hilfe des Anstrichs kann man aber auch nicht vorhan dene Fassaden-Ärchitekturelemente darstellen bzw. ergän zen. Zu diesem „Bauen m it Farbe" bedarf es jedoch ex akter Kenntnis der Architekturteile. Als Beispiel kann das Aufmalen von Fensterumrahmungen bei einfachen Loch fassaden ohne besondere plastische Gliederung gelten. Da durch w ird ein gar nicht existentes Bauteil dargcstcllt; das Ergebnis ist vielfach ein w eit besseres Verhältnis zwi schen Wand- und Fensterflächen. Bei historisch bedeut samer Umgebung lassen sich durchaus auch gliedernde Ele mente, wie imaginäre Säulen, Pilaster oder Gesimse, an einfachen, sonst langweiligen Fronten nachvollzichen. Diese hier nur angedeuteten Erfahrungswerte und Praxis beobachtungen können verhindern, daß allzu modischer Schnickschnack — bloß schöne, unverbindlich dekorative Pseudokunst - die ernste Absicht zerstört, m it bewußter und intensiver Farbgestaltung Altstädte wieder wohnensund liebenswerter zu machen. Läßt man Künstler und Handwerker lediglich im Dekorativen werkeln, m it der vermeintlich guten Absicht, „Modernes" zu bieten und damit junge Leute als Zukunftspotential zur aktiven Wie derbelebung anzulocken, dann ist das nicht besser als die ach so beliebte, stereotype Pril-Blumen-Ästhetik, die wohl noch auf Jahre hinaus geschmacklosigkeitsbildend alle bundesdeutschen Küchen verunziert. elvo
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