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47 – 13/14�  Altstadtverein Fürth

nen Bruder und mich erst einmal in die Backstube. Das Jugendschutzgesetz galt nur für unsere Stiften; denn: „... ihr wollt ja einmal das Geschäft übernehmen!... Ja, unsere Jugendzeit war nicht verweichlicht, aber die Eltern gaben uns mit ihrem Beispiel ein Vorbild. Als ich meine Lehre begann, wurde als erstes die Spülfrau entlassen, damit ich lerne, wie Sauberkeit geht... Aber gelegentlich stand mein Vater mit mir am Spülbecken. Der Fußballbetrieb kam auch wieder in Schwung und unsere Spielvereinigung nahm in der Oberliga Süd den Kampf auf. Der Club in Nürnberg hatte kein eigenes Spielfeld weil die Besatzungsmacht alle Plätze für sich beanspruchte und spielte - wenigstens am Anfang - auch im Ronhof. Fernsehen gab es noch nicht und so war das Spiel am Wochenende die interessanteste Zerstreuung. Die Cluberer fuhren mit der Linie Eins bis zur Endhaltestelle vor unserem Haus und dann strömten die Massen, verstärkt durch die Fürther aus der Südstadt, durch Waaggasse und Fischergasse über die Ludwigsbrücke zum Ronhof. Nach Spielende kamen alle in umgekehrter Richtung wieder durch die Waaggasse. Von unserer Backstube im 1. Stock konnten wir, wenn wir Dienst hatten, an den Gesichtern dann gut den Ausgang des Spiels ablesen.

Der Schießanger. Stadtnah und naturbelassen, war ein Spielrevier, das auch unsere Eltern akzeptierten. Im vorderen Teil spendeten große Bäume im Sommer angenehmen Schatten, an der Wand des Schießplatzes luden Bänke zur Ruhe ein, dann folgte ein Sandspielplatz und das Stelzenhäusla, in dem man während der Ferien Spielgeräte wie einen Ball oder Stelzen ausleihen konnte. Bewacht wurde es von einem Lehrer aus dem „Michala“, dem Michelschulhaus. Im Herbst, oder immer wenn Wind war, wurden Drachen ausprobiert, nicht so neumodisches Zeug aus Seide, sondern das Fürther Standardmodell, selbstgebaut, drei Stäbe zusammen gebunden, die sechs Flächen mit buntem Papier bespannt, ein langer Schwanz. Alle waren wir Experten und prüften die „Waage“ bevor wir ihn starteten. Die heutigen Beschränkungen wegen dem Flugverkehr gab es noch nicht und so ließen wir unsere Kunstwerke steigen bis ans Ende der Schnur. Hier wurde auch die Kärwa „Schießhauskärwa“ abgehalten. Das „Suckelas“- Karussell (handgeschoben), das „Tanzdockela“, der Affenkasten oder die Zugspitzbahn waren für uns Kinder Höhepunkte und staunend standen wir vor der Überschlagschaukel, wo die „Großen“, angeschnallt todesmutig ihre Runden drehten. Eine Portion allerfeinstes Kunstspeiseeis

(Wasser, Süßstoff, Aroma, Farbe) oder ein Sardinenweckla machten so einen Tag komplett. Ein paar Jahre später zog die Kärwa zurück in die Stadt und konnte sich wieder zur schönsten Veranstaltung Frankens entwickeln. Eine besondere Spezialität waren da die Harfenzupfer, Musikanten aus Thüringen, die in kleinen Gruppen von einem Wirtshaus zum nächsten gingen und dort ihre Lieder und Couplets vortrugen. Bei der großen Zahl der Wirtshäuser in Fürth war der Ertrag sicher nicht schlecht und so kamen sie alle Jahre wieder bis die Zonengrenze errichtet und ein Besuch hier unmöglich wurde. Und dann der „Geismannsaal“! Im Zentrum der Stadt gelegen, war er einer der ganz wenigen großen Säle, die nicht zerstört worden waren und noch genutzt werden konnten. „Geismann“ war eine von sieben in Fürth heimischen Brauereien und belegte das gesamte Areal des heutigen City-Center. An der Ecke BäumenSchirmstraße war das Maschinenhaus, wo wir uns an den Fenstern die Nasen platt drückten um die riesigen Treibräder und Transmissionen in Bewegung zu sehen. Der Eingang zum Saal war in der Alexanderstraße und führte über eine breite Treppe ins Obergeschoss. Das erste Mal durfte ich hinein, als mich mei-

ne Eltern zu einem Operettenabend mitnahmen. An langen Tischen saßen an die 2000 begeisterte Zuhörer. Vorne, an der Schmalseite war die Bühne mit dem Musikorchester, von allen Plätzen gut zu sehen. Zu Trinken gab es (Dünn-)bier oder Limo. Ich war schwer beeindruckt und kann mich heute noch gut an einen jungen Sänger, man sagte mir er wäre ein „Tenor“, erinnern. Er hieß Josef Traxel und schmetterte mit aller Kraft das Lied vom Postillion von Lonjumeau. Der Beifall war riesig und die Leute rasten vor Begeisterung! Traxel macht später eine tolle Karriere, auch international. Die Kulturtempel der Region waren ja entweder zerstört oder von der USArmy beschlagnahmt und so war im Geismannsaal fast täglich eine Veranstaltung. Nicht nur Musicals und Konzerte waren begehrt, noch mehr Anklang fanden Berufsringerturniere, in griechischrömischen Stil oder Freistil. Ungefähr 30 Muskelprotze und Fleischberge kämpften dann in einer Saison um Sieg und Prämie; jeden Abend waren 8 Paarungen angesetzt. Natürlich war das auch Theater mit Helden, Favoriten, Fieslingen und Schurken, meist gar nicht so schlecht wie der Ruf und es wurde geklatscht, gejohlt und ausgepfiffen: Hauptsache war, das Publikum war gut unterhalten! Eine gute Unterhaltung waren auch immer die 17