Schrifttum und den greifbaren Quellen voraus. Zu unterscheiden ist dabei Schrifttum, das aus Gründen der
politischen Agitation im 18. Jh. auf Abwege geführt
hat, von Schrifttum, das ausschließlich die Legendentheorie verfolgte. Eine erste Zusammenstellung findet sich bei Helmut Weigel in seinem Aufsatz zum „Locus Furthi“. Für den Fortschritt ist aber Literatur wichtig, die die Quellen analysiert, um darauf aufbauen zu
können.
Der Versuch, die älteste Kirche in oder bei Fürth mit
ihrem Martinspatrozinium in die Zeit Karls des Großen
zu versetzen, lag wohl im Trend des 17. und 18. Jahrhunderts, die eigenen Wurzeln mit dem großartigen
Herrscher des Mittelalters in Verbindung zu bringen,
zumal Karls Bootsfahrt auf der Rednitz/Regnitz und
dem Main 793 vom Karlsgraben bis Würzburg den
Schluss zuließ, dass er auf jeden Fall den Zusammenfluss von Pegnitz und Rednitz passiert hatte. Ein merowingischerzeitliches, ottonisches oder jüngeres Alter wurde daher aus welchen Gründen auch immer
kategorisch ausgeschlossen. Doch wie kam es dazu,
dass man eine Ruine im Wiesengrund mit einer von
Karl dem Großen hier hinterlassenen Kapelle in Zusammenhang brachte. Der erste, von dem bekannt
ist, dass er diesen Zusammenhang hergestellt hat, ist
1679 Pfarrer Carl Friedrich Lochner (Fürther Heimatblätter 39. Jg. 1989/1, 46-47). Vom ihm wissen wir, dass
er Mitglied im Pegnesischen Blumenorden (gegründet 1644 in Nürnberg) war und sich in Nachfolge seines Vaters „Periander II“ nannte. Damit war er Mitglied in einem humanistisch hochgebildeten Kreis, in dem nicht nur die deutsche Sprache gefördert wurde, sondern der sich auch mit Poesie und Dichtkunst befasste. Sein Ordensbruder Sigmund von Birken verfasste sogar historische Schriften und war mit der geschichtlichen Entwicklung der Umgegend durchaus vertraut. Lochners gesellschaftlicher Umgang kann ihn durch sein akademisches Vorwissen zu dieser Aussage verleitet haben. Die Aussage des Pfarrers steht daher völlig allein im Raum und basiert auf „Hörensagen“. Hier bleibt die Frage, warum man den Recherchen der Vorgesetztenbehörde des Pfarrers keinen Glauben geschenkt hat, für die Forschung unbeantwortet. Aus ebenso unbekannten Gründen wird die von Karl dem Großen angeordnete Errichtung von 14 „Slawenkirchen“ – soweit sie identifiziert sind – nicht mit dem Martinspatrozinium in Verbindung gebracht, obwohl der dem Heiligen durch seine Wundertaten anhängende Missionsauftrag (Vita Martini des Sulpicius Severus 13,8) in der Quelle deutlich formuliert ist. Das ist insofern verwunderlich, da die Ausstattungen dieser „Slawenkirchen“ aus Königsgut dotiert waren und H. Weigel die Auffassung vertreten hat, dass aus solcher Konstellation entstandene Kirchen als königliche
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Nr. 57 – 2024
Altstadtverein Fürth
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