Dezember 1910 (4.) Der Verein zur Förderung jüdisch-gesetzestreuen Lebens Fürth gibt bekannt, dass alle im Namen dieses Vereins erlassenen und für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärungen nur dann Anspruch auf Gültigkeit haben, wenn solche die Unterschrift des Vorsitzenden, des Schriftführers und des Kassiers tragen. (7.) Anlässlich des 75jährigen Bestehens der Ludwigseisenbahn [haben keine] besonderen Feierlichkeiten wie bei den 25- und 50-jährigen Jubiläen stattgefunden. (13.) Das Brauhaus Humbser dahier hat das Brauhaus Lechner u. Sohn in Nürnberg um 800.000 Mark käuflich erworben. (15.) Mit Entschließung vom 5. des Monats hat das Staatsministerium des Innern ausgesprochen, dass dem Gesuch der Stadt Fürth um die Gestattung der Einfuhr von Schlachtvieh aus Frankreich eine Folge nicht gegeben werden kann, da eine solche Einfuhr nur zulässig ist, wenn die Schlachthöfe durch eine Eisenbahn mit Normalspur an die Bahngeleise angeschlossen sind, was in Fürth nicht der Fall ist. (17.) Der Kunstverein – 400 Mitglieder – hat sein bisheriges Ausstellungslokal im Hinterhause Königstraße 107 verlassen und das Lokal im 2. Stock des neuen Amtsgebäudes an der Hirschenstraße bezogen. (19.) Das Bauamt beginnt heute mit dem Umzug aus dem alten Rathaus in das neue Amtsgebäude an der Hirschenstraße. (21.) Die Leiche einer Schmiedmeisterstochter wurde heute im Waldmannsweiher geländet; das erst 21 Jahre alte Mädchen ist seit einigen Wochen abgängig. – Die Staatsbahnverwaltung hat für ihre Bediensteten an der Würzburger- und Hochstraße Wohnhäuser errichten lassen; man hätte nun glauben sollen, dass eine starke Nachfrage nach Wohnungen stattfände, was aber nicht der Fall war, so dass die Eisenbahndirektion Nürnberg sich veranlaßt sieht, die Wohnungen – 9 an der Zahl – in der Preislage von 260-310 Mark zur Vermietung an andere Mieter auszuschreiben. (23.) Die neuen Vorschriften über die Herstellung elektrischer Anlagen, welche den bisher gemachten Erfahrungen angepasst sind und auch mit den Nürnberger Vorschriften übereinstimmen, sind vom Magistrat nach einigen Abänderungen genehmigt worden. Da die Installateure gegenseitig in beiden Städten arbeiten, war es geboten, die Normalsatzung gleichheitlich einzuführen. (25.) Die Gemäldeausstellung des Kunstvereins ist zum ersten Male dem Publikum unentgeltlich zugängig. Damit wird eine Einrichtung eröffnet, die für Fürth als sehr erfreulicher Fortschritt bezeichnet werden kann... (26.) Am ersten Weihnachtsfeiertag spielte die Spielvereinigung Fürth auf ihrem Sportplatz an der Erlanger Straße von nachmittags halb 3 Uhr ab mit den Utrechtschen Cricket en Voetbalvereeniging „Hercules“ mit ihrem „Internationalen“ van Dyk. Bei den Holländern spielten 2 Offiziere mit. Der Wettkampf beider Mannschaften hat mit 0:0 unentschieden geendet. (27.) Die städtische Sparkasse, bisher in der Theaterstraße 14, ist heute in das neue Amtsgebäude Hirschenstraße 27 transferiert worden. (28.) Im Amtsgebäude Hirschenstraße 27 wurde heute die Postzweigstelle Fürth I eröffnet, die Stellen Theaterstraße 20 und Königstraße 107 sind infolgedessen eingezogen worden. (29.) Oberbürgermeister Kutzer hat den Vorstand der FleischerInnung Fürth Obermeister Heubeck zu sich berufen, um die Gründe zu hören, warum die hiesigen Metzger nicht gleich den Nürnberger Fleischermeistern mit den Preisen heruntergehen. Obermeister Heubeck gab die Verhältnisse, welche in Fürth zur Aufrechterhaltung der höheren Fleischpreise nötigen, zu Protokoll. In erster Linie ist es das Fehlen eines Kühlhauses, infolgedessen die hiesigen Metzger nicht in der Lage sind, gleichwie die Nürnberger Kollegen die Marktlage durch Ankäufe von Vieh auf Vorrat auszunützen... Die Nürnberger Metzger sollen ... beabsichtigen, mit den Fleischpreisen hinauf zu gehen. (30.) Die Entwicklung des Elektrizitätswerkes Fürth. Nachdem das Werk in den ersten drei Jahren seines Bestehens mit Verlust arbeitete, hat es sich jetzt unter der Leitung des Herrn Direktors Tillmetz zu einer gemeidlichen Anstalt entwickelt, deren Überschüsse für den Stadtsäckel ganz bedeutende geworden sind und nahe an jene des Gaswerks heranreichen... Aber damit auch weniger bemittelte Leute die Annehmlichkeiten des elektrischen Lichts genießen können, wurde noch der Tarif für kleine Anlagen ausgearbeitet. Bei diesem wird die Installation einer Lampe gratis ausgeführt und für jede weitere Lampe eine jährliche Pauschale von 3 Mark erhoben. Der Abnehmer muss jedoch den Strom nach dem Abonnententarif 320 Stunden (d. i. im Mittel 8 Mark pro Flamme und Jahr) beziehen... (31.) Aus Anlass des Neujahrsfestes 1911 erhielten den Titel eines kgl. Geheimen Kommerzienrates Großbrauereibesitzer und Kommerzienrat Johann Humbser... Jahresbilanz 1910: Beerdigungen im städtischen Friedhof 1054 – Selbstmord verübt haben dahier 21 – Unglücksfälle mit Todesfolge waren es 15 – Januar 1911 (1.) Mit heutigem wird die Müllverbrennungsanstalt offiziell eröffnet. – Durch Kanonenschläge, Schießen, Fröschewerfen wurde in letzter Nacht ein Heidenspektakel verübt. 84
Seite:Käppner-Chronik 1887-1910.pdf/84
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